BIOFACH 2025

Insektensterben auch im Wald

Studie zeigt dramatischen Artenrückgang

Der Wald ist durch seine Bedeutung für das Klima und durch die allgegenwärtigen Waldschäden infolge der heißen und trockenen Sommer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Neben dem Menschen sind auch viele Tierarten auf das Ökosystem Wald angewiesen, die meisten von ihnen sind Insekten. Insekten werden im Wald oft nur als Schädlinge beachtet, wie beispielsweise die Berichterstattung über Borkenkäfer oder Maikäfer zeigt, dabei sind alle Arten für das natürliche Geleichgewicht sehr wichtig. Während zeitliche Veränderungen in den Populationen potentieller Schadinsekten gut untersucht sind, weiß man wenig über den Zustand und die Entwicklung der vielen anderen faszinierenden Insektenarten in Wäldern.
 
Waldameisen tragen zur Verbreitung von Pflanzensamen bei. © fotoblend, pixabay.comDer Wald ist durch seine Bedeutung für das Klima und durch die allgegenwärtigen Waldschäden infolge der heißen und trockenen Sommer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Neben dem Menschen sind auch viele Tierarten auf das Ökosystem Wald angewiesen, die meisten von ihnen sind Insekten. Insekten werden im Wald oft nur als Schädlinge beachtet, wie beispielsweise die Berichterstattung über Borkenkäfer oder Maikäfer zeigt, dabei sind alle Arten für das natürliche Geleichgewicht sehr wichtig. Während zeitliche Veränderungen in den Populationen potentieller Schadinsekten gut untersucht sind, weiß man wenig über den Zustand und die Entwicklung der vielen anderen faszinierenden Insektenarten in Wäldern.
 
Eine neue Studie unter der Leitung von Forschenden der Technischen Universitäten Darmstadt und München in Zusammenarbeit mit weiteren Forschenden zeigt nun, wie sich die Populationen von 1.805 Insektenarten von 2008 bis 2017 in deutschen Wäldern entwickelt haben. Zur Überraschung der Forschenden ist die Individuenzahl bei der Mehrzahl der ausgewerteten Arten über die Zeit zurückgegangen.
 
Dies verwundert vor allem im Vergleich zu landwirtschaftlich geprägten Flächen, bei denen sich die Art der Landnutzung über die Zeit verändert und durch Faktoren wie wirksamere Pestizide, den Wegfall von Randstrukturen oder den vermehrten Anbau von Energiemais intensiviert hat. Störungen dieser Art spielen im Wald keine Rolle. Dennoch lässt sich ein deutlicher Artenrückgang nachweisen. Dabei waren größere und häufigere Arten besonders stark rückläufig. Während bei pflanzenfressenden Insekten etwas mehr Arten zu- als abnahmen, gingen bei allen anderen Ernährungstypen wie Räubern oder Totholz-Zersetzern deutlich mehr Arten zurück.
 
Auswirkungen auf alle Organismen im Wald
Die neue Studie wurde im Rahmen der "Biodiversitäts Exploratorien", einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) seit 2006 gefördertem interdisziplinärem Infrastruktur-Schwerpunktprogramm, in drei Regionen durchgeführt: im Nationalpark Hainich, im UNESCO Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und im UNESCO Biosphärenreservat Schwäbische Alb. Der Rückgang war stärker in Wäldern mit einem hohen Anteil an Nadelbäumen wie etwa Fichten und Kiefern, die in den Untersuchungsgebieten natürlicherweise nur selten vorkommen, sondern angepflanzt sind. In heimischen Buchenwäldern waren die Verluste dagegen geringer. Weiterhin waren in geschützten Wäldern ohne forstliche Nutzung die Rückgänge weniger stark als in intensiv bewirtschafteten Wäldern.
 
Mit dieser bisher umfangreichsten Studie zum Insektensterben in mitteleuropäischen Wäldern zeigen die Autorinnen und Autoren, dass Insekten nicht nur - wie schon zuvor nachgewiesen - in der Agrarlandschaft rückläufig sind, sondern auch im Wald, welcher in Deutschland fast ein Drittel der Landfläche bedeckt.
 
"Über 60 Prozent der untersuchten Insektenarten waren rückläufig", sagt Dr. Michael Staab von der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke des Fachbereichs Biologie der TU Darmstadt und Hauptautor der Studie. "Dies wird sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf alle Organismen in unseren Wäldern haben, da sich Nahrungsnetze zu verschieben drohen." In Anbetracht des Klimawandels ist es in Zukunft notwendig zu untersuchen, wie sich die zunehmende Trockenheit und die damit einhergehende Veränderung der heimischen Wälder auf die Entwicklung von Insektenpopulationen auswirkt.
 
Professor Nico Blüthgen, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke, ergänzt: "Unsere Wälder sind durch die Klimakrise gerade dabei, sich drastisch zu verändern. Wir versuchen derzeit zu verstehen, wie sich dies auf die Insektenpopulation auswirkt." Die Ergebnisse der jetzt im renommierten Fachmagazin "Communications Biology" veröffentlichten Studie legen nahe, dass eine gezielte Bewirtschaftung, einschließlich der Förderung einer natürlicheren Baumartenzusammensetzung und eines reduzierten Holzeinschlags, dazu beitragen kann, das Insektensterben in unseren Wäldern abzuschwächen.
 
 
Die Veröffentlichung
Michael Staab, Martin M. Gossner, Nadja K. Simons, Rafael Achury, Didem Ambarl?, Soyeon Bae, Peter Schall, Wolfgang W. Weisser, Nico Blüthgen (2023): "Insect decline in forests depends on species' traits and may be mitigated by management." In: Communications Biology.
www.nature.com/articles/s42003-023-04690-9
doi.org/10.1038/s42003-023-04690-9
 
Kontakt: TU Darmstadt, Dr. Michael Staab, Fachbereich Biologie, Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke | michael.staab1@tu-darmstadt.de | www.tu-darmstadt.de

Umwelt | Biodiversität, 04.04.2023

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Der Zauber des Wandels

forum 04/2024 ist erschienen

  • Windkraft
  • Zirkuläre Produkte
  • Tax the Rich
  • Green Events
  • Petra Kelly
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
26
NOV
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!"
80336 München
28
NOV
2024
17. Deutscher Nachhaltigkeitstag
Transformation im Gegenwind - Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises
40474 Düsseldorf
10
DEZ
2024
KI-PowerWorkshop
Die besten KI-Tools für Selbständige & KMU's
online
Alle Veranstaltungen...
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Keine Zeit für Klimaschutz?
Christoph Quarch erinnert zur COP29 daran, trotz Regierungskrise, Wirtschaftskrise, Inflation und Krieg in der Ukraine eine effiziente Klimapolitik zu verfolgen
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Eindämmung der Barbarei durch Kultur

Einerseits... und andererseits

Leder – ein Material mit Zukunft?

Der Gender Pay Gap in Pizzaform:

"Real Estate Social Impact Investing Award 2024"

When less equals more: the incredible potential of efficiency

Simulation beschleunigt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung

Kompostierbare Verpackung für Vicentini Teebeutel

  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Kärnten Standortmarketing
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • circulee GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig