Fragen, suchen, Klima schützen

Der Wechsel zur nachhaltigen Suchmaschine

Allein in Deutschland werden täglich so viele Suchanfragen bei Google gestellt, wie Menschen in der Bundesrepublik leben – circa 80 Millionen. Die Anfragen kommen von Personen, die privat und auch beruflich schnelle Informationen benötigen. Wer statt zu googeln zu einer alternativen Suchmaschine wechselt, betreibt nicht nur Umweltschutz, sondern legt ein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit ab.
 
© Rawpixel Ltd.
Mit einem Marktanteil von über 90 Prozent ist Google der Platzhirsch unter den Suchmaschinen. Die monopolartige Stellung ist vielen Menschen ein Dorn im Auge. Zum Glück gibt es alternative Suchmaschinen, denen Datenschutz und Nachhaltigkeit mehr wert ist als dem amerikanischen Riesen- konzern. Diese Suchmaschinen gewinnen ihre Nutzer mit dem Wertversprechen, dass ihre Daten sicher sind und die Einnahmen mehrheitlich einem guten Zweck zukommen.

Bing versus Google, Privatsphäre versus Tracking
Es gibt genau zwei hochkomplexe Suchalgorithmen – Google und Bing. Auch wenn Bing, angeboten von Microsoft, im Praxistest gut abschneidet und im Kern neun von zehn Suchanfragen gleichwertig sind, ist Google für die meisten Nutzer komfortabler. Denn Google bietet eine enge Verzahnung mit den hauseigenen Diensten – Maps, Musik, Android, Cloud, Mails, Kalender, Kontakte, Notizen und und und... Und genau hier entsteht das Problem: Denn niemand verfügt über so viele Datenpunkte wie Google mit seiner Vielzahl an Diensten.

Google trackt, sammelt und verkauft diese Daten. Denn die Produkte für Google sind nicht die Werbeanzeigen, sondern die Menschen und deren Daten. Microsoft Bing hingegen unterstützt den Trend zur datenschutzfreundlichen Suche und setzt aktuell das „Private Search”-Programm auf. Damit will Bing garantieren, dass Daten nicht getrackt oder gespeichert werden. Der einzige Eingriff ist das Herausfiltern von Bots und Spam, was verhindert, dass Werbekunden Geld für irrelevante Suchanfragen ausgeben. Doch was ist mit den alternativen Suchmaschinen, wie etwa Ecosia, die von immer mehr Menschen genutzt werden? Denn trotz eines Wechsels zu diesen bleibt die Entscheidung im Grunde eine zwischen Google und Bing. Warum? Ganz einfach, denn gleich ob Ecosia, Gexsi, Lilo oder sogar Yahoo: Von den (alternativen) Suchmaschinen greifen alle (außer Startpage, die Google nutzen) in Form von „White Label”-Partnerschaften auf den Bing-Algorithmus zurück. Microsoft selbst bekommt bei diesen Kooperationen für die Bereitstellung der Technoogie den kleineren Teil. So bleibt genug für ihre Partner, die ihre Einnahmen mehrheitlich einem guten Zweck zuführen. Was für die alternativen Suchmaschinen Geld für „Impact" ist, sind aus Sicht von Bing Vertriebsprovisionen. Quasi Win-Win. In Sachen Datenschutz gehen die „kleinen" Anbieter, die den Bing-Algorithmus nutzen, oft noch einen Schritt weiter, denn sie speichern keine Daten und geben Bing nur die nötigsten Informationen.

Vom Datenschutz zum Umweltschutz
DuckDuckGo, Qwant, Startpage und Metager sind Suchmaschinen, die besonderen Wert auf den Datenschutz legen und so wenig Nutzerinformationen wie möglich an ihren Algorithmuslieferanten Bing weiterleiten. In den letzten Jahren entstanden jedoch alternative Suchmaschinen, die den Fokus vermehrt auch auf den Schutz der Umwelt richten. Mit Abstand die bekannteste ist Ecosia. Die Suchmaschine nutzt ihre Provisionseinnahmen und pflanzt damit Bäume (forum berichtete). Im Gespräch mit forum erzählt Gexsi Gründer und Geschäftsführer Dr. Andreas Renner, was Gexsi von Ecosia unterscheidet

Mehr als 130 Millionen Bäume konnten, laut Zähler auf der Website, durch die Werbeeinnahmen beziehungsweise die Clicks der Ecosia-Nutzer gepflanzt werden. Eine Suchmaschine, die statt Bäume zu pflanzen mit jeder Suchanfrage Plastikflaschen zählt und aus dem Meer fischt, ist ein Newcomer am Markt: Ocean Hero. Doch auch die beiden Giganten und Algorithmuslieferanten engagieren sich nun auch für das Klima: Die Datenzentren von Bing sind bereits seit Jahren CO2-neutral. Das will Google in Zukunft sogar noch übertreffen und durch den Aufbau von Kapazitäten im Bereich erneuerbarer Energien bis 2030 alle CO2-Emissionen rückwirkend seit Gründung des Unternehmens 1998 ausgleichen. Microsoft will hier wiederum mit dem gesamten Konzern nachziehen (forum berichtete).
 
Mit den Erlösen Gutes tun
Andere Suchmaschinen nutzen ihre Provisionseinnahmen für soziale Zwecke. Eine davon ist Gexsi, die seit 2018 gezielt immer wieder neue Social-Entrepreneurship-Projekte unterstützt und damit einen wichtigen Beitrag zu den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen leistet. So etwa glassic, ein studentisches Start-up aus München, das die Idee umweltreundlicher Mehrwegflaschen in Thailand etabliert, oder die Initiative Tausche Bildung für Wohnen, die auf unkonventionelle Weise Bildungspatenschaften für Kinder organisiert. Suchmaschinen mit einem ähnlichen Ansatz gibt es auch in Frankreich: Bei Lilo und YouCare können die Nutzer sogar selber auswählen, welche Organisation beziehungsweise welchen sozialen Zweck sie unterstützten möchten. In Dänemark wiederum heißt das soziale Pendant übrigens Givero.

Geld für Projekte – Image für Unternehmen
Die Suchmaschine Gexsi berücksichtigt, in welcher Region sich ihre Nutzer aufhalten und unterstützt bevorzugt innovative soziale Projekte vor Ort, wie etwa das Projekt „Tausche Bildung für Wohnen
Die alternativen Suchmaschinen zielen vor allem auch auf Firmen als Nutzer, denn sie bieten Lösungen im Bereich Datenschutz und Imagegewinn durch gesellschaftliches Engagement. Gexsi setzt zusätzlich auf eine glaubwürdige Governance-Struktur. Die Firmenanteile hält die gemeinnützige Good Impact Foundation in Berlin, und Partnerschaften wie etwa mit dem WWF zeigen das gesellschaftliche Engagement.

So hat Gexsi im Frühjahr 2020 zum Beispiel die Panda-Suche gelauncht, die bei Suchanfragen Geld für die Projekte der Umweltschutzorganisation generiert. Auch Gexsi profitiert davon, denn über die Bekanntheit der NGOs erreicht die soziale Suchmaschine neue Zielgruppen. Suchmaschinen wie Gexsi, Ecosia oder die dänische Givero bieten Unternehmen zusätzlich an, die über ihre Mitarbeiter*innen generierten Einnahmen zu messen. So wird aus der täglichen Suche im Netz ein starkes CSR-Tool, für das Unternehmen und die Angestellten sehen, welch gute Taten sie durch ihre Suchanfragen im Netz vollbringen.

Die Alternativen zu Google bringen somit zwei große Vorteile mit sich: Daten- und Umweltschutz. Die gegenwärtigen Marktanteile zeigen jedoch, dass hier noch viel Luft nach oben ist. Bleibt zu hoffen, dass das Angebot an alternativen Suchmaschinen zukünftig massiv wachsen wird und auch die Netzsuche einen nachhaltigen Wandel erlebt.

Von Lennart Zech
 
Suchmaschinen als CSR-Tool
Wenn ein Unternehmen auf alternative Suchmaschinen umsteigen will, gibt es einige Aspekte zu beachten. Folgende Fragen sollten sich Unternehmen stellen, damit der Wechsel zielführend gestaltet werden kann:
  • Interne Prozesse: Wer sind die Treiber, um einen Wechsel der Suchmaschine anzustoßen (IT, HR, CSR, Management, Betriebsrat)?
  • IT-Vorgaben / Daten- und Privatsphärenschutz: Welche Vorgaben seitens der IT sind zu beachten (IT-Umgebung, Firmennetzwerke und Datenschutz)? Spricht mehr für eine zentrale Installation über die IT oder eine Kampagne, die für einen freiwilligen Wechsel bei den Angestellten wirbt?
  • Impact Dimension: Stehen die Angestellten hinter dem "Good Cause” der jeweiligen Suchmaschine? Betrifft dieser die Themenwelten der Firma und ihrer Angestellten (CSR / Sustainability Schwerpunkte / regionaler Bezug / Datensicherheit)?
  • Governance: Wie glaubwürdig ist der Suchmaschinenanbieter? Steht die Suchmaschine für einen guten Zweck oder steckt ein profitorientiertes Unternehmen dahinter?
  • Angebote für Unternehmen: Welche Partnerschaftsmodelle gibt es? Gibt es Möglichkeiten, aktiv teilzuhaben (z.B. Projekte mit auszuwählen)? Kann ich den Beitrag des Unternehmens messen und im Nachhaltigkeitsbericht ausweisen?

Technik | Digitalisierung, 01.09.2021
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