Immer mehr Bürger fordern mit lokalen Online-Petitionen ein Silvester ohne Schwarzpulver-Böllerei
Die DUH setzt sich für saubere und sichere Alternativen zu Schwarzpulver-Feuerwerken wie Licht- und Lasershows ein.
Immer mehr Menschen wünschen sich ein Silvester ohne archaische Böllerei. Innerhalb weniger Wochen starteten 11 Petitionen in Augsburg, Darmstadt, Esslingen, Kassel, Köln, Leipzig, Lübeck, Mainz, Mühlheim an der Ruhr, Stuttgart und Waldburg. Die Petitionsstarter fordern gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) einen friedlichen Jahreswechsel ohne unnötige Luftverschmutzung, zahlreiche Unfälle, Müllberge und Brände durch Schwarzpulver-Böllerei. Innenminister Horst Seehofer muss seine Ankündigung, das Sprengstoffrecht zu ändern, um den Kommunen mehr Möglichkeiten für das Aussprechen von Böller-Verboten zu geben, nicht erst in der nächsten Legislaturperiode, sondern umgehend umsetzen.
„In 11 Städten haben nun Bürger das Heft in die Hand genommen und üben Druck auf ihre Stadt über eine Online-Petition für ein örtliches Böller-Verbot aus. Weitere Petitionen sind in Vorbereitung. Wir fordern alle Menschen, die genug haben von schlechter Luft, abgerissenen Fingern und verletzten Augen bei Kindern sowie Müllbergen am Neujahrstag: Starten auch Sie eine Online-Petition für Ihren Heimatort. Umfragen zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen es satthaben, den Jahreswechsel im Böllerhagel verbringen zu müssen. Deshalb werden sie selbst aktiv und fordern ihre Kommune auf, zentrale Silvesterfeiern wie in Landshut mit Licht- und Lasershows zu veranstalten. Der Druck von unten zeigt aber vor allem: Bundesinnenminister Seehofer darf sich nicht wie angekündigt zwei Jahre Zeit nehmen, um einen Satz in der ersten Sprengstoffverordnung zu ändern. Wenn es geht, den Autokonzernen – wie Anfang November geschehen – 3,5 Milliarden Euro binnen wenigen Wochen zu gewähren, dann kann auch eine Rechtsverordnung zum Schutz von Mensch und Umwelt noch vor Weihnachten geändert werden", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Aktuell hat die DUH in insgesamt 98 Städten, in denen die Grenzwertempfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO für Feinstaub (PM10) von 20 µg/m³ nicht eingehalten wird, den Stopp der archaischen Feuerwerk-Böllerei beantragt. Zu 78 der Städte hat die DUH seither Rückmeldung erhalten. Davon begrüßen 32 Städte ein Verbot oder haben bereits erste Maßnahmen ergriffen oder realisiert. Beispielsweise in Passau und Bayreuth wurde am 8. bzw. am 9. Oktober ein Böller-Verbot beschlossen. Weitere Rückmeldungen gehen bei der DUH fast täglich ein. Die DUH plant Anfang Dezember einen Überblick über nahezu alle Städte zu haben, zu denen entsprechende Anträge gestellt wurden.
Die DUH setzt sich für saubere und sichere Alternativen zu Schwarzpulver-Feuerwerken wie Licht- und Lasershows ein. Städte wie Landshut haben mit großer Zustimmung ihrer Bürger auf solche schwarzpulverfreien Silvesterfeiern umgestellt. Am ersten Tag eines jeden Jahres herrschen in deutschen Städten aufgrund des Silvester-Feuerwerks teils Rekord-Feinstaubbelastungswerte von bis zu 1000 µg/m³. Polizei und Krankenhäuser registrieren viele Verletzte. Zahlreiche Haus- und Wohnungsbrände sind die Folge. Allein in den fünf größten deutschen Städten wurden zum Jahreswechsel 2017 rund 191 Tonnen Silvesterabfall produziert.
Der Lungenfacharzt Norbert Mülleneisen warnt vor den gesundheitlichen Belastungen durch die Schwarzpulver-Böllerei an Silvester: „Feinstaubspitzenbelastungen durch Silvesterfeuerwerk führen zu fünf bis sechs Tage anhaltende Beschwerden. Silvesterfeuerwerk schädigt die Lungen von Kranken, Kindern und Gesunden in gleichem Maße, nur leiden Gesunde weniger. Aber die Lunge vergisst nichts! So wie jede einzelne Zigarette zählt auch jedes Silvesterfeuerwerk."
Auch der Deutsche Allergie- und Asthmabund äußert sich kritisch zur Silvester-Böllerei: „Für Kinder und Erwachsene mit Atemwegserkrankungen stellt das Abbrennen von Feuerwerkskörpern, speziell zum Jahreswechsel, eine gesundheitliche Belastung dar. Wenn Feuerwerkskörper abgebrannt werden, steigt die Belastung der Luft mit Schadstoffen explosionsartig an. Zu großen Teilen besteht der Feuerwerksqualm aus Feinstaub. Auswertungen des Umweltbundesamtes zeigen: Am ersten Tag des neuen Jahres ist die Luftbelastung mit gesundheitsgefährdendem Feinstaub so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht. Daher unterstützen wir die von vielen Seiten vorgetragene pragmatische Forderung, Pyrotechnik nur begrenzt an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten zu erlauben. Dies ermöglicht den Betroffenen aktiv zu entscheiden, ob sie sich an diesem Spektakel beteiligen möchten und wenn ja in welchem Abstand dazu."
Links:
Umwelt | Umweltschutz, 29.11.2019
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