Lenkrad, Brems- und Gaspedal waren gestern
Das Fahrzeug von morgen entscheidet selbst, ob es macht, was der Fahrer ihm sagt.
Im Interview mit forum erklärt Prof. Dr. Gernot Spiegelberg von der TU München, warum zentral gesteuerte Systeme sicherer sind.
Das Auto der Zukunft fährt mit "Drive-by-Wire". Was bedeutet das für die Passagiere, die Hersteller - und die Gesellschaft?
Prof. Dr. Gernot Spiegelberg. © Siemens AG Unter Drive-by-Wire versteht man die elektronische Steuerung eines Fahrzeugs. Das System überträgt dabei die Befehle des Fahrers nicht mechanisch, sondern nimmt sie mit Sensoren auf, verarbeitet sie elektronisch und führt sie durch sogenannte Aktuatoren aus. Ein Aktuator kann beispielsweise ein Stellmotor sein, der das Bremssystem oder die Lenkung bedient. Für den Fahrer ergeben sich dadurch Vorteile bei Komfort und Sicherheit: Die Reaktionen des Fahrzeugs lassen sich individuell auf die Bedürfnisse des Fahrers anpassen und das Fahrzeug kann den Wunsch des Fahrers überprüfen und abändern, sollte er das Fahrzeug in eine kritische Situation bringen.

Hersteller können durch ein Drive-By-Wire System den Bauraum des Fahrzeuges besser ausnutzen, weil Bedienelemente und Steuerelemente mechanisch entkoppelt sind. So kann beispielsweise das Lenkgestänge komplett entfallen. Außerdem sind völlig neue Bedienkonzepte möglich. Das klassische Gespann aus Lenkrad, Brems- und Gaspedal lässt sich durch einen kombinierten Sidestick, eine Art Steuerknüppel, ersetzen. Das (teil-)autonome Fahren durch Drive-By-Wire ermöglicht der alternden Gesellschaft mehr Mobilität. Das Fahrzeug kann sich auch selbstständig auf Parkplatzsuche begeben, während die Fahrerin selbst schon zu ihrem Termin geht.
Sie sagen: Um die Komplexität der zukünftigen Mobilität in Griff zu bekommen, sollte man alles zentral steuern. Macht das das System nicht anfälliger, das Fahren gefährlicher?
Heutzutage verfügt ein Fahrzeug über eine Vielzahl von unterschiedlichen Rechen- und Kommunikationssystemen. Sie haben - insbesondere durch neue Fahrerassistenzfunktionen - einen immer höheren Bedarf an regem Datenaustausch. Die Systeme sind so abhängig voneinander, dass die kleinste Veränderung in einem System sich auf ganz andere Teile des Fahrzeugs auswirken kann. Das ist gefährlicher, als eine zentrale Steuerung, die intelligent reagieren kann.
Trends in anderen Bereichen - wie der Energiewende oder der Nahrungsversorgung - sprechen eher für Dezentralisierung.
Zentralisierung bedeutet ja nicht, dass es im Fahrzeug nur noch einen Rechner gibt, der die Kontrolle über das Gesamtfahrzeug innehält. Vielmehr existiert weiterhin ein Steuergeräteverbund, der aber in einer klaren Struktur angeordnet wird. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch gerne von einer logischen Zentralisierung. Im ersten Schritt können mehrere Funktionen auf demselben Rechner ausgeführt werden, wodurch die Kosten sinken. Da ein solcher Rechner immer irgendwann an seine Grenzen bzgl. seiner Performance kommt, ergänzt man weitere Rechner. Die logische Zentralisierung schafft jedoch ein Umfeld, in dem es so scheint, als ob nur ein Rechner existiert. Ein weiteres Problem stellt die Vielzahl an redundanten Berechnungen in heutige Fahrzeugarchitekturen dar. Das kann eine logische zentrale Datenverwaltung in einem modular aufgebauten RTE (Runtime Environment) lösen.
Was passiert, wenn ein Defekt am Zentralrechner auftaucht?
Heute müssen Hersteller in einem Fahrzeug jedes Teilsystem sowohl separat, als auch im Verbund testen. Hier hilft ebenfalls das logische Zentralrechnerkonzept, was Kosten und Zeit spart.
Wichtig werden künftig Eigenschaften wie die Fehlertoleranz. Sollten Teile des Zentralrechners ausfallen, führt ein anderer Bereich des Zentralrechners sicherheitskritische Funktionen weiterhin sicher aus. Seine einzelnen Bestandteile sind so ausgelegt, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit des Gesamtsystems geringer ist als die heutige Wahrscheinlichkeit, dass das Lenkgestänge bricht oder alle Bremsen auf einmal ausfallen. Das Konzept ist somit als sicher zu betrachten.
Technik | Mobilität & Transport, 01.04.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2014 - Voll transparent, voll engagiert erschienen.

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