BIOFACH 2025

Kampf fürs Wasser...

Aktivisten, NGOs und Unternehmen Hand in Hand für den Planeten

Als Pascal Rösler im März 2016 wieder einmal seine Runden mit dem Stand-Up-Paddle-Board auf dem Starnberger See drehte und dabei die unheimliche Kraft des Wassers spürte, wurde ihm bewusst, welche große Bedeutung das Wasser für unser Leben hat. Er änderte sein Leben und wurde Aktivist …

Die mutigen Frauen von Kruš?ica, Bosnien Herzegovina, die ihren Fluss rund um die Uhr gegen ein Staudammprojekt in Bosnien bewachten, um so die Wasserkraftprojekte zu stoppen, die ihr Dorf vom Trinkwasser abgeschnitten hätten. © Blue Heart, PatagoniaBis dahin hatte er all die vielen Jahre, in denen er als Windsurfer und Stand-Up-Paddler schon auf dem Wasser war, diese ganz besondere Verbindung noch nicht gespürt. An diesem Tage aber erkannte er, was dieses Element für uns bedeutet: Leben. Noch auf dem Wasser fasste er den Entschluss, fortan für das Wasser – die Natur – Verantwortung zu übernehmen und etwas zurückzugeben. Seine Idee: mit dem Stand-Up-Paddle-Board von München über Isar und Donau nach Wien und für jeden Flusskilometer Spenden für das Wasser sammeln.

1 Percent for the Planet
Dazu hatte ihn vor allem Yvon Chouinard, der Gründer des Outdoor-Unternehmens Patagonia und Mitgründer von 1% for the Planet inspiriert. Pascal hatte sein Buch „Lass die Mitarbeiter surfen gehen" Anfang 2010 gelesen und immer wieder darüber nachgedacht, wie er es schaffen könnte, möglichst oft auf dem Wasser zu sein und ein einfaches, für ihn auf das Wesentliche fokussierte Leben zu leben.

Und so nahm Pascal sein Herz in die Hand, folgte seiner Intuition und am 20. Juli 2016 war es dann so weit: Er geht in München an den Start, erreicht nach 505 Flusskilometern und zwölf Tagen am 31. Juli 2016 Wien – und sammelt 8.500 Euro Spenden für lokale Wasserschutzprojekte. Dieser direkt erfahrbare Erfolg für sein Anliegen und der unglaubliche „Flow" auf der gesamten Tour machen ihm am Ende klar: Dies ist nur der Anfang. In den nächsten Monaten reifte in ihm die Idee, einen gemeinnützigen Verein mit dem Ziel der Verbesserung und des Erhalts von Qualität und Quantität des Wassers zu gründen und die SUP-Natur-Tour bis ins Schwarze Meer fortzusetzen. Mit der Gründung des gemeinnützigen Vereins Pure Water for Generations e.V. im Mai war der erste Schritt getan. Der nächste folgte dann im Juni 2017 mit dem 2. SUP-Natur-Projekt. Dieses führte Pascal von München bis ins Schwarze Meer. 2.467 Kilometer in 63 Tagen. Über seine Reise ist der Film „2467km – Eine Reise bis ins Schwarze Meer” entstanden.  Doch schon im September startete er das 3. SUP-Natur-Projekt und erkundete die Salzach vom Ursprung bis zur Mündung, um auch auf die Wichtigkeit der Nebenflüsse hinzuweisen.

Engagement ohne Grenzen
Pure Water for Generations e.V. hat das langfristige, gemeinnützige Ziel, die Qualität und Quantität des Wassers in Bächen und Flüssen, in Seen und Meeren sowie im Boden (Grundwasser) zu verbessern und zu erhalten – für Generationen. Die Aktivitäten konzentrieren sich gegenwärtig auf drei Themen:
  • Renaturierung
    Der Verein will mit aller Kraft die Renaturierung von Bächen und Flüssen vorantreiben. Um dies zu erreichen, bemühen sich die Aktivisten um Landerwerb in Fluss- und Bachgebieten. Neues Leben für Flüsse und Bäche soll durch die Wiederherstellung von eigendynamischen Gewässerentwicklungen, das Anlegen von Gewässerlandstreifen, die Herstellung eines Gewässerkontinuums sowie die Schaffung von Überschwemmungsbecken erreicht werden.
  • Wasser-Bildung
    Pure Water for Generations e.V. möchte alle Menschen für das Thema Wasser begeistern und sensibilisieren. Daher fördert der Verein eine Vielzahl an Bildungsprojekten rund um Wasser und Gewässer. Hierzu zählen Veranstaltungen und Workshops in Schulen sowie Filmproduktionen über die SUP-Natur-Projekte von Pascal. Der Film „2467km – Eine Reise bis ins Schwarze Meer” ist derzeit auf Film-Tour und wurde 2018 über 25 Mal in ganz Europa gezeigt. Der Film soll Menschen inspirieren, über das Wasser und sich selbst nachzudenken. Darüber hinaus werden an Schulen die so genannten Pure Water for Generations-Tage veranstaltet.
  • Unterstützung internationaler Wasser-­Organisationen
    Der Verein kooperiert mit internationalen Organisationen, die sich für den Wasser- und Gewässerschutz einsetzen, und unterstützt diese finanziell.
Darunter RiverWatch, eine global agierende Vereinigung, und Free Rivers Fund, die sich insbesondere für den Erhalt von frei fließenden Gewässern einsetzen. River Watch will unberührte Flüsse bewahren und jene, die bereits kein natürliches Flussbett mehr besitzen oder durch Dämme in ihrem natürlichen Verlauf massiv eingeschränkt wurden, renaturieren.

Free Rivers Fund unterstützt Flussorganisationen in Österreich, Slowenien und England und will damit frei fließende Gewässer vor der Verbauung durch Dämme schützen.

Das Blaue Herz Europas
Pascal Rösler auf seinem SUP – unterwegs für Pure Water for Generations © Blue Heart, PatagoniaPatagonia, der Hersteller für Outdoorbekleidung, setzt sich aber auch selbst engagiert im Kampf zur Erhaltung von Flusslandschaften ein. Das Unternehmen warnt, die Balkanregion, mit ihren tausenden Kilometern ursprünglich belassener Flüsse, sei bedroht und die mehr als 3.000 Wasserkraftprojekte, die in der Region von Slowenien bis Albanien geplant sind, würden dieses Naturwunder im „Blauen Herz Europas" unwiederbringlich verändern und zerstören. Das Aktivistenunternehmen wehrt sich in der Kampagne Save the Blue Heart of Europe zusammen mit internationalen NGOs und lokalen Aktivisten gegen diese Entwicklung. Vor Ort haben dabei die Frauen von Kruš?ica mit ihrem Protest einen Sieg errungen. Das kantonale Gericht von Novi Travnik, Bosnien und Herzegowina, hat im Sommer dieses Jahres entschieden, dass die Umweltgenehmigung für den Staudammbau auf der Kruš?ica unverzüglich annulliert werden soll. Das bedeutet, dass weitere Bauarbeiten an dem geplanten Damm illegal sind. Die kleine Gruppe von Frauen aus dem Dorf Kruš?ica hat an der Zugangsbrücke 24 Stunden am Tag für mehr als 300 Tage Wache gestanden, um den Bau zu verhindern, wodurch sie den Spitznamen „Die Tapferen Frauen von Kruš?ica" erhielten.
Martin Brod, ein kleines Dorf am Zusammenfluss von Una und Unac und einer der vielen einzigartigen Wasserfälle am Fluss Una. © Blue Heart, Patagonia
120.000 Unterschriften an die Europäische ­Investitionsbank
Auch eine globale Petition wurde zum großen Erfolg. Am 21. Juni haben Vertreter der Kampagne Save the Blue Heart of Europe mehr als 120.000 Unterschriften an hochrangige Führungskräfte der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) in London überreicht.

Die Petition fordert die EBWE, die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Internationale Finanz-Corporation der Weltbank (IFC) auf, ihre Wasserkraftinvestitionen auf dem Balkan zu stoppen, bevor die letzten wilden Flüsse in Europa irreversibel zerstört werden. Zusammen haben diese Institutionen bereits 82 Wasserkraftwerke auf dem Balkan – davon 37 in Schutzgebieten – mit insgesamt 724 Millionen Euro gefördert.

Die Entwicklungsbanken sind wirtschaftliche Trendsetter für kommerzielle Kreditgeber und deren Aktivitäten in der Region. Unter anderem investieren auch die österreichische Erste und die italienische Unicredit in die Wasserkraft. Geschäftsbanken haben mindestens 158 Wasserkraftwerke finanziert. Die Kampagne fordert die Banken auf, die Finanzierung von Projekten in Schutzgebieten und wertvollen Flussgebieten sofort einzuschränken, strengere Umweltbedingungen für Kredite in diesem Sektor einzuführen und die Finanzierung für energieeffizientere und sanftere erneuerbare Energiequellen zu erhöhen, deren Potenzial in der Region weitgehend ungenutzt bleibt.

Yvon Chouinard, der Gründer von Patagonia, kommentiert die Situation in klaren Worten: „Es ist eine Verschwendung von Geld und eine moralische Farce, dass einige der größten Finanzinstitutionen der Welt diese veraltete und ausbeuterische Technologie unterstützen und Dämme in einigen der letzten wilden Orte in Europa finanzieren." Fidanka McGrath, EBRD-Policy-Officer für Bankwatch, fügt hinzu: „120.000 Unterschriften stellen die größte Unterschriftensammlung dar, die die EBWE jemals in Energiefragen erhalten hat. Die Bank rühmt sich für ihre Politik in den Zukunftsmärkten, daher hoffen wir, dass sie die globale öffentliche Meinung beherzigen und Investitionen in einen vielfältigeren Mix erneuerbarer Energien vorantreiben werden und gleichzeitig strenge ökologische und soziale Schutzmaßnahmen anwenden."

Gemeinsam stark
© Blue Heart, PatagoniaDie Petition und die Kampagne möchten Politik und Finanzinstitute weiterhin unter Druck setzen, solange die Bedrohung durch die fast 3.000 Wasserkraftprojekte auf der Balkanhalbinsel noch besteht. Bei Save the Blue Heart of Europe engagieren sich die NGOs RiverWatch, Bankwatch, das Centre for Environment, EuroNatur, EcoAlbania, CSBNP, Eco-sense und Front 21/42. Im Rahmen der laufenden Kampagne wurde der Film Blue Heart – eine Medien-Dokumentation, die von Patagonia produziert wurde und Geschichten von Menschen erzählt, die für den Schutz der letzten wilden Flüsse Europas kämpfen – im März 2018 uraufgeführt und anschließend an Orten in ganz Europa, Japan, Südamerika und Australien gezeigt. Der Film hat allein in Europa mehr als 250 Aufführungsanfragen erhalten und wird weiterhin auf Festivals und Veranstaltungen in der ganzen Welt gezeigt und ist seit August 2018 auf iTunes und Amazon veröffentlicht.

Die Blue Heart Kampagne zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie ein Unternehmen die Zusammenarbeit lokaler Umweltgruppen und internationaler NGOs unterstützen kann. In loser Folge werden wir deshalb weitere Initiativen von 1 Percent for the Planet Unternehmen vorstellen.
 
von Fritz Lietsch

Umwelt | Wasser & Boden, 01.12.2018
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2018 - Frauen bewegen die Welt erschienen.
     
        
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