Bauen mit Laubholz
Wald und Klima profitieren von neuartigen Holzprodukten
Durch die Trockenheit der letzten drei Jahre ist die Fichte in Mitteleuropa vielerorts abgestorben. Dies ist nicht nur für die Menschen, denen Wald gehört, verheerend, sondern langfristig auch für den klimaschonenden Holzbau, der bisher fast ausschließlich Nadelholz einsetzt. Ein Hoffnungsschimmer sind neuartige Bauprodukte aus Laubholz, die sich langsam am Markt etablieren. Eine steigende Nachfrage nach Laubholz unterstützt gleichzeitig den Aufbau von vitalen Mischwäldern, wie die Waldschutzorganisation PEFC berichtet.
Die derzeitige Situation des Waldes könnte für Waldbesitzende und Forstleute kaum dramatischer sein. Doch auch die Zimmereien und Holzbauunternehmen bangen um ihre Zukunft, ist es doch vor allem das Nadelholz, das seit 2018 großflächig abstirbt. Und damit genau jene Hölzer, die mit über 90 Prozent den Großteil des Bauholzes ausmachen. Da Nadelholz aufgrund seiner gleichmäßigen Tragfähigkeit für den Holzbau aktuell unverzichtbar und der Einsatz von Holz aus Klimaschutzgründen besonders wichtig ist, ergibt sich eine Zwickmühle, wenn die Nadelbäume hierzulande zurückgehen.
War 2017 noch ein Drittel der deutschen Waldflächen mit Fichten bestockt, so gehen Forstexperten davon aus, dass in zehn Jahren so gut wie keine Fichtenbestände mehr im Flachland und Mittelgebirge existieren werden. Nicht viel besser steht es um die Kiefer, die als zweithäufigster Nadelbaum Deutschlands 21 Prozent der Waldflächen bedeckt. Sie kommt vor allem in den östlichen Bundesländern vor, wo die Dürre der letzten drei Jahre besonders trockene Böden hinterlassen hat.
Den Umbau der Wälder treiben Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Mitteleuropa nicht erst ab heute voran. Bereits 1999, als der Orkan Lothar bis dahin nicht gekannte Schäden an den Wäldern verursachte, formulierten viele das Ziel, robuste Mischwälder aus Laub- und Nadelbäumen zu schaffen. PEFC Deutschland e.V. – im Lothar-Jahr gegründet – nahm dieses Ziel in seinen Standard für nachhaltige Waldbewirtschaftung auf und wird klimastabile Mischwälder auch in Zukunft fordern und damit fördern.
Ohne Nadelholz kein Bauholz?
Wenn aus Sicht vieler Fachleute der Großteil unseres Nadelholzes als Bauholz künftig wegfallen wird, dann liegt die Frage nahe, ob eine Alternative innerhalb der Laubholzarten zur Konstruktion nachhaltiger Gebäude gefunden werden kann. Immerhin bestehen derzeit etwa 40 Prozent des deutschen Waldes aus Laubhölzern, insbesondere aus Buche (17 %) und Eiche (10 %).
Die Holzforschung arbeitet seit den 1960er Jahren daran, Bauprodukte aus Laubholz zu entwickeln. Umso erstaunlicher ist es, dass erst seit 2004 die Holzarten Eiche und Buche als Bauschnittholz bzw. als tragende Bauteile eingesetzt werden dürfen, während Esche, Ahorn und Pappel seit 2008 von der deutschen Bauaufsicht freigegeben sind.
Dies liegt vor allem daran, dass die Festigkeitseigenschaften von Nadelhölzern deutlich homogener sind als die von Laubhölzern, deren Tragkraft von Balken zu Balken sehr unterschiedlich sein kann. Aus diesem Grund wurde ein so genanntes Brettschichtholz aus Buche entwickelt, bei dem viele Bretter miteinander geleimt werden, bis ein größerer Balken bzw. Dachträger entsteht. Dieses Leimholz ist von seinen statischen Eigenschaften deutlich homogener und in dieser Hinsicht mit einem Nadelholz vergleichbar. Doch jetzt kommen die hohen Festigkeiten des Laubholzes im wahrsten Sinne des Wortes zum Tragen: Brettschichtholz aus Buche kann etwa doppelt so tragfähig sein wie ein entsprechender Träger aus Fichte.
Geleimtes Laubholz als zukunftsträchtige Lösung
Noch tragfähiger wird die Buche, wenn sie nicht in Bretter, sondern in dünne Furniere geschnitten wird, bevor diese wieder verleimt werden. Das dabei entstehende Buchen-Furnierschichtholz ist etwa dreimal so tragfähig wie ein vergleichbarer Träger aus verleimten Fichtenbrettern – und damit für die Bauingenieure hochinteressant, da damit sogar Stahlträger ersetzt werden können.
Entsprechend ist Furnierschichtholz aus Buche derzeit auf dem Vormarsch und bereits in vielen Bauprojekten zu finden, vor allem als Tragwerk von Gewerbehallen, aber auch innerhalb mehrgeschossiger Wohnbauten. Als Beispiel sei eine 2019 errichtete Produktionshalle für ein Schraubenwerk im baden-württembergischen Waldenburg genannt (s. Foto). Für die geplante Abmessung von 97 auf 114 Meter, die aus Gründen der Produktionsflexibilität weitgehend stützenfrei sein sollte, schieden klassische Holzbaustoffe wie Nadelholz oder gängige Brettschichthölzer aus. Die Wahl fiel auf Buchen-Furnierschichtholz, das auf Grund seines hohen Tragverhaltens eine vergleichbare, aber deutlich klimaschädlichere Stahlkonstruktion ersetzen konnte.
Dirk Teegelbekkers, Geschäftsführer von PEFC Deutschland e.V. meint: „Noch sind Bauteile aus Laubholz ein Nischenprodukt, doch werden sich die holverarbeitenden Betriebe und Bauingenieure höchstwahrscheinlich bald umstellen müssen. Im Gegensatz zu Stahl und Beton, die bei ihrer Herstellung große Mengen an CO2 ausstoßen, hilft die Verwendung von kohlenstoffbindendem Bauholz darüber hinaus dem Klima – angesichts der Dringlichkeit, den Klimawandel zu verlangsamen, ist Holz die beste Option."
PEFC ist
die größte Institution zur Sicherstellung nachhaltiger
Waldbewirtschaftung durch ein unabhängiges Zertifizierungssystem. Holz
und Holzprodukte mit dem PEFC-Siegel stammen nachweislich aus
ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger Forstwirtschaft. PEFC
Deutschland e.V. wurde 1999 gegründet und entwickelt die Standards und
Verfahren der Zertifizierung, stellt der Öffentlichkeit Informationen
bereit und vergibt die Rechte am PEFC-Logo in Deutschland. PEFC ist in
Deutschland das bedeutendste Waldzertifizierungssystem: Mit über acht
Millionen Hektar zertifizierter Waldfläche sind bereits rund drei
Viertel der deutschen Wälder PEFC-zertifiziert.
Quelle: PEFC Deutschland e. V.
Technik | Green Building, 10.11.2021
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