Erste globale Klimarisikokarte für den Wald

Studie: Wald in Zentral- und Westeuropa hohem Klimarisiko ausgesetzt

Der Klimawandel bringt Wälder zunehmend unter Druck. Ausgelöst durch Klimaextreme sind in Mitteleuropa in den letzten Jahren große Waldflächen abgestorben. Forschende unter Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) haben nun die erste Klimarisikokarte für die Wälder der Erde erstellt. Diese zeigt: Neben Mitteleuropa sind Wälder im Westen Nordamerikas sowie der südliche Teil des borealen Nadelwaldgürtels und der östliche Amazonas besonders gefährdet. 

Wald nach Brand © Rupert Seidl / TUMWälder werden oft als wichtiges Element in der Lösung der Klimakrise diskutiert, da sie große Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und langfristig speichern können. Sie sind jedoch auch selbst stark vom Klimawandel beeinflusst. Geänderte Klimabedingungen können die Kohlenstoffaufnahme von Wäldern abschwächen, sie können die Baumartenzusammensetzung von Wäldern verändern und zu großflächigem Absterben von Bäumen führen. 

Bisher wurden diese Klimafolgen auf Wälder separat betrachtet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jetzt in einer Studie zum ersten Mal verschiedenste Elemente zu einer globalen Klimarisikokarte für den Wald zusammengefügt. 

Erkenntnisse zum globalen Klimarisiko für den Wald 
Forscherinnen und Forscher aus sieben Institutionen aus Europa und den USA haben bisherige Erkenntnisse zum globalen Klimarisiko für den Wald kombiniert. Dabei berücksichtigten sie drei Dimensionen des Risikos: Sie schätzten zunächst das Risiko einer verminderten Kohlenstoff-Aufnahme von Wäldern mittels globaler Vegetationsmodelle ab. Dabei analysierten sie, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Kohlenstoff-Verlustes zum Ende des Jahrhunderts relativ zu heutigen Werten ist. "Das Risiko für Artenverlust wurde auf Basis von globalen Artenverteilungsmodellen abgeschätzt, welche die Verbreitung von Arten unter gegebenen Klimabedingungen errechnen", sagt Rupert Seidl, Professor für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der TUM und Co-Autor der Studie. 

Zuletzt betrachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das klimabedingte Störungsrisiko, also die Wahrscheinlichkeit für flächiges Absterben von Wäldern genauer. Dazu zogen sie Auswertungen globaler Satellitendaten der letzten Jahre heran. "Jeder dieser Ansätze hat unterschiedliche Stärken und Schwächen. Eine Kombination der unterschiedlichen Dimensionen liefert jedoch neue Einblicke in das globale Klimarisiko des Waldes", sagt Studienleiter William Anderegg von der Universität von Utah. 

Wälder in Mitteleuropa durch Klimawandel unter Druck 
Über alle analysierten Risikofaktoren hinweg zeigt sich, dass der Wald in Zentral- und Westeuropa einem hohen Klimarisiko ausgesetzt ist. "Hier ist die Wahrscheinlichkeit von klimabedingten Störungen hoch. Aktuell prägende Arten könnten verschwinden und die Kohlenstoffspeicherung könnte sich verringern. Die Analysen bestätigen die regionalen Beobachtungen der vergangenen Jahre", sagt Prof. Rupert Seidl. "Dies unterstreicht, dass unsere Wälder in Mitteleuropa zunehmend durch den Klimawandel unter Druck kommen." Andere Gebiete mit hohem Klimarisiko sind der südliche boreale Nadelwaldgürtel, zum Beispiel in Kanada und Russland, sowie trockenere Gebiete in den Tropen, beispielsweise im östlichen Amazonasgebiet. 

Entwicklung von Wäldern im Klimawandel noch unsicher 
Die Studie zeigt jedoch auch, dass bezüglich des Klimarisikos für Wälder noch große Unsicherheiten bestehen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten für jeden Risikofaktor nicht nur ein einzelnes Modell, sondern verglichen mehrere Ansätze - die Übereinstimmung zwischen diesen war jedoch oft gering. Darüber hinaus zeigten sich Divergenzen zwischen den einzelnen Risikofaktoren, was darauf hindeutet, dass die globale Entwicklung von Wäldern im Klimawandel noch unsicher ist und weiter erforscht werden muss. 

"Unsere Projektionen sind nur so gut wie die darunterliegenden Modelle", sagt Seidl. "Wir brauchen dringend bessere Daten und Experimente, um die Modelle robuster zu machen." Und Anderegg fügt hinzu: "Speziell klimabedingte Störungen und die Erholung nach Störungen müssen besser in Waldmodellen repräsentiert werden, um die Unsicherheiten in der zukünftigen Waldentwicklung zu reduzieren." 

William Anderegg, Chao Wu, Nezha Acil, Nuno Caravalhais, Thomas Pugh, Jon Sadler & Rupert Seidl: A climate risk analysis of Earth`s forests in the 21st century. In: Science. DOI: 10.1126/science.abp9723. 

Weiterführende Links und Downloads: Die Ergebnisse der Studie können als dynamische Online-Karten hier eingesehen werden.

Kontakt:  Technische Universität München | presse@tum.de | www.tum.de

Umwelt | Naturschutz, 02.09.2022

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
06
FEB
2025
Konferenz des guten Wirtschaftens 2025
Mission (Im)Possible: Wie Unternehmen das 1,5-Grad-Ziel erreichen
80737 München
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Keine Zeit für Klimaschutz?
Christoph Quarch erinnert zur COP29 daran, trotz Regierungskrise, Wirtschaftskrise, Inflation und Krieg in der Ukraine eine effiziente Klimapolitik zu verfolgen
B.A.U.M. Insights
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht.

Jetzt auf forum:

Profiküche 2025: Geräte-Innovation spart mehr als 50 Prozent Energie für Grill-Zubereitung ein

Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder:

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Niedriger Blutdruck: Wie bleibt man aktiv, ohne sich schwindlig zu fühlen?

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • circulee GmbH
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • NOW Partners Foundation
  • Kärnten Standortmarketing