"Wir brauchen Menschen, die vom Geist Europas beseelt sind und ihn allen Widrigkeiten zum Trotz zur Geltung bringen wollen."
Christoph Quarch überlegt, was wir den tyrannischen Ambitionen des globalen Trumpismus und des hiesigen Rechtspopulismus entgegensetzen können
Seit der Rede von US-Vizepräsident Vance bei der Münchener Sicherheitskonferenz ist es amtlich: Die USA von Donald Trump sind kein verlässlicher Partner mehr für Deutschland und Europa. Bei seinen Verhandlungen mit Vladimir Putin über ein Ende des Krieges in der Ukraine möchte der US-Präsident die Europäer nicht mit am Tisch haben, sondern lieber sein eigenes Ding durchziehen. Nicht anders steht es um die Entwicklung künstlicher Intelligenz, bei der die USA sich einen Sonderweg vorbehalten. Nationale Alleingänge statt Multilateralität? Egoismus statt Kooperation? Wie soll man sich in dieser neuen Weltordnung zurechtfinden? Darüber reden wir mit dem Philosophen und Bestseller-Autor Christoph Quarch.
Herr Quarch, prägt Donald Trump gerade einen neuen Politikstil des Hauptsache-Ich und Der-Rest-ist-mir-schnuppe?

Zumal zu befürchten steht, dass es nicht bei Donald Trump bleiben wird. Netanyahu in Israel, Milei in Argentinien und Orban in Ungarn gehen ähnliche Wege. Selbst im Bundestagswahlkampf hat man zuweilen den Eindruck, dass Trumps Vorbild Schule macht.
Das ist tatsächlich eine Gefahr, denn der Mindset von Tyrannei und Despotie transportiert sich vor allem über Rhetorik und Sprache. Umberto Eco hat das überzeugend dargestellt. Es ist der aggressive Ton, der ständige Angriffsmodus, das Abkanzeln Andersdenkender, was den Tyrannen zum Tyrannen werden lässt bzw. eine tyrannische Gesinnung verrät. Hierzulande konnte man diese Dynamik in den letzten Wochen an einer Figur wie Markus Söder beobachten, der sich mit seiner Rhetorik immer mehr in einen Ego-Tunnel verrannt hat; und natürlich bei den Auftritten von Alice Weidel, die durch ein vermeintlich toughes Auftreten den Eindruck einer starken Frau und Führungsperson erwecken will.
Aber das ist ja auch kein Wunder, wenn die Alpha-Tiere wie Trump mit ihrem Auftreten so überaus erfolgreich sind. Offenbar beeindruckt eine kraftvolle Egozentrik die Wählerinnen und Wähler.
Vorderhand sieht es so aus, aber ich habe da meine Zweifel. Ich glaube, die Menschen wünschen sich nicht so sehr egozentrische Alphatiere, sondern Politiker, die Klarheit, Entschlossenheit und Souveränität ausstrahlen. Das ist etwas anderes als die egozentrische Kraftmeierei der Populisten, die in der Regel nur dazu da ist, das Fehlen dieser Qualitäten zu verschleiern. Denken wir stattdessen an politische Personen, die Menschen wirklich zu begeistern vermochten. Es waren stets solche, die eine klare Linie verfolgten, dabei aber bereit waren, mit anderen zu kooperieren. Willy Brandt zum Beispiel: Er strotzte vor Selbstbewusstsein, ohne ein Egozentriker zu sein. Auch Emanuel Macron erweckt in diesen Tagen diesen Anschein, wenn er sich gerade zur Führungskraft Europas mausert.
Wo genau verläuft die Grenze zwischen dem, was Sie als gesundes Selbstbewusstsein bezeichnen und der tyrannischen Egomanie, von der wir sprachen?
Sie verläuft im Kopf der betreffenden Personen. Woher nimmt jemand seinen Antrieb, seine Energie? Nimmt er sie aus seinen eigenen Interessen, die er gewaltsam durchsetzen und anderen aufzwingen will? Das wäre der Typus Trump. Oder nimmt er sie aus einer größeren Vision, die ihn begeistert, und um derentwillen er die Führung übernimmt? Echte Souveränität und Autorität beruht nie auf dem Rummel, den man um sich macht, sondern auf dem Geist, den man verbreitet und der einen zur Zusammenarbeit mit all denen drängt, die eine Vision teilen. Genau das ist es, was in der jetzigen politischen Lage in Europa Not tut: Wir brauchen Menschen, die vom Geist Europas beseelt sind und ihn allen Widrigkeiten zum Trotz zur Geltung bringen wollen. Wenn uns das gelingt, können wir den tyrannischen Ambitionen des globalen Trumpismus und des hiesigen Rechtspopulismus etwas Starkes entgegensetzen.

Der Philosoph, Speaker und Bestseller-Autor Christoph Quarch begleitet Unternehmen, unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen. In seinen Vorträgen und Büchern greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophie zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Christine Teufel gründete er die Neue Platonische Akademie für eine geistige Erneuerung der Gesellschaft.
Aktuelle Bücher von ihm sind „Wacher Geist und fester Schritt. The Donkey School for Leadership" (2024), „Schönheit rettet die Welt” (2024) und "Der Club der alten Weisen" (2023).
Mehr zu ihm unter christophquarch.de und akademie-3.org
Gesellschaft | Politik, 18.02.2025

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