Große Potenziale und Chancen
Das sagt die Wirtschaft zu den SDG
Um die Bedeutung der SDG für unternehmerisches Handeln zu ermitteln, führten das Deutsche Global Compact Netzwerk und die IHK für München und Oberbayern Umfragen unter ihren Mitgliedsunternehmen durch. Sie zeigen, ob und wie die SDG in der Unternehmenswelt angekommen sind.
Laut der Umfrage der IHK rücken die SDG das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen stärker in den Fokus, erleichtern die Ausrichtung der Unternehmensstrategie auf die Bedürfnisse der Gesellschaft, zeigen neue Innovationsfelder auf und erschließen neue Märkte. 458 der rund 3.800 von der IHK befragten Unternehmen aus Industrie, Dienstleistung und Handel nahmen an der Umfrage teil. Fast drei Viertel der Unternehmen, die die SDG kennen, messen den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen eine hohe oder sehr hohe Bedeutung für ihr Unternehmen bei. Unter den zentralen Herausforderungen im Unternehmen, den SDG aktiv zu begegnen, wird insbesondere ein fehlendes bzw. geringes öffentliches Bewusstsein für die Nachhaltigkeitsziele sowie ein Mangel an Ressourcen (Finanzen, Expertise, etc.) genannt.
Mehr als zwei Drittel der Unternehmen kennen die SDG; bei den Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern sind es sogar 81 Prozent. Fast jedem dritten Unternehmen sind die SDG jedoch noch gänzlich unbekannt. 71 Prozent der Unternehmen, die die SDG kennen, messen ihnen eine hohe oder sehr hohe Bedeutung bei.
Die Bedeutung der SDGBefragt nach ihrem (möglichen) Beitrag zu den SDG messen die Unternehmen den einzelnen Zielen eine recht unterschiedliche Bedeutung bei. Erwartungsgemäß rangieren rein ökonomische Ziele auf den vorderen Rängen. Die Bewertung der einzelnen Ziele deckt sich bei der bayerischen IHK Umfrage weitgehend mit den Erkenntnissen des Deutschen Global Compact Networks (DGCN), die im Rahmen eines Stakeholder Dialogs zu den SDG in der deutschen Wirtschaft gewonnen wurden. In beiden Umfragen werden ähnlichen Zielen eine hohe Bedeutung zugemessen: z.B. Ziel 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum"; Ziel 9 „Industrie, Innovation und Infrastruktur" und Ziel 13 „Maßnahmen für den Klimaschutz". Weniger als die Hälfte der Unternehmen gibt an, einen Beitrag zu dem Ziel „Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster" leisten zu können. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Förderung ökologisch und sozial verträglicher Konsummuster sowie eines nachhaltigen Bewusstseins und Handelns aus Sicht der Unternehmen nicht allein im unmittelbaren Einflussbereich der Wirtschaft liegt. Mit Blick auf die verschiedenen Branchen – Industrie, Dienstleistung und Handel – zeigen sich bedeutende Unterschiede in Bezug auf die einzelnen Ziele. So schätzen Industrieunternehmen ihren Beitrag zu ökologischen Handlungsfeldern wie Klimaschutz, sauberes Wasser, saubere Energie und Leben an Land deutlich höher ein als andere Branchen. Der Dienstleistungssektor hingegen sieht einen vergleichsweise hohen Beitrag zu gesellschaftlichen Zielen wie hochwertiger Bildung, Armutsbekämpfung und auch der Bekämpfung von Hungersnot. Der Handel misst seinen Einflussmöglichkeiten eine geringere Bedeutung zu als Industrie und Dienstleistung. Hier scheint es notwendig – ebenso wie im Fall der Ziele, die nicht so häufig genannt wurden – den Unternehmen die Hebelwirkung ihrer Tätigkeit auf die entsprechenden Ziele zu verdeutlichen.
Aktivitäten zur Förderung der SDG
Der zentrale Beitrag der Unternehmen zum Erreichen der SDG liegt in der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die (einzelne) SDG fördern. 58 Prozent der Unternehmen geben an, dies geplant zu haben oder bereits zu tun. Auf Platz zwei und drei rangieren das öffentliche Bekenntnis zu den SDG und ihre Integration in die Unternehmensstrategie. Immerhin jedes dritte Unternehmen gibt an, dass die SDG zur Erweiterung und Fortführung des Nachhaltigkeitsmanagements im Unternehmen sowie zur Steigerung von Spendenaktivitäten führen.
Nach Unternehmensgröße analysiert, zeigen die Antworten, dass größere Unternehmen erwartungsgemäß mehr Aktivitäten umsetzen oder planen. Insbesondere die Rolle von Partnerschaften und Projekten mit anderen Akteuren sowie die Gründung und der Beitritt zu Brancheninitiativen zur Erreichung der SDG wird mit 57 Prozent bzw. 38 Prozent unter den Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern weitaus häufiger genannt als unter kleineren Unternehmen.
Die Nachhaltigkeitsziele der UN stellen für mich als Einzelunternehmer einen Impuls dar, der mein bisheriges Handeln bestätigt und mich anregt, verstärkt in diesem Bewusstsein zu handeln.
Nutzen der SDG für Unternehmen
Laut der DGCN Erhebung halten 72 Prozent der befragten Unternehmen die SDG für relevant für ihr Unternehmen. Die IHK kam zu folgenden, ähnlichen Ergebnissen: 71 Prozent der Unternehmen, denen die SDG bekannt sind, messen ihnen eine hohe oder sehr hohe Bedeutung zu, rund zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Unternehmen sehen einen Nutzen in den SDG für ihr Unternehmen. Diese Unternehmen geben insbesondere an, dass die SDG das Thema Nachhaltigkeit innerhalb des Unternehmens stärker in den Fokus rücken (63 Prozent) und es erleichtern, die Unternehmensstrategie an den Bedürfnissen der Gesellschaft auszurichten (62 Prozent), Innovationsfelder aufzuzeigen (49 Prozent) und neue Märkte zu erschließen (47 Prozent).
Gut jedes zweite Unternehmen ist zudem der Auffassung, dass die SDG die Beziehungen zu anderen gesellschaftlichen und politischen Akteuren stärken und nur gesamtgesellschaftlich erreicht werden können.
Herausforderungen mit Blick auf die SDG
Die befragten Unternehmen (IHK) sehen zwei zentrale Herausforderungen mit Blick auf die SDG. Zum einen beklagen 59 Prozent ein fehlendes oder geringes öffentliches Bewusstsein für die Nachhaltigkeitsziele. Zum anderen fehlt es 58 Prozent an Ressourcen (Finanzen, Expertise, Technologie, etc.). Jedes dritte Unternehmen beklagt zudem noch, dass es an Anleitungen zur Implementierung der Nachhaltigkeitsziele im Unternehmen mangelt.
Zudem erachtet gut jedes zweite Unternehmen es als wichtig, die Handlungsfelder der Agenda 2030 für Deutschland und die Bundesländer weiter zu priorisieren und Schwerpunkte in der Ausgestaltung zu setzen, wie es mit der deutschen und bayerischen Nachhaltigkeitsstrategie bereits umgesetzt wird bzw. angedacht ist. 42 Prozent der teilnehmenden Unternehmen geben des Weiteren an, dass die Politik auf multilaterale Abkommen in den Handlungsfeldern der SDG hinwirken sollte. Ein Drittel der befragten Unternehmen plädiert sogar für verbindliche Branchenziele in den verschiedenen Handlungsfeldern.
Verantwortung von Politik und Verwaltung
Mehrere Unternehmen beklagen in den offenen Kommentaren, dass der öffentliche Sektor seine Vorbildfunktion noch nicht ausreichend wahrnimmt. Sie erachten es als notwendig, Kompetenzen bei den Behörden weiter auszubauen und Nachhaltigkeitskriterien noch stärker bei öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen. Mit Blick auf die Ergebnisse der Umfrage wächst die Hoffnung, dass die Unternehmen die SDG als Impuls begreifen, ihr bisheriges Handeln zu überprüfen und die damit verbundenen Herausforderungen annehmen. Andere IHKs, Verbände, Unternehmen und Akteure sind eingeladen, die vorliegenden Umfrageergebnisse und Materialien für sich zu nutzen und umzusetzen.
Auf ihrem CSR-Kongress „Die Neuvermessung der Welt" gaben die
Verantwortlichen der IHK Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik.
Wirtschaft | CSR & Strategie, 01.12.2017
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2017 - Jetzt die SDG umsetzen erschienen.
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