Bevölkerungswachstum - ein Schlüsselproblem unserer Zeit
Erklärung der Initiative Bevölkerungspolitik anlässlich der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP 28)
Neben verbindlichen, sanktionsbewährten Vereinbarungen für eine
rasche und deutliche Reduktion der Treibhausgase und finanziellen Hilfen
zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels halten wir es für dringend
geboten, das nach wie vor hohe Bevölkerungswachstum zum Gegenstand der
Verhandlungen zu machen. Vor allem die reichen Industrieländer sind in
der Pflicht, durch ein absolutes Absenken ihres Ressourcenverbrauchs
zur Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen beizutragen. Die
Garantie menschenwürdiger Lebensbedingungen weltweit setzt aber ebenso
entschlossene Maßnahmen zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums voraus.
Unsere diesbezügliche Position haben wir in unserer beiliegenden
Erklärung näher erläutert. Wir appellieren an die politisch
Verantwortlichen, sich für die Einbeziehung dieses wichtigen Aspekts
einzusetzen. Ohne eine Reduktion des Bevölkerungswachstums sind weder
ökologische Nachhaltigkeit noch soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Während die vielfältigen Symptome der ökologischen und humanitären Krisen immer deutlicher zu Tage treten, ist es doch erstaunlich, dass eine ganz wesentliche und im Grunde offensichtliche Mitursache kaum Erwähnung findet - eine nach wie vor sehr stark wachsende Bevölkerung (global und insbesondere in vielen Krisengebieten). Wie sicher bekannt ist, wurde vor kurzem die Marke von 8 Milliarden Menschen weltweit überschritten.
Wir sind uns dessen bewusst, dass wir bei der Analyse der Ursachen der verschiedenen Krisen nicht auf das Bevölkerungswachstum reduzieren dürfen und dass diese heikle Thematik eine behutsame Herangehensweise erfordert.
Dennoch halten wir diese Thematik für deutlich unterbewertet und unterbelichtet. Es gibt dazu praktisch keinen öffentlichen Diskurs, das Thema wird tendenziell verdrängt und totge€schwiegen.
Wir bitten Sie, unsere im Folgenden kompakt dargestellte Position zu lesen und zu überdenken.
Wir freuen uns über Ihr Feedback, über Ihre Unterstützung, über ihr Aktivwerden im Sinne unserer Positionen.
In welchen Häusern werden diese zusätzlich hinzugekommenen Menschen wohnen, wovon werden sie sich ernähren, wie werden sie mobil sein, welche Jobs werden sie einmal haben (wenn sie überhaupt einmal welche haben werden), haben sie überhaupt die Chance auf (und die materiellen Möglichkeiten für) ein gelingendes und menschenwürdiges Leben?
Dieses Wachstum findet auf einem "ächzenden Planeten" statt, auf dem die Grenzen des Wachstums bereits erreicht sind, worauf viele Indikatoren hinweisen. Die Ökosphäre, auf die wir als Spezies Homo sapiens und alle anderen Arten für ihr Überleben angewiesen sind, ist bereits schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.
Das Wachstum der Weltbevölkerung geht Hand in Hand mit den verschiedenen Belastungen unserer natürlichen Umwelt, wie etwa den Treibhausgas-Emissionen, dem Bodenverbrauch, oder dem Verbrauch an mineralischen und biogenen Ressourcen. Es wäre natürlich falsch, für diese Belastungen alleine das Bevölkerungswachstum verantwortlich zu machen. Genauso falsch wäre es aber auch, seine Bedeutung auszublenden und herunterzuspielen. Noch stärker gewachsen als die Weltbevölkerung ist nämlich seit dem Beginn der Industrialisierung das Verbrauchsniveau pro Kopf - aber beide Triebkräfte zusammen üben einen massiv zunehmenden Druck auf die Ökosphäre und unsere planetare Ressourcenbasis aus.
Es zeichnet sich auch sehr deutlich ab, dass technologische Innovationen alleine bei Weitem nicht ausreichen werden, um uns "zu retten" (auch wenn das viele bzw. die meisten nicht wahrhaben wollen). Beispielsweise wird sich die von vielen befürwortete und angestrebte Energiewende nicht in der erwarteten/geplanten Art umsetzen lassen.
Bei genauerem Hinsehen weist dieses Vorhaben zu viele Schwachstellen, Dilemmata und Begrenzungen auf.
Letztlich kann nur in einer Postwachstumsgesellschaft, wie auch immer diese konkret aussehen mag, ein längerfristiges Überleben und auch (einigermaßen) gutes Leben, möglich sein. Eine Postwachstumsgesellschaft bedeutet, dass einerseits das Wachstum der Bevölkerung zu Ende gehen muss, diese sogar auf ein deutlich niedrigeres, verträglicheres Niveau schrumpfen sollte, aber auch, dass der materielle Verbrauch pro Kopf nicht auf dem derzeitigen hohen Niveau bleiben kann, also ebenfalls deutlich schrumpfen muss.
Diese Reduktion des Pro-Kopf-Konsums gilt zwar in erster Linie für die reichen Länder (im sogenannten "globalen Norden"), aber sie gilt auch für gar nicht so wenige Menschen in den Schwellen-und Entwicklungsländern, die bereits einen relativ hohen Lebensstandard erreicht haben. Und sie gilt auch deswegen, weil sich die Hoffnungen der meisten Menschen in diesen Ländern auf einen hohen materiellen Lebensstandard nicht verwirklichen lassen - und wenn, dann nur um den hohen Preis einer weiteren Beeinträchtigung und Zerstörung der lokalen und globalen natürlichen Umwelt.
Ohne Stopp des Bevölkerungswachstums und in weiterer Folge auch Rückgang der Weltbevölkerung wird also eine nachhaltige, ökologisch einigermaßen verträgliche Entwicklung nicht möglich sein. Entweder wird diese Schrumpfung auf bewusstem, willentlichen Weg herbeigeführt, oder sie passiert ungeordnet chaotisch in Form des Kollapses von Gesellschaften.
Es ist kein Zufall, dass viele Konflikte und Kriege gerade in Regionen stattfinden, in denen die Bevölkerung seit Langem schier ungebremst wächst. Auch der jüngst wieder hochgekochte Nahostkonflikt hat eine starke demografische Komponente, auch wenn diese nicht im Fokus der Berichterstattung und Analysen steht.
Wie so vieles auf der Welt ist auch die Bevölkerungsdynamik sehr ungleich ausgeprägt. Während es einige Regionen gibt, die bereits einen demografischen Übergang geschafft haben, in denen die Bevölkerung also nicht mehr wächst oder eventuell sogar zurückgeht, gibt es andere Regionen, in denen die Bevölkerung noch massiv wächst und auch ein demografischer Übergang nicht klar erkennbar ist.
Ein besonderer Hotspot ist in dieser Hinsicht Subsahara-Afrika. Prognosen der UN gehen mindestens von einer Verdreifachung der Bevölkerung in dieser Region bis 2100 aus.
Angesichts der Instabilität und der Vielzahl an Problemen, die es in dieser Großregion jetzt schon gibt, ist dieser Ausblick auf eine Bevölkerungsvervielfachung in den nächsten Jahrzehnten nur als demografische Katastrophe zu begreifen. Eine Katastrophe, der die Weltgemeinschaft weitgehend rat-und tatenlos zusieht.
Aber auch in anderen Weltregionen gibt es nicht-nachhaltige, problematische Entwicklungen. So wächst im mittlerweile bevölkerungsreichsten Land der Welt, in Indien, die Bevölkerung pro Jahr um etwa 14 Millionen. Mehr als 15 Prozent des globalen Bevölkerungswachstums findet also allein in diesem Land statt.
Was kann man tun? Kann man auf die Entwicklung der Bevölkerung überhaupt Einfluss nehmen, insbesondere wenn die betroffenen Menschen in weit entfernten geographischen Regionen und auch in anderen Kulturkreisen leben? Ist es überhaupt legitim, wenn "wir im globalen Norden" (oder Westen) darüber nachdenken, was andere (Länder, Regionen, Gruppen von Menschen) tun sollen oder dürfen? Ist das nicht vielleicht anmaßend und angesichts einer von Ausbeutung geprägten kolonialen Vergangenheit unangebracht? Und haben nicht Beispiele von Bevölkerungspolitik aus der Vergangenheit gezeigt, dass diese inhärent reaktionär und menschenverachtend ist?
Trotz aller Bedenken und Einwände denken wir, dass es an der Zeit ist, diese defensive Haltung zu überwinden und die Tabuthemen Bevölkerung, Bevölkerungswachstum und Bevölkerungspolitik aus der Tabuzone zu holen.
Eine Eindämmung des Bevölkerungswachstums ist nicht nur eine planetarische Notwendigkeit, sondern liegt ebenso im eigenen Interesse der betroffenen Länder, die mit einer stark wachsenden Bevölkerung in jeder Hinsicht überfordert sind.
Bevölkerungspolitik ist nicht von vornherein reaktionär. Wie auf anderen Politikfeldern auch kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Ein möglichst hohes Maß an Partizipation, Aufklärung und Selbstermächtigung der Menschen, die auf deren Mündigkeit setzt, beugt einem Missbrauch vor. Dafür gibt es da und dort bereits ermutigende Beispiele, etwa die Aufklärungsarbeit von Hermione Quenum in Benin.
Uns ist bewusst, dass es für Politiker aus (reichen) Ländern mit ehemaliger kolonialer Vergangenheit besonders schwierig ist, dieses Thema öffentlich zu thematisieren. Aber sie haben die Möglichkeit, Amtskollegen in Ländern im globalen Süden in direkten Gesprächen auf die Dringlichkeit der Thematik hinzuweisen.
Wichtig ist eine Klarheit in der Kommunikation. Etwa indem klar gemacht wird, dass hohe Kinderzahlen nicht mehr Reichtum, sondern im Gegenteil noch mehr Armut und noch mehr Unterentwicklung bedeuten. Und dass es nicht nur "böse Mächte von außen" sind, die für Unterentwicklung und Perspektivlosigkeit in diesen Regionen sorgen, sondern dass es auch einen relevanten hausgemachten Anteil daran gibt und dass dazu zuvorderst ein hohes Bevölkerungswachstum zählt.
Politiker aus Ländern des "Nordens" können anbieten, Programme mit bevölkerungspolitischen Inhalten in den Problemländern finanziell zu unterstützen (siehe auch Punkt 2).
Darüber hinaus gibt es vielfache Möglichkeiten, das Problem des Bevölkerungswachstums auf verschiedenen Ebenen sichtbar zu machen: an der Basis durch NGOs auf lokaler, regionaler und globaler Ebene; im Rahmen von UN-Organisationen, durch internationale Konferenzen, in denen entsprechende Initiativen, Maßnahmen und ermutigende Beispiele vorgestellt werden, etc. Es muss vor allem klar herausgestellt werden, dass das Engagement für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und eine gesunde Umwelt eng mit einer vernünftigen Bevölkerungspolitik zusammenhängt.
2. Neuorientierung der Entwicklungszusammenarbeit
Gelder für Entwicklungshilfe bzw. Entwicklungszusammenarbeit können
in Abhängigkeit von der Existenz von Bevölkerungspolitik beziehungsweise
in Abhängigkeit von der Effektivität einer eventuell existierenden
Bevölkerungspolitik vergeben werden. Bevölkerungspolitische Maßnahmen
(siehe Punkt 3) selbst brauchen Finanzierung, die vermutlich zu einem
großen Teil von außen kommen muss. Solche zweckgebundenen Mittel würden
zu den effektivsten Arten der Entwicklungshilfe gehören. Auch der Aufbau
von Kontroll-, Unterstützungs-und Beratungsmechanismen braucht
finanzielle Unterstützung von außen.
3. Bevölkerungspolitische Maßnahmen
Es gibt eine ganze Reihe nicht-repressiver Maßnahmen, die auch in verschiedenen Ländern bereits erprobt wurden.
Dazu zählen:
Einleitung
Wir sind drei Autoren, Vortragende und Aktivisten, die seit Jahrzehnten in vielfacher Hinsicht in den Bereichen Ökologie, Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik publizieren und aktiv sind (siehe auch die Kurz-Vitae am Ende dieses Texts). Einer von uns, Saral Sarkar, indischer Staatsangehöriger, der die ersten 45 Jahre seines Lebens in Indien verbracht hat und seit 1982 in Deutschland lebt, kennt die Lebensrealitäten und unterschiedlichen Zugänge aus beiden Welten (der eines Entwicklungs-und Schwellenlands, der eines reichen Industrielands) sehr gut.Während die vielfältigen Symptome der ökologischen und humanitären Krisen immer deutlicher zu Tage treten, ist es doch erstaunlich, dass eine ganz wesentliche und im Grunde offensichtliche Mitursache kaum Erwähnung findet - eine nach wie vor sehr stark wachsende Bevölkerung (global und insbesondere in vielen Krisengebieten). Wie sicher bekannt ist, wurde vor kurzem die Marke von 8 Milliarden Menschen weltweit überschritten.
Wir sind uns dessen bewusst, dass wir bei der Analyse der Ursachen der verschiedenen Krisen nicht auf das Bevölkerungswachstum reduzieren dürfen und dass diese heikle Thematik eine behutsame Herangehensweise erfordert.
Dennoch halten wir diese Thematik für deutlich unterbewertet und unterbelichtet. Es gibt dazu praktisch keinen öffentlichen Diskurs, das Thema wird tendenziell verdrängt und totge€schwiegen.
Wir bitten Sie, unsere im Folgenden kompakt dargestellte Position zu lesen und zu überdenken.
Wir freuen uns über Ihr Feedback, über Ihre Unterstützung, über ihr Aktivwerden im Sinne unserer Positionen.
Das Problem
Nach wie vor wächst die Weltbevölkerung sehr stark - pro Jahr um die stattliche Zahl von etwa 85 bis 90 Millionen Menschen. Bildlich gesprochen, wachsen der Welt also pro Jahr ein Deutschland oder zehn Österreichs zu, zumindest auf die Bevölkerungsanzahl dieser Länder bezogen.In welchen Häusern werden diese zusätzlich hinzugekommenen Menschen wohnen, wovon werden sie sich ernähren, wie werden sie mobil sein, welche Jobs werden sie einmal haben (wenn sie überhaupt einmal welche haben werden), haben sie überhaupt die Chance auf (und die materiellen Möglichkeiten für) ein gelingendes und menschenwürdiges Leben?
Dieses Wachstum findet auf einem "ächzenden Planeten" statt, auf dem die Grenzen des Wachstums bereits erreicht sind, worauf viele Indikatoren hinweisen. Die Ökosphäre, auf die wir als Spezies Homo sapiens und alle anderen Arten für ihr Überleben angewiesen sind, ist bereits schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.
Das Wachstum der Weltbevölkerung geht Hand in Hand mit den verschiedenen Belastungen unserer natürlichen Umwelt, wie etwa den Treibhausgas-Emissionen, dem Bodenverbrauch, oder dem Verbrauch an mineralischen und biogenen Ressourcen. Es wäre natürlich falsch, für diese Belastungen alleine das Bevölkerungswachstum verantwortlich zu machen. Genauso falsch wäre es aber auch, seine Bedeutung auszublenden und herunterzuspielen. Noch stärker gewachsen als die Weltbevölkerung ist nämlich seit dem Beginn der Industrialisierung das Verbrauchsniveau pro Kopf - aber beide Triebkräfte zusammen üben einen massiv zunehmenden Druck auf die Ökosphäre und unsere planetare Ressourcenbasis aus.
Es zeichnet sich auch sehr deutlich ab, dass technologische Innovationen alleine bei Weitem nicht ausreichen werden, um uns "zu retten" (auch wenn das viele bzw. die meisten nicht wahrhaben wollen). Beispielsweise wird sich die von vielen befürwortete und angestrebte Energiewende nicht in der erwarteten/geplanten Art umsetzen lassen.
Bei genauerem Hinsehen weist dieses Vorhaben zu viele Schwachstellen, Dilemmata und Begrenzungen auf.
Letztlich kann nur in einer Postwachstumsgesellschaft, wie auch immer diese konkret aussehen mag, ein längerfristiges Überleben und auch (einigermaßen) gutes Leben, möglich sein. Eine Postwachstumsgesellschaft bedeutet, dass einerseits das Wachstum der Bevölkerung zu Ende gehen muss, diese sogar auf ein deutlich niedrigeres, verträglicheres Niveau schrumpfen sollte, aber auch, dass der materielle Verbrauch pro Kopf nicht auf dem derzeitigen hohen Niveau bleiben kann, also ebenfalls deutlich schrumpfen muss.
Diese Reduktion des Pro-Kopf-Konsums gilt zwar in erster Linie für die reichen Länder (im sogenannten "globalen Norden"), aber sie gilt auch für gar nicht so wenige Menschen in den Schwellen-und Entwicklungsländern, die bereits einen relativ hohen Lebensstandard erreicht haben. Und sie gilt auch deswegen, weil sich die Hoffnungen der meisten Menschen in diesen Ländern auf einen hohen materiellen Lebensstandard nicht verwirklichen lassen - und wenn, dann nur um den hohen Preis einer weiteren Beeinträchtigung und Zerstörung der lokalen und globalen natürlichen Umwelt.
Ohne Stopp des Bevölkerungswachstums und in weiterer Folge auch Rückgang der Weltbevölkerung wird also eine nachhaltige, ökologisch einigermaßen verträgliche Entwicklung nicht möglich sein. Entweder wird diese Schrumpfung auf bewusstem, willentlichen Weg herbeigeführt, oder sie passiert ungeordnet chaotisch in Form des Kollapses von Gesellschaften.
Es ist kein Zufall, dass viele Konflikte und Kriege gerade in Regionen stattfinden, in denen die Bevölkerung seit Langem schier ungebremst wächst. Auch der jüngst wieder hochgekochte Nahostkonflikt hat eine starke demografische Komponente, auch wenn diese nicht im Fokus der Berichterstattung und Analysen steht.
Wie so vieles auf der Welt ist auch die Bevölkerungsdynamik sehr ungleich ausgeprägt. Während es einige Regionen gibt, die bereits einen demografischen Übergang geschafft haben, in denen die Bevölkerung also nicht mehr wächst oder eventuell sogar zurückgeht, gibt es andere Regionen, in denen die Bevölkerung noch massiv wächst und auch ein demografischer Übergang nicht klar erkennbar ist.
Ein besonderer Hotspot ist in dieser Hinsicht Subsahara-Afrika. Prognosen der UN gehen mindestens von einer Verdreifachung der Bevölkerung in dieser Region bis 2100 aus.
Angesichts der Instabilität und der Vielzahl an Problemen, die es in dieser Großregion jetzt schon gibt, ist dieser Ausblick auf eine Bevölkerungsvervielfachung in den nächsten Jahrzehnten nur als demografische Katastrophe zu begreifen. Eine Katastrophe, der die Weltgemeinschaft weitgehend rat-und tatenlos zusieht.
Aber auch in anderen Weltregionen gibt es nicht-nachhaltige, problematische Entwicklungen. So wächst im mittlerweile bevölkerungsreichsten Land der Welt, in Indien, die Bevölkerung pro Jahr um etwa 14 Millionen. Mehr als 15 Prozent des globalen Bevölkerungswachstums findet also allein in diesem Land statt.
Und die "Lösung"? Gibt es überhaupt eine?
Wenn man nun die grundsätzliche Richtigkeit dieses Problemaufrisses anerkennt - zumindest weitgehend bzw. in entscheidenden Bereichen -, stellen sich viele Fragen.Was kann man tun? Kann man auf die Entwicklung der Bevölkerung überhaupt Einfluss nehmen, insbesondere wenn die betroffenen Menschen in weit entfernten geographischen Regionen und auch in anderen Kulturkreisen leben? Ist es überhaupt legitim, wenn "wir im globalen Norden" (oder Westen) darüber nachdenken, was andere (Länder, Regionen, Gruppen von Menschen) tun sollen oder dürfen? Ist das nicht vielleicht anmaßend und angesichts einer von Ausbeutung geprägten kolonialen Vergangenheit unangebracht? Und haben nicht Beispiele von Bevölkerungspolitik aus der Vergangenheit gezeigt, dass diese inhärent reaktionär und menschenverachtend ist?
Trotz aller Bedenken und Einwände denken wir, dass es an der Zeit ist, diese defensive Haltung zu überwinden und die Tabuthemen Bevölkerung, Bevölkerungswachstum und Bevölkerungspolitik aus der Tabuzone zu holen.
Eine Eindämmung des Bevölkerungswachstums ist nicht nur eine planetarische Notwendigkeit, sondern liegt ebenso im eigenen Interesse der betroffenen Länder, die mit einer stark wachsenden Bevölkerung in jeder Hinsicht überfordert sind.
Bevölkerungspolitik ist nicht von vornherein reaktionär. Wie auf anderen Politikfeldern auch kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Ein möglichst hohes Maß an Partizipation, Aufklärung und Selbstermächtigung der Menschen, die auf deren Mündigkeit setzt, beugt einem Missbrauch vor. Dafür gibt es da und dort bereits ermutigende Beispiele, etwa die Aufklärungsarbeit von Hermione Quenum in Benin.
Was also tun? Wo könnte es konkrete Ansatzpunkte für Initiativen geben?
1. Zum Thema machen, sichtbar machenUns ist bewusst, dass es für Politiker aus (reichen) Ländern mit ehemaliger kolonialer Vergangenheit besonders schwierig ist, dieses Thema öffentlich zu thematisieren. Aber sie haben die Möglichkeit, Amtskollegen in Ländern im globalen Süden in direkten Gesprächen auf die Dringlichkeit der Thematik hinzuweisen.
Wichtig ist eine Klarheit in der Kommunikation. Etwa indem klar gemacht wird, dass hohe Kinderzahlen nicht mehr Reichtum, sondern im Gegenteil noch mehr Armut und noch mehr Unterentwicklung bedeuten. Und dass es nicht nur "böse Mächte von außen" sind, die für Unterentwicklung und Perspektivlosigkeit in diesen Regionen sorgen, sondern dass es auch einen relevanten hausgemachten Anteil daran gibt und dass dazu zuvorderst ein hohes Bevölkerungswachstum zählt.
Politiker aus Ländern des "Nordens" können anbieten, Programme mit bevölkerungspolitischen Inhalten in den Problemländern finanziell zu unterstützen (siehe auch Punkt 2).
Darüber hinaus gibt es vielfache Möglichkeiten, das Problem des Bevölkerungswachstums auf verschiedenen Ebenen sichtbar zu machen: an der Basis durch NGOs auf lokaler, regionaler und globaler Ebene; im Rahmen von UN-Organisationen, durch internationale Konferenzen, in denen entsprechende Initiativen, Maßnahmen und ermutigende Beispiele vorgestellt werden, etc. Es muss vor allem klar herausgestellt werden, dass das Engagement für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen und eine gesunde Umwelt eng mit einer vernünftigen Bevölkerungspolitik zusammenhängt.
2. Neuorientierung der Entwicklungszusammenarbeit
Ein sehr wirksamer Ansatzpunkt stellt aus unserer Sicht eine Neuorientierung der Entwicklungszusammenarbeit dar.
3. Bevölkerungspolitische Maßnahmen
Es gibt eine ganze Reihe nicht-repressiver Maßnahmen, die auch in verschiedenen Ländern bereits erprobt wurden.
Dazu zählen:
- Aufklärungs-und Bildungsprogramme, insbesondere für junge Frauen und Mädchen
- "positive Campaigning", z.B. Werbung für Kleinfamilien (für
2-Kind-Familien), wie das auch in Indien in den 1970er-Jahren gemacht
wurde
- Kostenloser Zugang zu Verhütungsmitteln
- finanzielle Anreize bei freiwilligen Sterilisationen (von Männern und Frauen)
- staatliche Garantie einer Altersversorgung für die ärmeren
Schichten, die an den Verzicht auf Kinder über zwei hinaus gekoppelt ist
- Aufbau von Beratungs-und Förderstrukturen als Teil der
Entwicklungszusammenarbeit (siehe auch Punkt 2).
Wer wir sind
Initiative Bevölkerungspolitik- Dr. Bruno Kern, geb. 1958. Autor, Übersetzer, Vortragender. Veröffentlichte u.a. "Das
Märchen vom grünen Wachstum" (2019). Lebt und arbeitet in Mainz.
- Saral Sarkar, geb. 1936 in Westbengalen (Indien),
lebte bis 1982 in Indien, danach in Köln. Autor und Aktivist.
Veröffentlichte u.a. "Eco-Socialism or Eco-Capitalism. A Critical
Analysis of Humanity's Fundamental Choices" (1999).
- Dr. Ernst Schriefl, geb. 1969. Mitarbeiter eines Technischen Büros für Bauphysik und Energieeffizienz. Daneben auch publizistisch tätig (u.a. Buch "Öko-Bilanz", 2021). Lebt und arbeitet in Wien.
Kontakt: Initiative Bevölkerungspolitik, c/o Dr. Bruno Kern | fackelkraus@gmx.de
Gesellschaft | Politik, 24.11.2023
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