Eine Charta für Nachhaltigkeit
Die WIN-Charta des Landes Baden-Württemberg ist bislang bundesweit das einzige Nachhaltigkeitsmanagementsystem speziell für kleine und mittlere Unternehmen.
Haben Sie schon mal von der WIN-Charta gehört oder gelesen? Wir haben nachgefragt, bei Kerstin Kohler, Leiterin Umweltmanagement bei der Sick AG in Waldkirch, und Peter Wüstner, Regierungsdirektor im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.
Herr Wüstner, welches Ziel verfolgt die baden-württembergische Landesregierung mit der WIN-Charta?
Wüstner: Wir wollen nachhaltig wirtschaftende Unternehmen in Baden-Württemberg darstellen und auszeichnen. Gleichzeitig soll das Niveau nachhaltigen Wirtschaftens sukzessive verbessert werden.
Frau Kohler, Sie waren unter den ersten Unterzeichnern der Charta vertreten. Was hat Ihr Unternehmen dazu bewogen?
Kohler: Ganz in der Tradition des Firmengründers Dr. Erwin Sick, dem der Schutz der Umwelt bereits vor mehr als 60 Jahren am Herzen lag, setzen wir bewusst auf eine nachhaltige Entwicklung des Unternehmens. Um negative Umweltauswirkungen während des Produktionsprozesses so gering wie möglich zu halten, verfolgen wir eine dreistufige Klima- und Umweltschutzstrategie. Erstens vermeiden wir, was wir können. Zweitens vermindern wir, was nicht zu vermeiden ist. Und letztendlich optimieren wir, was wir nicht vermindern können. Dabei greifen wir auf ein fest verankertes Umwelt- und Energiemanagementsystem sowie ein starkes soziales Engagement zurück und decken so bereits viele der zwölf WIN-Charta-Leitsätze ab. Die Unterzeichnung der Charta war für uns daher ein folgerichtiger Schritt und eine wertvolle Ergänzung, um alle Facetten der Nachhaltigkeit im Unternehmen zu verankern.
Welchen Mehrwert haben die Unterzeichner von der Charta?
Wüstner: Die Frage, wie ein Unternehmen produziert, rückt zunehmend in den Fokus des Kunden und der Gesellschaft. Auch potenzielle Mitarbeiter interessieren heute andere Werte als noch vor 20 Jahren. Insofern sehen sich Unternehmen immer mehr in der Pflicht, neben rein ökonomischen Kennwerten auch über ihre ökologischen und sozialen Leistungen zu berichten. Die WIN-Charta macht Nachhaltigkeit für das teilnehmende Unternehmen sowie für die interessierte Öffentlichkeit verständlich und überprüfbar. Zudem fallen neben dem nötigen betrieblichen Engagement keine weiteren Kosten an.
Und in Ihrem Fall, Frau Kohler?
Kohler: Mit der WIN-Charta kommen für uns weitere Nachhaltigkeitsaufgaben hinzu, die wir Stück für Stück umsetzen. Das strukturierte Vorgehen ermöglicht es uns, bereits bestehende UmweltManagement-Systeme um den regionalen Aspekt zu bereichern und über dessen Grenzen hinaus das Thema Nachhaltigkeit zu stärken. Hinzu kommt das wertvolle Netzwerk, das wir ähnlich wie bei der VDMA-Nachhaltigkeitsinitaitive Blue Competence nutzen, um uns mit anderen Unternehmen zum Beispiel darüber auszutauschen, wie wir unseren Mehrwert für die Region weiterentwickeln und kommunizieren können.
Welche Pflichten ergeben sich aus der WIN-Charta?
Wüstner: Die Unternehmen bekennen sich zu den zwölf Leitsätzen und füllen diese im Rahmen eines Zielkonzepts mit Leben. Zwölf Monate nach Beginn der Umsetzung des Konzepts berichtet das Unternehmen auf maximal 15 Seiten, wie die Durchführung funktioniert hat, was erreicht wurde und was nicht.Danach beginnt der Zyklus von vorne. Sowohl das Zielkonzept als auch der Bericht müssen im Internet veröffentlicht werden.
Wie setzen Sie diese Pflichten bei Sick konkret um?
Kohler: Unsere Nachhaltigkeitsstrategie wird sich für die kommenden Jahre auf zwei Schwerpunkte konzentrieren. Wir möchten Energie nachhaltiger nutzen und Kunden und Mitarbeitern Anreize zum Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit geben. Zu den Verpflichtungen der Unternehmen gehört ferner die Unterstützung eines nachhaltigen Projekts. Seit 2015 unterstützen wir die vom fesa e. V. organisierten Experimente mit erneuerbaren Energien in sechs Schulklassen. Das Bewusstsein der Schüler zum Thema Klimaschutz und Klimawandel wird gefördert, indem sie zur Funktionsweise von Solarzellen, Windkraft- und Biomasseanlagen experimentieren. Details dazu und zu weiteren Vorhaben dokumentieren wir im WINCharta- Zielkonzept im Internet.
Herr Wüstner, kann die WIN-Charta auch im Rahmen der Berichtspflicht über Corporate Social Responsibility (CSR) gemäß der Richtlinie EU/95/2014 angewendet werden?
Wüstner: Auch wenn kleine und mittelständische Unternehmen nicht direkt davon betroffen sind, kann sich der Anwendungsbereich dieser Richtlinie zumindest mittelbar auf Betriebe erstrecken, die in das Lieferketten-Re- porting eines großen Unternehmens einbezogen sind. Ein externes juristisches Gutachten hat aktuell bestätigt, dass mit der WIN-Charta-Berichterstattung, nach kleinen Anpassungen, die Anforderungen der CSR-Richtlinie erfüllt werden können. Diese werden bis zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht Ende 2016 erfolgen. Damit können die betroffenen Unternehmen mit der Teilnahme an der WIN-Charta die CSR-Berichtspflicht erfüllen.
Frau Kohler und Herr Wüstner, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Info:
Die VDMA-Nachhaltigkeitsinitiative setzt sich intensiv mit den Fragen nachhaltigen Wirtschaftens auseinander. In diesem Zuge wurde die WIN-Charta auf einer VDMA-Veranstaltung im Sommer in Karlsruhe vorgestellt und diskutiert. Baden-Württemberg hat die WIN-Charta speziell für kleine und mittelständische Unternehmen ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Erfahrungen und das Wissen nachhaltig engagierter Unternehmen zu bündeln und nachhaltiges Wirtschaften zu fördern.
Quelle: VDMA Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence
Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 17.10.2016
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