Zirkulären Textilien gehört die Zukunft.

Circular Clothing - Eine Genossenschaft für Kreislauffähigkeit

Soll der Planet für zukünftige Generationen bewahrt werden, muss die Textilindustrie den Weg vom linearen zum zirkulären Ansatz einschlagen. Zwei Textilunternehmerinnen haben deshalb CIRCULAR CLOTHING ins Leben gerufen, eine Genossenschaft für Textillabels auf dem Weg zur Kreislauffähigkeit.
 
 'the Blue suit' ist der erste Use Case der CIRCULAR CLOTHING GENOSSENSCHAFT. Das Schweizer Label leistet Pionierarbeit für den Aufbau einer gemeinsam genutzten Lieferkette für kleine Terxtillabels. © the Blue suitDie Textilindustrie ist heute der zweitgrößte Umweltverschmutzer der Welt. Insbesondere der Fast-Fashion-Sektor steht am Pranger: der enorme Ressourcenverbrauch, die Ausbeutung der Menschen, die Vergiftung der Ökosysteme und die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen. Diese Probleme sind in der Modeindustrie allgegenwärtig, und sie sind sehr real. Im Interesse des Planeten muss die Art und Weise, wie Textilien entworfen, hergestellt und verwendet werden, neu gedacht werden. Damit die Modeindustrie nachhaltiger werden kann, braucht es einen zirkulären oder kreislauffähigen Ansatz.

Vom linearen zum zirkulären Ansatz
In der Theorie ist der Weg vom linearen zum zirkulären Ansatz klar und es gibt gute Beispiele von großen Textillabels, die bereits auf dem anspruchsvollen Weg der Kreislaufwirtschaft sind. Was bedeutet dieser Schritt aber für kleine Labels? Entweder sind Abnahmemengen und Preise zu hoch, oder die gewünschten gesunden Materialien, welche für den biologischen Kreislauf nach dem Cradle to Cradle-Modell geeignet sind, sind noch nicht erhältlich.

Karen Rauschenbach und Yvonne Vermeulen, die Gründerinnen des Schweizer Modelabels „the Blue suit", wissen aus erster Hand, wie schwierig es ist, in Europa nachhaltige Mode in hoher Qualität und kleinen Mengen zu produzieren. Obwohl sie von Anfang an auf organische Materialien, langlebige Produkte und ethische Arbeitsbedingungen setzten, wollten sie aus dem „take, make, waste"-Zyklus der linearen Wirtschaft ausbrechen. Angesichts der enormen Herausforderungen, die der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Textilien mit sich bringt, erkannten sie: Ein Textil-Label allein wird nicht ausreichen, um das System zu ändern. Basierend auf dem Standard des Cradle to Cradle-Designs beschlossen sie, Circular Clothing ins Leben zu rufen mit dem Ziel, das Modell zum Branchenstandard zu machen. Mit diesem Modell wird der Fokus auf den gesamten Produktlebenszyklus gerichtet, d.h. nicht nur bis zum Verkaufsabschluss mit den Kund*innen, sondern über die Nutzung bis hin zur Wiederverwendung, Reparatur, zum Recycling und zur Kompostierung.
 
Kooperation – der Schlüssel zum Erfolg
Circular Clothing will eine Kollaborationsplattform für kleine Textillabels schaffen und ihnen damit den Zugang zu einer gemeinsamen Cradle to Cradle-Lieferkette und -Zertifizierung ermöglichen. Das ist anspruchsvoll und mit großem Aufwand verbunden. „Einerseits versuchen wir, bestehende Lieferanten zu überzeugen, ihre Produktion auf den Cradle to Cradle-Standard umzustellen, andererseits gehen wir auf Lieferanten zu, die bereits Cradle to Cradle Certified-Materialien oder -Ausrüstungen anbieten", erklärt Yvonne Vermeulen.

„Kein Label kann alleine zirkulär werden, aber viele Labels gemeinsam können es schaffen.”
Karen Rauschenbach, Mit-Initiantin von CIRCULAR CLOTHING
 
Den Initiantinnen ist es bereits 2020 gelungen, den Migros-Pionierfonds von der gesellschaftlichen Relevanz einer Kollaborationsplattform zu überzeugen. Mit dem Ziel, anderen kleinen Labels den Weg zur Kreislaufwirtschaft zu ebnen unterstützt der Pionierfonds das Projekt mit Coaching- und Fördergeldern. „Die Modeindustrie ist weit von einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen entfernt. Circular Clothing beschleunigt den Wandel hin zu einem zirkulären Ansatz und unterstützt kleine Modelabels dabei, kreislauffähig zu werden", sagt Isabel Knobel, Projektleiterin beim Migros-Pionierfonds.

Vom Pionierprojekt zur Genossenschaft
Schon zum Start der Plattform im September 2021 führte das Projektteam intensive Gespräche mit einzelnen Labels, um deren Erwartungen und Bedürfnisse in Erfahrung zu bringen. Seit März 2022 bündelt Circular Clothing nun als Genossenschaft die Interessen ihrer bislang 10 Mitglieder. Mit „the Blue suit" hat die Vereinigung einen ersten, praxisnahen Use Case, der den Weg zur kreislauffähigen Kleidung aufzeigen soll. Die Mission ist klar: den Paradigmenwechsel in der Textilindustrie zu mehr sozialer und ökologischer Verantwortung beschleunigen. Das Ziel ist, bereits ab Herbst 2022 weitere Use Cases zu präsentieren, denn die Förderung von innovativen Projekten wird als eine Kernaufgabe gesehen. 
 

Von Sylvie Merlo

Umwelt | Ressourcen, 01.08.2022
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2022 mit dem Schwerpunkt: Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft - Ist die Party vorbei? erschienen.
     
        
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