Krise bewältigen - Zukunft gestalten

Systemdenken hilft bei der Bewältigung von Herausforderungen

Jeder sucht momentan intensiv nach Lösungen, wie wir als Gesellschaft am besten mit der Krise umgehen können. Da die Lage für jeden Einzelnen aber auch für die Verantwortlichen aus Wissenschaft und Politik unüberschaubar ist, werden dabei viele wichtige Aspekte oder Zusammenhänge stark vereinfacht oder gar außer Acht gelassen. 

Wir befinden uns in einem komplexen System und werden uns im Chaos verlieren, wenn wir uns dieser Herausforderung nicht auf einer sachlicheren und systematischeren Ebene annehmen. Wir müssen uns als Erstes bewusst werden, welches System wir betrachten, bevor wir sagen können, was systemrelevant ist. Der Fokus in unserer Gesellschaft entfernt sich dabei zunehmend von Nachhaltigkeit und Klimaschutz hin zu „wie können wir die Krise bewältigen". Die beiden Perspektiven stellen jedoch keinen Gegensatz dar, sondern nur Nachhaltigkeit kann uns über die Krise hinweghelfen. Aber wenn man in diesem Sinne einen Systemwandel fordert, bedarf es auch hierfür erstmal ein Systemverständnis. Und das können wir nur erlangen, wenn wir eine Methode hierfür haben: Systemdenken.
 
Wir brauchen eine Technik, um mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen 
Jeder hat ein eigenes Verständnis des Systems - die Virologen, die Politiker, die Wirtschaftsvertreter, die Sozialwissenschaftler und jeder Einzelne von uns. Um aber Maßnahmen bewerten zu können, brauchen wir ein gemeinsames Verständnis der aktuellen Realität. Nur dann können wir Geld, Zeit und Engagement zielgerichtet einsetzen. Da die Situation für alle neu ist, liegen keine oder nur wenige Erfahrungen vor. Experimente könnten uns helfen, um Wissen und Systemverständnis aufzubauen. Hierfür fehlt uns aber zum einen die Zeit, zum anderen sind diese Experimente gefährlich oder sogar tödlich. Was sich jedoch anbietet, sind Simulationen. Mit Hilfe derer können wir das System analysieren, verstehen und entsprechende Entscheidungen treffen. 
Für solche Simulationen wird ein Modell als Abbild des betrachteten Systems oder Systemausschnitts erstellt. Dieses sollte alle relevanten Systemelemente, Perspektiven und deren Wechselwirkungen enthalten. Die Erstellung eines realitätsnahen Modells erfordert es, möglichst viele Stakeholder einzubeziehen und sich auf eine Zielebene zu fokussieren, um sich nicht in Problemen oder Details zu verlieren, sondern zukunftsgerichtet Lösungen zu finden. 
 
Die geeignetsten Maßnahmen finden und umsetzen
Was sind geeignete Maßnahmen? Eine schwierige Frage, die sich gerade viele Unternehmen in der aktuellen Situation stellen. Um diese zu beantworten, benötigen wir das oben beschriebene Zielsystem, anhand dessen wir verschiedene Handlungsalternativen simulieren und bewerten können. Dieses Zielsystem kann keine „Allerweltsformel" sein, sondern muss auf die betrachtete Fragestellung fokussiert werden. Aus der Perspektive eines Unternehmens könnte diese Fragestellung lauten: Welche Aspekte müssen wir in den nächsten Wochen/Monaten berücksichtigen, um unser Unternehmen über die Krise hinweg zu retten?
 
Welche Aspekte müssen Unternehmen beachten, um sich über die Krise hinweg zu retten? – Erster Entwurf eines Zielsystems als Ergebnis des virtuellen Themenabends 'Krise bewältigen – Zukunft gestalten' © simcision / iCONDU GmbH
Neben den Aspekten der unmittelbar gewünschten Ergebnisse wie Liquidität- und Arbeitsplatzsicherung sind hierbei auch die Perspektiven der erforderlichen Anpassungen bzgl. Prozesse, Randbedingungen, Kompetenzen und Handlungsfähigkeiten im Zielsystem zu berücksichtigen. Gelingt es dabei über den betrachteten Zeitraum hinaus zu schauen, lassen sich auch zukünftige Potentiale identifizieren. Aus dem Zielsystem zur Bewältigung der Krise entsteht damit ein Wertschöpfungskreislauf für das Unternehmen, der die Basis für den häufig zitierten erforderlichen Systemwandel bildet.
  
Die Corona-Krise bewältigen, ohne die nächste Krise zu riskieren  
© iCONDU GmbH
Hätten wir die Sustainable Development Goals (SDGs) – ein Zielsystem, welches uns seit 2015 zur Verfügung steht – mehr genutzt, hätte uns die Krise unter Umständen nicht so hart getroffen. So hätten wir schon einen ersten Systemwandel vollziehen bzw. erste Schritte dafür einleiten können – etwa nachhaltigere Lieferketten zu schaffen, die weniger Abhängigkeiten beinhalten, eine bessere Bezahlung für „systemrelevante" Berufe einzuführen, sodass freie Stellen in diesen Bereichen besser hätten besetzt werden können oder Partnerschaften zu stärken, so dass ein gemeinsames Vorgehen von Beginn an besser abgestimmt gewesen wäre. 

Das heißt aber auch, dass wir jetzt daraus lernen können. Wir müssen eine nachhaltige Entwicklung im Auge behalten und den Dreiklang der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Nur wenn die drei Dimensionen (Soziales, Ökologie und auch Ökonomie) ausbalanciert sind und die Wechselwirkungen bei Entscheidungen beachtet werden, verhindern wir Diskussionen, ob die Wirtschaft vor sozialen Aspekten steht oder umgekehrt. Diese Argumente dürfen nicht gegeneinandergestellt werden, sondern Lösungsstrategien müssen ausgewogen sein und alle drei Dimensionen gleichermaßen berücksichtigen!

Aber wie kann man das machen? Die SDGs bieten sich hier als Zielsystem an und können genutzt werden, um auf dieser Grundlage Lösungsstrategien zu entwickeln. Und auch hier gilt wieder die Herangehensweise des Systemdenkens: ganzheitliche Betrachtungsweise, Stakeholder berücksichtigen, Betrachtungsebene klären. So fördert man nicht nur Partizipation und Akzeptanz, sondern kommt auch in die Umsetzung. 

Für die individuelle Zielkonkretisierung ist eine Bewertung der Handlungsalternativen hilfreich. Die nachfolgend vorgestellten 8 Schritte der simcision-Methode bieten dazu eine gute Hilfestellung.
 
©simcision / iCONDU GmbH
Sarah Lechner studierte Politikwissenschaft, Psychologie und Recht an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der University of Nottingham. Erfahrungen im Projektmanagement und zur Entwicklung gesellschaftlicher Innovationen sammelte sie bei einer großen Unternehmensstiftung. Danach begleitete sie einen Netzwerkpartner bei einem Change-Prozess. Diese Vorkenntnisse konnte sie während ihrer anschließenden mehrjährigen Tätigkeit in der europäischen CSR-Abteilung eines FMCG-Unternehmens gewinnbringend einbringen. Seit 2017 ist sie Sr. Strategy Consultant für den Bereich Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit bei der iCONDU GmbH.
 
Kontakt: iCONDU GmbH, Sarah Lechner | info@icondu.de | www.sustain2030.de

Gesellschaft | Bildung, 29.04.2020

     
        
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