Nachhaltigkeit beginnt im eigenen Kleiderschrank
Der Grüne Knopf schafft Klarheit im Siegel-Dschungel
Weltweit arbeiten 75 Millionen Menschen in der Bekleidungsindustrie – die meisten von ihnen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Löhne, die in der Textilbranche gezahlt werden, reichen häufig nicht aus, um Miete, Essen, den Schulbesuch der Kinder oder eine ärztliche Versorgung zu sichern. Dass auch der Arbeitsschutz oft unzureichend ist, hat uns der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch vor Augen geführt: Im April 2013 starben über 1.000 Menschen, weil das Gebäude marode war, Brandschutzvorrichtungen fehlten und Fluchtwege verschlossen waren. Als Antwort auf dieses Unglück gründete Entwicklungsminister Gerd Müller 2014 das Bündnis für nachhaltige Textilien. Rund 130 Mitglieder aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Standardorganisationen arbeiten hier Hand in Hand, um die sozialen und ökologischen Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern. Unter den Mitgliedern finden sich bereits sehr nachhaltig orientierte Unternehmen, aber auch solche, die sich gerade erst auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit gemacht haben. Für alle gelten verbindliche Ziele. Die individuellen Ziele müssen die Mitglieder jedes Jahr aufs Neue in konkreten Maßnahmenplänen – so genannten „Roadmaps" – festschreiben und über die Umsetzung Rechenschaft ablegen. Jedes Mitglied startet dabei von seinem individuellen Ausgangspunkt.
Das heißt: Jeder wird besser. Auch wer schon sehr gut ist, wird noch besser.
Diese Maßnahmen – rund 1.300 – beziehen sich unter anderem auf das Risikomanagement und den Umgang mit Beschwerden, die Vermeidung gesundheitsschädlicher Chemikalien, die nachhaltige Wassernutzung oder die Durchsetzung existenzsichernder Löhne. Im Bereich gefährlicher Chemikalien konnten so bereits über 160 Substanzen schrittweise aus der Produktion verbannt werden. Das Textilbündnis geht aber über diese individuellen Verpflichtungen hinaus und richtet die Maßnahmen der Mitglieder an einheitlichen, vorgegebenen Zielen aus. So müssen alle Mitglieder Maßnahmen ergreifen, damit Kinderarbeit eliminiert wird. Und bei Baumwolle streben die Mitglieder, die Baumwolle verwenden, an, bis 2020 mindestens 35 Prozent nachhaltige und Bio-Baumwolle einzusetzen.
Der Grüne Knopf schafft Klarheit im Siegel-Dschungel
73 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher geben an, dass ihnen nachhaltige Mode wichtig ist. Sie wollen zurecht wissen, wie ihre Kleidung hergestellt wird. Mit dem Kauf von Kleidung, die fair und umweltverträglich hergestellt wurde, können wir die Arbeits- und Lebensverhältnisse konkret verbessern – und Globalisierung gerechter gestalten! Denn am Anfang eines jeden Produktes steht ein Mensch.
Beim Kleiderkauf fällt es aber nicht immer leicht, fair und umweltfreundlich produzierte Kleidung sofort zu erkennen. Es gibt zwar bereits zahlreiche Siegel für Textilien – doch nicht alle stellen gleich hohe Ansprüche. Zudem konzentrieren sich einige auf Umweltstandards, andere bewerten die sozialen Arbeitsbedingungen. Hier den Überblick zu behalten, fällt schwer. Das soll sich ändern: Das Bundesentwicklungsministerium will 2019 den „Grünen Knopf" für Textilien einführen und damit Transparenz in den Siegel-Dschungel bringen.
Dieses staatliche Metasiegel soll nachhaltig und fair produzierte Kleidung zukünftig direkt beim Kauf auszeichnen – verlässlich, transparent und nachprüfbar.
Ein Novum: Anforderungen an Unternehmen und Produkt
Der Grüne Knopf bewertet als erstes Siegel in Deutschland sowohl Produkt- als auch Unternehmenskriterien. „Greenwashing" einzelner „Alibiprodukte" ist damit ein Riegel vorgeschoben.
Unternehmen, die das Siegel beantragen, müssen zunächst nachweisen, dass sie ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette nachkommen.
In einem zweiten Schritt wird dann das konkrete Kleidungsstück durchleuchtet. Die Bundesregierung legt Kriterien dafür fest. Zum Start sind rund 40 anspruchsvolle soziale und ökologische Kriterien einzuhalten. Dies kann beispielsweise durch ein oder mehrere anerkannte Textilsiegel nachgewiesen werden. Genauere Informationen über den Prozess und darüber, welche Siegel genutzt werden können, finden Verbraucherinnen und Verbraucher bei siegelklarheit.de, dem Vergleichsportal der Bundesregierung.
Der Grüne Knopf kennzeichnet zunächst Textilien, die für die Stufe „Konfektionierung" eine sozial und ökologische Produktion nachweisen können. Perspektivisch soll die gesamte Lieferkette zertifiziert werden – von der Faser bis zum Bügel und der Weiterverwertung. |
Das Ziel: nachhaltige Textilien von der Faser bis zur Weiterverwertung
Der Grüne Knopf wird die gesamte Lieferkette bewerten. In einer ersten Phase wird der Grüne Knopf die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards in der Produktion auszeichnen. Genauer: die Endfertigung, wo die Kleider für den Export nach Deutschland genäht werden. Doch dabei wird es nicht bleiben: Ziel sind rundum sozial und ökologisch nachhaltige Produkte – von der Faser bis zum Bügel!
Lifestyle | Mode & Kosmetik, 01.12.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2018 - Frauen bewegen die Welt erschienen.
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