Die Raumlufttechnische Anlage als Klimakiller?

Eine Bestandsaufnahme und Aussicht - was wir tun können

Klimahysterie" wurde kürzlich zum Unwort des Jahres 2019 gekürt. Nach Angaben von Nina Janich, Sprecherin der sprachkritischen Aktion, dient das Wort als ein Mittel, welches „Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und Debatten diskreditiert" und „das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektive Psychose" abstempelt (Deutsche Welle, 2020). Doch nicht erst seit dem Auftreten von Klimaaktivisten wie Greta Thunberg oder Bewegungen wie „Fridays for Future", ist der Klimawandel ein Problem, welches urplötzlich aus dem Nichts aufgetaucht ist. Nach Untersuchungen der US-Amerikanischen Weltraumagentur NASA, waren die Jahre 2015 bis 2019 die wärmsten der letzten 140 Jahre (NASA, 2020). 

© EU-UmweltagenturWir müssen nicht darüber diskutieren, dass der Klimawandel nun auch bei uns angekommen ist und dass wir nur mit energischem Gegensteuern retten können, was noch zu retten ist. Wir dürfen hierbei jedoch nicht in Panik verfallen und ziellos populäre Maßnahmen vorantreiben, sondern diese Herausforderung systematisch angehen. Betrachten wir uns jedoch die aktuelle Debatte über CO2-Emissionen, so steht vor allem der Verkehr im Mittelpunkt – obwohl dieser nur ca. 30% aller CO2-Emissionen Europas ausmacht. Somit fallen also die verbleibenden 70% auf Industrie, Energieerzeugung, Haushalte sowie die Agrar- und Forstwirtschaft (Europäisches Parlament, 2019). Betrachtet man hier den Deutschen Energiemix aus dem Jahr 2019, so zeigt sich, dass der Anteil nicht-erneuerbarer Energieträger noch bei 54% liegt (Strom-Report, 2020). Ein wesentliches Ziel muss unter den aktuellen (und auch zukünftigen) Rahmenbedingungen sein, Energie so effizient wie möglich einzusetzen. Fazit: Wir werden den Klimawandel nicht stoppen, wenn wir bis zum Jahr 2030 alle elektrisch fahren, wir werden hierbei lediglich den bekannten Tropfen auf den – sprichwörtlich – heißen Stein geben (und das sagt der Autor als überzeugter Fahrer eines Elektrofahrzeugs).  

Somit liegt es an uns als TGA-Fachplaner, TGA-Installateuren, Betreiber der TGA sowie Reinigungs- und Instandhaltungsunternehmen entsprchende Maßnahmen zu ergreifen, um unseren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels beizutragen. Waren früher Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) eher die Ausnahme und oft nur in kritischen Bereichen zu finden (z.B. Krankenhäusern oder Forschungseinrichtungen), gehören diese heute bei Neubauten bereits zum Standard. RLT-Anlagen sind zu einem wesentlichen Faktor für unser Wohlbefinden und unseren Lebenswandel geworden. Wer möchte heute noch im Sommer im Büro schwitzen? Wer möchte heute noch in einem muffigen Büro arbeiten? Wer möchte auf die Vorteile des Internets oder Streamingdienste wie Netflix etc. verzichten? Sind wir ehrlich zueinander: Niemand möchte das und wie am Beispiel von Rechenzentren etc. zu sehen ist, können wir auch nicht mehr auf konditionierte Luft verzichten. Eine Studie des Fachverbands Gebäude-Klima e.V. zeigt, dass eine RLT-Anlage ca. 18% (FGK, 2020) des Energiebedarfs eines Büro- und Verwaltungsgebäudes ausmacht. In der produzierenden Industrie oder in besonders sensiblen Bereichen, ist dieser Anteil noch höher. 

Welche Möglichkeiten bleiben uns, um unsere RLT-Anlagen effizienter zu gestalten? 
 
1.Ventilatorentausch 
Dichtstoff wird zerstäubt und strömt in den Luftkanal. © Gesa Hygiene-GruppeDer Ventilator ist immer noch das Kernstück einer jeden RLT-Anlage. Die Hauptaufgabe des Ventilators besteht darin, einen bestimmten Luft-Volumenstrom durch die RLT-Anlage zu fördern und dabei eine Druckerhöhung zu erzeugen, die den Strömungswiderstand der Anlage überwindet. Hierbei beträgt der Energieanteil des Ventilators ca. 30-50% des Gesamtenergieaufwands der RLT-Anlage. Moderne Ventilatoren verfügen über einen optimalen Einbauwirkungsgrad von 50% bis 70%, während bei Altanlagen meist nur 25% bis 35% erreicht werden (FGK, 2020). Betrachtet man diese Effizienzsteigerung über einen Zeitraum von 10 Jahren, so ergibt sich ein Energieeinsparungspotenzial von mehr als 25%, allein durch den Wechsel des Ventilators! Unter Berücksichtigung, dass die Energiekosten auf lange Sicht den Großteil der Betriebskosten einer RLT-Anlage darstellen, ist dieses Einsparungspotenzial doch beachtlich. Aktuell wurden für den Austausch von Ventilatoren in RLT-Anlagen sowohl von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als auch dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Förderprogramme aufgelegt. (FGK, 2020)                                                                      .

2. Abdichtung von Luftleitsystemen  
„Out of sight, out of mind" ist leider oft die Devise bei bereits installierten Luftkanälen und Luftleitsystemen. Dabei sind gerade dichte Luftkanäle ein wichtiger Baustein im effizienten und klimafreundlichen Betrieb einer RLT-Anlage! Auf die Kosten für die Beförderung aufbereiteter Luft in modernen RLT–Anlagen sollte daher ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Im Regelfall übersteigen die Energiekosten die Anschaffungskosten einer Raumlufttechnischen Anlage innerhalb der Laufzeit um ein Vielfaches. Die in der europäischen Richtlinie Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) festgelegten Energieeinsparungsziele werden über die Energieeinsparverordnung (EnEV) und weiter über Normen und Richtlinien in Deutschland umgesetzt. Neben energetischen Gesichtspunkten besteht also auch ein rechtliches Interesse, die Dichtigkeit von Luftleitsystemen einzuhalten. Bei unbekannter Luftdichtheitsklasse des Luftleitsystems (d.h. es wurde keine Dichtigkeitsprüfung bei Inbetriebnahme durchgeführt) ist mit bis zu 15% Leckage zu rechnen, bei Luftdichtheitsklasse ATC 5 (ehemals Klasse A, niedrigste Klasse) sind es immerhin noch 6%, bei der zweithöchsten Luftdichtheitsklasse ATC 3 (ehemals Klasse C, welche durch die VDI 6022 für Büro- und Verwaltungsgebäude empfohlen wird) (VDI, 2018, S.8) sind es sogar nur noch 0,67% (MEZ-Technik, 2020). 

Ein einfaches Rechenbeispiel: 
Eine RLT-Bestandsanlage (inkl. Luftkanäle) der Geräteklasse 2 mit Lufterwärmung aus dem Jahr 1989 soll einen Nennvolumenstrom von 10.000 m3/h fördern. Die Dichtheitsklasse wurde nicht bestimmt. Somit ist mit einer Leckluftrate von 15% zu rechnen. Dies bedeutet, dass die Anlage pro Stunde ca. 1.500 m3/h Stunde „umsonst" produziert, da diese Luftmenge innerhalb des Lüftungssystems verloren geht und nicht an ihren Zielort gelangt. Legen wir hier eine Leistungsaufnahme von 9.000 kW/m3/h und den durchschnittlichen Strompreis für industrielle Verbraucher von 0,17 €/kWh zu Grunde (Statista, 2019a), „verpuffen" 0,80 €/h ungenutzt. Bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 2350 h/a (RLT–Anlagen in Nicht-Wohngebäuden) ergibt die ein Kostendelta von 1.856,50 €/a. Würde die besagte Anlage die geforderte Klasse ATC 3 erreichen, betrüge die Leckluftrate nur noch 0,67%. Dies bedeutet, es würden lediglich 67 m3/h verloren gehen. Hier würden lediglich 0,04 €/kWh ungenutzt aus dem Kanalsystem entweichen. Das Kostendelta (und damit die Einsparungen) zu einer ungeprüften Leitung würde sich also noch weiter vergrößern. Bei diesen Berechnungen wurden noch keine Kosten für die Luftkonditionierung berücksichtigt. 
Ebenfalls zeigt sich, dass eine Volumenstromänderung von 10% eine 33% höhere Leistungsaufnahme des Ventilators bedeutet. Ein weiterer, wichtiger Parameter zur Betrachtung der Energieeffizienz einer RLT–Anlage ist die spezifische Ventilatorleistung (SFP-Wert). Dieser ändert sich mit der zweiten Potenz der Volumenstromänderung.  

Oft besteht in bereits errichteten Anlagen das Problem der Zugänglichkeit zu den Luftleitsystemen, so dass eine nachträgliche manuelle Abdichtung nicht mehr möglich ist. Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, bieten verschiedene Unternehmen (z.B. die Gesa Hygiene-Gruppe oder die MEZ-Technik GmbH) das sog. AEROSEAL-Verfahren an, welches eine effektive und effiziente Möglichkeit der nachträglichen Abdichtung von Luftkanälen darstellt. 

Nebenbei schont ein dichter Luftkanal nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Interne Berechnungen ergaben, dass der Energieverbrauch einer RLT-Anlage mit der Luftdichtheitsklasse ATC 5 pro Jahr ca. 150 Tonnen CO2 verursacht, eine Anlage der Klasse ATC 4 weniger als 50 Tonnen (Gesa Hygiene-Gruppe, 2019). Gerade für Unternehmen, die mit CO2-Zertifikaten handeln, ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. 

3. Regelmäßige Reinigung und Instandhaltung
Reinigung eines Luftkanals © Gesa Hygiene-GruppeEin weiterer wichtiger Punkt zur energetischen Effizienz besteht in der korrekten und sorgfältigen Wartung und Reinigung der RLT-Anlage. Um Luft zu konditionieren, sind innerhalb einer RLT-Anlage verschiedene Filterstufen, Wärme- und Kühlregister verbaut. Diese stellen für den Luftstrom einen Widerstand dar, welcher durch den Ventilator überwunden werden muss. Es sollte selbstredend sein, dass stark verschmutzte Register, volle Filter oder verschmutzte Ventilatoren zu einem erhöhten Energieverbrauch führen. Durch eine sorgfältige Reinigung, sowie regelmäßige Filterdienste können diese Widerstände verringert werden. Als besonders effektiv bei der Reinigung von Wärme- und Kühlregistern hat sich hier in den letzten Jahren die Verwendung des CO2-neutralen Trockeneis-Strahlverfahrens herausgestellt. Hier gilt wie immer im Leben: you get, what you pay for! Hinterfragen Sie dabei kritisch besonders günstige Angebote und kontrollieren Sie den Reinigungserfolg (ggf. unter Hinzuziehung eines weiteren Fachunternehmens).                                                   .

4.„Smarte" RLT-Anlagen  
Bisher war die Errichtung smarter RLT-Anlagen noch mit einem sehr großen Aufwand verbunden. Teilweise mussten Sensoren in Räumen, Lagerhallen oder anderen Bereichen über lange CAN-Systeme mit der RLT-Anlage verbunden werden. In den letzten Jahren haben sich jedoch verschiedene Wide Area Network (WAN) Standards etabliert. LoRaWAN zum Beispiel kann hierbei bei minimalem Energieverbrauch und geringen Investitionskosten Daten von Sensoren an RLT-Anlagen schicken und diese bedarfsorientiert steuern. Zwar steckt dieses Thema noch in den Kinderschuhen, doch es tut sich viel in diesem Bereich und es wird spannend zu beobachten sein, wie sich dieser entwickelt.            
 
Fazit 
Es zeigt sich also, dass auch in unserem Bereich im Kampf gegen den Klimawandel nicht die Hände gebunden sind. Über verschiedene größere und kleinere Maßnahmen können wir aktiv unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zwar stehen diesem Beitrag erst einmal Investitionsbeträge gegenüber, doch machen diese nur knappe 10% des Gesamtkostenvolumens einer RLT-Anlage über 10 Jahre aus. Mehr als 90% dagegen entfallen auf Energiekosten (FGK, 2020). Hierbei dürfen wir jedoch nicht in Amortisationszeiträumen von 3 bis 5 Jahren denken, sondern in Generationen. 67% der Deutschen sehen den Umwelt- und Klimaschutz als unsere wichtigste Herausforderung für die Zukunft an (Statista, 2019b). Beinahe jedes Unternehmen hat sich den Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben (Deutschlandfunk, 2019). Jetzt ist es an der Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen. In diesem Sinne, packen wir es an! 
 
Jörg Schönfelder ist Inhaber und Geschäftsführer der Gesa Hygiene-Gruppe. © Gesa Hygiene GruppeJörg Schönfelder ist Inhaber und Geschäftsführer der Gesa Hygiene-Gruppe.
Seit 35 Jahren gehört die Gesa Hygiene-Gruppe zu einem der führenden Unternehmen im Bereich der Service-Dienstleistungen für Gesundheit und Sauberkeit. Die Schwesterfirmen der Gesa Hygiene-Gruppe decken alle Dienstleistungen des Hygiene-Clusters ab und können ihren Kunden daher alle Dienstleistungen aus einer Hand bieten. Über die letzten Jahre hinweg beschäftigt sich das Unternehmen zunehmend mit den Themen der Energieeffizienz von Luftleitsystemen und RLT-Anlagen, sowie mit smarter Sensorik im Bereich des Hygiene- und Energiemanagements. Das Unternehmen leistet somit Pionierarbeit in diesen Bereichen. Ebenfalls ist das Unternehmen in verschiedenen Fachgremien und Richtlinienausschüssen vertreten. 
 
Kontakt: Jörg Schönfelder, Inhaber Gesa Hygiene-Gruppe | joerg.schoenfelder@gesa.de | www.gesa.de

Technik | Cleantech, 11.02.2020

     
        
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