"Kohlendioxid-Emissionen müssen rasch und substanziell sinken"
Umweltökonom Prof. Dr. Andreas Löschel über die Erwartungen an die UN-Klimakonferenz in Madrid
Die Weltgemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die Erd-Erwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen – im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Auf der bis zum 13. Dezember dauernden Klimakonferenz wollen die UNO-Staaten in Madrid darüber beraten, wie dies gelingen kann. Im Interview mit Norbert Robers erklärt Andreas Löschel, Vorsitzender der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft" der Bundesregierung und Professor für Energie- und Ressourcenökonomik an der Universität Münster, welche Schritte jetzt am drängendsten sind.
In einer Tageszeitung hieß es jetzt: „In Spanien beginnt der Wettlauf gegen die Zeit." Sehen Sie das ähnlich?
Ziel des Pariser Abkommens aus dem Jahr 2015 ist es, den Temperaturanstieg auf zwei, möglichst auf 1,5 Grad zu beschränken. Dazu reichen Staaten national festgelegte Beiträge ein. Diese reichen bisher aber bei weitem nicht dazu aus, um die Ziele zu erreichen. Dazu müssten die Kohlendioxid-Emissionen (CO2) rasch global und substanziell sinken, sonst ist das CO2-Budget aufgebraucht. Insofern ist es tatsächlich ein Wettlauf gegen die Zeit. Es gab in den vergangenen Jahren viel Lob für das Pariser Abkommen, denn es ist das erste globale Abkommen zum Klimaschutz. Aber noch fehlt der Beweis dafür, dass dadurch mehr Klimaschutz geschafft wird als es die einzelnen Länder sowieso tun würden. Bisher ist davon wenig zu sehen.
Was kann beziehungsweise muss mit Blick auf das Pariser Abkommen in Madrid passieren?
Bei den Klimaverhandlungen in Madrid und insbesondere im nächsten Jahr in Glasgow wird sich zeigen, was das Pariser Abkommen wert ist. Gelingt es, die Selbstverpflichtungen der Staaten massiv zu verschärfen? Dies soll alle fünf Jahre geschehen, das erste Mal im nächsten Jahr. Aus Madrid muss ein starker Impuls kommen, besonders mit Blick auf die großen Verschmutzer. Einige kleinere Länder haben bereits angekündigt, striktere Klimaziele verfolgen zu wollen. Jetzt wird es darum gehen, die großen Emittenten zu größeren Anstrengungen zu bewegen. Dies betrifft insbesondere die EU, die das bereits angedeutet hat, die USA, die zwar aus dem Pariser Abkommen aussteigen will, aber auf Staatenebene einiges voranbringt, und die Schwellenländer, allen voran China und Indien.
Mal heißt es, dass es mit Blick auf drohende Umweltschäden fünf vor zwölf ist. An anderer Stelle ist davon die Rede, dass es für Gegenmaßnahmen bereits zu spät ist. Ist es nicht genau diese Unsicherheit, die vielen Bürgern zu schaffen macht und den Gegnern von intensiverem Klimaschutz Auftrieb gibt?
Die Unsicherheiten sind in der Tat gegeben. In letzter Zeit wurde aber deutlich, dass man vielleicht sogar zu optimistisch war. Das zeigt zum Beispiel der deutsche Monitoringbericht zum Klimawandel. Auch in Deutschland werden die Wirkungen des Klimawandels zunehmend sichtbar. Deshalb wird die Frage der Klimaschäden eine zentrale Rolle in Madrid spielen. Seit 2013 gibt es einen internationalen Mechanismus, der die Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen und Schäden teilweise kompensieren soll. Dieser Mechanismus kommt in Madrid auf den Prüfstand.
Gesetzt den Fall, Sie könnten den Konferenz-Teilnehmern in Madrid einen Beschluss diktieren – welcher wäre das?
Bei der Umsetzung des Pariser Abkommens ist ein zentrales Thema offen: die Rolle von internationalen Kohlenstoffmärkten. Viele Länder wollen einen internationalen Marktmechanismus nutzen, der in Artikel 6 des Pariser Abkommens beschrieben wird. Demnach ist es erlaubt, Emissionsminderungen, die in einem anderen Land erzielt wurden, auf die nationale Klimapolitik anzurechnen. Das ist ökonomisch sehr sinnvoll, da Klimaschutz ein globales Problem ist und dort stattfinden sollte, wo Emissionen am günstigsten vermieden werden können. Dazu braucht es aber Regeln, damit diese Minderungen tatsächlich stattfinden und es auch nicht zu einer Doppelanrechnung kommt. Ein Beschluss hierzu in Madrid wäre von zentraler Bedeutung, da im Klimaschutz noch stärker auf internationale Kooperationen gesetzt werden muss.
Kontakt:
Norbert Robers, Universität Münster | norbert.robers@uni-muenster.de | www.uni-muenster.de
Umwelt | Klima, 02.12.2019
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