Integration braucht Unterstützung

Die Städte haben die nötige Kompetenz für die Integration.

Integration braucht ein gemeinsames Konzept von Bund, Ländern und Kommunen und erfordert Anstrengungen der ganzen Gesellschaft. forum-Interview mit Frau Dr. Eva Lohse, Präsi­dentin des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeisterin aus Ludwigshafen
 
Wie kann die Integration der Menschen gelingen, die als Flüchtlinge und anerkannte Asylbewerber auf lange Zeit bei uns bleiben werden?
Dr. Eva Lohse. Foto: © Deutscher StädtetagDr. Eva Lohse. Foto: © Deutscher Städtetag
Die Kommunen sehen in der langfristigen Integration der Asylbewerber und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive eine wesentliche Herausforderung für unsere Gesellschaft. Sie halten es für dringend notwendig, dass Bund und Länder die Anstrengungen zur Integration deutlich verstärken. Ein gemeinsames Integrationskonzept, das Bund und Länder jetzt auf die Beine stellen, ist ein guter und wichtiger Schritt. Die Städte erwarten, dass die Kommunen an diesem Prozess angemessen beteiligt werden und kommunale Erfahrungen darin zum Tragen kommen. Denn Integration findet vor Ort, in den Städten und Gemeinden statt.

Welche Rolle haben die Städte bei der Integra­tion?
Die Städte haben die nötige Kompetenz für die Integration. Das haben sie in der Vergangenheit bewiesen. Integration ist zweifellos ein anstrengender und langwieriger Prozess. Unabdingbar muss sie verbunden bleiben mit der Einhaltung unseres Wertekonsenses, mit den Regeln des Rechtsstaates, der Religionsfreiheit und der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Diese gelten für alle, sind zu achten und durchzusetzen.

Was müssen Bund und Länder an Integra­tionsleistungen übernehmen?
Um der Aufgabe gerecht werden zu können, brauchen die Kommunen die Übernahme flüchtlingsbedingter Kosten durch Bund und Länder. Dabei geht es um viel Geld für zusätzliche Plätze in Kindergärten, für den Bau und die Ausstattung von zusätzlich benötigten Schulräumen, für die dringend benötigten Sozialpädagogen, Schulpsychologen und Dolmetscher, für mehr Integrationskurse und für gezielte Hilfen für den Einstieg der Menschen ins Arbeitsleben. Wenn wir soziale Ausgrenzungen und eine unerwünschte Konkurrenz von einheimischen Haushalten mit Migranten um den knappen Wohnraum in Ballungsgebieten vermeiden wollen, brauchen wir außerdem einen ausreichenden Neubau von bezahlbaren Wohnungen. Deshalb sollten die Länder die zusätzlichen Bundesmittel zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch eigene Mittel aufstocken und den Wohnungsbau passgenau unterstützen. Es muss uns darum gehen, angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten. Eine Nachverdichtung in den Ballungskernräumen wird sich dabei oft als schwierig erweisen. Wir brauchen deswegen auch preiswerte Alternativen in den sogenannten Speckgürteln.

Warum fordern die Städte eine Residenzpflicht für Migranten?
Eine ausgewogene Verteilung von anerkannten Flüchtlingen und Asylbewerbern bundesweit hilft, die Rahmenbedingungen der Integration zu verbessern und die Integrationslasten gerechter zu verteilen. Entsprechende Regelungen sind vorzusehen, wenn Flüchtlinge Sozialleistungen beziehen und noch keinen Arbeitsplatz gefunden haben. Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof bestätigt, dass Wohnsitzauflagen grundsätzlich zulässig sind, wenn sie aus integrationspolitischen Gründen erforderlich sind. Ich begrüße, dass die Bundesregierung nun Vorschläge zu einer Residenzpflicht vorlegen will.

Was erwarten die Kommunen darüber hinaus vom Bund?
Wichtig für die Städte ist insbesondere, dass der Bund die zusätzlichen Kosten der Unterkunft im Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) voll übernimmt, die den Kommunen durch den Flüchtlingszuzug entstehen. Der Deutsche Städtetag rechnet in diesem Bereich im Jahr 2016 mit bis zu 1,5 Milliarden Euro zusätzlichen Ausgaben der Kommunen für anerkannte Asylbewerber. Zudem brauchen wir ein starkes Engagement von Bund und Ländern beim Wohnungsbau.

Herzlichen Dank für das Interview
Das Interview führte Elmar Thomassek

Gesellschaft | Migration & Integration, 01.05.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2016 - Zukunft gestalten erschienen.
     
        
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