Kohlenstoff als Ressource nutzen
So werden Baumaterialien zu CO2-Senken
Der im CO2 enthaltene Kohlenstoff kann als Ressource und Baustein für innovative Produkte, beispielsweise für Bodenbeläge, dienen.
Eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit sind die CO2-Emissionen, welche die Menschheit täglich freisetzt. Durch den Kohlenstoffkreislauf reguliert und verarbeitet die Natur CO2 auf eine Weise, durch die das Gleichgewicht des Planeten erhalten bleibt. Doch die menschlichen Aktivitäten haben diese Balance durcheinandergebracht, und der Natur gelingt es nicht mehr, die enormen Mengen an CO2 in Pflanzen, Böden oder Meeren zu speichern. Die Konzentration an Treibhausgasen steigt zunehmend. Die Folge: Der Planet erwärmt sich immer weiter.
Bei Interface wollen wir mit unserer Mission Climate Take Back™ aktiv zur Umkehr der globalen Erwärmung beitragen, den CO2-Fußabdruck unserer Produkte weiter reduzieren und – nachdem wir seit 2022 von unabhängiger Stelle als klimaneutral gemäß dem anerkannten Standard PAS 2060 zertifiziert worden sind – bis 2040 als Unternehmen CO2-negativ werden. Dabei betrachten wir CO2 nicht als den Feind, sondern orientieren uns an der Natur und machen uns ihre Funktionsweise zu eigen: Wir verwenden den im CO2 enthaltenen Kohlenstoff, den festen Bestandteil von CO2, als Ressource und Baustein für unsere Produkte. So können wir CO2 in unseren Bodenbelägen binden.
Baumaterialien als CO2-Senken nutzen
Um die Möglichkeiten zu untersuchen, wie wir uns Kohlenstoff zunutze machen können, haben wir jahrelang geforscht. Ein Ergebnis sind die ersten CO2-negativen Teppichfliesen (cradle-to-gate), die wir 2021 als Branchenvorreiter auf den Markt gebracht haben. Möglich wurde dies durch die Entwicklung der Rückenkonstruktion CQuest™BioX auf der Unterseite der Teppichfliese, die besonders hohe Anteile an CO2-negativen Materialien, biobasierten Rohstoffen und recycelten Füllstoffen enthält. Wir haben bemessen, wie diese Materialien den CO2-Fußabdruck der Rückenkonstruktion beeinflussen, und unsere Ergebnisse von einem unabhängigen Institut prüfen lassen. Dies bestätigte uns, dass die eingesetzten Materialien inklusive der emissionsoptimierten Produktionsphase zu einer CO2-negativen Rückenbeschichtung führen.
Die Kombination mit deutlich geringerem Garneinsatz trotz gleicher Leistungsfähigkeit ergibt eine insgesamt CO2-negtive Teppichfliese. Ein spezielles Microtufting-Verfahren und ein neu entwickeltes Garn machen es möglich. Die CO2-negativen Kollektionen vereinen Langlebigkeit, branchenführendes Design und binden mehr Kohlenstoff, als CO2 von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis zum Verlassen des Werktors emittiert wird. Wie bei allen Teppichfliesen des Unternehmens ist auch hier das Produktdesign auf Reuse und Recycling konzipiert. Interface nimmt gebrauchte Teppichfliesen zurück, um die Kund:innen in ihrer Aufgabe der zirkulären Bauweise zu unterstützen.
Designoptionen schaffen
Um einen wirklichen Unterschied zu machen, kommt es darauf an, schon in der Planungsphase CO2-arme und CO2-negative Baumaterialien einzusetzen. Nachdem die neue Rückenkonstruktion zunächst nur Standard für wenige ausgewählte Designs war, wurde das Programm inzwischen um 34 besonders stark nachgefragte Produktlinien aus dem Standardprogramm mit 100 Prozent recyceltem Garn erweitert. Die Kund:innen können auch diese optional mit CQuest™BioX einsetzen und so mit einem CO2-negativen Bodenbelag (cradle-to-gate) CO2-Senken im Interior Design realisieren. Mit sowohl langjährig etablierten als auch neuen Kollektionen zeigen wir einen einzigartigen Mehrwert und machen deutlich, dass sich modernes und attraktives Design und Nachhaltigkeit optimal ergänzen.
Die Baubranche ist für fast 40 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und ein bedeutender Treiber des Klimawandels. Als Hersteller von Bauprodukten haben wir es zusammen mit allen Akteuren der Baubranche in der Hand, einen deutlichen Beitrag zur Verminderung des globalen CO2-Fußabdrucks zu leisten. Die Gebäude selbst werden immer energieeffizienter und nachhaltiger. Nach Studien des World Green Building Council entfällt rund die Hälfte der Emissionen über den gesamten Lebenszyklus betrachtet bereits auf den Zeitraum vor Bezug des Gebäudes. Die grauen Emissionen, also Herstellung und Transport von Materialien, Konstruktion und Abriss, werden jedoch häufig noch nicht bilanziert.
Von CO2-neutral zu CO2-negativ
Seit 1994 arbeitet Interface konsequent an der Reduzierung der CO2-Emissionen auf Produkt- und Unternehmensebene. 2018 haben wir das von Drittanbietern verifizierte Programm Carbon Neutral Floors™ gestartet, durch das alle von Interface verkauften Bodenbeläge – Teppichfliesen, LVT und nora® Kautschukböden – über ihren gesamten Produktlebenszyklus klimaneutral sind. Dafür gleichen wir bisher noch unvermeidbare Emissionen freiwillig aus und erwerben Emissionsminderungszertifikate für Klimaschutzprojekte. Mit unseren Maßnahmen wollen wir unsere Kund:innen dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Die Einführung unserer CO2-negativen Teppichfliesen und die deutliche Erweiterung des Sortiments sind für uns der konsequente nächste Schritt zu unserem Ziel, bis 2040 als Unternehmen CO2-negativ zu werden. Wir arbeiten weiter kontinuierlich an der Transformation unserer Produktionsstätten, Produkte und Lieferkette.
Bei allen Produktgruppen konnten wir bereits entscheidende Reduzierungen der CO2-Emissionen erreichen: beispielweise bei Teppichfliesen um -79 Prozent seit 1996. Lag der durchschnittliche CO2-Fußabdruck einer Teppichfliese 1996 noch bei 19,9 kg CO2 e/qm (cradle-to-gate), so konnte er bis jetzt auf durchschnittlich 4,8 kg CO2 e/qm (cradle-to-gate) reduziert werden. Die Treibhausgasemissionen in Produktionsstätten für Teppichfliesen konnten in den letzten 25 Jahren sogar um 96 Prozent verringert werden. Erfolge, die wir dank systematischer Dekarbonisierung erreicht haben. Der CO2-Fußabdruck aller Produkte mit der Rückenkonstruktion CQuest™BioX liegt je nach Kollektion zwischen -0,14 kg CO2e/qm und -1,1 kg CO2 e/qm. Für alle Produkte stehen Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declaration, EPD) zur Verfügung, die Informationen zum CO2-Fußabdruck sowie den Bestandteilen der Produkte geben. Sie sind ein wichtiges Instrument, um die Umwelteinflüsse eines Baumaterials zu beurteilen und so gewünschte Nachhaltigkeitsstandards einfacher zu erreichen.
Ruth Prinzmeier ist seit 2022 Sustainability Managerin DACH bei Interface, einem Nachhaltigkeitspionier für modulare Bodenbeläge. In dieser Aufgabenstellung unterstützt sie Architekten und Bauherren in nachhaltigen Bauvorhaben. Die Diplom-Kauffrau, Nachhaltigkeitsmanagerin und DNK-Schulungspartnerin engagiert sich bereits langjährig für nachhaltige Unternehmensentwicklung.
Quelle: B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
Umwelt | Klima, 27.08.2023
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2023 mit dem Schwerpunkt: Transport & Logistik - Logistik und Transport - Herausforderung für Klima und Umwelt erschienen.
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