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Schuld ist überall! Wetterkatastrophen zwingen zum Umdenken

Der aktuelle Kommentar von forum-Leser Edmund A. Spindler

Viele denken immer noch, das Wetter spiele derzeit verrückt. Heiße Sommer mit großen Waldbränden und Starkregen mit verheerendem Hochwasser sind an der Tagesordnung und für alle spürbar. Doch diese Extremwetterlagen sind Ausdruck des Klimawandels, dem wir uns stellen müssen. Das Mensch-Natur-Verhältnis ist in eine Krise geraten, und hoffentlich gelingt es, aus den Katastrophen zu lernen. Unseren Umgang mit der Natur, deren Teil wir sind, müssen wir neu austarieren. Wir müssen eine Balance finden, die – in Zeiten des Anthropozän – zukunftsfähig ist.

Umdenken in der Landschaftsplanung ist gefordert
Edmund A. Spindler gehört als Experte für Umweltverträglichkeitsprüfungen zur Avantgarde der Nachhaltigkeit. © Fotografie GolzEdmund A. Spindler gehört als Experte für Umweltverträglichkeitsprüfungen zur Avantgarde der Nachhaltigkeit. © Fotografie Golz
Gerade jetzt, wo die „Natur" in den Hochwassergebieten in NRW und RLP (und auch noch in Bayern und Sachsen) wieder, wie schon zuletzt 2016 in Simbach am Inn, unmissverständlich geantwortet hat, müssen wir endlich den Schalter umlegen und unsere bisherige Art zu leben und zu wirtschaften radikal ändern, und zwar auf allen Ebenen (global, national und lokal). Muss es noch schlimmer kommen? Wie viele Tote brauchen wir, damit aus dem Klimaschutzaufbruch ein Aufwachen wird, ein Aufstehen und ein Aufstand?

Vor allem muss sich die Planung (Raumplanung, Landschaftsplanung etc.) herausgefordert fühlen und den Wiederaufbau naturverträglich gestalten. Die kommunale Bauleitplanung muss angemessen und nachhaltig auf den Klimawandel reagieren. Am Beispiel der Ortschaft Schuld (LK Ahrweiler), „die stellvertretend für alle anderen vom Hochwasser betroffenen Gemeinden" steht, (so Frau Merkel bei ihrer Ortsbesichtigung am 18. Juli), sollte man jetzt einen neuen Ort „Schuld 2021" konzipieren, der an die Starkregenereignisse und an die anderen Unwetterkatastrophen voll angepasst ist. Das heißt, die neuen Baugebiete müssen dem Risiko angepasst werden. Das Geld für einen wirklich klimaresilienten Wiederaufbau könnte aus den umstrittenen BAB-Planungen kommen, die aus sogenannten Lückenschluss-Gründen unbedingt noch gebaut werden sollen, und über die bundesweit derzeit heftig debattiert wird. Hierzu gehört auch die A 445 in Werl (NRW), die Wald und Äcker auf einer Länge von 8 km dauerhaft versiegeln würde (!). Dafür stehen 100 Mio. EURO bereit, die in der Eifel für eine Neubewertung und Neugestaltung der Entwässerung viel besser angelegt wären.

Die notwendigen Pflichten und Verbote
Großflächige Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen, Versickerungsflächen, Retetionsräume, integrale Entwässerungsplanung und Notwasserwege sind auf der Ebene der Bauleitplanung (FNP und BP) notwendig. Auf Grundstücksebene sollte der Einbau von Rückstauklappen bei der Entwässerung zur Pflicht und Stein- und Schottergärten verboten werden. Darüber hinaus müssen Dachbegrünungsmaßnahmen und bei gewerblichen Hallen sogenannte Regenauffangdächer mit Zisternen zur Pflicht werden.

Diese Art des Wiederaufbauens ist mehr als Sanierung und Reparatur der bestehenden Verhältnisse. Bauen in der Landschaft muss überall neu gedacht und ganzheitlich (naturbezogen) betrieben werden! Der Blick auf eine stabile Infrastruktur wird zukünftig immer wichtiger. Außerdem brauchen wir einen effektiven Katastrophenschutz, der an die Mitwelt denkt, die Natur berücksichtigt und mehr Umweltvorsorge sowie eine Zukunftsgestaltung, die sich an den ökologischen Grenzen des Raumes orientiert. Da mit dem Klimawandel vieles zusammenhängt und alle davon angesprochen sind, gilt die Parole: „Schuld" ist überall!

"Während wir Philosophen noch streiten, ob die Welt überhaupt existiert, geht um uns herum die Natur zugrunde."
Karl Popper, Philosoph (1902-1994)

Man könnte hier noch weitere Detail-Maßnahmen nennen. Wichtig ist jedoch der ganzheitliche Blick auf das Starkregengeschehen, das wir nur dann in den Griff bekommen, wenn wir die Art unseres Wirtschaftens und Lebens überdenken und die ökologischen Grenzen voll (und nicht nur rhetorisch) akzeptieren. Dazu gehört, dass Fluss- und Bachläufe nicht nur fachlich in administrativen Grenzen verwaltet, sondern als Ökosystem (von der Quelle bis zur Mündung) mit einem Umfeld betrachtet werden. Die departmentalisierte Verwaltungsbetrachtung muss aufhören; sie ist an ihre Grenzen gekommen – und endet mit Katastrophen: SCHULD ist überall!

Herzliche Grüße aus Hamm/Westfalen,
Edmund A. Spindler

Edmund A. Spindler hat Landwirtschaft gelernt und Raumplanung studiert. Als UVP-Experte gehört er zur Avantgarde der Nachhaltigkeit. Schon 1992 war er bei der UN-Umweltkonferenz in Rio de Janeiro dabei, als die Nachhaltigkeit politisch fixiert wurde. Als Projektleiter, Autor und Dozent ist er mit Umweltmanagementsystemen (u.a. EMAS) bestens vertraut und gilt als Vertreter der starken Nachhaltigkeit. 

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Umwelt | Klima, 12.08.2021

     
        
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