BIOFACH 2025

Der Durst der Welt

Wir brauchen 50 Prozent mehr Wasser

Verschwendet, verschmutzt und verramscht: Wasser wird weltweit immer knapper. Schon warnen Experten vor lebensbedrohenden Engpässen. Dabei könnten innovative Verfahren helfen, die Misere zu entschärfen. Eine Spurensuche.

Kalifornien im Mai 2013
© DERtours
Im Sonnenstaat Amerikas herrscht die schlimmste Dürre seit 1.200 Jahren. Der einst so mächtige Colorado River, an dessen Tropf die Metropolen Las Vegas, Los Angeles und San Diego hängen, vertrocknet, noch bevor er seine Mündung in Mexiko erreicht. Die Regierung ordnet drastische Maßnahmen an. Erst im April 2017 erklärt Gouverneur Jerry Brown den Notfall für beendet. Um gleich danach die Warnung hinterherzuschicken, dass die nächste Dürre schon sehr bald folgen könne. Hundert Millionen Bäume hat die Katastrophe binnen fünf Jahren das Leben gekostet.

China im April 2014
Nach drei Jahrzehnten ungebremsten Wachstums leidet das Reich der Mitte unter akutem Wassermangel. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua muss erstmals einräumen, dass inzwischen 60 Prozent des Grundwassers so hoffnungslos verseucht sind, dass es nicht mehr zum Trinken taugt. Von den einst 50.000 Flüssen im Land der Morgenröte ist die Hälfte verschwunden – leergesaugt vom unstillbaren Wasserdurst einer beispiellosen Industrialisierungswelle, die den Fernost-Staat in Rekordzeit in den Stand einer wirtschaftlichen Supermacht katapultiert hat.

Italien im August 2017
Die Regierung in Rom ruft für die Provinzen Parma und Piacenza, Latium und Umbrien den Notstand aus. Auch in der südlichen Toskana hat es seit März nur ein paar Tropfen geregnet, in Teilen Kampaniens seit anderthalb Jahren gar nicht mehr. Die Menschen im Stiefelstaat sitzen so dermaßen auf dem Trockenen, dass ihnen mancherorts jeglicher Wasserverbrauch, der nicht unbedingt haushaltsnotwendig ist, zwischen 8 und 21 Uhr verboten wird. Selbst die Spülmaschinen in den Küchen, so wollen es die kaum zu kontrollierenden Notstandsverordnungen der Provinzen und Kommunen, sollen nur noch randvoll betrieben werden.
 
„Denn die Verfügbarkeit von sauberem Wasser ist kein einzelstaatliches Problem, sondern stellt eine globale Herausforderung dar."
Stefan Rummel, Messe München
 

Was klingt wie der Auftakt eines Katastrophenfilms made in Hollywood, ist alles andere als übertriebene Panikmache. Wasser, der Grundstoff allen Lebens und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sogar älter als das Sonnensystem selbst, wird immer knapper. In Afrika sowieso, aber zunehmend auch in Ländern wie den USA, in China und sogar in Europa. Für Spanien und Griechenland etwa taxieren Experten des World Ressources Institute das Wassermangel-Risiko inzwischen als „extrem hoch".

Weltweit werden nach Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schon im Jahr 2030 fast 50 Prozent der Bevölkerung in sogenannten High-Water-Stress-Regionen leben. Also in Gegenden, in denen mehr Wasser verbraucht wird, als zur Verfügung steht. „Zu meinem Amtsantritt vor gut zehn Jahren", sagt OECD-Generalsekretär Angel José Gurría, „hat keiner verstanden, warum ich unbedingt über Wasser reden wollte. Heute versteht das jeder."

Das Thema gilt unter Experten mittlerweile als dermaßen brisant, dass es auf mittlere Sicht sogar die CO2-Problematik in den Schatten stellen könnte. Kein Wunder deshalb, dass Technologien zur Ressourcenschonung, zum Wasserschutz und seiner Wiederaufbereitung heute mehr denn je im Fokus des öffentlichen Interesses stehen – so vor allem auf der Ifat, der weltweit führenden Messe für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft.

„Mit unseren Partnerveranstaltungen in China, Indien, der Türkei und Südafrika sind wir mit der Ifat heute weltweit unterwegs", sagt Messe-München-Geschäftsführer Stefan Rummel. „Denn die Verfügbarkeit von sauberem Wasser ist kein einzelstaatliches Problem, sondern stellt eine globale Herausforderung dar."

Zwar hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Recht auf Wasser in ihrer Resolution 64/292 im Juli 2010 als Menschenrecht anerkannt, aber das ist in vielen Teilen der Welt auch sieben Jahre danach noch immer mehr Wunsch denn Wirklichkeit. Nach Angaben der Caritas beziehen aktuell 768 Millionen Menschen ihr Trinkwasser aus verunreinigten Quellen.

„3.600 Kinder sterben täglich, weil ihnen sauberes Wasser und eine sanitäre Grundversorgung fehlen", sagt Peter Neher, Präsident des deutschen Caritas-Verbandes. Und es sieht ganz so aus, als würde sich die Misere eher noch verschlimmern als verbessern. Zum Beispiel in Lima, Hauptstadt Perus und mit ihren zehn Millionen Einwohnern die trockenste Mega-City der Welt. In der Hoffnung auf ein besseres Leben strömen jedes Jahr Tausende Menschen aus den anliegenden Bergen und Provinzen in die Metropole, in der im Jahresschnitt nur neun Liter Regen pro Quadratmeter fallen. Zum Vergleich: In München sind es etwa 1.000 Liter.

Vier Fünftel des Abwassers fließen ungeklärt in den Pazifik und die Flüsse des Landes. Eine Million Siedler in den wild wuchernden Außenbezirken Limas sind weder an die Wasserversorgung noch an die Kanalisation angeschlossen. „Aguateros", die Tankwasserfahrer, versorgen die Bevölkerung dort mit dem Nötigsten.

Verglichen damit, befindet sich Deutschland in einer überaus komfortablen Situation. Nur 25,1 Milliarden Kubikmeter der jährlich von der Natur zur Verfügung gestellten 188 Milliarden Kubikmeter Frischwasser werden nach der Statistik des Umweltbundesamtes hierzulande von Landwirtschaft, Industrie und Haushalten verbraucht. Und auch der Privatkonsum liegt mit 123 Litern pro Kopf und Tag dank sparsamer Armaturen und Haushaltsgeräte rekordverdächtig niedrig. Doch das ist noch nicht einmal die halbe Wahrheit.

„Unser tatsächlicher Wasserverbrauch beträgt pro Kopf und Tag ungefähr 5.300 Liter, also ein Vielfaches davon", sagt Martin Geiger, Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit bei der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), die als Tochter der KfW-Bankengruppe Investitionen privater Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern finanziert.

5.300 Liter pro Kopf und Tag, diese Menge ist erforderlich, um alle jene Waren zu produzieren, die wir täglich konsumieren – von der Tasse Kaffee bis hin zum Mikrochip in unseren Smartphones. Allein die Produktion eines Baumwoll-T-Shirts verschlingt nach Berechnungen der Organisation Water Footprint Network knapp 2.500 Liter Wasser, ein Kilo Rindfleisch mehr als 15.000 Liter und vier Tafeln Schokolade gleichen Gewichts sogar gut 17.000 Liter. „Es ist dieser virtuelle Wasserabdruck, der Deutschland heute zu einem der größten Wasserimporteure der Welt macht", sagt DEG-Experte Geiger.

© MM Messe München Magazin 02/2017
Die Verlandung des Aralsees in Usbekistan, noch vor 50 Jahren mit 67.000 Quadratkilometern das viertgrößte Binnengewässer der Welt, wo die Schiffe mittlerweile vielerorts auf dem Trockenen liegen, hat mit unseren Lebensgewohnheiten deshalb sehr viel mehr zu tun, als uns lieb sein kann. „Ein Teil der Baumwolle für unsere Jeans, die in China oder Bangladesch weiterverarbeitet wird, kommt aus eben dieser Region", sagt Geiger.

„Ein Beispiel, das zeigt, wie durch den globalen Handel mit wasserintensiven Agrarprodukten das kostbare Nass in die falsche Richtung fließt. Von den wasserarmen in die wasserreichen Regionen. Die DEG prüft bei jedem von ihr finanzierten Investitionsvorhaben unter Anwendung eines mit der Umweltschutzorganisation WWF entwickelten Wasserrisiko-Filters deshalb sehr genau, ob die wasserbezogenen Risiken ausreichend berücksichtigt sind und inwieweit das Wassermanagement verbessert werden kann."

In ihren eigenen Werken haben die deutschen Unternehmen das Problem ziemlich gut im Griff, sowohl im In- als auch im Ausland. Kein Dax-Unternehmen, das dem Thema im Rahmen seiner Corporate-Social-Responsibility-Strategie (CSR) nicht große Aufmerksamkeit schenken würde. Der Gesamtwassereinsatz im Bayer-Konzern etwa sank 2016 weltweit um 4,8 Prozent auf 330 Millionen Kubikmeter, gegenüber 2012 eine Einsparung von gut 14 Prozent. Und Henkel meldet für das abgelaufene Geschäftsjahr sogar eine Reduktion des Wasserverbrauchs um 23 Prozent – berechnet auf das Basisjahr 2010 – für eine Tonne Produkt.

Es liegt in unser aller Verantwortung, mit den Ressourcen Wasser und Energie verantwortungsvoll umzugehen.
Michael Rauterkus, CEO Grohe AG

„Entscheidend ist für uns dabei nicht nur die Frage, wie viel Wasser wir insgesamt einsparen, sondern an welchen Standorten uns das gelingt", sagt Uwe Bergmann, Head of Substainability Management beim Düsseldorfer Konsumgüterkonzern. „Denn anders als bei der Verringerung von CO2-Emissionen, die dem Klimaschutz insgesamt zugutekommt, ist Wassermanagement immer eine lokale und auch saisonale Herausforderung. Wir müssen Wasser vor allem dort einsparen, wo die Ressource schon heute besonders knapp ist." Zum Beispiel in Ägypten. Dort wird Henkel nahe Kairo bald eine neue „Smart Factory" für Flüssigwaschmittel in Betrieb nehmen, die über die klassische Verfahrenstechnik hinaus (minus 47 Prozent Frischwassereinsatz pro Tonne Produkt innerhalb von zehn Jahren) jetzt noch weitere Einsparpotenziale heben soll. „Durch die Implementierung neuester Messsysteme können wir den Wasserverbrauch dort in Echtzeit kontrollieren", sagt Bergmann. „Das garantiert uns eine noch kleinteiligere Sicht auf die Dinge, um etwa die unterschiedlichen Produktionsstandorte noch besser miteinander zu vergleichen und künftig noch mehr Wasser einzusparen." An der Technik dafür mangelt es nicht – auch wenn das kostbare Nass vielerorts noch immer verschwendet, verschmutzt und verramscht wird. Auf der Ifat, die als weltweit größtes Schaufenster der Branche die innovativsten Konzepte vorstellt, präsentieren die Aussteller für fast jedes Problem eine Lösung.

Zum Beispiel der Abwasserspezialist Huber aus Berching in der Oberpfalz. Mit mehr als 40.000 installierten Anlagen weltweit zählt das Unternehmen heute zu einem der international führenden Anbieter für die Wasseraufbereitung, Abwasserreinigung und Schlammbehandlung. Gut 700 Mitarbeiter entwickeln am Firmenstammsitz maßgeschneiderte Produkte und Systemlösungen für Industriebetriebe und auch Kommunen.

So entsteht in der kolumbianischen Millionenmetropole Medellin unter Führung von Huber zurzeit eine der größten Klärschlammverwertungsanlagen weltweit. Mit einer Kapazität von 400 Tonnen täglich. Und in Regensburg baut das Unternehmen für das Museum der Bayerischen Geschichte gerade ein „ThermWinR" genanntes System auf, das es künftig ermöglichen wird, das Gebäude im Herzen der Stadt mit Abwasser zu heizen und auch zu kühlen.

„Uns geht es immer um eine intelligente Gesamtlösung", sagt Firmenchef Georg Huber. „Wir müssen Klärschlämme thermisch verwerten und die dabei erzeugte Energie für die Schlammtrocknung selbst nutzen, also möglichst energieautark arbeiten. Und wir müssen Abwässer so weit aufbereiten, dass sie als hochwertiges Brauchwasser erneute Verwendung finden können."

„Close the Loop" heißt die Herausforderung, der sich nicht nur die Manager in Berching stellen. Denn die kluge Wiederverwertung von Abwasser spart kostbares Trinkwasser und spielt deshalb eine Schlüsselrolle bei der Lösung der weltweiten Probleme. „Abwasser ist eine wertvolle Ressource in einer Welt, in der das Wasser endlich ist und der Bedarf an Trinkwasser wächst", sagt Guy Ryder, Vorsitzender der UN-Wasserkommission.

Weil Abwasser wertvolle thermische und chemische Energie in Form von Kohlenstoffverbindungen enthält, ist sein Recycling mehr als nur sinnvoll – auch hier in Deutschland. „Abwasser ist kein Abfall", sagt etwa Witold-Roger Poganietz, Forschungsbereichsleiter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Das warme Abwasser aus Waschmaschine und Bad lässt sich im Haus nutzen, um etwa frisches Wasser zum Duschen vorzuwärmen."

Nur ein kleines Beispiel dafür, wie kluge Technologien helfen, verantwortungsvoll mit der knappen Ressource umzugehen. Und auch ein Beispiel dafür, warum die Nachfrage nach entsprechenden Lösungen weltweit wächst. So hat China nach Jahrzehnten eines rücksichtslosen Raubbaus an der Natur bereits 2015 sein sogenanntes Sponge-City- Programm gestartet – das Schwammstadt- Programm. Die Idee dahinter: Statt die Metropolen noch weiter zu verdichten, investiert der Staat bis 2018 nun knapp fünf Milliarden Euro in die wassersensible Stadtentwicklung. Mit Reservoirs, Filtrationsbecken und Straßen, die mit wasserdurchlässigen Belägen ausgestattet werden sollen.

Ähnlich einsichtig zeigen sich die Politiker in Indien. Eines ihrer aktuell wichtigsten Projekte firmiert unter dem Namen „Namami Gange" – „Ehrerbietung an den Ganges". Der mit gut 2.600 Kilometern längste Strom des Subkontinents nimmt täglich Milliarden Liter nicht oder nur unzureichend geklärte Abwässer auf und zählt zu den schmutzigsten Gewässern der Welt. Insgesamt 2,8 Milliarden Euro stellt die Regierung jetzt bereit, um den heiligen Fluss der Hindus zu säubern – mit neuen Kläranlagen und dem Ausbau bestehender Betriebe.

„Wir schätzen den Investitionsbedarf auf dem Weltwassermarkt auf etwa 400 bis 500 Milliarden Euro pro Jahr", sagt Eric Heymann, Umwelt- und Klimaexperte im Research-Team der Deutschen Bank. „Für die Hersteller von Wassertechnologien besteht in den nächsten Jahrzehnten deshalb ein enormes Absatzpotenzial."

Ein Trend, von dem der Dortmunder Maschinenbauer Wilo, weltweit führend im Bereich Pumpentechnik und ein echtes Vorzeigeunternehmen unter den deutschen Hidden Champions, schon heute stark profitiert. Die Hocheffizienzpumpen aus dem Ruhrgebiet sind überall dort im Einsatz, wo Wasser bewegt werden muss. Im Ein- und Mehrfamilienhaus, in der industriellen Fertigung oder im Kühlkreislauf von Kraftwerken. Die kleinste Pumpe misst gerade mal dreißig Zentimeter, die größte kommt auf 15 Meter. Gut 1,3 Milliarden Euro setzte das Unternehmen in seinen Geschäftsfeldern „Building Services", „Water Management" und „Industry" 2016 um, fremdwährungs- bereinigt ein Plus von knapp vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch damit ist die Erfolgsgeschichte für Wilo-Vorstandschef Oliver Hermes noch lange nicht beendet. Bis 2020 will er die Erlöse mit seinen 7.600 Mit- Arbeitern weltweit auf über zwei Milliarden Euro steigern.

Nicht zuletzt aufgrund der deutlich steigenden Nachfrage aus dem asiatisch- pazifischen Raum, insbesondere aus China – schon im abgelaufenen Geschäftsjahr mit einem währungsbereinigten Umsatzplus von 13,2 Prozent der größte Wachstumstreiber.

Aus München in die Welt
Ein Porträt der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft

© Messe MünchenEinst nur von einer kleinen Familie von Abwasserspezialisten besucht, ist die IFAT heute der weltweit wichtigste Treff der Umweltbranche. Und ein Beispiel dafür, wie die Messe München auch inter­national Verantwortung übernimmt.
Begonnen hat alles 1966, seinerzeit noch unter dem Titel „Internationale Fachmesse für Abwassertechnik". 147 Aussteller aus neun Ländern präsentierten vor gut 50 Jahren zum ersten Mal ihre Lösungen für eine ressourcenschonende Wasserwirtschaft. Zu einer Zeit, als die Grünen noch in die Grundschule gingen und Umweltschutz ungefähr so populär war wie Windkrafträder und Müsliriegel. Gerade mal 10.000 Besucher interessierten sich 1966 für das Thema, eine kleine Familie von deutschen Abwasserfachleuten. Heute kommen die gut 3.300 Aussteller der IFAT in München aus knapp 60 Ländern weltweit, und auch die Besucherzahlen haben sich seitdem weit mehr als verzehnfacht. Eine Bilanz, die zeigt, wie visionär die Messegründung vor gut 50 Jahren war. Und auch ein Beleg dafür, dass die Wasserwirtschaftsprobleme heute mehr denn je im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
Die Messe München hat die IFAT in den vergangenen Jahren deshalb konsequent internationalisiert – mit Auslandsveranstaltungen in der Türkei, in Südafrika, Indien und China, wo mittlerweile sogar zwei Messetermine im Kalender stehen – in Shanghai und im 1.500 Kilometer südlich gelegenen Guangzhou nahe Hongkong.
© Messe München„Seit die Regierung in Peking dem Gewässerschutz eine immer größere Bedeutung einräumt und mit ihrem Sponge-City-Programm bis 2018 nun knapp fünf Milliarden Euro in die wassersensible Stadtentwicklung investieren will, wächst das Geschäftspotenzial auch für ausländische Lösungsanbieter enorm", sagt Xu Jia, Deputy Managing Director der Messe München am Standort Shanghai. „Für internationale Unternehmen, die den chinesischen Markt erobern wollen, sind unsere Messen deshalb ein Muss." Gleiches gilt für die Veranstaltung in Indien und auch für die Messe im afrikanischen Johannesburg, auf der Aussteller und Besucher Antworten auf die drängendsten Umweltprobleme des Kontinents suchten. „Die IFAT Africa hat sich zum Treffpunkt für alle entwickelt, die zur Bewältigung der Wasserkrise beitragen wollen. Lösungen für ein ressourcenschonendes Wassermanagement und die Wasseraufbereitung sind in Südafrika aktuell besonders gefragt und notwendig", sagt Katharina Schlegel, Projektleiterin der IFAT Auslandsmessen bei der MeseMünchen.
So ist die IFAT alles in allem heute ein weltweit immer wichtigerer Branchentreff – mit dem Ziel, die Lebens- und Umweltqualität zu wahren und zu steigern. Für die Zukunft unseres Planeten.
Hinweis: Die nächste IFAT findet vom 4. bis 8. Mai 2020 in München statt, die nächsten Auslandsveranstaltungen vom 18. bis 20. September 2018 in Guangzhou (IE expo Guangzhou) sowie vom 15. bis 17. Oktober 2018 in Mumbai (IFAT India).
 
„Im Fünfjahresplan bis 2020, der ein Bevölkerungsplus von 45 Millionen Einwohnern unterstellt, hat die Regierung in Peking ehrgeizige Umweltschutzziele verankert", sagt Hermes. „Dabei soll unter anderem der Wasserverbrauch in Relation zum Bruttoinlandsprodukt um 23 Prozent sinken. Das erfordert effiziente Technologien und eröffnet einem Pumpenhersteller wie uns großes Potenzial."

„Wilo, the water solution leader for a smart and resource-efficient world." So formuliert der Geschäftsbericht die Vision des Unternehmens. Um daraus die Mission abzuleiten: „Inventing and managing responsible water solutions that benefit everyone, everywhere."

Das klingt ambitioniert und vielleicht auch etwas werbebroschürenmäßig, ist aber keineswegs unmöglich. Selbst in Deutschland könnte der Austausch veralteter Pumpen durch hocheffiziente Systeme und Anlagen nach Wilo-Schätzungen die Stromleistung in Gebäuden von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken einsparen. Und auch weltweit ist in Sachen Energie- und Ressourcenschonung noch sehr viel mehr drin als bislang.

Dank Umkehrosmose und Ionenaustausch verfügen Spezialisten heute über Verfahren, mit denen es technisch möglich ist, selbst stark kontaminierte Industrieabwässer in Brauch- oder sogar Trinkwasser umzuwandeln. Doch vielerorts fehlen noch immer die Anreize dafür. Vor allem, weil Wasser viel zu billig ist, paradoxerweise ausgerechnet in jenen Staaten, wo das blaue Gold schon heute absolute Mangelware ist.

Grafik: GROHE AG
Mit enormem Energieaufwand gewinnen die Golfstaaten ihr Trinkwasser mit Entsalzungsanlagen aus dem Persischen Golf und dem Roten Meer. In Saudi-Arabien beträgt die Quote bereits 70 Prozent. Allein in Dubai, mit dem Dschabal-Ali-Komplex Standort der größten Entsalzungsanlage der Welt, werden jeden Tag zwei Milliarden Liter Meerwasser in sauberes Trinkwasser verwandelt. Chemikalien sind dabei zwar nicht im Spiel, aber brachiale Hitze in Form verbrannten Erdöls, um das Salzwasser zu verdampfen. Die Technologie gilt deshalb als die mit Abstand kostspieligste Methode, um Trinkwasser zu gewinnen.

Wassersparen mag in Deutschland (noch) kein drängendes Thema sein. In vielen Gebieten der Welt liegt bereits eine andere Situation vor: Im Wasserstressgebiet Kalifornien zum Beispiel beträgt der Wasserverbrauch am Waschtisch in einem 2-Personen-Haushalt über 120 Liter pro Tag. Armaturen mit Durchflussbegrenzern können diesen Wasserverbrauch um bis zu 50 Prozent reduzieren. Auch in anderen Bereichen gibt es vielfältige Handlungsmöglichkeiten. 
 
Aus diesem Grund müsste Wasser in den Golfstaaten eigentlich besonders teuer sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Das Wasser wird aus politischen Erwägungen staatlich hoch subventioniert und quasi verschenkt. Nirgends auf der Welt zahlen die Bürger weniger dafür, und fast nirgends auf der Welt ist der Pro-Kopf-Verbrauch höher.

„Was nichts kostet, ist auch nichts wert", warnte Ex-Nestlé-Chef Peter Brabeck- Letmathe deshalb schon vor Jahren. „Weil Wasser viel zu wenig kostet, verschwenden wir es." Nicht nur in den Golfstaaten, sondern auch in Ländern wie Großbritannien oder den USA, wo Wasserzähler für Millionen Haushalte bis heute völlig unbekannt sind. Bezahlt wird nicht der tatsächliche Verbrauch, sondern pauschal – und das ist oft nicht mehr als ein bloßes Trinkgeld.

Hinzu kommen die maroden Leitungssysteme, in denen das kostbare Nass versiegt, noch bevor es die Menschen überhaupt er- reicht. Während in Deutschland nur etwa sieben Prozent des Trinkwassers im öffentlichen Netz durch Leckagen verloren gehen, sind es in Spanien, Frankreich und Italien zwischen 20 und 30 Prozent, in vielen Entwicklungsländern sogar weit mehr als 60 Prozent.

33 Milliarden Kubikmeter kostbares Leitungswasser gehen nach Schätzungen der Weltbank allein in den Städten der Erde jedes Jahr durch Leckagen verloren – genug, um den Verbrauch von New York City über 20 Jahre hinweg decken zu können.
 
Stefan Schmortte arbeitete als Journalist und Chefredakteur für namhafte Zeitschriften. Diesen Beitrag hat er in seiner Originalversion für das MM Messe München Magazin erstellt.
 

Meerwasserentsalzung
Perspektive für eine versorgungssichere Zukunft

Die erste große Meerwasserentsalzungsanlage an Land ging 1965 in Kuwait in Betrieb. Heute stehen die größten Anlagen im Königreich Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Länder wie Ägypten, Israel und Spanien betreiben an mehreren Standorten Entsalzungsanlagen mit Tageskapazitäten von bis 100.000 Kubikmeter. In London wird eine Entsalzungsanlage betrieben, die die Grundbedürfnisse der Bevölkerung mit Trinkwasser übernimmt, weil die natürlichen Quellen für die wachsende Bevölkerung nicht mehr ausreichend sind. Auch in Deutschland betreiben erste kommunale Versorger Anlagen, die salziges oder mit Nitrat belastetes Grundwasser aus Küstennähe zu Trinkwasser aufbereiten.

Entsalzungsanlagen ahmen die in der Natur vorkommenden Prozesse nach. Die Anforderungen an technische Verfahren sind unterschiedlich, je nach Rohwasserqualität, produzierten Brauchwassermengen, geforderten Reinwasserqualitäten und Verfügbarkeiten von Energie.

Wie kommt das Salz aus der Suppe?
Meerwasserentsalzungsanlagen zur Trinkwassergewinnung werden nach dem Prinzip der Verdampfungs- oder Membrantrennverfahren gebaut. Verdampfungsanlagen benötigen große Mengen an thermischer Energie und sind in der Vergangenheit in Regionen mit eigenen Ölvorkommen gebaut worden. Doch die Ölreserven schwinden und damit die kostengünstige Dampferzeugung. Die Zukunft gehört den Membranverfahren, die mit elektrischer Energie zur Druckerzeugung als treibender Kraft des Verfahrens betrieben werden. Doch auch elektrische Energie wird aus fossilen Brennstoffen oder gar nuklear erzeugt. Deshalb ist die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen das Gebot der Stunde.

Membranverfahren und erneuerbare Energien
Speziell für die Versorgung von Urlaubsregionen mit Wasser und Energie werden Konzepte entwickelt, um die Membranverfahren in Kombination mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Die besondere Herausforderung dabei besteht in der Kontinuität der Energieversorgung. Windkraft- oder Photovoltaikanlagen produzieren nur, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Entsalzungsanlagen können aber nicht nach Belieben an- und abgeschaltet werden. In Membrananlagen werden abhängig vom Salzgehalt Arbeitsdrücke von 30 - 80 Bar aufgebaut. Aus verfahrenstechnischer Sicht sollten die Anlagen deshalb im 24-Stunden-Betrieb arbeiten. Die Herausforderung besteht darin, die zu günstigen Tageszeiten produzierte Energie effizient zu speichern, um diese dann kontinuierlich in die Entsalzungsanlage einzuspeisen. Bislang sind Speichermedien noch teuer. Aber die Entwicklung macht Fortschritte.

Eine Entsalzungsanlage besteht im Wesentlichen aus folgenden Baugruppen:
  • Brunnengalerie oder offene Einlaufbauwerke (open intake) zur Entnahme von Seewasser
  • Filtration zur Entfernung von Schwebstoffen
  • Puffertanks zwischen den einzelnen Verfahrensschritten
  • Hochdruckmembrananlage zur Entsalzung von Meerwasser
  • Lagertanks für Trinkwasser mit einer Kapazität von ein bis zwei Tagen
  • Druckerhöhungsstation zur Einspeisung von Trinkwasser in das Leitungsnetz

Off-Shore-Entsalzungsanlagen – wenn man an Land nicht bauen kann
Wenn sich an Land kein geeigneter Standort für eine Entsalzungsanlage findet, sind maritime Systeme eine Alternative. Der gemeinnützige Verein DME e.V. (Deutsche Meerwasserentsalzung) hat erstmals in der Literatur eine systematische Beschreibung der bekannten Entsalzungstechniken erarbeitet. Die Veröffentlichung des umfangreichen Kompendiums „Entsalzungswissen" ist für Ende 2018 geplant. Das Kompendium wird als Datenbank und in Buchform erhältlich sein. Der Verein ist die zentrale Plattform in Deutschland zum Thema Meerwasserentsalzung.


Hinweis: Den ausführlichen Beitrag zur Meerwasser­entsalzung von Dipl.-Ing. Hans-Ulrich Baldes, Sobek-Tec GmbH, und Dipl.-Ing. Wolfgang Kiebert, Kiebert Industrie- und Verfahrenstechnik, und zu den gängi­gen Technologien sowie viele weitere Beiträge rund um das Thema Wasser finden Sie hier.

Umwelt | Wasser & Boden, 01.09.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/03 2018 - Wasser - Grundlage des Lebens | Bildung erschienen.
     
        
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