Kommt die Mode aus der Mode?
Slow Fashion und die Zukunft der Nachhaltigkeit
„Shopping is my cardio", „Life is short. Buy the shoes”, „Shopping is cheaper than therapy" – solche und ähnliche Sprüche werden zuhauf auf T-Shirts gedruckt und geistern durch die sozialen Netzwerke, wo sie begeisterten Zuspruch erfahren. Die hemmungslose Konsumlust ist in der Mitte unserer Gesellschaft fest verankert. Sich mit Kaufen zu belohnen stimuliert nicht nur den Nuccleus accumbens – das Belohnungszentrum im Gehirn – sondern befeuert auch die Marktwirtschaft. Der begeisterte Käufer schlägt so mühelos zwei Fliegen mit einer Klappe.
Immer mehr, immer schneller
Gleichzeitig offenbaren die flapsigen Sprüche eine fast pathologischen Geisteshaltung: Shoppen als Ersatzbefriedigung, ja fast schon Zwangshandlung. Und die Modeindustrie facht das Feuer kräftig an: Immer kürzere Produktionszyklen, schnellere Verfügbarkeit und eine stetig wachsendes Überangebot an Kollektionen, gekoppelt mit aggressivem Marketing, nähren das nagende Gefühl, nicht genug zu besitzen. Einmal auf dieses Karussell aufgesprungen, fällt es schwer wieder abzuspringen. In Sachen Mode gilt das doppelt und dreifach, schließlich ist sie traditionell eng an unser Selbstverständnis geknüpft. Für viele ist Kleidung etwas hochgradig Persönliches, ein Ausdruck von Individualität und Stimmungslage. Da fällt es schwer, dem Sog der Trendwelle standzuhalten.
Nachhaltigkeit ist Trend
Gleichzeitig nimmt die Gegenbewegung immer mehr Fahrt auf: Slow Fashion statt Fast Fashion lautet die Devise der Gegenwart. Erstere setzt nicht nur auf eine ressourcen- und umweltschonende Herstellung sowie auf faire Löhne und Arbeitsbedingungen in der Industrie, sie stellt unser gesamtes Konsumverhalten auf den Prüfstand. Eco Fashion ist im Mainstream angekommen. Das zeigt auch die Beliebtheit von Influencern wie Madeleine Alizadeh, die den schwierigen Spagat zwischen Konsum und Nachhaltigkeit transparent schildern und damit zur Beschäftigung mit dem Thema anhalten. Das veränderte Bewusstsein der Konsumenten zwingt die Konzerne, ihren Nachhaltigkeitsstrategien zu konkretisieren. Denn: Nachhaltige Mode gilt als schick und wird noch dazu immer modischer. Längst vorbei sind die Zeiten der piefigen Öko-Kleidung, die ohnehin nur einen kleinen Teil der Bevölkerung für sich einnehmen konnte. Stattdessen setzt man jetzt auf Sports Luxe – edle und sportliche Textilien, deren Kunststofffasern schafstoffarmer als beispielsweise Leder verarbeitet und recycelt werden können. Beim Onlinekauf bieten Bio- oder Öko-Suchfilter eine gute Orientierungshilfe, wie sie beispielsweise auf der Shoppingplattform LadenZeile zu finden sind. Aber auch kleinere und regionale Shops, die nachweislich ausschließlich in Deutschland produzieren, wie Manomama gewinnen langsam an Bedeutung.
Der Realitätscheck
Bei all dem neu geschaffenen Bewusstsein: Der Weg ist noch weit. Zwar gibt es bereits zahlreiche Fair-Trade-Zertifizierungen – zu den strengsten und verlässlichsten zählen das GOTS-Siegel und das Naturtextil IVN zertifiziert BEST – doch es fehlt ein einheitliches Siegel. Die Folge: Der Käufer ist noch immer angehalten, sich selbst detailliert mit der Materie befassen. Für viele ist diese Hürde schlicht zu hoch. Die Lücke, die zwischen Bewusstsein und Handeln klafft, ist groß. So wissen 74 Prozent der deutschen Teenager um die schlechte Öko-Bilanz vieler Modeketten, aber nur 13 Prozent achten beim Shoppen auf Etiketten, die auf eine ökologische oder nachhaltige Herstellung hinweisen. Das wissen auch die Modekonzerne: Sie müssen sich nach wie vor den Vorwurf gefallen lassen, sogenanntes „Greenwashing" zu betreiben, ihre Ökobilanz also zu beschönigen.
Die Zukunft der Slow Fashion
Zu erkennen, wo lediglich an der Oberfläche gekratzt und allzu publikumswirksam auf den Nachhaltigkeitszug aufgesprungen wird – das ist mittel- und langfristig die größte Herausforderung für die die Eco-Fashion-Bewegung. Das wird nicht einfach in Zeiten, wo viele sich nur allzu gerne mit Nachhaltigkeitsversprechen schmücken. Selbst Punk-Lady Vivienne Westwood, die kürzlich mit ihrem Aufruf zu mehr Nachhaltigkeit die Modewelt aufrüttelte, lässt ihren Worten in der Arbeit mit dem eigenen Label bisher kaum Taten folgen. Bis das geschieht, können Verbraucher sich vor allem selbst behelfen: Indem sie ihren Konsum kritisch hinterfragen, auf Qualität statt Quantität setzen, den erwähnten Zertifizierungen Beachtung schenken, oder vermehrt Kleidung aus zweiter Hand kaufen.
Lifestyle | Mode & Kosmetik, 19.06.2017
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