BIOFACH 2025

Steuergelder werden mit "Energiepreisbremsen" für Unternehmen nicht sinnvoll eingesetzt

Wirtschaftsforscher untersuchen Wechselwirkungen staatlicher Eingriffe

Die Energiepreisbremsen bei Strom und Gas in Deutschland werden mit dem jüngsten Gerichtsurteil aus Karlsruhe auf den Prüfstand gestellt. Ökonomen sehen die Entlastungen für Unternehmen in Form von Transferzahlungen und Subventionen kritisch: Eingriffe dieser Art, wie die geplante Absenkung der Stromsteuer für Unternehmen, sind keine sinnvolle Nutzung von Steuergeldern - so ein Fazit einer Studie des EPoS Economic Research Center der Universitäten Bonn und Mannheim. Im aktuellen Diskussionspapier "Hicks in HANK: Fiscal Responses to an Energy Shock" werden die Wechselwirkungen staatlicher Eingriffe als Reaktion auf Energiepreisschocks untersucht.

Energiesubventionen und Transferzahlungen für Privathaushalte haben laut der Analyse eine positive konjunkturelle Wirkung für die heimische Volkswirtschaft. © neelam279, pixabay.comSowohl Transferzahlungen als auch Subventionen an Unternehmen, die steigende Kosten ausgleichen sollen, hemmen demnach die Konjunktur. Der Grund: Schon die Aussichten auf höhere Einkommenssteuern zur Finanzierung staatlicher Hilfen wirken sofort negativ. Stattdessen empfehlen die Ökonomen, den Fokus stärker auf das knappe Angebot zu richten, das als Ursache hinter dem Preisauftrieb steht: "Letztlich hilft gegen die Energieverknappung nur, das Angebot zu erhöhen und gleichzeitig Energie einzusparen", sagt Christian Bayer vom EPoS Economic Research Center.

Subventionen für Privathaushalte stimulieren Konjunktur auf Kosten der EU-Partner
Anders ist das Bild bei staatlichen Entlastungen der Privathaushalte: Hier zeigen Energiesubventionen und Transferzahlungen laut Analyse grundsätzlich eine positive konjunkturelle Wirkung für die heimische Volkswirtschaft. Wichtige Voraussetzung: eine Befristung der Maßnahme.

"Transferzahlungen sind kein direkter Eingriff in die Energiepreisbildung - Subventionen aber schon", sagt Bayer. "Das führt zu unerwünschten Effekten in den europäischen Nachbarländern, denn dort wird der Preisanstieg als Folge deutscher Subventionen zusätzlich beschleunigt. Eine solche Vorgehensweise ist aus EU-Sicht unkooperativ und wird von Experten bildhaft als 'Ruiniere-deine-Nachbarn-Politik´ bezeichnet."

Gaspreisbremse an Haushalte als Transfer "kooperativ"
Vor diesem Hintergrund ist die Gaspreisbremse als Transferleistung für deutsche Privathaushalte eine kooperative Maßnahme, denn hier entschied sich die Politik für einen Kostenausgleich, der auf dem historischen Verbrauch basiert. Weiteres Ergebnis: Diese Form der Intervention ziehen die Ökonomen zudem aus Wohlfahrtsperspektive vor. Sie belebt den privaten Verbrauch, ohne aber den Energieverbrauch anzukurbeln. Damit lassen sich mit Transferzahlungen zwei negative Nebenwirkungen vermeiden: Preisansteige in Nachbarländern und Energie-Verbrauchsanreize im Inland.

"Die Wechselwirkungen zeitlich begrenzter staatlicher Interventionen sind komplex, zumal in den vernetzten Energiemärkten der Europäischen Union", sagt Bayer. "Unsere Empfehlung an die Politik lautet daher, die Nebenwirkungen von Preisbeeinflussungen von Anfang an mitzudenken, damit ein gut gemeinter Eingriff sich am Ende nicht als Nullsummenspiel erweist."

Quantitatives Untersuchungsmodell
Zur Analyse nutzt die Studie des EPoS Economic Research Center ein quantitatives Modell - abgestimmt auf den Euroraum. Die Binnenwirtschaft ist mit Daten aus Deutschland abgeglichen und stellt ein Drittel des Euroraums dar. Untersucht wird eine zeitlich begrenzte Energieknappheit. Die Ökonomen vergleichen die Entlastungen für Haushalte und Unternehmen durch staatliche Transferleistungen und Subventionen. Die Schwerpunkte sind dabei konjunkturelle Impulse und Verteilungswirkung.

Das vorgestellte Diskussionspapier ist eine Publikation des Sonderforschungsbereichs (SFB) Transregio 224 EPoS. Die Autoren
  • Christian Bayer, Professor für Volkswirtschaftslehre, Universität Bonn und EPoS Economic Research Center
  • Alexander Kriwoluzky, Professor für Makroökonomie, Freie Universität Berlin und DIW Berlin
  • Gernot J. Müller, Professor für Volkswirtschaftslehre, Universität Tübingen, CEPR und CESifo
  • Fabian Seyrich, Doktorand, Berlin School of Economics, Freie Universität Berlin und DIW Berlin
Der Sonderforschungsbereich Transregio 224 EPoS
Der 2018 eingerichtete Sonderforschungsbereich Transregio 224 EPoS, eine Kooperation der Universität Bonn und der Universität Mannheim, ist eine langfristig angelegte Forschungseinrichtung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. EPoS befasst sich mit drei zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen: Wie kann Chancengleichheit gefördert werden? Wie können Märkte angesichts der Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschaftstätigkeit reguliert werden? Und wie kann die Stabilität des Finanzsystems gesichert werden?

Kontakt: econNEWSnetwork - Universität Bonn - EPoS Economic Research Center, Prof. Christian Bayer | Sonja.Heer@econ-news.de | www.wiwi.uni-bonn.de/bayer


Gesellschaft | Politik, 23.11.2023

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Der Zauber des Wandels

forum 04/2024 ist erschienen

  • Windkraft
  • Zirkuläre Produkte
  • Tax the Rich
  • Green Events
  • Petra Kelly
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
26
NOV
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!"
80336 München
28
NOV
2024
17. Deutscher Nachhaltigkeitstag
Transformation im Gegenwind - Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises
40474 Düsseldorf
10
DEZ
2024
KI-PowerWorkshop
Die besten KI-Tools für Selbständige & KMU's
online
Alle Veranstaltungen...
Lassen Sie sich begeistern von einem Buch, das Hoffnung macht

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Sport & Freizeit, Reisen

Ein Fest für Frieden und Völkerverständigung
Christoph Quarch wünscht sich zu den olympischen Spielen eine Besinnung auf deren historische Tradition des Friedens und der Menschlichkeit
B.A.U.M. Insights

Jetzt auf forum:

Eindämmung der Barbarei durch Kultur

Einerseits... und andererseits

"Real Estate Social Impact Investing Award 2024"

When less equals more: the incredible potential of efficiency

Simulation beschleunigt Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung

Kompostierbare Verpackung für Vicentini Teebeutel

Akzeptanz durch Erleben

Jugendveranstaltung „EINE WELT – Jung. Global. Deine Zukunft!“ lädt zum Mitgestalten ein

  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • Global Nature Fund (GNF)
  • circulee GmbH
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • Engagement Global gGmbH
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • B.A.U.M. e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften