Das Büro 4.0 als Gewächshaus für Kreativität

Eine philosophische Betrachtung von Christoph Quarch

Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt stellt diejenigen vor neuartige Herausforderungen, die ­Arbeitsräume entwerfen, gestalten und einrichten. Ihre Kernaufgabe wird darin bestehen, Räume zu schaffen, in denen Menschen ihr geistiges und emotionales Potenzial entfalten können.

„Die Brisanz und historische Aufgabe für Gestalter, Einrichter und Logistiker, für Designer und Architekten", sagt der Philosoph Hajo Eickhoff, „liegt darin, alle Elemente des Büros und der Büroarbeit vom Menschen her zu denken, zu entwickeln und zu gestalten." Nicht länger wird der Büroraum mit seinen Geräten und Ausstattungsgegenständen die Gestalt der Büroarbeit definieren, sondern der einzelne Mensch und die von ihm verwendeten digitalen Geräte. Nicht länger werden Bürozeiten den Takt und Rhythmus der Büroarbeit definieren, sondern der einzelne Mensch mit seinen individuellen Erfordernissen.

Der Philosoph Christoph Quarch schreibt regelmäßig für forum Nachhaltig Wirtschaften.Der Mensch ist ein soziales Wesen, dessen Handeln sich im Miteinander entfaltet. Eine totale Individualisierung steht nicht zu erwarten, denn Motivation und Engagement erwachsen wesentlich aus der Begegnung mit den Mitarbeitern und der Verbundenheit in einem Team. Eher ist damit zu rechnen, dass es auch in Zukunft gemeinsame Büroräume in Unternehmen geben wird – sie werden aber je nach Erfordernis sehr unterschiedlich aussehen. Nur eines wird ihnen gemein sein: In ihrem Zentrum steht der Mensch mit denjenigen seiner Qualitäten, bei denen ihm auf absehbare Zeit die von ihm gebauten Maschinen noch nicht das Wasser reichen können: Kreativität und Innovation.

Im Zentrum der Mensch
Umso wertvoller werden diese menschlichen Ressourcen. Sie zu schützen, zu entwickeln und zu bewahren, wird die Kernfunktion künftiger Büros sein. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass es künftig für den wirtschaftlichen Erfolg wesentlich darauf ankommen wird, ob Unternehmen in der Lage sein werden, Räume für radikale Innovation bereitzustellen.

Als Weg dahin beschreibt die Innovationsforschung das Verfahren der emergenten Innovation. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Idee, dass radikal neues Wissen nur dann zur Welt gebracht wird, wenn es nicht direktiv oder technisch hergestellt wird, sondern sich organisch entwickeln bzw. emergieren kann. Radikale Innovation, so der Konsens der Forschung, kann weder gemacht noch kontrolliert, sondern allenfalls gehegt und kultiviert werden.

Notwendig dafür sind „Gewächshäuser", in denen dieser organische Wachstumsprozess der Kreativität durch nährende Arrangements und eine geeignete Atmosphäre unterstützt wird. Die Forschung spricht in diesem Zusammenhang von einem Enabling Space – einem Ermöglichungsraum –, in den einzutreten einer Gruppe Innovationswilliger die Genese des Neuen und die Entfaltung anfangs verborgener Potenziale erleichtert. Space bzw. Raum ist dabei nicht nur, aber auch als eine lokale Kategorie zu fassen. So bemerkt der Wiener Innovationsforscher Markus Peschl: „Wir müssen lernen, wie es gelingen kann, ein Ökosystem oder ein ,lebendiges Ambiente‘ (living ambiences) für Kulturen und Verfahren, Inkubation und Ermöglichung bereitzustellen und dies an die Stelle von Regimen der Kontrolle und erzwungener Veränderungen treten zu lassen." Das Büro der Zukunft wird ein solches ermöglichendes Ökosystem sein, oder es wird nicht sein.

Dr. phil. Christoph Quarch ist Philosoph, Autor, Vortragender und Berater. Er veranstaltet philosophische Seminare und Reisen in Zusammenarbeit mit „ZEIT-Reisen" und ist Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland. Er ist Autor und Herausgeber von über 35 Büchern, zuletzt: Rettet das Spiel!  www.christophquarch.de


Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 14.02.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2017 - And the winner is... erschienen.
     
Cover des aktuellen Hefts

Jede Menge gute Nachrichten

forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2024 mit dem Schwerpunkt "Der Weg zum Mehrweg – Transport und Logistik"

  • Circular Cities
  • Kllimagerecht bauen
  • Kreislaufwirtschaft für Batterien
  • ToGo-Mehrwegverpackungen
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
25
APR
2024
Watervent
Funding in the Water Nexus
10623 Berlin
29
APR
2024
DIGISUSTAIN
B2B Konferenz & Networking Hub für Nachhaltigkeits-Pioniere
60327 Frankfurt am Main
06
JUN
2024
SustainED Synergy Forum 2024
SustainED Synergy – unser 6-Monate CSRD Consulting für Ihr Unternehmen!
73728 Esslingen am Neckar
Alle Veranstaltungen...
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Belebung des Arbeitsmarktes durch Leistungskürzungen für Arbeitsunwillige?
Christoph Quarch sieht die Lösung des Problems nicht in Sanktionen sondern im Steuerrecht
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Die Sonne ernten – only 'Made in China'?

Solarhersteller Meyer Burger kündigt Mitarbeitern und beschließt Aus in Freiberg/Sachsen

Deutschland summt!-Pflanzwettbewerb 2024:

"Nachhaltigkeit muss kein Verzicht sein"

Nachhaltig schön gestalten: Prima Klima für den Außenbereich

Econocom startet “Impact“:

Sticker Gizmo wählt NatureFlex™ als erneuerbares und kompostierbares Facestock-Material für seine Etiketten

Innovatives urbanes Wohnen mit Biome:

  • Engagement Global gGmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • toom Baumarkt GmbH