CO2-Zertifikate löschen, um Klimawirkung des Kohleausstiegs zu sichern
Neue Studie zu Emissionsrechten von stillgelegten Kohlekraftwerken
Damit der deutsche Kohleausstieg seine positive Klimawirkung voll
entfalten kann, muss die Bundesregierung die Emissionsrechte
stillgelegter Kohlekraftwerke vollständig vom Markt nehmen lassen. Das
ist das Fazit einer neuen Studie des Forums Ökologisch-Soziale
Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green
Planet Energy. Bis Ende Dezember kann das noch für die in 2022
stillgelegten Kraftwerke passieren. Die Bundesregierung muss dringend
ein Verfahren hierfür einführen.
Die Studie des FÖS kommt zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung nach europäischem Recht für die im Jahr 2021 stillgelegten Kohlekraftwerke Zertifikate im Umfang von bis zu 118 Millionen Tonnen CO2 hätte löschen lassen können. Das hätte für Deutschland zwar kurzfristig rund zehn Milliarden Euro an Einnahmeverlusten bedeutet. Dass nicht gehandelt wurde, könnte die Gesellschaft in Zukunft aber um ein Vielfaches teurer zu stehen kommen: Die Studie beziffert die potenziellen Klimaschadenskosten auf rund 23 Milliarden Euro. "Für 2021 ist die Garantie einer echten Klimawirkung des Kohleausstiegs vertan worden. Ende des Jahres läuft auch die Frist für die 2022 stillgelegten Kraftwerke aus. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Zertifikate jetzt bei der EU-Kommission zur Löschung anzumelden", erklärt Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy.
Florian Zerzawy, Leiter Energiepolitik beim FÖS, fügt hinzu: "Die Zahlen der Studie verdeutlichen, dass eine rechtzeitige Löschung der Zertifikate nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern auch gesamtökonomisch sinnvoll gewesen wäre. Die potenziellen Klimaschäden sind viel teurer als die kurzfristigen Kosten der Zertifikatslöschung."
Im Jahr 2020 wurde der deutsche Kohleausstieg beschlossen. Ausstiegsziel ist bislang das Jahr 2038, für das rheinische Revier wurde es auf 2030 vorgezogen. Ob die Stilllegung der Kohlekraftwerke aber auch tatsächlich dazu führt, dass Emissionen eingespart werden, hängt entscheidend von der Wechselwirkung mit dem europäischen Emissionshandel (EU-ETS) ab. Denn parallel zur Stilllegung muss auch die Emissionsgrenze des EU-ETS entsprechend reduziert werden, anderenfalls droht der sogenannte "Wasserbett-Effekt": Die Zertifikate könnten an anderer Stelle innerhalb der Europäischen Union für den Ausstoß von Emissionen genutzt werden.
Bisher hat Deutschland von der Möglichkeit, Emissionszertifikate zu löschen allerdings mit Verweis auf die so genannte Marktstabilisierungsreserve (MSR) keinen Gebrauch gemacht. Ob und wie viele Zertifikate wann durch die MSR vom Markt verschwinden könnten, ist aber schwer prognostizierbar. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die freigewordenen Zertifikate vor dem Wirken der MSR von anderen Marktteilnehmer aufgekauft werden, um eigene CO2-Emissionen zu legitimieren. "Wenn der deutsche Kohleausstieg nicht verpuffen soll, muss die Bundesregierung jetzt handeln, statt auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Der sicherste Weg für mehr Klimaschutz ist das vollumfängliche Löschen der Zertifikate", so Dähling.
Bis Ende des Jahres 2023 hat die Bundesregierung noch die Möglichkeit, die Zertifikate für die im Jahr 2022 stillgelegten Kraftwerke in Brüssel zur Löschung anzumelden. Im Jahr 2022 wurden das Kraftwerk Neurath A mit einer Nettonennleistung von 294 Megawatt und das Kraftwerk Fab Frechen mit einer Nettonennleistung von 120 Megawatt stillgelegt. Die Emissionen der Anlage Neurath A in den Jahren 2017 bis 2021 summieren sich auf 11,2 Millionen Tonnen CO2. Für Fab Frechen gibt es aufgrund fehlender Daten zur Nettostromerzeugung aktuell keine Schätzung. Auch wenn die CO2-Emissionen damit vergleichsweise gering ausfallen, biete dies die Chance, ein Verfahren für die kommenden Jahre zu etablieren, unterstreicht Dähling: "Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass die Löschung in den Folgejahren funktioniert. Dafür sollte Deutschland die Menge der zu löschenden Zertifikate für das Jahr 2022 jetzt ermitteln und die Kommission über ihre Löschabsicht noch im laufenden Jahr in Kenntnis setzen. Besonders für die Jahre 2024 und 2025, in denen wieder Stilllegungen in großem Umfang erfolgen, ist es aber wichtig, dass wir auf ein etabliertes Verfahren zurückgreifen können."
Den jüngsten Vorstoß von Bundesfinanzminister Christian Lindner, der den Kohleausstieg mit der Argumentation, er habe keine Klimawirkung grundsätzlich infrage stellt, kritisiert Dähling: "Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, ist der Kohleausstieg nicht verhandelbar. Es ist die Aufgabe des Finanzministers als Teil der Bundesregierung dazu beizutragen, dass der Kohleausstieg volle Wirkung entfaltet und die Zertifikate gelöscht werden."
Die komplette Studie des FÖS finden Sie hier zum Download.
Green Planet Energy eG, 1999 von der Umweltschutzorganisation Greenpeace e.V. gegründet, versorgt mehr als 200.000 Haushalte und Geschäftskund:innen mit innovativen Ökostrom- und Gasprodukten. Die Ökoenergiegenossenschaft mit mehr als 34.500 Mitgliedern arbeitet politisch für die Energiewende und setzt mit ihren Tochtergesellschaften Green Planet Projects GmbH sowie Green Planet Solutions GmbH & Co. KG Windkraft-, Solarenergie-, Mieterstrom- und Wärmeprojekte um.
green-planet-energy.de
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e.V. ist ein unabhängiger politischer Think Tank für marktwirtschaftliche Instrumente in der Umwelt- und Klimapolitik. Das FÖS erstellt ökonomische Studien und politische Expertisen. Seit 1994 setzt es sich für die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein.
foes.de
Die Studie des FÖS kommt zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung nach europäischem Recht für die im Jahr 2021 stillgelegten Kohlekraftwerke Zertifikate im Umfang von bis zu 118 Millionen Tonnen CO2 hätte löschen lassen können. Das hätte für Deutschland zwar kurzfristig rund zehn Milliarden Euro an Einnahmeverlusten bedeutet. Dass nicht gehandelt wurde, könnte die Gesellschaft in Zukunft aber um ein Vielfaches teurer zu stehen kommen: Die Studie beziffert die potenziellen Klimaschadenskosten auf rund 23 Milliarden Euro. "Für 2021 ist die Garantie einer echten Klimawirkung des Kohleausstiegs vertan worden. Ende des Jahres läuft auch die Frist für die 2022 stillgelegten Kraftwerke aus. Wir fordern die Bundesregierung auf, diese Zertifikate jetzt bei der EU-Kommission zur Löschung anzumelden", erklärt Carolin Dähling, Leiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy.
Florian Zerzawy, Leiter Energiepolitik beim FÖS, fügt hinzu: "Die Zahlen der Studie verdeutlichen, dass eine rechtzeitige Löschung der Zertifikate nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern auch gesamtökonomisch sinnvoll gewesen wäre. Die potenziellen Klimaschäden sind viel teurer als die kurzfristigen Kosten der Zertifikatslöschung."
Im Jahr 2020 wurde der deutsche Kohleausstieg beschlossen. Ausstiegsziel ist bislang das Jahr 2038, für das rheinische Revier wurde es auf 2030 vorgezogen. Ob die Stilllegung der Kohlekraftwerke aber auch tatsächlich dazu führt, dass Emissionen eingespart werden, hängt entscheidend von der Wechselwirkung mit dem europäischen Emissionshandel (EU-ETS) ab. Denn parallel zur Stilllegung muss auch die Emissionsgrenze des EU-ETS entsprechend reduziert werden, anderenfalls droht der sogenannte "Wasserbett-Effekt": Die Zertifikate könnten an anderer Stelle innerhalb der Europäischen Union für den Ausstoß von Emissionen genutzt werden.
Bisher hat Deutschland von der Möglichkeit, Emissionszertifikate zu löschen allerdings mit Verweis auf die so genannte Marktstabilisierungsreserve (MSR) keinen Gebrauch gemacht. Ob und wie viele Zertifikate wann durch die MSR vom Markt verschwinden könnten, ist aber schwer prognostizierbar. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die freigewordenen Zertifikate vor dem Wirken der MSR von anderen Marktteilnehmer aufgekauft werden, um eigene CO2-Emissionen zu legitimieren. "Wenn der deutsche Kohleausstieg nicht verpuffen soll, muss die Bundesregierung jetzt handeln, statt auf das Prinzip Hoffnung zu setzen. Der sicherste Weg für mehr Klimaschutz ist das vollumfängliche Löschen der Zertifikate", so Dähling.
Bis Ende des Jahres 2023 hat die Bundesregierung noch die Möglichkeit, die Zertifikate für die im Jahr 2022 stillgelegten Kraftwerke in Brüssel zur Löschung anzumelden. Im Jahr 2022 wurden das Kraftwerk Neurath A mit einer Nettonennleistung von 294 Megawatt und das Kraftwerk Fab Frechen mit einer Nettonennleistung von 120 Megawatt stillgelegt. Die Emissionen der Anlage Neurath A in den Jahren 2017 bis 2021 summieren sich auf 11,2 Millionen Tonnen CO2. Für Fab Frechen gibt es aufgrund fehlender Daten zur Nettostromerzeugung aktuell keine Schätzung. Auch wenn die CO2-Emissionen damit vergleichsweise gering ausfallen, biete dies die Chance, ein Verfahren für die kommenden Jahre zu etablieren, unterstreicht Dähling: "Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass die Löschung in den Folgejahren funktioniert. Dafür sollte Deutschland die Menge der zu löschenden Zertifikate für das Jahr 2022 jetzt ermitteln und die Kommission über ihre Löschabsicht noch im laufenden Jahr in Kenntnis setzen. Besonders für die Jahre 2024 und 2025, in denen wieder Stilllegungen in großem Umfang erfolgen, ist es aber wichtig, dass wir auf ein etabliertes Verfahren zurückgreifen können."
Den jüngsten Vorstoß von Bundesfinanzminister Christian Lindner, der den Kohleausstieg mit der Argumentation, er habe keine Klimawirkung grundsätzlich infrage stellt, kritisiert Dähling: "Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, ist der Kohleausstieg nicht verhandelbar. Es ist die Aufgabe des Finanzministers als Teil der Bundesregierung dazu beizutragen, dass der Kohleausstieg volle Wirkung entfaltet und die Zertifikate gelöscht werden."
Die komplette Studie des FÖS finden Sie hier zum Download.
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Kontakt: Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft | foes@foes.de | www.foes.de
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