BIOFACH 2025

Frischer Wind im Büro

Neuer Schwung im Unternehmen

Vom Freiberufler bis zum CEO: Bringen Sie jetzt neuen Schwung in Ihr Unternehmen. Ein neu gestaltetes Büro ist dazu ein guter erster Schritt. Hier können Sie mit gutem Beispiel vorangehen und Ökologie, Soziales und Ökonomie perfekt unter einen Hut bringen.

Lange Zeit galt ein Büroarbeitsplatz per se als gesundheits- und umweltschonend. Umweltverschmutzung in Betrieben wurde mit qualmenden Schornsteinen, Abwasser, Produktionschemikalien und Sondermüll gleichgesetzt. Diese Einstellung hat sich geändert: Zunehmend werden Gesundheitsbeeinträchtigungen, die auf Bürotätigkeiten zurückzuführen sind, diskutiert und ernst genommen. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Allergien, Strahlenbelastung, Rückenbeschwerden und schließlich das sogenannte „Sick-Building-Syndrom" (krankmachendes Gebäudeumfeld) sind Anzeichen für Belastungen an Büroarbeitsplätzen.
 
Neben den unmittelbaren Gesundheitsauswirkungen des Büroalltags sind aber auch die Umweltbelastungen von erheblicher Bedeutung. Jedes einzelne Büro für sich genommen mag wenig Einfluss auf das Umweltgeschehen haben, doch summieren sich die Wirkungen von über 15 Millionen Büroarbeitsplätzen in Deutschland zu gigantischen Größenordnungen auf. Über 100 Millionen Bürobedarfsartikel werden jährlich produziert und verbraucht, 10 Millionen Tonnen Müll stammen aus bundesdeutschen Büros.
 
Etwa 2,7 Millionen Personalcomputer und Notebooks werden in Deutschland jährlich gekauft und fallen in immer kürzer werdenden Abständen auch in Büros wieder als Computerschrott an. Der Papiereinsatz beträgt 10 Millionen Tonnen – Jahr für Jahr. Diese Zahlen belegen, dass Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Büro ein höchst bedeutsames und aktuelles Thema ist. Dazu kommt ein weiteres gewichtiges Argument, das für Unternehmen höchste Anziehungskraft hat: Durch Umweltmanagement im Büro können effektiv Kosten gespart werden! In vielen Fällen durch sehr einfache Maßnahmen ohne investiven Aufwand.

Nachhaltigkeit ist TeamworkEs muss nicht immer Schreibtisch sein. Im Bild der Co-Working-Bereich des Offx in Berlin.
Entscheidenden Einfluss und den größten Handlungsspielraum, Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, hat der Einkäufer/Beschaffer von Büroprodukten. Ob dieser Einfluss zur Geltung kommt, hängt von der Qualifikation und dem Engagement der betreffenden Mitarbeiter ab. Ebenso bedeutend ist jedoch eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens, die von der Geschäftsleitung gewollt und von allen Mitarbeitern gelebt wird, denn selbst umweltfreundliche Büroprodukte und –geräte entfalten ihre positiven Eigenschaften nur, wenn Mitarbeiter hierauf achten. Was nützt z.B. die beste Duplexfunktion, wenn die Nutzer trotzdem regelmäßig einseitige Kopien anfertigen? Was nützen nachfüllbare Schreibgeräte, wenn die Nutzer diese genauso wegwerfen wie Einwegprodukte? Ein Team hat es ein ganzes Stück weit selbst in der Hand, ob nachhaltiges Büromanagement wirklich funktioniert.

Sorgsam einkaufen und verwenden
Eigentlich sollten schon bei Planung und Bau von Bürogebäuden Nachhaltigkeitsaspekte Eingang finden, doch häufig muss man sich mit einer gegebenen Immobilien-Situation zurechtfinden. Die Handlungsmöglichkeiten beginnen dann bei der Innenraumgestaltung, Möblierung und Ausstattung der Büros. Frische Naturfarben, ausgewählt durch die Mitarbeiter mit Hilfe von Farbpsychologen oder Feng Shui-Experten können neue Energien in Teams freisetzen, ebenso wie die Auswahl der Büromöbel. Modern, schick, technisch einwandfrei und ergonomisch sollen sie sein. Langlebigkeit, Ressourcenschonung und Umweltverträglichkeit sind weitere Kriterien. Beim Möbelkauf ist darauf zu achten, dass die ausgewählten Möbelstücke leicht zu reparieren und recyclinggerecht sind und deshalb nicht geklebt, geschweißt oder genietet, sondern mit lösbaren Verbindungen ausgestattet sind. Um die Reparaturfähigkeit sicherzustellen, ist eine garantierte Ersatzteilverfügbarkeit für Verschleißteile von mindestens zehn Jahren empfehlenswert, eine Garantiezeit von mindestens fünf Jahren ein Muss. Und last but not least: Wenn das Design hohen Ansprüchen genügt, hat man lange Freude mit den Möbeln, so sind Klassiker langfristig oft die preiswertesten Investitionen.

Wichtig sind die MaterialienDas Holz im Büro sollte zertifiziert sein und als nachhaltig bewirtschaften Wäldern stammen.
Eine umweltverträgliche Büroeinrichtung sollte zu mindestens 50 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen oder Recyclingmaterialien bestehen. Wichtig ist auch, dass die Produkte schadstofffrei sind und bei der Produktion nur umweltverträgliche Hilfsstoffe verwendet werden. Zur Orientierung helfen dem Einkäufer Umweltzeichen wie der Blaue Engel oder eine vollständige Werkstoffkennzeichnung, die eine genaue Identifizierung der einzelnen Bestandteile ermöglicht.
 
Sollte ein Möbelstück nach längerer Nutzungsdauer nicht mehr gebraucht werden, muss es nicht gleich im Abfall landen. Überprüfen Sie, ob dieses nicht an einen Zweitnutzer weitergegeben werden kann. Dies können beispielsweise Vereine, Flüchtlingsunterkünfte, aber auch die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens sein, die einen ausgedienten Büroschreibtisch zu Hause nutzen können. Ist das gebrauchte Möbelstück in einem Zustand, der keine Nutzung mehr erlaubt, empfiehlt es sich, von der Rücknahmegarantie des Lieferanten oder Herstellers Gebrauch zu machen. Neue, moderne Bürokonzepte können auch den Bedarf an Möblierung reduzieren.
 
Durch die gemeinsame Nutzung von Büroarbeitsplätzen (Desk-Sharing) werden insgesamt weniger vollausgestattete Büroarbeitsplätze benötigt – das spart Ressourcen. Ähnliche Effekte kann das Arbeiten von Zuhause aus haben. Generell sinkt angesichts zunehmender technischer und mobiler Möglichkeiten, von überall zu arbeiten, die Notwendigkeit, Büroarbeitsplätze einzurichten.

Den Papierverbrauch reduzieren
Das vollkommen papierlose Büro ist trotz Einführung der EDV eine Fiktion. Der Papierverbrauch liegt auf unverändert hohem Niveau. Als Büro-und Administrationspapiere werden in Deutschland an die 800.000 Tonnen Papier pro Jahr eingesetzt. Ein damit beladener Güterzug wäre ca. 600 Kilometer lang, ein Papierband von 1 Meter Breite könnte rund 250-mal um den Äquator gelegt werden. Papier mag vielen als unersetzbar gelten, doch lässt sich der Verbrauch zumindest verringern.
 
Grundsätzlich sollte immer überlegt werden, ob der Einsatz von Papier überhaupt nötig ist oder zumindest in einem angemessenen Verhältnis zum Einsatzzweck steht. Wenn auch nicht vollständig, so kann z.B. ein leistungsfähiges EDV-System und intelligente Software den Papierverbrauch in gewissen Grenzen reduzieren. so z.B. beim WWF-Format, einem PDF-ähnlichen Standard, der gar keine Ausdruckfunktion mehr anbietet. Lohnend ist es auch, sich etwaiger „Bruchstellen" in der DV-gestützten Bearbeitung von Vorgängen anzunehmen, um Zwischenausdrucke zu vermeiden. Das überall mobil erreichbare Internet macht es zunehmend einfacher, auch dezentrale Büroarbeit papierlos zu organisieren. Und wenn Papier, dann bitte Recyclingpapiere einsetzen.

Weniger ist mehr
Wie für das Papier gilt auch für die vielen anderen Büromaterialien wie Ordner, Aktendeckel, Sichthüllen und Schreibgeräte: weniger verbrauchen und ökologisch-nachhaltige Produkte bevorzugen. Insbesondere Kleinmaterialien werden oft in ihrer Umweltauswirkung unterschätzt. Zu diesen zählen zum Beispiel die Schreibgeräte. Kugelschreiber sind heute ein Massenprodukt, meist in Form von Einwegkugelschreibern und sie werden schnell zum Wegwerfprodukt – mit einer schlechten Umweltbilanz. Viel umweltfreundlicher – und auch ökonomischer – sind dagegen hochwertigere Kugelschreiber mit auswechselbarer Großraummine.
 
Eine umweltfreundliche Alternative zum Kunststoff-Kugelschreiber sind Schreibgeräte aus Recyclingmaterial oder Holz. Ein weiterer häufig genutzter Gebrauchsgegenstand, der ebenfalls oft als Wegwerfprodukt benutzt wird, ist der Textmarker. Dem umweltbewussten Einkäufer stehen nachfüllbare Textmarker zur Auswahl, deren Farben auf Wasserbasis gefertigt sind. Eine noch umweltfreundlichere Alternative sind Trockentextmarker aus Holz mit Farbminen. Der umweltfreundliche Radiergummi von heute besteht aus Naturkautschuk oder Kunststoff, lösungsmittelfreie Klebstoffe auf Wasserbasis sind eine gute Wahl und Ordner sollten ebenso wie die Trenn- und Registerblätter oder Hängeregister aus 100 Prozent Recyclingmaterial bestehen. Für ein umweltbewusstes Verhalten bzw. für einen schonenden Umgang mit Ressourcen ist im Büro fast immer eine umweltfreundliche Alternative zu finden. Nur selten ist diese teurer.

Bürogeräte umwelt- und kostenbewusst beschaffen und betreiben
Bei Kopiergeräten, Druckern und Computern ist es ratsam, schon bei der Geräteauswahl Aspekte der Umweltverträglichkeit zu berücksichtigen. Der Stromverbrauch spielt hierbei eine bedeutende Rolle. Vor allem im Bereich der Kopiergeräte und der PCs/Notebooks ist es in den vergangenen Jahren den Herstellern gelungen, den Stromverbrauch deutlich zu senken. Schließlich ist gerade die IK-Technik in zunehmendem Maße für den Energieverbrauch verantwortlich. Die amerikanische Umweltbehörde schätzt den Anteil von PCs am gesamten Stromverbrauch auf immerhin gut 5 Prozent, mit steigender Tendenz. Wer auf energieeffiziente Green IT setzt, auf virtuelle Server und intelligente Vernetzung, kann seine Stromrechnung um 20-30 Prozent kappen.
 
Bei Kopiergeräten und Laserdruckern ergibt sich noch eine weitere interessante Kostensparmöglichkeit: der Wiedereinsatz gebrauchter und wiederaufbereiteter Teile wie Tonerkartuschen, Fototrommeln und Laserpatronen. 40 Prozent des Neupreises können so eingespart werden. Ähnliche Möglichkeiten bietet das Wiederbefüllen von Patronen bei Tintenstrahldruckern. Auch dies sind Beispiele dafür, wie umweltfreundliche Beschaffung, Abfallreduzierung und Kosteneinsparung harmonisch ineinandergreifen. Das Potenzial ist enorm: In bundesdeutschen Büros werden jährlich etwa 55 Millionen Druckerpatronen verbraucht, weltweit sind es 1,1 Milliarden. Für jede dieser Patronen werden bei der Herstellung mehr als drei Liter Erdöl verbraucht, die Hälfte von ihnen landet nach Gebrauch auf Mülldeponien. Das entspricht einem Müllberg von 750.000 Kubikmetern Größe.

Der Müll entsteht beim Einkauf
Der Zusammenhang zwischen Beschaffung und Entsorgung wird am Büromüll besonders deutlich: Fast alles, was im Büro an Müll anfällt, wurde einst als Ge- oder Verbrauchsgut beschafft. Durch umweltgerechten Einkauf lässt sich Problemmüll am einfachsten vermeiden. Wert- und Abfallstoffe sollten auch im Büro getrennt erfasst und entsorgt werden. Die getrennte Sammlung der Abfälle ist nicht nur ein Gebot des Umweltschutzes, sondern spart auch Müllgebühren. Nur sortenreine Wertstoffe lassen sich zu niedrigen Kosten entsorgen oder sogar noch vermarkten. Mengenmäßig am interessantesten ist die Altpapierfraktion, die in Büros bis zu 80 Prozent der Abfallmenge ausmacht. Auch hier gilt, dass eine sorgfältig optimierte Beschaffung und der Wiedereinsatz von Papier höchste Priorität haben. Was dennoch übrig bleibt, wird dem Recycling übergeben. Obwohl die Preise beim Altpapier stark schwanken, liegt klar auf der Hand, dass nur eine konsequente Wertstofftrennung steigenden Müllgebühren etwas entgegensetzen kann. Die Erfahrung der über 500 umweltorientierten Firmen, die im B.A.U.M. Netzwerk zusammengeschlossen sind, sowie zahlreiche Praxisprojekte zeigen, dass im Bürobereich erhebliche Umweltschutz- und Kosteneinsparpotenziale aktiviert werden können. Der Blickwinkel der Nachhaltigkeit eröffnet dabei ökonomisch interessante Perspektiven. Es lohnt sich also, Nachhaltigkeitsmanagement im Büro in den betrieblichen Alltag zu integrieren.

Die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit
Die Gestaltung von Büros sollte an der Unternehmenskultur und den Aufgaben der Mitarbeiter ansetzen. Ein Arbeitsraum muss funktionieren und dabei möglichst wirtschaftlich, gesund, sozialverträglich und umweltfreundlich sein. Wohlfühlzonen zahlen sich aus und informelle Bereiche sorgen für bessere Kommunikation, Kreativität und Produktivität. Welche Büroformen – mit Kombinationen von Co-Working Spaces, Open Spaces, Desk-Sharing oder gar dem Home Office – in punkto Nachhaltigkeit am besten abschneiden und wie künftige Arbeitswelten aussehen können, thematisiert ­forum Nachhaltig Wirtschaften in kommenden Ausgaben.
www.buero-und-umwelt.de | www.umweltvertraegliche-bueroprodukte.de  | www.beschaffung-info.de
www.itk-beschaffung.de | www.buy-smart.info | www.blauer-engel.de
 
 
Dieter Brübach
ist Vorstandsmitglied des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) e.V. , Europas größtem Unternehmensnetzwerk für nachhaltiges Wirtschaften. Als Experte für Nachhaltigkeit im Büro hat Dieter Brübach im Jahre 2004 den Wettbewerb „Büro & Umwelt" initiiert, der von B.A.U.M. seitdem jährlich ausgelobt wird.

Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 23.04.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2016 - Zukunft gestalten erschienen.
     
        
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