Die IAA Mobility beschreitet neue Wege

Zwischen großen Versprechungen und unerwartetem Neuzuwachs

Die permanenten Diskussionen über Schadstoffe im Verkehr, über das baldige Aus des Verbrenners und über Alternativen nachhaltiger Mobilität sind eine schwere Bürde für die IAA, die erstmals in München stattfindet. So wundert es nicht, dass man sich von einer klassischen Autoshow hin zu einer Zukunftsplattform für alle Mobilitätsthemen entwickeln will, wie der neue Name IAA Mobility bereits andeutet.
 
Mit dem i Vision Circular hat BMW einen Ausblick darauf gegeben, wie sich der Autobauer ein Kompaktauto im Jahr 2040 vorstellt. © Gerhard HeilmaierMeine Vorfreude nach der langen Corona-Pause endlich wieder eine echte Messe zu besuchen, Produkte mit allen Sinnen zu erleben und mit Menschen zu sprechen war riesig. Und so betrat ich keinen virtuellen Chatraum, sondern die reale IAA und war erst mal komplett verblüfft. In der ersten Halle waren nur Fahrräder zu sehen, insbesondere natürlich e-Bikes. Als ich dann in die nächste Halle ging, das gleiche Bild. Viele Bike-Hersteller haben traditionelle Fahrradmessen ausgelassen, um sich hier zu präsentieren. Passt ziemlich gut zu einem nachhaltigen, ganzheitlichen Ansatz für künftige Mobilität!
 
In der folgenden Halle waren zwar „coole" Autos ausgestellt, vor allem viele Oldtimer, aber nichts was das Messekonzept verdeutlicht. Danach jedoch ging es los und es gab faktisch nur ein Thema: Elektromobilität! Sowohl die Zulieferer, als auch die Autohersteller vermittelten den Eindruck, dass man sich bereits mitten in einer radikalen Transformation befindet. Digitale und nachhaltige Konzepte und Lösungen stehen im Fokus. Die Autoindustrie hat erkannt, dass sich in diesem Jahrzehnt vielleicht mehr ändern wird, als in den gesamten letzten hundert Jahren.
 
Lässt man all die Innovationen und Neuerungen auf sich wirken, beschleicht einen aber das Gefühl, dass noch ein sehr langer Weg noch vor uns liegt, insbesondere für deutsche Hersteller. Während chinesische Firmen wie Wey oder Ora gleich eine ganze Flotte von E-Autos präsentieren, findet man bei deutschen Herstellern lediglich viele Ausblicke und Studien. Mercedes kommt aber langsam aus den Startlöchern, während BMW den Elan, der vor acht Jahren mit dem i3 und i8 „Born Electric" zu spüren war, etwas verloren hat. Zwischen einem BMW „2002 Elektro" von 1972 und der Studie „iVision Circular", die auf das nächste Jahrzehnt verweist, steht der iX. Das elektrische Flaggschiff wirkt leider eher wie ein Dinosaurier vergangener Zeiten, als wie die Mobilität von morgen.
 
Als Fazit kann man sagen, vom Glanz vergangener Jahrzehnte ist auf der IAA Mobility nicht mehr viel zu sehen, muss es aber auch nicht… Der Start in dieser schwierigen Epidemiephase ist in einem realen und virtuellen Mix durchaus geglückt. Um eine automobile Leitmesse rund um die nachhaltige Mobilität zu werden, muss der begonnene Weg konsequent weitergegangen werden. Dazu gehören auch Übergangstechnologien, engere Vernetzung verschiedener Mobilitätsformen und mehr Transparenz in digitalen Leistungen. Der Kunde und Käufer muss nicht in allem was er tut unterstützt und entlastet werden. Eine Diskussion, was sinnvoll, hilfreich und gewünscht ist, muss stattfinden. Der Ansatz, sich nicht nur in 11.000 qm Messegelände einzukapseln, sondern mit zusätzlichen OpenSpaces in der Münchner Innenstadt präsent zu sein, weist in die richtige Richtung.
 
Gerhard Heilmaier von Agenova GmbH ist Manager im Bereich Automotive und seit 20 Jahren Vordenker für nachhaltige Mobilität.

Technik | Mobilität & Transport, 08.09.2021

     
        
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