Hört die Signale: Aus dem dunklen Mittelalter in eine neue Renaissance

Aus dem Tagebuch des aidioten. Christoph Santner berichtet von der „AI for Good“-Konferenz der UNO in Genf

Ich freue mich riesig: Gerade lerne ich einige Humanoide Roboter kennen. Und namhafte KI-Experten aus der ganzen Welt. Denn ich bin für forum auf der „AI for Good"-Konferenz der Vereinten Nationen in Genf. Ich werde ab morgen mit einigen dieser Roboter sprechen und auch Interviews mit ihnen machen. Sie haben verschiedene Spezialgebiete. Sie sind TherapeutInnen, KünstlerInnen, PflegerInnen, RezeptionistInen, Assistentinnen in den verschiedensten Fachgebieten. Oder sie sind einfach nur eine kluge humanoide Intelligenzen, die auf alle Fragen Antworten haben. Interessant auch, dass die meisten von ihnen weibliche Gesichter haben. Damit es den hauptsächlich männlichen Technik-Enthusiasten leichter fällt, sie zu mögen?

Unser Autor und KI-Experte Christoph Santner berichtet in diesem Newsletter und im nächsten forum-Heft ausführlich über die 'AI for Good'-Konferenz in Genf. © Christoph SantnerBei der Pressekonferenz am Freitag werden als Weltpremiere mehrere Roboter am Podium sitzen und Fragen beantworten. Ja, wir werden uns schnell an diese Künstlichen Experten im Alltag gewöhnen. 

Diese UNO-Konferenz bietet einen Vorgeschmack auf das, was wir bald in allen Nationen der Welt erleben werden: Den Einzug von Künstlicher Intelligenz, von Artificials und von Humanoiden Robotern in den Alltag. So wie wir uns an Roboter-Staubsauger und -Rasenmäher gewöhnt haben, wird auch der Roboter als Arbeitskollege in vielen Bereichen alltäglich werden. Zuerst bei Routinetätigkeiten in Fabriken und Lagerhäusern. Aber auch an Rezeptionen, in Restaurants und Hotels gibt es sie ja bereits. Und diejenigen von Ihnen, die mit Sprachsystemen wie Chat-GPT ausgestattet sind, können Antworten auf alle Fragen geben.

Hier sind sie bereits allgegenwärtig, die 'Artificials' und Roboter als Support für alle möglichen Einsatzgebiete. Viele von ihnen mit Gesichtern und menschlicher Stimme. © ITU / UNOWas klar ist: durch die exponentiell wachsende Computer-Power und die Myriade von Start-ups, die AI in alle Bereiche des Lebens bringen, wird sich unsere tägliche Realität in den nächsten Jahren massivst verändern. Ich vergleiche es mit der Zeit, als sich unsere Vorfahren aus dem dunklen Mittelalter plötzlich in eine helle Renaissance hineinbewegten, die Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft massiv veränderte. Eine Re-naissance des griechischen Ideals einer Gesellschaft wurde wiedergeboren, die sich dem Wahren, Schönen und Guten verschrieb.

Ganz genau so eine Re-naissance steht jetzt an. Intelligente Maschinen ermöglichen es unserer Gesellschaft, harte Arbeit und Routinen mehr und mehr an sie zu delegieren. Klar gibt es in diesem Kontext jede Menge Herausforderungen. Ich bin ja nicht naiv. Aber für mich überwiegen die Chancen. Dass es bezüglich KI nicht wieder einmal so kommt: die Europäer machen sich Sorgen, die Amerikaner machen Profite, und die Chinesen machen den ultimativen Kontroll-Staat.

Bei 'Artificial Intelligence for Good' hilft die KI mit, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO zu erreichen. Tausende Wisschenschaftler, Unternehmen und 'Start-ups for Good' haben sich diesem Ziel verschrieben.Ist es nicht gerade die Aufgabe von uns Europäern, die Ideale der griechischen Antike wieder in Erinnerung zu rufen und diese ewig-gültigen, bereits von Plato formulierten Werte des Wahren, Schönen und Guten (Wissenschaft, Kunst / Ästhetik, Ethik) in die beginnende KI-Epoche mit einzubringen?

Es wird spannend in Genf, wenn im wahrsten Sinn des Wortes alle Vereinten Nationen über die Zukunft von KI nach- und vordenken. Hier sind sie beisammen in Genf, die Wissenschaftler, Forscher, Tech-Giganten und über 400 „AI for Good" Start-ups in Genf. Und auch Pioniere der KI wie Ben Goertzel aus dem Silicon Valley, den ich gerade traf. Er ist einer der absolut couragierten Wegbereiter der Künstlichen Intelligenz mit Dutzenden Initiativen, die er begründet hat. Unter anderem ist er CEO von SingularityNet, „the next generation of de-centralized AI". Genau solche Menschen mit Mut und unkonventionellen Ideen brauchen wir!

KI-Pionier und Vordenker Ben Goertzel aus dem Silicon Valley, © Christoph SantnerUnd à propos Initiativen im KI-Bereich: Hier treffen nun auch einige meiner MitstreiterInnen in der von mir gegründeten „AInitiative to aimprove our Future" zusammen, um gemeinsam nächste Schritte zu setzen. Die Richtung, in die wir gehen, ist klar: „AI for Good" – was denn sonst?

Christoph Santner ist langjähriger Autor, Redner und Consultant zu Innovationsthemen. Seit 2009 schreibt er auch für forum Nachhaltig Wirtschaften und wird weiterhin über aktuelle KI-Entwicklungen berichten. In der aktuellen Ausgabe auch in der Cover-Story. Er ist Gründer der AInitiative to aimprove our Future. 

Kontakt: Christoph Santner | c.santner@forum-csr.net | ainitiative.net


Technik | Digitalisierung, 04.07.2023

     
        
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