Mr Social und Mrs Business
Mit Wärme die Welt verändern
Weltweit werden Bienenvölker von der Varroamilbe befallen. Sie gilt als ein Hauptverursacher des massenhaften Bienensterbens. Die herkömmliche Bekämpfung der Varroamilbe mit Gift oder Säure hat bisher keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Im Gegenteil: Sie schädigt die Bienen zusätzlich. Ein Fall für Mrs. Social und Mr. Business.
Mrs. Social und Mr. Business sind sich einig: Sie wollen die Bienen gegen die Varroamilbe verteidigen. Die emsigen Insekten sind schon mehr als genug belastet von Insektiziden und Herbiziden und sterben völkerweise. Zum Start ihres ehrgeizigen Projektes hätten sie sich allerdings nicht träumen lassen, dass sie bereits 18 Monate später den Next Economy Award beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewinnen sollten.
Ende August 2014 in Schweden: 300 Kilometer links von Stockholm
Ich treffe Richard Rossa das erste Mal in seinem Holzhaus im schwedischen Dalarna. Wir haben davor nur kurz am Telefon gesprochen. Die Begeisterung für seine Bienen merke ich ihm sofort an. Er hat Respekt vor ihnen. „Wenn Du einmal das magische Feld erlebt hast, das ein gesundes Bienenvolk mit seinem Summen und seiner harmonischen Emsigkeit erzeugt, weißt Du, was ich meine", sagt Richard.
„Setzt sich das Bienensterben unbegrenzt fort, verlieren wir überaus nützliche, in einer faszinierend organisierten Gemeinschaft lebende Insekten, die eine positive Energie ausstrahlen", und er setzt fort, „ohne die Bestäubungsleistung der Biene wird unsere Pflanzenwelt dramatisch verarmen und für uns Menschen geht damit ein großer Teil unserer Lebensgrundlagen verloren." Wie sagte schon Albert Einstein: „Stirbt die Biene, stirbt der Mensch." Ein klarer Fall also für Mrs. Social.
Rückblende
August 2010: Wärme statt Säure
Konkreter Auslöser für Richards Entschluss, die Bienensauna zu entwickeln, war der Verlust eines Bienenvolkes nach der Ameisensäurebehandlung gegen die Varroamilbe. Diesem Bienenparasiten, der sich so stark vermehrt, dass ein Bienenvolk ohne Behandlung nach spätestens zwei Jahren zugrunde geht, versuchen die ImkerInnen durch das Verdunsten von Säure im Bienenstock Herr zu werden. Leider hat das nicht nur eine schädigende Wirkung auf die Milben, sondern auch auf die Bienen. Bei seiner Recherche zu alternativen Methoden stieß Richard auf einen Beitrag über Hyperthermie zur Varroabekämpfung. Versuche, der Varroamilbe mit Überwärmung zu Leibe zu rücken, gab es nämlich schon vor 30 Jahren. Die gute Erkenntnis war, dass die Milbe ab einer Temperatur von 39° C durch Veränderung ihrer Proteine geschädigt wird, die Biene diese Temperatur aber gut verträgt. Die schlechte Nachricht, dass es den Forschern damals nicht gelang, die Wärme gleichmäßig und ohne große Verwirbelungen ins Bienenvolk zu transportieren. Sturm im Haus mögen die Bienen aber nicht und so „klumpten" sie zusammen und fingen so stark an zu fächeln, dass sie „verbrausten" – eine Panikreaktion, bei der die Bienen nicht mehr aufhören, mit den Flügeln zu schlagen, so dass Temperaturen von über 60° C erzeugt werden können und das gesamte Volk zugrunde geht.
Da Richard nicht nur Imker, sondern auch Ingenieur ist, machte er sich an die Arbeit, ein Gerät zu entwickeln, das in der Lage ist, den gesamten Bienenkasten mitsamt der Brut und Bienen langsam und gleichmäßig auf eine genau vorgegebene Temperatur zu erwärmen. Nach vierjähriger Tüftelei hatte er einen entsprechenden Prototypen entwickelt und das Patent angemeldet.
Anfang September 2014: Ohne Moos nix los
Die Entwicklung eines Prototypen ist die eine Sache, eine andere die Produktion und Markteinführung. Dazu braucht man Fachkompetenz und vor allem Geld. Beides hatte Richard nicht. Hier war ich als Mr. Business gefragt. Nach einer knappen Woche Planungsarbeit mit Metaplanwand und Rechner steht das Konzept, wie Geld für die Fertigung der ersten Bienensaunen aufzutreiben ist – und ich fange in der Idylle eines von Wald und Wildnis umgebenen Sees meinen ersten Fisch im Leben: Schweden eben.
Januar 2015: 70.000 Euro – die ersten 70 Bienensaunen sind verkauft
Unsere Crowdfunding-Kampagne, in der wir als Tauschgut auch Bienensaunen anbieten, knackt nach vier Tagen bereits die 50-Prozent-Marke. Die kleine Deutschland-Tour zu Imkervereinen, unter anderem in München und Berlin, zahlt sich aus. Und das Glück des Tüchtigen scheint uns auch weiterhin hold zu sein, als wir kurz darauf über drei Ecken Kontakt zur Süddeutschen Zeitung bekommen. Es erscheint ein ganzseitiger Artikel im Regionalteil, der große Aufmerksamkeit erzeugt und sich in gut 15.000 Euro ummünzt. Offenbar haben wir einen Nerv getroffen. Zeitgeist ist das Eine. Das Andere die positive Alternative, die wir den ImkerInnen bieten. Denn viele können die Säurebehandlung, mit der die Bienen regelmäßig verätzt werden, nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Mit Wärme im Kampf gegen die Varroamilbe können Bienen dagegen wieder ethisch vertretbar gehalten werden.
Am Ende der drei Monate Kampagnenzeit steht die Gewissheit, dass 350 Menschen unser Projekt unterstützen und gerade ausreichend Geld vorhanden ist, um die ersten sechs Geräte bauen zu können.
April 2015: Per Wohnmobil 30 Tage durch Deutschland
Unser Zweier-Team bekommt Verstärkung. Cornelia, die Ehefrau von Richard, steigt hauptberuflich mit ein. Selbst Imkerin, hat sie Richard über mehrere Jahre bei seiner Entwicklung der Vorläufer für die Bienensauna begleitet und ist jetzt eine wichtige Unterstützung für den weiteren Ausbau des Projektes. Gemeinsam touren wir mit unserem Bienensauna-Wohnmobil 30 Tage quer durch Deutschland, von einem Imker zum nächsten, und behandeln vor Ort jeweils ein Bienenvolk mit Wärme. Ein Härtetest für die Prototypen und eine Tour, auf der 600 ImkerInnen live die Wirkung und Bienenverträglichkeit der Bienensauna sehen können und damit zu BotschafterInnen für unsere Sache werden. Das ist der Grundstein für die kommenden Wochen und Monate: Aus einem kleinen Team wächst eine Bewegung für Hyperthermie heran.
August 2015: 110 emsige ImkerInnen bauen 250 Bienensaunen
250 ist unsere magische Zahl. Denn 250 Geräte sind der kommunikative Grundstein für einen guten Buschfunk quer durch die Vereinslandschaft der Imkerei. Mit der Bezahlung per Vorkasse können wir die notwendigen Materialien und Bauteile einkaufen und wollen damit die Produktion von 250 Saunen in Angriff nehmen.
Und das Glück ist uns weiterhin hold: Über den Artikel in der Süddeutschen Zeitung bekommen wir Kontakt zu einem Imker, der uns in ein ehemaliges Brauhaus einlädt, in dem er mit seiner Familie auf einem Schlossgelände im Altmühltal lebt. Neben der 40 Quadratmeter großen Küche – mit einem Esstisch, an dem 15 Personen Platz haben – und mehreren Gästezimmern, stellt er uns auch den renovierten Kuhstall zur Montage unserer Bienensaunen über mehrere Wochen kostenlos zur Verfügung. Und so können während unserer Bauwochen insgesamt über 100 begeisterte ImkerInnen gegen Kost und Logis mit uns zusammen in traumhafter ländlicher Umgebung die ersten Bienensaunen bauen und die Gastfreundschaft an diesem besonderen Ort genießen. Aus drei geplanten Bauwochenenden werden für uns insgesamt über zwei Monate Leben und Arbeiten in Bauernhaus und Kuhstall mit Familienanschluss und sich immer wieder spontan einfindenden HelferInnen. Am Ende der ersten Bauwoche stehen 300 gespendete Arbeitstage und ein erhebender Moment, als die ersten 50 Bienensaunen auf die Reise zu ihren BesitzerInnen gehen.
Oktober 2015: Lieferuntreue und mangelhafte Qualität
Doch trotz aller Freude: nur 50 Bienensaunen in 300 engagiert geleisteten Arbeitstagen – das hatten wir uns anders vorgestellt. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen: Obwohl die Planung stimmte und die Zulieferer rechtzeitig verständigt wurden, lassen uns gerade unsere drei wichtigsten Lieferanten im Stich und versäumen ihre Liefertermine für die folgenden Bauwochenenden. Um überhaupt etwas für unsere freiwilligen HelferInnen zu tun zu haben, lassen wir uns per Express Teillieferungen kommen. Auch wenn unsere Arbeitssituation dadurch erschwert ist, tut das der guten Stimmung und der Lust am Bauen keinen Abbruch. Im Gegenteil. Es schweißt uns zusammen und alle improvisieren, was das Zeug hält. Dadurch wird die Lage aber auch zunehmend unübersichtlich und ein Abgleiten ins Chaos lässt sich nur mit größter Mühe verhindern. Am Ende der zweiten Bauphase haben wir kein einziges fertiges Gerät, sondern ausschließlich Module in verschiedenen Fertigungsstadien. Der Plan, 250 Bienensaunen zum Herbst ausgeliefert zu bekommen und damit die Grundlage für einen stabilen Umsatz in 2016 zu legen, ist dahin. Anfang Oktober liegt immer noch ein riesiges Arbeitspensum vor uns, das wir ohne Hilfe nicht bewältigen können. Zu unserer Erleichterung bietet uns einer der Lieferanten fairerweise als Wiedergutmachung für die nicht eingehaltenen Vereinbarungen seine Unterstützung beim Zusammenbau der vorgefertigten Bienensauna-Module an und stellt Mitarbeiter für uns ab, die sechs Wochen lang unter Richards Anleitung die Bienensaunen in ihrem Werk in Österreich fertigstellen. Doch so hilfreich dieses Entgegenkommen auch ist, es kostet Zeit und Geld. Und damit ist unsere Finanzierung nicht mehr gesichert. Wir müssen wieder Geld beschaffen.
Oktober 2015: 157.000 Euro aus der Imkerschaft
Schon über den Sommer hatten wir begonnen, für Nachrangdarlehen zu werben. Nun forcieren wir diese Initiative und tragen die Botschaft über unseren Newsletter in die Imkerschaft. Und tatsächlich werden uns weitere Darlehen gegeben. Offenbar haben unsere Beharrlichkeit, die offene Kommunikation und die Einbindung der ImkerInnen so viel Begeisterung, Zusammenhalt und Vertrauen geschaffen, dass wir ihre Unterstützung bekommen, obwohl die ersten Geräte noch ein paar Macken haben und wir sechs Monate mit der Auslieferung in Verzug sind. Freude und Erleichterung lösen die Anspannung der letzten Wochen: Die nächsten Monate sind gesichert. Wir können weitermachen. Doch es kommt noch besser. Aus unserem Netzwerk heraus bekommen wir Zugang zu einem Konstruktionsbüro, einem Montagebetrieb und einem wissenschaftlichen Institut, das unseren Feldversuch im nächsten Jahr betreuen wird.
November 2015: Ohne Fleiß kein Preis
Diese Überzeugungskraft war es wohl auch, die die Jury der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis beeindruckt hat. Das Konzept der Bienensauna bringt uns die Nominierung für den Next Economy Award und schließlich auch noch den Gewinn in unserer Kategorie. Wir sind überglücklich und nehmen diese Auszeichnung als Auftrag, Bienen zu retten – mit der Bienensauna als wirksames Mittel.
Ende 2015: Wir können zufrieden sein
Durch eine unglaubliche Energieleistung aller Beteiligten haben wir unseren Meilenstein erreicht: 250 Geräte sind im Feld – unser Sprungbrett für 2016. Die Bewegung, die wir in diesem Jahr ins Leben gerufen haben, werden wir im nächsten Jahr auf eine breitere Basis stellen können und damit die Hyperthermie als bienenfreundliche Alternative in der Varroabekämpfung voranbringen. Das ist unser Ziel und wir sind überzeugt, es erreichen zu können.
So funktioniert die Bienensauna
Mrs. Social und Mr. Business sind sich einig: Sie wollen die Bienen gegen die Varroamilbe verteidigen. Die emsigen Insekten sind schon mehr als genug belastet von Insektiziden und Herbiziden und sterben völkerweise. Zum Start ihres ehrgeizigen Projektes hätten sie sich allerdings nicht träumen lassen, dass sie bereits 18 Monate später den Next Economy Award beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewinnen sollten.
Für Mr. Business, Florian Deising, ist klar: Was immer er auch beruflich tut, es soll einen gesellschaftlichen Nutzen haben. Und da trifft es sich bestens, dass er im Rahmen eines Coachings von einer Sauna zur Rettung der Bienen erfährt. Diese verrückte Idee hatte ein Bienenliebhaber in Schweden und Florian Deising macht sich sofort auf den Weg Richtung Norden und berichtet von seinem Abenteuer.
Ende August 2014 in Schweden: 300 Kilometer links von Stockholm
Ich treffe Richard Rossa das erste Mal in seinem Holzhaus im schwedischen Dalarna. Wir haben davor nur kurz am Telefon gesprochen. Die Begeisterung für seine Bienen merke ich ihm sofort an. Er hat Respekt vor ihnen. „Wenn Du einmal das magische Feld erlebt hast, das ein gesundes Bienenvolk mit seinem Summen und seiner harmonischen Emsigkeit erzeugt, weißt Du, was ich meine", sagt Richard.
„Setzt sich das Bienensterben unbegrenzt fort, verlieren wir überaus nützliche, in einer faszinierend organisierten Gemeinschaft lebende Insekten, die eine positive Energie ausstrahlen", und er setzt fort, „ohne die Bestäubungsleistung der Biene wird unsere Pflanzenwelt dramatisch verarmen und für uns Menschen geht damit ein großer Teil unserer Lebensgrundlagen verloren." Wie sagte schon Albert Einstein: „Stirbt die Biene, stirbt der Mensch." Ein klarer Fall also für Mrs. Social.
Rückblende
August 2010: Wärme statt Säure
Konkreter Auslöser für Richards Entschluss, die Bienensauna zu entwickeln, war der Verlust eines Bienenvolkes nach der Ameisensäurebehandlung gegen die Varroamilbe. Diesem Bienenparasiten, der sich so stark vermehrt, dass ein Bienenvolk ohne Behandlung nach spätestens zwei Jahren zugrunde geht, versuchen die ImkerInnen durch das Verdunsten von Säure im Bienenstock Herr zu werden. Leider hat das nicht nur eine schädigende Wirkung auf die Milben, sondern auch auf die Bienen. Bei seiner Recherche zu alternativen Methoden stieß Richard auf einen Beitrag über Hyperthermie zur Varroabekämpfung. Versuche, der Varroamilbe mit Überwärmung zu Leibe zu rücken, gab es nämlich schon vor 30 Jahren. Die gute Erkenntnis war, dass die Milbe ab einer Temperatur von 39° C durch Veränderung ihrer Proteine geschädigt wird, die Biene diese Temperatur aber gut verträgt. Die schlechte Nachricht, dass es den Forschern damals nicht gelang, die Wärme gleichmäßig und ohne große Verwirbelungen ins Bienenvolk zu transportieren. Sturm im Haus mögen die Bienen aber nicht und so „klumpten" sie zusammen und fingen so stark an zu fächeln, dass sie „verbrausten" – eine Panikreaktion, bei der die Bienen nicht mehr aufhören, mit den Flügeln zu schlagen, so dass Temperaturen von über 60° C erzeugt werden können und das gesamte Volk zugrunde geht.
Da Richard nicht nur Imker, sondern auch Ingenieur ist, machte er sich an die Arbeit, ein Gerät zu entwickeln, das in der Lage ist, den gesamten Bienenkasten mitsamt der Brut und Bienen langsam und gleichmäßig auf eine genau vorgegebene Temperatur zu erwärmen. Nach vierjähriger Tüftelei hatte er einen entsprechenden Prototypen entwickelt und das Patent angemeldet.
Anfang September 2014: Ohne Moos nix los
Die Entwicklung eines Prototypen ist die eine Sache, eine andere die Produktion und Markteinführung. Dazu braucht man Fachkompetenz und vor allem Geld. Beides hatte Richard nicht. Hier war ich als Mr. Business gefragt. Nach einer knappen Woche Planungsarbeit mit Metaplanwand und Rechner steht das Konzept, wie Geld für die Fertigung der ersten Bienensaunen aufzutreiben ist – und ich fange in der Idylle eines von Wald und Wildnis umgebenen Sees meinen ersten Fisch im Leben: Schweden eben.
Januar 2015: 70.000 Euro – die ersten 70 Bienensaunen sind verkauft
Unsere Crowdfunding-Kampagne, in der wir als Tauschgut auch Bienensaunen anbieten, knackt nach vier Tagen bereits die 50-Prozent-Marke. Die kleine Deutschland-Tour zu Imkervereinen, unter anderem in München und Berlin, zahlt sich aus. Und das Glück des Tüchtigen scheint uns auch weiterhin hold zu sein, als wir kurz darauf über drei Ecken Kontakt zur Süddeutschen Zeitung bekommen. Es erscheint ein ganzseitiger Artikel im Regionalteil, der große Aufmerksamkeit erzeugt und sich in gut 15.000 Euro ummünzt. Offenbar haben wir einen Nerv getroffen. Zeitgeist ist das Eine. Das Andere die positive Alternative, die wir den ImkerInnen bieten. Denn viele können die Säurebehandlung, mit der die Bienen regelmäßig verätzt werden, nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Mit Wärme im Kampf gegen die Varroamilbe können Bienen dagegen wieder ethisch vertretbar gehalten werden.
Am Ende der drei Monate Kampagnenzeit steht die Gewissheit, dass 350 Menschen unser Projekt unterstützen und gerade ausreichend Geld vorhanden ist, um die ersten sechs Geräte bauen zu können.
April 2015: Per Wohnmobil 30 Tage durch Deutschland
Unser Zweier-Team bekommt Verstärkung. Cornelia, die Ehefrau von Richard, steigt hauptberuflich mit ein. Selbst Imkerin, hat sie Richard über mehrere Jahre bei seiner Entwicklung der Vorläufer für die Bienensauna begleitet und ist jetzt eine wichtige Unterstützung für den weiteren Ausbau des Projektes. Gemeinsam touren wir mit unserem Bienensauna-Wohnmobil 30 Tage quer durch Deutschland, von einem Imker zum nächsten, und behandeln vor Ort jeweils ein Bienenvolk mit Wärme. Ein Härtetest für die Prototypen und eine Tour, auf der 600 ImkerInnen live die Wirkung und Bienenverträglichkeit der Bienensauna sehen können und damit zu BotschafterInnen für unsere Sache werden. Das ist der Grundstein für die kommenden Wochen und Monate: Aus einem kleinen Team wächst eine Bewegung für Hyperthermie heran.
August 2015: 110 emsige ImkerInnen bauen 250 Bienensaunen
250 ist unsere magische Zahl. Denn 250 Geräte sind der kommunikative Grundstein für einen guten Buschfunk quer durch die Vereinslandschaft der Imkerei. Mit der Bezahlung per Vorkasse können wir die notwendigen Materialien und Bauteile einkaufen und wollen damit die Produktion von 250 Saunen in Angriff nehmen.
Und das Glück ist uns weiterhin hold: Über den Artikel in der Süddeutschen Zeitung bekommen wir Kontakt zu einem Imker, der uns in ein ehemaliges Brauhaus einlädt, in dem er mit seiner Familie auf einem Schlossgelände im Altmühltal lebt. Neben der 40 Quadratmeter großen Küche – mit einem Esstisch, an dem 15 Personen Platz haben – und mehreren Gästezimmern, stellt er uns auch den renovierten Kuhstall zur Montage unserer Bienensaunen über mehrere Wochen kostenlos zur Verfügung. Und so können während unserer Bauwochen insgesamt über 100 begeisterte ImkerInnen gegen Kost und Logis mit uns zusammen in traumhafter ländlicher Umgebung die ersten Bienensaunen bauen und die Gastfreundschaft an diesem besonderen Ort genießen. Aus drei geplanten Bauwochenenden werden für uns insgesamt über zwei Monate Leben und Arbeiten in Bauernhaus und Kuhstall mit Familienanschluss und sich immer wieder spontan einfindenden HelferInnen. Am Ende der ersten Bauwoche stehen 300 gespendete Arbeitstage und ein erhebender Moment, als die ersten 50 Bienensaunen auf die Reise zu ihren BesitzerInnen gehen.
Oktober 2015: Lieferuntreue und mangelhafte Qualität
Doch trotz aller Freude: nur 50 Bienensaunen in 300 engagiert geleisteten Arbeitstagen – das hatten wir uns anders vorgestellt. Doch es sollte noch viel schlimmer kommen: Obwohl die Planung stimmte und die Zulieferer rechtzeitig verständigt wurden, lassen uns gerade unsere drei wichtigsten Lieferanten im Stich und versäumen ihre Liefertermine für die folgenden Bauwochenenden. Um überhaupt etwas für unsere freiwilligen HelferInnen zu tun zu haben, lassen wir uns per Express Teillieferungen kommen. Auch wenn unsere Arbeitssituation dadurch erschwert ist, tut das der guten Stimmung und der Lust am Bauen keinen Abbruch. Im Gegenteil. Es schweißt uns zusammen und alle improvisieren, was das Zeug hält. Dadurch wird die Lage aber auch zunehmend unübersichtlich und ein Abgleiten ins Chaos lässt sich nur mit größter Mühe verhindern. Am Ende der zweiten Bauphase haben wir kein einziges fertiges Gerät, sondern ausschließlich Module in verschiedenen Fertigungsstadien. Der Plan, 250 Bienensaunen zum Herbst ausgeliefert zu bekommen und damit die Grundlage für einen stabilen Umsatz in 2016 zu legen, ist dahin. Anfang Oktober liegt immer noch ein riesiges Arbeitspensum vor uns, das wir ohne Hilfe nicht bewältigen können. Zu unserer Erleichterung bietet uns einer der Lieferanten fairerweise als Wiedergutmachung für die nicht eingehaltenen Vereinbarungen seine Unterstützung beim Zusammenbau der vorgefertigten Bienensauna-Module an und stellt Mitarbeiter für uns ab, die sechs Wochen lang unter Richards Anleitung die Bienensaunen in ihrem Werk in Österreich fertigstellen. Doch so hilfreich dieses Entgegenkommen auch ist, es kostet Zeit und Geld. Und damit ist unsere Finanzierung nicht mehr gesichert. Wir müssen wieder Geld beschaffen.
Oktober 2015: 157.000 Euro aus der Imkerschaft
Schon über den Sommer hatten wir begonnen, für Nachrangdarlehen zu werben. Nun forcieren wir diese Initiative und tragen die Botschaft über unseren Newsletter in die Imkerschaft. Und tatsächlich werden uns weitere Darlehen gegeben. Offenbar haben unsere Beharrlichkeit, die offene Kommunikation und die Einbindung der ImkerInnen so viel Begeisterung, Zusammenhalt und Vertrauen geschaffen, dass wir ihre Unterstützung bekommen, obwohl die ersten Geräte noch ein paar Macken haben und wir sechs Monate mit der Auslieferung in Verzug sind. Freude und Erleichterung lösen die Anspannung der letzten Wochen: Die nächsten Monate sind gesichert. Wir können weitermachen. Doch es kommt noch besser. Aus unserem Netzwerk heraus bekommen wir Zugang zu einem Konstruktionsbüro, einem Montagebetrieb und einem wissenschaftlichen Institut, das unseren Feldversuch im nächsten Jahr betreuen wird.
November 2015: Ohne Fleiß kein Preis
Diese Überzeugungskraft war es wohl auch, die die Jury der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis beeindruckt hat. Das Konzept der Bienensauna bringt uns die Nominierung für den Next Economy Award und schließlich auch noch den Gewinn in unserer Kategorie. Wir sind überglücklich und nehmen diese Auszeichnung als Auftrag, Bienen zu retten – mit der Bienensauna als wirksames Mittel.
Ende 2015: Wir können zufrieden sein
Durch eine unglaubliche Energieleistung aller Beteiligten haben wir unseren Meilenstein erreicht: 250 Geräte sind im Feld – unser Sprungbrett für 2016. Die Bewegung, die wir in diesem Jahr ins Leben gerufen haben, werden wir im nächsten Jahr auf eine breitere Basis stellen können und damit die Hyperthermie als bienenfreundliche Alternative in der Varroabekämpfung voranbringen. Das ist unser Ziel und wir sind überzeugt, es erreichen zu können.
So funktioniert die Bienensauna
Die Bienensauna ist ein elektronisches Gerät, das wie eine Schublade in einen passenden Boden unter den Bienenkasten eingeschoben wird und mit seiner ausgeklügelten Wärme- und Lüftertechnik eine gleichmäßige Temperatur von 42° C im Bienenstock erzeugt. Bei dieser Temperatur erleiden die Varroamilben einen Hitzeschock, während die Bienen sogar höhere Temperaturen noch gut vertragen. Die Wärme ist nicht nur unschädlich für die Bienen, sondern sogar wohltuend und entwicklungsfördernd. Nach einer Behandlung von zwei bis drei Stunden sind über 90 Prozent der Milben irreversibel geschädigt und sterben innerhalb von Stunden oder Tagen. Gegen Wärme kann die Varroamilbe keine Resistenzen bilden und Bienenvölker, Wachs und Honig werden nicht durch Rückstände von Säuren oder Chemikalien belastet, wie sie bei der herkömmlichen Varroabekämpfung eingesetzt werden.
Von Cornelia Rossa-Comes
Wirtschaft | Mr Social und Mrs Business, 01.01.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2016 - Herausforderung Migration und Integration erschienen.
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