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Der Vielfalts­bonus des ökologischen Landbaus

zukunftsfähig und enkeltauglich

Die Landwirtschaft ist gleichermaßen Mitverursacher wie Opfer aktueller Umweltkrisen. Klimatische Veränderungen, belastete Gewässer und der rapide Verlust von Artenvielfalt bedrohen die Stabilität unserer globalen Ernährungssysteme. Für Bodengesundheit, Pflanzenvielfalt und Tierhabitate kommt der ökologische Landbau ins Spiel – denn Öko-Landbau ist zukunftsfähig und enkeltauglich.

Beim Erhalt der Ackerwildflora kommt dem Ökolandbau eine bedeutende Rolle zu. © NABU / Thomas DröseBeim Erhalt der Ackerwildflora kommt dem Ökolandbau eine bedeutende Rolle zu. © NABU / Thomas Dröse
Auch die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft ist Zuhause für Tausende Pflanzen-, Tier- und Pilzarten. Die biologische Vielfalt der Landwirtschaft, die sogenannte Agrobiodiversität, wurde über Jahrtausende von Ackerbäuerinnen, Viehzüchtern und Gärtnerinnen kultiviert. So hat sich eine genetische Vielfalt an pflanzlichen und tierischen Organismen entwickelt, die die Grundlage unserer heutigen Ernährung bilden. Weltweit leben Menschen von regional etablierten Sorten, die sich aus einer langen Historie natürlicher Züchtung optimal an die Standortbedingungen angepasst haben.

Resilienz landwirtschaftlicher Systeme durch genetische Vielfalt
Es ist nicht abschätzbar, wie sich die Klimaveränderungen regional auswirken werden. Resilienz landwirtschaftlicher Systeme durch eine Vielfalt im Genpool verwendeter Sorten scheint plausibel und vielversprechender, als gezielte Eingriffe in Genpools zur Manipulation singulärer Eigenschaften durch gentechnische Verfahren. Darauf setzt auch die ökologische Saatgutzüchtung und damit die Bio-Brauerei Neumarkter Lammsbräu. Denn: Auf gesunden Böden können sich hochwertige Rohstoffe entwickeln, die höchsten Qualitätsanforderungen entsprechen. Doch auch der Ursprung des Korns spielt für den Anbau und eine erfolgreiche Getreideernte eine wichtige Rolle.

Um Getreidesorten zu erhalten, die an die Bedingungen des ökologischen Landbaus angepasst sind, unterstützt die Brauerei in Kooperation mit ihrer landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaft die ökologische Saatgutzüchtung mit finanziellen Mitteln und Anbauversuchen. Im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft herrschen auf ökologisch bewirtschafteten Flächen andere Nährstoffdynamiken. Auch sollen die gezüchteten Sorten aus ausschließlich fertilen Pflanzen optimal an lokale Bedingungen angepasst sein und Resistenzen oder Toleranzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen entwickeln.

Boden – ein kostbares Gut
Fruchtbare Böden sind die Grundausstattung eines jeden landwirtschaftlichen Betriebs. Gerade für den Humusaufbau tut der Öko-Landbau viel. Denn wo synthetische Düngemittel keine Anwendung finden, müssen natürliche Nährstoffkreisläufe beachtet und gefördert werden. Dies erreicht der Öko-Betrieb mithilfe reichhaltiger Fruchtfolgen, Kleegrasanbau, des Verzichts auf Pestizide und der Düngung mit organischem Material wie Mist und Kompost. All dies fördert eine reiche Bodenfauna – darunter Mikroorganismen, Pilze, Würmer und Milben –, die wiederum den funktionierenden biologischen Prozessen des Bodens Rechnung trägt.

Nebenbei wird durch Humusaufbau Kohlenstoff, der zuvor in Pflanzen gebunden war, im Boden gebunden. Als wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz in Form einer natürlichen Kohlenstoffsenke zählen der Erhalt und Aufbau von Humus im Ackerland zum 10-Punkte-Plan des Bundeslandwirtschaftsministeriums für mehr Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft [1].

Öko-Landbau fördert Artenvielfalt: Das Beispiel Ackerwildkräuter
Öko-Landbau bedeutet nicht automatisch hohe Artenvielfalt auf den Feldern. Und doch zeigen Praxisbeispiele, dass vor allem im Öko-Landbau Maßnahmen produktionsintegrativ umsetzbar sind, die Biodiversität an Hofstelle sowie auf Äckern und Wiesen fördern. Bestes Beispiel: Ackerwildkräuter. Rund ein Drittel der Ackerwildkräuter wie Mohn, Frauenspiegel oder Acker-Rittersporn, die sich als Begleiter der Kulturpflanzen etabliert haben und unter anderem Insekten, Vögeln und Kleinsäugern als Nahrungspflanzen dienen, ist heute bedroht und findet sich auf der Roten Liste. Als Ursachen für den Rückgang attestiert die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft erhöhte Stickstoffdüngung, Herbizideinsatz, vereinfachte Fruchtfolge und Verlust von Säumen (Flurbereinigung usw.) [2]. Beim Erhalt der Ackerwildflora kommt dem Ökolandbau laut Landesanstalt eine bedeutende Rolle zu.

Naturschutz als Gemeinschaftsleistung
Als besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Wirtschaftsform bietet der Öko-Landbau zudem mehr Pflanzen- und Tierarten Nist- und Nahrungsangebot, wie eine breit angelegte Meta-Studie des Thünen Instituts aus dem Jahr 2019 bestätigt [3].

Um diese Effekte noch weiter zu fördern, unterstützt Neumarkter Lammsbräu seit mehr als zehn Jahren Landwirt:innen bei der Erstellung und Durchführung eines sogenannten Kulturlandplans. Dabei handelt es sich um einen auf den Betrieb zugeschnittenen, auf mehrere Jahre angelegten Naturschutzplan. Eine Fachberaterin analysiert dafür die Hofsituation und unterstützt die Landwirt:innen mit ihrem Fachwissen bei der Festlegung und Umsetzung konkreter Maßnahmen und Strategien. Häufig empfohlene und von den Landwirt:innen mehrheitlich umgesetzte Maßnahmen reichen von wildtiergerechter Felderbewirtschaftung über die Neuanlage regionstypischer Saum- und Heckenstreifen bis hin zur Hofstellengestaltung mit insektenfreundlichen Stauden und Nisthilfen. Das Kooperationsprojekt zeitigt Erfolg, weil Fachwissen, finanzielle Mittel und Arbeitsleistung auf mehrere Schultern verteilt sind.

Johannes Ehrnsperger leitet in 7. Generation die Neumarkter Lammsbräu. Seine Ausbildung zum Brauer und Mälzer schloss Ehrnsperger als Jahrgangsbester ab. Zusätzlich studierte er Betriebswirtschaft sowie Brau- und Getränketechnologie. Das Familienunternehmen zählt zu den Pionieren der Bio-Branche. Neben dem jahrzehntelangen Einsatz für Natur- und Wasserschutz, verfolgt es eine ehrgeizige Klimaschutzstrategie.

Simone Spangler ist diplomierte Ernährungswissenschaftlerin und Absolventin des Studienganges Environmental Protection and Agricultural Food Production (M.Sc.). Sie arbeitet seit 2018 im Nachhaltigkeitsmanagement der Neumarkter Lammsbräu. Netzwerkarbeit zugunsten eines verstärkt nachhaltig agierenden Wirtschaftssystems ist wichtiger Teil und großes Anliegen ihrer Arbeit.

1) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Nachhaltig Humus aufbauen – Klima schützen. https://www.bmel.de/SharedDocs/Meldungen/DE/Presse/2021/210929-nachhaltig-humus-aufbauen.html, abgerufen am 08.09.2023.
2) Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (2023): Biodiversität im ökologischen Landbau. https://www.lfl.bayern.de/schwerpunkte/oekolandbau/035415/index.php, abgerufen am 08.09.2023.
3) Sanders, Jürn und Jürgen Heß (Hrsg.) (2019): Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft. (= Thünen Report 65). https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_65.pdf, abgerufen am 08.09.2023.


Quelle: BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften

Umwelt | Naturschutz, 17.11.2023
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2023 mit dem Schwerpunkt Innovationen & Lösungen - Innovationen und Lösungen für Klima und Umwelt erschienen.
     
        
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