Die Diskurskultur ist zum Erliegen gekommen
Christoph Quarch analysiert die Krise der CDU
Die CDU kommt nicht zur Ruhe. Erst versetzten die Ergebnisse der Landtagswahlen in den ehemaligen Unionshochburgen Baden-Württemberg und Rheinpfalz die Partei in Alarmzustand, dann sanken die bundesweiten Umfragewerte auf unter 30 Prozent. Als Ursache dafür wurde sehr schnell die sogenannte Maskenaffäre ins Feld geführt. Sie brachte ans Licht, dass mehrere Unionspolitiker in der Covid-Krise ihre Ämter zur persönlichen Bereicherung missbraucht haben. Eine Ehrenerklärung der Unions-Parlamentarier sollte dem Vertrauensverlust der Partei entgegenwirken. Der Erfolg bleibt abzuwarten.
Herr Quarch, was rät der Philosoph einer so in Schieflage geratenen Partei?

So etwas ist aber doch zunächst mal das Einzelvotum eines unzufriedenen Parteimitgliedes. Im Ganzen wirkt die Union immer noch geschlossen.
Ich glaube, dieser Schein ist trügerisch. In der Union ist offenkundig ein System entstanden, dass innerparteiliche Kritik unmöglich macht. Ich habe einen guten Freund, der sich seit Jahren bemüht, innerhalb der Hessischen CDU zu Wort zu kommen, Einfluss zu gewinnen, einen anderen Geist zu kultivieren. Erfolglos. Alles seine Bemühungen werden geschnitten. Parteifreunde, die ihn unterstützen, rutschen auf den Listenplätzen nach unten. Bei Wahlen verschwindet sein Name von den Stimmzetteln. Warum? Weil er öffentlich die Kanzlerin kritisiert. Und intern bekommt er zu hören: weil ihm der Stallgeruch fehlt. Mir scheint es hier eher um Stallgestank zu gehen.
Aber glauben Sie, dass das in anderen Parteien anders wäre?
Ja, davon bin ich überzeugt. Gewiss ist da auch nicht alles toll, aber wir sollten die Augen nicht davor verschließen, dass es ein paar Unions-Spezifika gibt. Da ist die konstante Weigerung, umfassende Transparenz bei Nebeneinkünften und Lobbyarbeit zu schaffen. Wie soll man sich das erklären, wenn nicht dadurch, dass es da sehr viel zu vertuschen gibt – und zwar auf allen Ebenen. Was dann auch erklärt, warum Leute, die keinen „Stallgeruch" haben, der Parteiführung selbst dann suspekt sind, wenn sie – wie mein Freund – hochangesehene Unternehmer sind. Leute wie er könnten ja etwas von dem ausplaudern, was da alles hinter den Kulissen abläuft. Da bleibt man lieber unter sich.
Ihr Vertrauen in die Union scheint nachhaltig beschädigt zu sein. Was müsste eine Partei tun, um das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen.
Vertrauen erzeugt man durch Transparenz und Wahrhaftigkeit. Ganz sicher aber nicht durch Ehrenerklärungen. Zumal dann nicht, wenn der Eindruck der Ehrlosigkeit schon so weit gediehen ist. Und man erzeugt Vertrauen durch die Bereitschaft zur Selbstkritik bzw. durch den Mut, sich in Frage zu stellen. Der Auftrag der Parteien ist laut Parteigesetz, die Meinungsbildung der Bürger*innen zu organisieren. Genau das tut die Union heute nicht mehr. Statt selbstkritisch zu diskutieren, wird dort totgeschwiegen und ausgesessen. Das ist die bittere Frucht der Ära Merkel. Der Unionsfisch stinkt eindeutig vom Kopf her. Merkel hat ein System geschaffen, in dem der Diskurs durch Alternativlosigkeit ersetzt wurde. Die Nach-Merkel-CDU muss wieder demokratisch werden.

Der Bestseller-Autor Christoph Quarch ist Philosoph aus Leidenschaft. Seit ihm als junger Mann ein Büchlein mit »Platons Meisterdialogen« in die Hand fiel, beseelt ihn eine glühende Liebe (philia) zur Weisheit (sophia), die er als Weg zu einem erfüllten und lebendigen Leben versteht. Als Autor, Publizist, Berater und Seminarleiter greift er auf die großen Werke der abendländischen Philosophen zurück, um diese in eine zeitgemäße Lebenskunst und Weltdeutung zu übersetzen."
Hören Sie ihn persönlich im SWR-Podcast Frühstücks-Quarch. Lesen Sie mehr von ihm unter www.christophquarch.de
Als forum-Redakteur zeichnete Christoph Quarch verantwortlich für den Sonderteil „WIR - Menschen im Wandel".
Gesellschaft | Politik, 26.03.2021

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