Senkung der Pkw-Emissionen: leichter gesagt als getan

Trotz hochgesteckter Ziele und strenger Anforderungen stoßen die meisten Pkw auf Europas Straßen immer noch so viel CO2 aus wie vor 12 Jahren.

  • Die Prüfstandsmessung des CO2-Ausstoßes liefert nicht immerrealistische Werte.
  • Die Emissionen konventioneller Pkw im Alltagsbetrieb sind nicht zurückgegangen.
  • Elektroautos sind der wohl wichtigste Faktor für die Senkung der Emissionen, doch steigen ihre Verkaufszahlen nicht schnell genug.
Die CO2-Reduktionsziele der EU für neue Pkw können nicht erreicht werden, solange wichtige Voraussetzungen fehlen. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Trotz hochgesteckter Ziele und strenger Anforderungen stoßen die meisten Pkw auf Europas Straßen immer noch so viel CO2 aus wie vor 12 Jahren. Elektroautos können der EU auf dem Weg zu einer emissionsfreien Fahrzeugflotte helfen. Bei den Bemühungen dazu müsste jedoch ein Gang hochgeschaltet werden, so die Prüfer.

© Pixaline, pixabay.comSeit 2010 ist mit der Pkw-CO2-Verordnung ein EU-weites Ziel für die durchschnittlichen CO2-Emissionen aller neu zugelassenen Fahrzeuge vorgeschrieben. Außerdem muss jeder Hersteller den CO2-Ausstoß der Fahrzeuge in sogenannten Übereinstimmungsbescheinigungen ausweisen und eine Abgabe zahlen, wenn er bestimmte Emissionsvorgaben überschreitet. Die Anforderungen sind im Laufe der Zeit gestiegen: So sollen bis 2035 überhaupt keine Emissionen mehr ausgestoßen werden.

"Die grüne Revolution der EU kann nur stattfinden, wenn deutlich weniger umweltschädliche Fahrzeuge im Umlauf sind. Hier stehen wir vor einer enormen Herausforderung", so Pietro Russo, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. "Die CO2-Emissionen von Fahrzeugen werden erst dann wirklich zurückgehen, wenn der Verbrennungsmotor seine dominierende Stellung verliert. Allerdings gestaltet sich die Elektrifizierung der EU-Fahrzeugflotte als sehr komplex."

In den 2010er-Jahren hätten Autohersteller Schlupflöcher bei den Prüfnormen genutzt, um bei Labortests niedrigere Emissionen zu erzielen. Der Unterschied zu den tatsächlichen, d. h. den im praktischen Fahrbetrieb erzeugten Emissionen war enorm. Daher sei im September 2017 - nicht zuletzt auch infolge des Dieselskandals - ein neuer Laborprüfzyklus, der die tatsächlichen Fahrbedingungen widerspiegelt, verbindlich eingeführt worden. Dies habe den Unterschied zwischen den im Labor gemessenen und den im praktischen Fahrbetrieb verursachten Emissionen wirksam verringert, wenn auch nicht beseitigt.

Die tatsächlichen Emissionen konventioneller Pkw - die nach wie vor fast drei Viertel der Neuzulassungen ausmachten - seien nicht zurückgegangen, so die Prüfer. In den letzten zehn Jahren seien die Emissionen bei Dieselfahrzeugen konstant geblieben, während sie bei Benzinern geringfügig zurückgegangen seien (-4,6 %). Technische Fortschritte hätten die Motoren zwar effizienter gemacht. Dies werde aber durch größeres Fahrzeuggewicht (durchschnittlich rund +10 %) und höhere Motorleistung (durchschnittlich rund +25 %) aufgewogen.

Gleiches gelte für Hybridfahrzeuge. Sie verursachten im praktischen Fahrbetrieb tendenziell deutlich höhere Emissionen als die im Labor gemessenen. Um die tatsächliche Situation besser widerzuspiegeln, soll die anteilige Nutzung des Elektro- und des Verbrennungsmotors genauer erfasst werden, allerdings erst ab 2025. Bis dahin würden Plug-in-Hybride - zum Vorteil der Autohersteller - weiterhin als emissionsarme Fahrzeuge behandelt. Dies erlaube es den Herstellern, einige Bestimmungen der CO2-Verordnung weiter anzuwenden, was ihnen allein im Jahr 2020 fast 13 Milliarden Euro an Abgaben wegen Emissionsüberschreitung erspart habe.

Laut den EU-Prüfern ist der in den letzten Jahren verzeichnete Rückgang der durchschnittlichen CO2-Emissionen im praktischen Fahrbetrieb ausschließlich den Elektroautos zu verdanken (2018 war nur eines von hundert neu zugelassenen Fahrzeugen ein E-Auto, 2022 schon fast jedes siebte). Doch gebe es noch zahlreiche Hürden, da die EU erhebliche Schwierigkeiten habe, den Elektroautos zum Durchbruch zu verhelfen.

Die erste Hürde, die überwunden werden müsse, sei der Zugang zu Rohstoffen für die Herstellung von ausreichend Batterien, wie bereits in einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Rechnungshofs hervorgehoben wurde. Schon zuvor hatten die EU-Prüfer darauf hingewiesen, dass die zur Verfügung stehende Ladeinfrastruktur unzureichend sei: 70 % aller Ladestationen für Autobatterien in der EU konzentrierten sich in nur drei Ländern: den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Schließlich sei der Preis entscheidend: Die höheren Anschaffungskosten für Elektroautos könnten Verbraucher dazu bringen, ihre alten, umweltschädlichen Fahrzeuge länger zu fahren.

Hintergrundinformationen
Die EU konnte in den letzten 30 Jahren die Treibhausgasemissionen in vielen Bereichen reduzieren. Der durch den Verkehr verursachte CO2-Ausstoß hat jedoch weiter zugenommen. Im Jahr 2021 machte er 23 % aller Treibhausgasemissionen der EU aus; mehr als die Hälfte dieser Emissionen wurde durch Pkw verursacht. Die Hersteller können die CO2-Emissionen verringern, indem sie Fahrzeuge mit geringerem Kraftstoffverbrauch und emissionsfreie Fahrzeuge wie z. B. Elektrofahrzeuge produzieren, oder auch diese beiden Technologien kombinieren (in Form von Plug-in-Hybriden).

Die Verordnung über CO2-Emissionsnormen für neue Pkw ist der wichtigste EU-Rechtsakt zur Verringerung des CO2-Ausstoßes neuer Pkw. Sie gilt seit 2009 und wurde im Jahr 2019 erheblich abgeändert. Für die Zwecke der Verordnung werden die CO2-Emissionen einzelner Fahrzeuge unter standardisierten Bedingungen in einem Labor gemessen und nicht auf der Straße.

Der Sonderbericht 01/2024 "Reduktion der CO2-Emissionen von Pkw: Maßnahmen gewinnen endlich an Fahrt, doch stehen noch Herausforderungen bevor" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.

Siehe auch die jüngsten Berichte des Europäischen Rechnungshofs über die EU-Industriepolitik im Bereich Batterien und über die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in der EU.

Kontakt: Pressestelle des Europäischer Rechnungshofs | press@eca.europa.eu | www.eca.europa.eu


Technik | Mobilität & Transport, 23.01.2024

     
        
Cover des aktuellen Hefts

Pioniere der Hoffnung

forum 01/2025 ist erschienen

  • Bodendegradation
  • ESG-Ratings
  • Nachhaltige Awards
  • Next-Gen Materialien
Weiterlesen...
Kaufen...
Abonnieren...
22
DEZ
2024
Ein leuchtendes Zeichen für Demokratie und Gemeinschaft
Tollwood Winterfestival unter dem Motto "Wir braucht Dich!", bis 23. Dezember
80336 München
03
JAN
2025
48. Naturschutztage am Bodensee
Vorträge, Diskussionen, Exkursionen mit Fokus: Arten-, Klima- und Naturschutz
78315 Radolfzell
17
JAN
2025
Systemische Aufstellungen von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien
Constellations machen Dynamiken sichtbar - Ticketrabatt für forum-Leser*innen!
online
Alle Veranstaltungen...
NatuVision Forum

Professionelle Klimabilanz, einfach selbst gemacht

Einfache Klimabilanzierung und glaubhafte Nachhaltigkeitskommunikation gemäß GHG-Protocol

Politik

Keine Zeit für Klimaschutz?
Christoph Quarch erinnert zur COP29 daran, trotz Regierungskrise, Wirtschaftskrise, Inflation und Krieg in der Ukraine eine effiziente Klimapolitik zu verfolgen
B.A.U.M. Insights
Hier könnte Ihre Werbung stehen! Gerne unterbreiten wir Ihnen ein Angebot

Jetzt auf forum:

Fotoausstellung Klimagerecht leben

Ohne Vertrauen ist alles nichts

Zeit für Regeneration

The Custodian Plastic Race 2025

Hacker vs. Host: Wie man Angreifer überlistet

Auf der Überholspur: Förderpolitik hat E-Busse wettbewerbsfähig gemacht.

TARGOBANK spendet 200.000 Euro für Herzensprojekte von Mitarbeitenden

WE-LITE

  • Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG
  • ECOFLOW EUROPE S.R.O.
  • Protect the Planet. Gesellschaft für ökologischen Aufbruch gGmbH
  • Engagement Global gGmbH
  • Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
  • Kärnten Standortmarketing
  • Global Nature Fund (GNF)
  • Futouris - Tourismus. Gemeinsam. Zukunftsfähig
  • World Future Council. Stimme zukünftiger Generationen
  • circulee GmbH
  • BAUM e.V. - Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften
  • NOW Partners Foundation
  • DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen