EBS Executive School: Top-Weiterbildung in Sustainable Finance & Sustainable Business

Wächst endlich zusammen, was zusammen gehört?

The Pioneer of Super Happi­ness Economy!

Vom visionären Praktiker Muhammad Yunus kommen die vielleicht wertvollsten Impulse zum überfälligen Zusammenwachsen von Social & Business, Economy & Ecology, Tech Innovation & Social Innovation. Er zeigt den Weg in eine lebenswerte Zukunft.
 
© Roger Richter; www.roger-richter-photography.de© Roger Richter; www.roger-richter-photography.de
Der legendäre Satz von Willy Brandt „Es wächst zusammen, was zusammengehört" gewinnt gerade eine neue, weit größere historische Bedeutung als zu Zeiten des Berliner Mauerfalls. Heute geht es jedoch um ein deutlich andersartiges Zusammenwachsen. Beispielsweise um die Überwindung der grundfalschen, scheinbaren Widersprüchlichkeit von Ökonomie und Ökologie. Aber auch um die Auflösung des ebenso falschen wie kontraproduktiven Gegensatzes von „Social" und „Business" oder von Wertorientierung und Wertschöpfung... Immer mehr Vordenker, selbst aus traditionellen Denkschulen, kommen in Zeiten von Klima- bis Coronakrise zur revolutionären Erkenntnis, dass nur ein intelligent konzipiertes und klug umgesetztes Zusammenwachsen dieser Gegensätze die Perspektive birgt, uns eine erheblich reichere, umfassendere und nachhaltigere Dimension von Wohlstand, Wohlergehen und schlicht auch von Glück zu eröffnen. 
 
Der Großvisionär 
Herausragend im Doppelsinne eines visionären Vordenkens und beispielgebend vormachenden Umsetzens ist zweifelsohne das Wirken von Muhammad Yunus. Sein Denken und Handeln deckt wesentlich mehr ab als das, wofür er 2006 den Friedensnobelpreis erhielt. In „Nobelpreisen" gemessen, verdiente er noch zusätzlich mindestens drei weitere für fundamentale Wirtschaftsdurchbrüche: Sein „Banking for the Poor” wurde Legende. Schätzungen führender Einrichtungen gehen von weltweit bis zu einer halben Milliarde Menschen aus, die durch sein Konzept der Kleinstkredite für die Allerärmsten die Armutsfalle hinter sich lassen konnten. Aber wer weiß von folgenden, nicht minder bedeutsamen Pionierleistungen von Muhammad Yunus?

Er erkannte sehr früh den überragenden Wert, den die Mobiltelefonie insbesondere für die Armutsregionen in der Welt hat, also für die abgehängte Hälfte der Menschheit. Er suchte das Gespräch mit international führenden Telekommunikationsunternehmen und wollte sie für eine Partnerschaft mit seiner „Bank für die Armen" gewinnen. Doch diese waren damals noch ganz auf Geschäftsmodelle für Zielgruppen fixiert, die nicht zur unteren Hälfte der Weltgesellschaft gehörten. Schließlich überzeugte er doch die norwegische Telenor zu einer Kooperation. Das Geschäftsmodell war einfach: Kreditnehmerinnen seiner Grameen Bank verkauften Telefonminuten an Mitbewohnerinnen in ihren Dörfern. Diese konnten sich dadurch über angemessene Marktpreise und neue Vermarktungswege für ihre mit den Kleinstkrediten der Grameen Bank hergestellten Produkte erkundigen. Sie waren damit plötzlich angeschlossen an eine neue Dimension von Informationen, Erfahrungen, Geschäftsmöglichkeiten und Lernen.

In wenigen Jahren wurde das mit Telenor gegründete Joint-Venture-Unternehmen Grameenphone zum größten Unternehmen Bangladeschs – mit inzwischen fast 80 Millionen Kunden. Dieser Erfolg beeindruckte alle anderen Mobilfunkunternehmen der Welt, die sich daraufhin ebenfalls dem bis dahin völlig ignorierten, gigantisch großen Markt zuwandten. Muhammad Yunus erschloss damit nicht nur diesen Unternehmen neue Märkte, sondern den Armen der Welt den Zugang zu einer Zukunfts-Schlüsseltechnologie mit dem Nebeneffekt, die Preise rund um den Mobilfunk für alle weltweit schnell und steil nach unten zu bringen.

Der Serienunternehmer Yunus nutzte den Mobilfunk für eine Serie von weiteren bahnbrechenden Innovationen im eigenen Land. So ist eines der neu entstandenen Grameen-Unternehmen, Grameen Health Care, heute der landesweit größte Ausbilder von Krankenschwestern und Arzthelferinnen. In Bangladesch – ähnlich wie in jedem anderen Entwicklungsland der Welt – kamen auf vier Ärzte eine einzige Krankenschwester, und beide konzentrierten sich außerdem noch vor allem auf die Städte. Das Lösungskonzept von Grameen Health Care: Dorfbewohnerinnen in den ländlichen Regionen werden mit Hilfe von Smartphones durch städtische Ärzte an Gesundheitsdienstleistungen herangeführt und darin aus- und fortgebildet. Sie können dann etwa Befunde via Foto dokumentieren und den ausbildungsbegleitenden Ärzten und Laboren in der Stadt senden, die ihre Empfehlungen zurückgeben. So entstand Zug um Zug ein dezentrales Gesundheitssystem mit rasch wachsenden Kompetenzen in den ländlichen Regionen – unvergleichlich schneller, effektiver und zudem erheblich kostengünstiger als alle bisherigen Ansätze. Inzwischen ist das Aus- und Fortbildungsmodell von Grameen Health Care durch das Grameen Caledonian College of Nursing für Krankenschwestern und Arzthelferinnen so weit gediehen, dass Gesundheitssysteme weltweit davon als systemverbessernde Konzeptvorlage massiv profitieren können.
 
Der Innovationstreiber
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All dies sind typische Beispiele für das Konzept sozialer Innovationen. Damit sind Innovationen gemeint, die aus der Motivation entstehen, ein gesellschaftliches Problem durch „innovative Sozialtechniken" zu lösen. Die soziale Innovation der Kleinkredite basiert beispielsweise auf dem Konzept der Teambildung von fünf Kreditnehmerinnen, die alle einen Kleinkredit von der Grameen Bank erhalten möchten, jedoch über keinerlei Sicherheiten verfügen. Grameen verlangt, dass sie füreinander bürgen. Dadurch beobachten, beraten und helfen sie sich gegenseitig – so erfolgreich, dass mehr als 99 Prozent der vergebenen Kredite für alle Seiten wunderbar funktionieren und damit ein „Bankensystem für die Armen" entstehen konnte.

Den Wert von sozialen Innovationen erkannte als erster Bill Drayton, ein ehemaliger McKinsey-Berater, der 1980 Ashoka gründete, eine Art Fahndungsorganisation nach bahnbrechenden sozialen Innovatoren. Muhammad Yunus war einer der ersten von Ashoka entdeckten so genannten „Social Entrepreneurs". Heute sehen viele internationale Organisationen und immer mehr Regierungen soziale Innovationen als mindestens so wichtig wie technologische Innovationen. Am besten ist jedoch, wenn beide Arten von Innovationen eng miteinander verknüpft werden. Hierfür waren Grameenphone, Grameen Health Care wie auch das folgende Beispiel im besten Sinne weltverändernd.

Der Solarfan
In den 1990er Jahren traf Muhammad Yunus mit dem deutschen „Solar-Papst" Hermann Scheer zusammen. Dieser überzeugte ihn von der Bedeutung der Solarenergie, gerade auch für die Armutsregionen der Welt, in denen fast nirgendwo Mangel an Sonneneinstrahlung aber dafür Mangel an elektrischer Energie herrscht. Hermann Scheer war von dem neugewonnenen Solarfan so begeistert, dass er sofort seine aktive Mitarbeit zur Akquise von reichlichen Fördermitteln anbot. Muhammad Yunus argumentierte dagegen: Dies schaffe nur erneut Abhängigkeiten, unter denen die Entwicklungsländer schon genug zu leiden hätten. Er wolle lieber darüber nachdenken, wie sich Ökologie und Ökonomie verbinden lassen.

Das neue Geschäftsmodell, das er dazu entwickelte hieß Grameen Shakti (Shakti heißt Energie). Das gleichnamige Unternehmen installiert seitdem Solaranlagen auf den bescheidenen Behausungen der Ärmsten in einer Größe, die den Strombedarf der jeweiligen Familie mehr als abdeckt. Die neuen Besitzer dieser Solar Home Systems bezahlen dafür jeden Monat genau so viel, wie sie bisher für die schmutzige Energie ausgaben, die ihnen bis dahin als einzige Energieform zugänglich war, zumeist Kerosin oder Diesel. So war der Umstieg auf Solarenergie ohne jegliche Zusatzbelastung möglich. Und diese Belastung reduziert sich in der Regel nach nur drei bis vier Jahren auf null, denn dann ist die Anlage vollständig abbezahlt.

Grameen Shakti installierte bis heute in Bangladesch mehr als vier Millionen solcher Anlagen, ein anderes Unternehmen noch einmal genauso viele. Damit ist ein Viertel aller Haushalte in Bangladesch heute bereits vollständig durch Solarenergie versorgt. Ferner bildete Grameen viele Landfrauen zu Solartechnikerinnen aus, so dass diese Anlagen erheblich länger halten. Die Solarwirtschaft funktioniert seitdem in Bangladesch in bester Versöhnung von Ökonomie und Ökologie. Muhammad Yunus setzte damit ein wertvolles Beispiel zur globalen Nachahmung. Bereits 1997 würdigte der Politiker und Unternehmer Lothar Späth das Denken und Wirken von Muhammad Yunus bei der Verleihung des „Planetary Consciousness Award" des Club of Budapest in der Frankfurter Paulskirche so: „Das ist der Einstieg in eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft." In Oslo erhielt Yunus dann endlich die ganz große Weltbühne: Die Überreichung des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 2006 in Oslo nutzte er, um seine Denkmodelle und die erfolgreich umgesetzten Praxismodelle einer breiten Weltöffentlichkeit bekannt zu machen.

Der Reformator
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Muhammad Yunus strebte mit seinem Konzept des „Social Business" eine entscheidende Ergänzung zum bisher dominierenden Wirtschaftssystem an: die Gründung von neuen Unternehmen - auch in Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen - um gemeinsam gesellschaftliche Probleme mit wirtschaftlich tragfähigen Konzepten zu lösen. Der Unternehmenszweck von echtem „Social Business" war allein auf die Problemlösung gesellschaftlicher Herausforderungen ausgerichtet. Die Investoren in diese Art von Unternehmen sollten ihre Investition nach einer Anlaufzeit wieder vollständig zurückerhalten, aber keine darüber hinaus gehende Rendite. Ein Social Business gehört damit sich selbst beziehungsweise seinen Mitarbeitern und Nutznießern (ähnlich wie bei Genossenschaften oder neuen so genannten „Purpose"-Unternehmen). Mit Danone gab es bereits im Jahr 2006 die Eröffnung des ersten großen Social Business Joint Venture. „Grameen Danone" stellt seitdem in Bangladesch einen Joghurt her, in dem alles enthalten ist, was in der Ernährung dort oft fehlt. Ein Joghurt also, der Mangelernährung bereits mit einem Produkt behebt. Vom Erfolg beflügelt, gründeten die Shareholder und Mitarbeiter von Danone zusätzlich den ersten Social Business Fund, aus dem zwischenzeitlich zahlreiche neue Social Businesses startfinanziert wurden. Hans Reitz, ein Serienunternehmer aus Wiesbaden, gründete 2008 gemeinsam mit Muhammad Yunus das „Grameen Creative Lab", das sich der weltweiten Verbreitung der Ideen von Social Business verschrieb.

Not macht erfinderisch
Die bisher entstandenen Beispiele von Social Business Unternehmen bestätigen eine uralte Weisheit: Not kann, mit einer entsprechenden Haltung, sehr erfinderisch machen. Muhammad Yunus meinte einmal auf die Frage eines Journalisten, wie es sein kann, dass in einem Land mit derart vielen Problemen so eine Erfolgsgeschichte wie Grameen überhaupt entstehen und funktionieren kann: „Ja, wir haben so viele Probleme, dass wir uns entschieden haben, sie als Rohstoff für Innovationen zu betrachten." Dass dies kein verrücktes Denken ist, bestätigte unter anderem der berühmteste Innovationsforscher der Welt, C.K. Prahalad, der schon vor einigen Jahres feststellte: „Das schlichte Überleben von Unternehmen hängt immer mehr davon ab, wie gut und innovativ sie gesellschaftliche Herausforderungen lösen." Er meinte damit unsere ökologischen und sozialen Probleme in ihrer weltweiten Vielzahl und Vielfalt.

Dass Forbes den Nobelpreisträger Muhammad Yunus nach der Nobelpreisvergabe in die Liste der „zwölf größten Unternehmer der Gegenwart" aufnahm und Business Week ihn als einen der „fünf größten Unternehmer aller Zeiten" bezeichnete, heißt schon einiges. Aber damit ist seine tatsächliche Bedeutung noch längst nicht hinlänglich erfasst. Professor Yunus ist das lebende Rollenmodell für die Lösung der Schlüsselaufgabe, vor der die Welt heute steht: ein neues Wirtschaftsverständnis zu generieren, das „Social" und „Business", „Economy" und „Ecology", „Tech Innovation" und „Social Innovation" so klug miteinander verbindet, dass dies zur neuen großen Hoffnungsgeschichte nach der neoliberalen Zeit taugt und funktioniert.

Aus Anlass seines 80. Geburtstags am 28. Juni 2020 lohnt es sich, sein Lebenswerk unter dieser Prämisse anzusehen. Auch wenn das dafür vorgesehene „Super HappYYness Festival" auf dem Gelände der Messe München wegen Corona um genau ein Jahr verschoben werden musste, wird Corona vielleicht zu dem notwendenden Anstoß, über eine Ökonomie gründlich nachzudenken, die endlich das zusammenbringt, was so superdringend zusammengehört.
 
Alles Gute, superhappy Birthday, hochgeschätzter Professor Yunus. 

Peter Spiegel ist Zukunftsforscher, Entdecker des WeQ Megatrends und Initiator des WeQ Institutes. Als Mitglied des internationalen Thinktanks Club of Budapest schlug er 1996 vor, den renommierten „Planetary Consciousness Award" 1997 an Muhammad Yunus und Michail Gorbatschow zu vergeben. 2007 brachte er Muhammad Yunus mit Hans Reitz zusammen, der kurz danach zu dessen wichtigstem internationalen Berater wurde. 

Gesellschaft | Pioniere & Visionen, 10.06.2020
Dieser Artikel ist in forum 02/2020 - die Corona-Sonderausgabe - Einfach zum Nachdenken... und Handeln erschienen.
     
        
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