Nachhaltigkeit in der Modebranche - ein Überblick
Worin bestehen eigentlich die zentralen Missstände bei der Herstellung von Kleidung und was wird derzeit dagegen getan?
Die Modetrends der letzten Jahre haben sich in Richtung Nachhaltigkeit entwickelt. Daher achten vor allem Designer in Städten zunehmend auf faire Arbeitsbedingungen und eine ökologisch verträgliche Herstellung. In einem Interview mit dem World Wildlife Fund weist der Modeschöpfer Michael Michalsky darauf hin, dass es sich beim Thema Nachhaltigkeit um etwas handele, das noch „für eine Lange Zeit gültig bleiben" werde.
Das wird auch höchste Zeit, meinen andere. Schließlich war vor allem die Modebranche in den letzten Jahren immer wieder im Fadenkreuz von Umweltschutzorganisationen und Vereinigungen bzw. Personen, die sich für die Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen in anderen Ländern einsetzen. Der spektakuläre Brand einer Textilfabrik in Bangladesch brachte das Thema Mode und Nachhaltigkeit auf die Titelseiten großer Zeitschriften. Doch worin bestehen eigentlich die zentralen Missstände bei der Herstellung von Kleidung und was wird derzeit dagegen getan?
Probleme in der Modebranche
Vor allem zwei Dinge werden an der Modebranche kritisiert:
- umweltschädliche Prozesse bei Herstellung und Vertrieb sowie
- ungerechte Bezahlung Beschäftigter und schlechte Arbeitsbedingungen – vor allem in ärmeren Ländern.
Doch worin genau bestehen in diesem Zusammenhang die Kritikpunkte?
Beispiele für umweltschädliche Prozesse bei der Produktion und dem Vertrieb von Kleidung sind die folgenden:
- Beim konventionellen Baumwolle-Anbau, immerhin global der am meisten verwendete Rohstoff bei der Fertigung von Textilien, wird oft eine große Menge an Pestiziden eingesetzt. Diese schädigen die Umwelt und die Arbeiter gleichermaßen.
- Giftige Chemikalien, die bei der Herstellung verwendet werden, gelangen in Flüsse und Meere.
- Die Mengen an Wasser, die durch die Textilindustrie verbraucht werden, sind immens. Dies trifft vor allem Regionen mit Wassermangel.
- Bei der Herstellung von Kleidung, dem Transport und in vielen anderen Phasen der Modeproduktion kommt es zu hohen Treibhausgasemissionen.
Oftmals eng damit verbunden sind schlechte Arbeitsbedingungen für Beschäftigte in der Textilindustrie:
- In Ländern wie Indien oder Bangladesch, in denen besonders viel Mode produziert wird, erhalten Beschäftigte in der Textilindustrie oft verschwindend geringe Löhne.
- Hinzu kommen lange Arbeitszeiten, zu wenig Pausen und eine fehlende soziale Absicherung.
- In vielen Fabriken sind Arbeiter nur unzureichend vor Gesundheitsschäden durch den Gebrauch gefährlicher Chemikalien und anderer Stoffe geschützt
- Die Bildung von Gewerkschaften wird systematisch behindert.
Diese Arbeitsbedingungen stehen in der Regel im Widerspruch zu geltenden Gesetzen in den betreffenden Staaten. Aufgrund fehlender Kontrollen und mangelndem Interesse von Behörden und Öffentlichkeit hat dies für die Verantwortlichen jedoch meist kaum Konsequenzen.
Verantwortlich für die schlechten Arbeitsbedingungen ist in erster Linie ein immenser Kostendruck, der nicht zuletzt durch die Gier vieler großer Unternehmen entsteht. Dabei ist es meist eine Fehlannahme, dass Kleidungsstücke großer Firmen viel teurer wären, weil die Hersteller besser bezahlt würden. Studien zeigen, dass die Lohnkosten bei einer 100 Euro-Jeans nur bei einem Euro liegen.
Gegenmaßnahmen
Mittlerweile gibt es eine wachsende Zahl an Akteuren, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Umweltschutz bei der Produktion von Mode einsetzen - unter anderem durch den Druck auf Regierungsbehörden, geltende Gesetze stärker zu kontrollieren, und auf die Firmen selbst, sich um nachhaltige Herstellungsprozesse zu bemühen. Sie erfahren zunehmend Unterstützung durch die Medien und durch die Käufer selbst. Letztere möchten zumindest in Deutschland immer häufiger wissen, unter welchen Bedingungen ihre Jeans hergestellt wurde.
Konsumenten können sich beim Kauf zum Beispiel an folgenden Siegeln orientieren:
- Fair-Trade-Siegel: Das Siegel weist Baumwolle aus, die zu fairen Bedingungen gehandelt wurde.
- GOTS-Siegel: Dabei handelt es sich um eine Auszeichnung, die vom Internationalen Verband für Textilwirtschaft vergeben wird. Die betreffende Kleidung muss zu mindestens 70 bis 90 Prozent aus Biofasern bestehen.
- Best-Siegel: Der höchste Standard für die Herstellung nachhaltiger Mode bildet die gesamte Produktionskette ab. Um dieses Siegel zu erhalten, muss der Stoff von Kleidung zum Beispiel rein aus Naturfasern bestehen, die komplett aus biologischem Anbau stammen.
Neben diesen gibt es noch eine ganze Reihe anderer Siegel wie das Naturland-Siegel, den Blauen Engel oder das bluesign-Siegel. Die fehlende Einheitlichkeit und die vielen unterschiedlichen Auszeichnungen machen es Konsumenten nicht leichter. Zumindest jedoch geben solche Siegel Anhaltspunkte bei der Suche nach nachhaltiger Mode.
Zusätzlich gibt es im Internet eine Reihe von Portalen, auf denen Organisationen einzelne Hersteller und Modelabels nach Nachhaltigkeitskriterien einstufen. Auch dies ist gut als Orientierungshilfe geeignet.
In Deutschland hergestellte Mode – nachhaltig?
Bei der Debatte um nachhaltige Kleidung spielt der Herstellungsort eine große Rolle. Viele Firmen führen als zentralen Vorteil ins Feld, dass ihre Produkte in Deutschland produziert wurden. Doch warum führt dies zu mehr Nachhaltigkeit?
- Faire Löhne: Selbst wenn sie wollten, könnten Unternehmen in Deutschland ihren Arbeitern nicht dieselben Dumpinglöhne zahlen wie in vielen Dritte-Welt-Ländern.
- Bessere Arbeitsbedingungen: Auch was die Arbeitsbedingungen betrifft, gelten in Deutschland konsequentere rechtliche Voraussetzungen.
- Umweltverträglichkeit: Viele Chemikalien, die für Menschen und Umwelt schädlich sind, dürfen hierzulande gar nicht mehr eingesetzt werden.
- Kürzere Transportwege: Mode, die in Indien hergestellt und in Deutschland verkauft wird, reist weite Wege. Dies wiederum führt zu einer hohen Schadstoffbelastung.
Konsumenten müssen allerdings für Mode, die in Deutschland hergestellt wird, in aller Regel mehr zahlen. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die Herstellung selbst nur ein Teil der Produktion von Mode ist. Werden dabei Stoffe verwendet, deren Ursprung mit schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen verknüpft ist, ist die daraus resultierende Kleidung nur bedingt nachhaltig. Das gilt auch dann, wenn sie letzten Endes aus deutschen Fabriken kommt. Hierzu reicht es oft, dass lediglich die Etiketten in Deutschland an der Kleidung angebracht werden. Auch bei „Made in Germany" sollte man also genau hinsehen, möchte man wirklich nachhaltige Kleidung kaufen. Indes gibt es auch Beispiele für Kleidungsstücke, die zeigen, dass nachhaltiger Konsum hierzulande möglich ist. Nachhaltig produzierte Marken-Hausschuhe werden aus traditionellen Materialien wie Filz oder Wolle, welche vor Ort angebaut werden, hergestellt. So werden unter anderem die Transportemissionen möglichst gering gehalten.
Steigende Nachfrage sorgt für fallende Preise
Nachhaltige Mode ist längst nicht mehr nur „verstaubt", „unmodern" und „öko". Eine ganze Reihe an kleineren Unternehmen produziert faire Kleidung, die sich in Sachen Trendbewusstsein leicht mit den Produkten großer Firmen messen kann. Dass sie manchmal teuer erscheint, hat einen wesentlichen Grund in der Herstellung geringerer Mengen. Mit der steigenden Nachfrage nach nachhaltiger Mode jedoch sinkt der Preis und damit auch die Verfügbarkeit für größere Teile der Gesellschaft – eine Entwicklung, die Experten zufolge in den nächsten Jahren weiter Fahrt aufnehmen wird.
Lifestyle | Mode & Kosmetik, 24.03.2016
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