Corporate-Citizenship-Programme nachhaltig gestalten
Von Prof. Dr. André Habisch
"Unternehmen engagieren sich für die Gesellschaft" - das ist nichts Neues. Die Geschichte des Sponsorings und der Mitwirkung an öffentlichen Aufgaben, wie beispielsweise der Bau von Werkswohnungen, Straßen, Schulen und Berufsschulen, Krankenhäusern oder Museen ist so alt wie die Geschichte der Unternehmen selbst. Neu an der gegenwärtigen Diskussion um "Citizenship" bzw. "Corporate (Social) Responsibility" ist dagegen der Gedanke, dass dieses Engagement nicht ad hoc geschehen und/oder lediglich auf äußere Anfragen "gewichtiger Persönlichkeiten" reagieren sollte. Weil es auch hier knappe Ressourcen sind, die einem Unternehmen zur Verfügung stehen, sollten die Projekte und Initiativen sorgfältig durchdacht sein. Es geht um eine Professionalisierung gesellschaftlichen Engagements - um die Entwicklung einer Gesamtstrategie, statt nur spontan Gefälligkeiten auszuteilen oder kurzfristige PR-Gags zu platzieren.
Welches sind nun die Kriterien einer professionellen "Citizenship-Strategie"?
Wer in der Öffentlichkeit agiert, sollte sein Handeln begründen und auf einfache Fragen eine Antwort geben können: "Was macht das Unternehmen da eigentlich?" "Warum macht es das und nicht etwas anderes und was erwartet es sich davon?" Stärker als in anderen Ländern trifft das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen in Deutschland auf Vorbehalte. Professionellem CSR-Management sollte dies kein Grund zur Klage sondern Ansporn für eine anspruchsvollere Unternehmenskommunikation sein. Denn um hierzulande Journalisten, Öffentlichkeit, Mitarbeiter und Verbraucher zu überzeugen, müssen mehr kritische Fragen beantwortet werden als in anderen europäischen Ländern.
CSR als "Business Case" - zum Nutzen des Unternehmens
Unternehmen stehen - aus gutem Grund - im marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Sie verdanken ihre wirtschaftliche Existenz dem Umstand, dass sie für ihre wichtigsten Anspruchsgruppen einen Mehrwert schaffen. Auch gesellschaftliches Engagement dient diesem Zweck. Zahlreiche Beispiele zeigen: Ein Unternehmen kann seine wirtschaftlichen Ziele nur dann erreichen, wenn der gesellschaftliche Kontext nicht außer Acht gelassen wird. In diesem Sinne ist gesellschaftliches Engagement eine Investition in nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Manager sollten sich zu diesen Zusammenhängen offen bekennen, statt sich durch vorgespielten Altruismus unglaubwürdig zu machen.
Nur wenn gesellschaftliches Engagement auf die strategischen Ziele des Unternehmens abgestimmt ist und einen deutlichen innerbetrieblichen Wertschöpfungsbeitrag erbringt, wird es die Amtszeit einzelner Protagonisten überdauern. Nur wenn es durchdacht und professionell umgesetzt wird, kann es innerbetrieblich breite Akzeptanz finden. Nur wenn es unternehmensintern nachhaltig Wertschöpfung entfaltet, kann es auch extern nachhaltig gesellschaftlich wirksam werden. Ein gut kommunizierbarer "Business Case" ist also die Voraussetzung für den "social case", die Wirksamkeit im gesellschaftlichen Umfeld. Umtriebiger Aktionismus, der weder den betrieblichen noch den gesellschaftlichen Nutzen bedenkt, leistet dagegen der weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem "CSR-Zirkus" Vorschub. Hier beißt sich - zumal im deutschen Sprachraum - die Katze in den Schwanz.
Dabei wird als "Business Case" in Zukunft die unternehmensinterne Kommunikation immer wichtiger. In Großbritannien ist das CSR-Profil eines Unternehmens schon heute ein wichtiges Rekrutierungsinstrument für knapper werdendes Spitzenpersonal. Dieses will nicht nur gut verdienen und sich schnell weiter entwickeln, sondern mit seiner Berufstätigkeit auch den eigenen Sinnansprüchen genügen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter identifizieren sich aber nur dann mit dem Engagement des Unternehmens, wenn sie "mitgenommen" werden: Betriebliche Freiwilligenarbeit in Form des "Corporate Volunteering" und die Multiplikation von Schnittstellen ins operative Geschäft spielen dabei für gelungene "Citizenship-Projekte" eine Schlüsselrolle.
CSR als "social case" - zum Nutzen der Gesellschaft
Die Ordnungsprobleme der Zukunft werden internationaler, komplexer und voraussetzungsreicher sein, als jene der Vergangenheit. Gerade deshalb können sie nicht mehr durch Politik und Behörden allein, sondern nur unter Mitarbeit der (internationalen) Bürgergesellschaft gelöst werden (Globale "Governance-Netzwerke"). Die Unternehmen als global tätige Akteure spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch um ihre Kompetenzen voll zur Geltung zu bringen, werden sie sich in der Regel mit zivilgesellschaftlichen Partnern wie Stiftungen und gemeinnützigen Vereinen verbünden, die über komplementäre Kompetenzen verfügen.
Der Wahl des geeigneten Partners kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu: Er sollte nicht nur über Glaubwürdigkeit und Problemkompetenz, sondern auch über professionelle Kooperationsfähigkeit verfügen. Die Partnerschaft ist umso fruchtbarer, wenn sie von Anfang an auf klaren Vereinbarungen beruht: Gemeinsame Ziele sollten formuliert, Evaluationskriterien definiert und schließlich gemeinsame Kommunikationsplattformen installiert werden. Rechte und Pflichten beider Partner müssen von Anfang an klar festgelegt und Konfliktregulierungsmechanismen müssen bestimmt werden; dabei ist natürlich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Von Unternehmen wird erwartet, dass sie nicht nur eingetretene Wege beschreiten, sondern gemeinsam mit ihren Partnern auch im Bereich gesellschaftlichen Engagements Innovationen hervorbringen: Diese können in neuen Modellen und Interventionsformen oder auch in innovativen Nutzungen ihrer Produkte für gesellschaftliche Zwecke bestehen. Um Innovationen wirksam werden zu lassen, ist eine stimmige Kommunikationsstrategie unverzichtbar. Denn Unternehmen können oft nur dann wirklich nachhaltige Wirkungen erzielen, wenn durch ihr Engagement auch die demokratische Öffentlichkeit sensibilisiert und Institutionen verändert werden.
Im 21. Jahrhundert stellt es eine zentrale Herausforderung dar, nicht nur die Gesellschaft sondern auch die Unternehmen selbst für die Chancen professioneller "Citizenship-Aktivitäten" zu sensibilisieren. Die EU Kommission äußert sich in ihrem lesenswerten Skript zum Thema CSR vom März 2006 folgendermaßen: "Europa braucht mehr denn je aktive Unternehmer, positive Einstellungen zum Unternehmertum und Vertrauen in die Wirtschaft; Europa braucht ein allgemeines Klima, in dem Unternehmer nicht nur geachtet werden, weil sie gute Gewinne erzielen, sondern weil sie einen fairen Beitrag zur Lösung bestimmter gesellschaftlicher Probleme leisten."
Weitere Informationen:
www.corporatecitizen.de
Prof. Dr. André Habisch ist Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt und Direktor des Center for Corporate Citizenship e.V.
Welches sind nun die Kriterien einer professionellen "Citizenship-Strategie"?
Wer in der Öffentlichkeit agiert, sollte sein Handeln begründen und auf einfache Fragen eine Antwort geben können: "Was macht das Unternehmen da eigentlich?" "Warum macht es das und nicht etwas anderes und was erwartet es sich davon?" Stärker als in anderen Ländern trifft das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen in Deutschland auf Vorbehalte. Professionellem CSR-Management sollte dies kein Grund zur Klage sondern Ansporn für eine anspruchsvollere Unternehmenskommunikation sein. Denn um hierzulande Journalisten, Öffentlichkeit, Mitarbeiter und Verbraucher zu überzeugen, müssen mehr kritische Fragen beantwortet werden als in anderen europäischen Ländern.
CSR als "Business Case" - zum Nutzen des Unternehmens
Unternehmen stehen - aus gutem Grund - im marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Sie verdanken ihre wirtschaftliche Existenz dem Umstand, dass sie für ihre wichtigsten Anspruchsgruppen einen Mehrwert schaffen. Auch gesellschaftliches Engagement dient diesem Zweck. Zahlreiche Beispiele zeigen: Ein Unternehmen kann seine wirtschaftlichen Ziele nur dann erreichen, wenn der gesellschaftliche Kontext nicht außer Acht gelassen wird. In diesem Sinne ist gesellschaftliches Engagement eine Investition in nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Manager sollten sich zu diesen Zusammenhängen offen bekennen, statt sich durch vorgespielten Altruismus unglaubwürdig zu machen.
Nur wenn gesellschaftliches Engagement auf die strategischen Ziele des Unternehmens abgestimmt ist und einen deutlichen innerbetrieblichen Wertschöpfungsbeitrag erbringt, wird es die Amtszeit einzelner Protagonisten überdauern. Nur wenn es durchdacht und professionell umgesetzt wird, kann es innerbetrieblich breite Akzeptanz finden. Nur wenn es unternehmensintern nachhaltig Wertschöpfung entfaltet, kann es auch extern nachhaltig gesellschaftlich wirksam werden. Ein gut kommunizierbarer "Business Case" ist also die Voraussetzung für den "social case", die Wirksamkeit im gesellschaftlichen Umfeld. Umtriebiger Aktionismus, der weder den betrieblichen noch den gesellschaftlichen Nutzen bedenkt, leistet dagegen der weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem "CSR-Zirkus" Vorschub. Hier beißt sich - zumal im deutschen Sprachraum - die Katze in den Schwanz.
Dabei wird als "Business Case" in Zukunft die unternehmensinterne Kommunikation immer wichtiger. In Großbritannien ist das CSR-Profil eines Unternehmens schon heute ein wichtiges Rekrutierungsinstrument für knapper werdendes Spitzenpersonal. Dieses will nicht nur gut verdienen und sich schnell weiter entwickeln, sondern mit seiner Berufstätigkeit auch den eigenen Sinnansprüchen genügen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter identifizieren sich aber nur dann mit dem Engagement des Unternehmens, wenn sie "mitgenommen" werden: Betriebliche Freiwilligenarbeit in Form des "Corporate Volunteering" und die Multiplikation von Schnittstellen ins operative Geschäft spielen dabei für gelungene "Citizenship-Projekte" eine Schlüsselrolle.
CSR als "social case" - zum Nutzen der Gesellschaft
Die Ordnungsprobleme der Zukunft werden internationaler, komplexer und voraussetzungsreicher sein, als jene der Vergangenheit. Gerade deshalb können sie nicht mehr durch Politik und Behörden allein, sondern nur unter Mitarbeit der (internationalen) Bürgergesellschaft gelöst werden (Globale "Governance-Netzwerke"). Die Unternehmen als global tätige Akteure spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch um ihre Kompetenzen voll zur Geltung zu bringen, werden sie sich in der Regel mit zivilgesellschaftlichen Partnern wie Stiftungen und gemeinnützigen Vereinen verbünden, die über komplementäre Kompetenzen verfügen.
Der Wahl des geeigneten Partners kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu: Er sollte nicht nur über Glaubwürdigkeit und Problemkompetenz, sondern auch über professionelle Kooperationsfähigkeit verfügen. Die Partnerschaft ist umso fruchtbarer, wenn sie von Anfang an auf klaren Vereinbarungen beruht: Gemeinsame Ziele sollten formuliert, Evaluationskriterien definiert und schließlich gemeinsame Kommunikationsplattformen installiert werden. Rechte und Pflichten beider Partner müssen von Anfang an klar festgelegt und Konfliktregulierungsmechanismen müssen bestimmt werden; dabei ist natürlich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen.
Von Unternehmen wird erwartet, dass sie nicht nur eingetretene Wege beschreiten, sondern gemeinsam mit ihren Partnern auch im Bereich gesellschaftlichen Engagements Innovationen hervorbringen: Diese können in neuen Modellen und Interventionsformen oder auch in innovativen Nutzungen ihrer Produkte für gesellschaftliche Zwecke bestehen. Um Innovationen wirksam werden zu lassen, ist eine stimmige Kommunikationsstrategie unverzichtbar. Denn Unternehmen können oft nur dann wirklich nachhaltige Wirkungen erzielen, wenn durch ihr Engagement auch die demokratische Öffentlichkeit sensibilisiert und Institutionen verändert werden.
Im 21. Jahrhundert stellt es eine zentrale Herausforderung dar, nicht nur die Gesellschaft sondern auch die Unternehmen selbst für die Chancen professioneller "Citizenship-Aktivitäten" zu sensibilisieren. Die EU Kommission äußert sich in ihrem lesenswerten Skript zum Thema CSR vom März 2006 folgendermaßen: "Europa braucht mehr denn je aktive Unternehmer, positive Einstellungen zum Unternehmertum und Vertrauen in die Wirtschaft; Europa braucht ein allgemeines Klima, in dem Unternehmer nicht nur geachtet werden, weil sie gute Gewinne erzielen, sondern weil sie einen fairen Beitrag zur Lösung bestimmter gesellschaftlicher Probleme leisten."
Weitere Informationen:
www.corporatecitizen.de
Prof. Dr. André Habisch ist Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt und Direktor des Center for Corporate Citizenship e.V.
Quelle: MIMONA / www.mimona.de
Nach Studien der kath. Theologie (Dipl. Theol. 'mit Auszeichnung' 1988 an der Universität Tübingen) und der Volkswirtschaftslehre (Diplom Volkswirt 'sehr gut' 1992 an der FU Berlin) folgte eine wissenschaftliche Tätigkeit am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensethik der KU Eichstätt (Prof. Dr. Karl Homann) 1992-1994; Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes (Grund- und Promotionsstipendium) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Habilitationsstipendium); Promotion 1993 an der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen bei Prof. Dr. Peter Hünermann ('summa cum laude'); Forschungsaufenthalt an der Indiana-University in Bloomington IN, USA 1996; Habilitation 1998 an der Universität Würzburg; Heisenberg-Forschungs-Stipendium der DFG 1998; im selben Jahr Berufung nach Eichstätt; seit 2003: Visiting Professor am International Center for Corporate Social Responsibility, Nottingham Business School, UK
Jüngste Buchpublikation Handbuch Corporate Citizenship, Co-Autoren R. Schmidpeter/M. Neureiter, Heidelberg: Springer 2007 |
Quelle:
Wirtschaft | CSR & Strategie, 17.10.2007
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