Saubere Luft für Koblenz

Wie die Stadt Koblenz mit Hilfe vernetzter Daten die Verkehrsbelastung im Herzen der Innenstadt verringern will.

Auf der Suche nach Möglichkeiten, die Luftqualität in der City zu verbessern, setzen die Stadt Koblenz und die Energieversorgung Mittelrhein (evm) auf Digitalisierung. 

Straße im Stresstest: Die Löhrstraße in der Koblenz City wird zum Reallabor. Hier wird erprobt, wie digitale Anwendungen zur Luftreinhaltung beitragen können. © evm/Dominik KetzDicke Luft in deutschen Innenstädten. Einer der Hauptverursacher dafür ist nach wie vor der Autoverkehr. Auch in Koblenz am Rhein. Rund ein Viertel des Verkehrs in deren City wird dabei von Parkplatzsuchenden verursacht. Eine Anfrage der evm vor drei Jahren kam der Stadtverwaltung gerade recht: Der Energieversorger schlug vor, bei einem Pilotprojekt des Stadtwerke-Netzwerkes Thüga, zu dem die evm gehört, den Einsatz digitaler Technik vor Ort zu testen – um herauszufinden, wie durch digitale Anwendungen die Umweltqualität zu verbessern ist. Der Test war erfolgreich.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Stadt und des Energieversorgers wurde gegründet und ein Projektdesign entwickelt. Man fasste neben einer intelligenten Parkraumsteuerung weitere smarte Anwendungsmöglichkeiten, wie die Routenoptimierung städtischer Fahrzeuge ins Auge – ebenfalls mit dem Ziel, durch weniger Verkehr die Luftbelastung zu reduzieren.

„Weniger Verkehr, weniger Abgase sowie Lärm und mithin mehr Umwelt- und Lebensqualität", umreißt Christian Schröder, Bereichsleiter Marktmanagement und Innovation, das Smart-City-Projekt. Es wird von der Thüga-Gruppe und vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr finanziert und soll zeigen, wie sich Klimaschutz mit innovativen und digitalen Lösungen in Städten umsetzen lässt.

„Geburt" einer Klimastraße
So wurde die Löhrstraße in der Koblenzer Innenstadt als geeignet identifiziert. Die Macher des Projekts gaben ihr den Namen „Klimastraße", der fortan zum Markennamen wurde: eine Einbahnstraße mit Geschäften, Restaurants, einem Kino, aber auch vielen Wohnungen zu beiden Seiten. Für Koblenzer und Auswärtige eine attraktive Meile, die zum Einkaufen, Kneipen- oder Kinobesuch oder auch nur zum Bummeln einlädt.

Parkplätze waren (und sind hier immer noch) Mangelware. Autofahrer kurvten mehrfach um den Block, um geeignete Abstellmöglichkeit für ihre Fahrzeuge zu finden. Weniger Rücksichtsvolle stoppten sogar auf der Straße, um mal eben beim Bäcker hineinzuspringen, was auf der engen Straße nicht selten zu Staus führte. Das nervte nicht nur Autofahrer und Anwohner. Abgase und Lärm wurden zur Belastung für Umwelt und Menschen.

Sensoren geben Auskunft in Echtzeit
Intelligenz im Straßenpflaster: Bodensensoren geben in Echtzeit Auskunft über besetzte und freie Parkplätze. © Sascha Ditscher/evm Im Sommer 2020 wurden Parkplätze in einem Teilstück der Löhrstraße mit intelligenten Bodensensoren ausgestattet. „Die geben in Echtzeit Auskunft über besetzte und freie Parkplätze. Im zweiten Teilabschnitt sind Overhead-Sensoren an Straßenlaternen angebracht worden und können bis zu 100 Parkplätze ebenfalls in Echtzeit in der näheren Umgebung erfassen", berichtet Nico Pinger, Abteilungsleiter bei der Koblenzer Wirtschaftsförderung und Projektleiter auf städtischer Seite. Per anonymisierter Bildanalyse erkennen die Sensoren die Belegung einzelner Parkplätze. Digitale Anzeigetafeln an den Kreuzungen zeigen Autofahrern auf Basis dieser gesammelten Informationen, wie viele Parkplätze noch frei sind. „Der Datenschutz ist hierbei vollständig gewährleistet, denn die Sensoren zeichnen weder Videos noch Fotos auf, sondern geben nur Informationen nach dem Muster ,belegt‘ und ,nicht belegt‘ weiter", ergänzt Christian Schröder.

Neben dem Smart Parking werden innerhalb des Projektes noch weitere intelligente Anwendungen zur Luftreinhaltung ausprobiert. Verschiedene Papiercontainer im Stadtgebiet sind mit Füllstandssensoren ausgestattet worden, die anzeigen, wann ein Behälter voll ist. „Die Idee dahinter ist, dass die Stadtreinigung die Behälter nur dann anfährt, wenn diese wirklich voll sind und geleert werden müssen", erklärt Pinger.

Messen und melden
Overhead-Sensoren überwachen die Parkräume und melden, ob Parkplätze frei oder besetzt sind. © Dominik Ketz/evm Ähnlich ist es mit den öffentlichen Blumenkästen in der Klimastraße: Mit Sensoren ausgestattet, messen sie die Bodenfeuchte und melden, wenn die Erde trocken ist. So können die Fahrten der Gärtner zur Bewässerung optimal angepasst werden.

Die Basis für den Einsatz dieser Smart-City-Techniken hatten die Energienetze Mittelrhein zuvor geschaffen. Die Netzgesellschaft der evm installierte dazu ein „Long Range Wide Area Network". Dabei handelt es sich um ein Netzwerk, in dem Daten über hohe Reichweiten übertragen werden können und das sich über einen großen geografischen Bereich erstreckt.

„Alle gesammelten Daten von der Parkplatzbelegung bis zur Emissionsmessung werden uns nach Projektende im Februar 2023 helfen, den Projektverlauf und die Ergebnisse zu bewerten und Schlüsse zu ziehen", sagt Bereichsleiter Schröder. Ein erwünschtes Ziel scheint sich allerdings schon abzuzeichnen: Die in der Klimastraße installierten Emissionssensoren registrierten zuletzt weniger Schadstoffe und damit eine verbesserte Luftqualität.

Alles ist möglich – aber ist es auch sinnvoll?
Fest steht: Ein Zurück wird es nicht geben. Christian Schröder sieht einen hohen Erkenntnisgewinn: „Wir haben im Laufe des Projekts sehr viele positive Erfahrungen machen und sammeln können, die wir auch als Anbieter von Smart City-Technologien andernorts einsetzen können." Aber auch die Erkenntnis, dass es mit dem Erfolg von Technologien immer auch Handlungsänderungen der beteiligten Menschen einhergehen müssen.

Deshalb müssten die Beteiligten möglichst frühzeitig in den Projektprozess eingebunden werden, ist Nico Pinger überzeugt. „Durch eine bürgerorientierte Digitalisierung wird es für die Mitarbeitenden in der Verwaltung einfacher, eine zukunftsfähige ressourcenschonende Stadtentwicklung zu forcieren".
Die kommunalen Entscheider haben damit ein weiteres Instrument, um die Lebensqualität der Menschen im urbanen Raum zu verbessern.

Kontakt: Wirtschaftsförderung Stadt Koblenz, Nico Pinger | nico.pinger@stadt.koblenz.de
Energieversorgung Mittelrhein (evm), Christian Schröder | Christian.Schroeder@evm.de

Quelle: Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH

Technik | Digitalisierung, 18.02.2023

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
06
FEB
2025
Konferenz des guten Wirtschaftens 2025
Mission (Im)Possible: Wie Unternehmen das 1,5-Grad-Ziel erreichen
80737 München
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Megatrends

Deutsche (Männer) lesen immer weniger
Christoph Quarch wünscht sich eine Kampagne von Buchhandel und Politik, um Leser zurückzugewinnen
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Profiküche 2025: Geräte-Innovation spart mehr als 50 Prozent Energie für Grill-Zubereitung ein

Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder:

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Niedriger Blutdruck: Wie bleibt man aktiv, ohne sich schwindlig zu fühlen?

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Kärnten Standortmarketing
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • Engagement Global gGmbH
  • NOW Partners Foundation
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • circulee GmbH