Cheese 2023: Agrarökologie zur Sicherung einer nachhaltigen Zukunft für die Milchwirtschaft

Von 15. bis 18. September findet im norditalienischen Bra wieder das große Slow-Food-Festival rund um Rohmilch und natürlich hergestellten Käse statt.

Cheese, die weltweit größte Veranstaltung für Rohmilch, natürlichen Käse und handwerklich hergestellte Milchprodukte kehrt von 15. bis 18. September 2023 zum 14. Mal in Folge in die piemontesische Stadt Bra zurück. Die von Slow Food und der Stadt Bra organisierte Veranstaltung bringt Hirten, Käseerzeuger und Käseliebhaber zusammen. Mit dem Thema der diesjährigen Ausgabe - Der Geschmack der Weiden - soll zum Ausdruck gebracht werden, wie wichtig Rohmilcherzeugnisse von Tieren aus Weidehaltung für nachhaltige Lebensmittelsysteme sind.

Trentingrana-Almkäse © Valerie Ganio Vecchiolino"Die Lebensmittelproduktion und insbesondere die Milchwirtschaft sind täglich mit ökologischen Herausforderungen konfrontiert, wie der Klimakrise, die zu einem stetigen Verlust der biologischen Vielfalt von Böden und Tierrassen führen, sowie mit sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen, wie der Entvölkerung der ländlichen Gebiete und der Bergregionen, der unzureichenden Unterstützung für Hirten und den Schwierigkeiten beim Generationenwechsel. Slow Food glaubt, dass Agrarökologie eine Lösung für diese Probleme bietet", kommentiert Francesco Sottile, Mitglied des Vorstands von Slow Food.

"Agrarökologie basiert auf einer nachhaltigen Nutzung von erneuerbaren lokalen Ressourcen, legt die Priorität auf lokale Bauern und ihr Know-How, nutzt die Biodiversität, um Ökosystemleistungen und Resilienz zu gewährleisten und setzt Lösungen um, die von lokaler bis globaler Ebene vielfältige Vorteile bieten. Agrarökologie prämiert lokale Erzeuger, Familienbetriebe, ländliche Gemeinschaften, Ernährungssouveränität, lokale und kurze Lebensmittellieferketten, die Vielfalt von heimischem Saatgut und heimischen Rassen. Sie stellt den Zugang aller Menschen zu gesunden, hochwertigen Lebensmitteln sicher. Darüber hinaus kann Agrarökologie wirkungsvoll auf Weideland und darauf lebenden Tieren angewendet werden. Weideland hat das Potenzial, die Tierhaltung von einem der Sektoren mit der höchsten Umweltbelastung in einen Sektor umzuwandeln, der zur Eindämmung der Klimakrise beiträgt. Der Schlüssel zur Bindung von CO?liegt im Boden, denn er kann ein Viertel der vom Menschen verursachten Emissionen aufnehmen. Diese Kapazität steigt mit größerer Bodenfruchtbarkeit und höherem Vegetationsreichtum. Deshalb sind Böden, die mit Dauerweideland bedeckt sind, für die Kohlenstoffspeicherung besser geeignet als Wälder, da sie nicht Gefahr laufen, den gesamten gespeicherten Kohlenstoff in kurzer Zeit freizusetzen, zum Beispiel durch Brände."

Internationale Gäste
Aussteller aus 14 Ländern haben bereits ihre Teilnahme bestätigt und werden auf dem internationalen Markt präsent sein. Darunter sind so bekannte Namen wie der Affineur Jasper Hill Farm aus den USA, das Slow Food Presidio für Rohmilch-Stilton aus Großbritannien, Erzeuger und Selektoren aus der Schweiz und verschiedenen anderen europäischen Ländern. Langjährige Aussteller wie Poncelet aus Spanien, Mons Fromager et Affineurs aus Frankreich und das niederländische Slow Food Presidio für handwerklich hergestellten gereiften Gouda sind ebenfalls mit von der Partie. Italien nimmt mit seinen Erzeugern aus allen Regionen einen Ehrenplatz ein, zahlreiche Vertreter haben ihre Teilnahme bereits zugesagt. Slow Food Presidi sind Erzeugergemeinschaften, die sich für den Erhalt und die Weitergabe traditioneller Produktionstechniken und Handwerkskünste einsetzen.

Lokale Rassen und Hirten
Nach Angaben der FAO gibt es derzeit 7745 lokale Rassen, von denen 26% vom Aussterben bedroht sind und über weitere 67% nur unzureichende Informationen vorliegen. Nur 7% dieser Rassen gelten als sicher. In Europa ist die Hälfte der zu Beginn des 20. Jahrhunderts existierenden Rassen bereits ausgestorben.

Lokale Rassen haben eine biologische Bindung an ihre jeweilige Region entwickelt, die im Laufe der Zeit durch Anpassung an spezifische Klima- und Umweltfaktoren verfeinert wurde. Diese Bindung schafft optimale Bedingungen für die Milch- und Käseproduktion. Dabei geht es nicht nur um den Fett- und Eiweißgehalt, sondern auch um die aromatischen Eigenschaften der Milchprodukte.

Die Verwandlung von Gras in Käse mag wie Zauberei erscheinen, ist aber ein ganz natürlicher Prozess. Die Aromen der Kräuter gehen auf die Milch über, weil sich die duftenden Pflanzenstoffe teilweise im Milchfett lösen. Das Fett dient als Aromaspeicher, so dass die Aromen in den Käse eindringen und während der Reifung und Verfeinerung nach und nach wieder freigesetzt werden.

Die Hirten stehen im Mittelpunkt der Cheese und ihre oft unterschätzte, aber unschätzbare Rolle wird gewürdigt. Durch ihre engagierte Arbeit stellen sie nicht nur außergewöhnliche Käsesorten her, sondern schützen auch ihr Land, erhalten die Almen und kümmern sich um die Tiere, die zur Artenvielfalt beitragen. Im Haus der biologischen Vielfalt können Besucher ihren Geschichten lauschen, ihre Produkte auf dem Markt probieren und an Verkostungsworkshops und Abendessen teilnehmen.

Das Slow-Food-Netzwerk der Hirten, Viehzüchter und Käser ist mit Erzeugern aus der ganzen Welt vertreten: von der Ukraine bis zur Türkei, von Rumänien bis Norwegen, von Österreich bis zu den Vereinigten Staaten. Mit ihren Käsen und Geschichten zeigen sie, wie wichtig die Zusammenarbeit für den Schutz der biologischen Vielfalt und der natürlichen Produkte ist.

Die Erzeuger
Auf dem italienischen und internationalen Markt der Cheese werden die besten Produkte von Käsern, Hirten, Käsehändlern und Affineuren aus der ganzen Welt präsentiert. Viele dieser Erzeuger gehören dem renommierten Netzwerk der Slow Food Presidi an. Die zum Verkauf angebotenen Käsesorten, ob aus Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch, werden ausschließlich aus Rohmilch und in Betrieben hergestellt, in denen das Wohl der Tiere an erster Stelle steht. Slow Food ist der Meinung, dass Naturkäse - der ohne im Labor ausgewählte Starterkulturen hergestellt wird, die massenhaft produziert und von einer Handvoll multinationaler Konzerne kontrolliert werden - eine größere biologische Vielfalt aufweist und damit ein authentischerer Ausdruck seines Herkunftsgebietes ist. Die Käser können die mikrobielle Vielfalt ihres Käses erhalten, indem sie ihre eigenen Milch- oder Molkestarter verwenden, die durch Pfropfung gewonnen werden, und so die auf ihrem Hof natürlich vorkommenden Bakterien bewahren, die eng mit ihrer Region verbunden sind und zum charakteristischen Aroma des Käses beitragen.

Dieses Engagement entspricht den Grundprinzipien von Slow Food und der langjährigen Kampagne, die die Cheese von Anfang an geprägt hat. Neben einer beeindruckenden Auswahl an Käsesorten können die Besucher auf dem Markt auch andere außergewöhnliche Produkte wie Honig, natürliche Wurstwaren, Essig und Gewürze finden.

Wie immer bietet die Cheese eine hervorragende Gelegenheit, das eigene Wissen zu erweitern, an Konferenzen und Debatten teilzunehmen und neue kulinarische Spezialitäten zu probieren. Besucher können an Geschmackserlebnissen und Verkostungen teilnehmen, die von Fachleuten und Erzeugern geleitet werden, sowie an unvergesslichen Verabredungen zum Abendessen, die von internationalen Spitzenköchen organisiert werden.
Slow Food ist ein weltweites Netzwerk lokaler Gemeinschaften, das 1989 gegründet wurde, um dem Verschwinden lokaler Esstraditionen und der Ausbreitung der Fast-Food-Kultur entgegenzuwirken. Seitdem hat sich Slow Food zu einer globalen Bewegung entwickelt, die Millionen von Menschen in mehr als 160 Ländern einbezieht und sich dafür einsetzt, dass wir alle Zugang zu guten, sauberen und fairen Lebensmitteln haben.
 

Lifestyle | Essen & Trinken, 02.07.2023

     
        
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