Digitalisierung als Treiber für grüne Logistik

Dokumente und Listen aus Papier sind Reliquien der analogen Epoche

In der neuen Welt der Logistik gehören Dokumente und Listen aus Papier zu den Reliquien der analogen Epoche. Digitale Plattformen und Prozesse revolutionieren Deutschlands drittgrößte Branche. Die Cloud wird zur Steuerzentrale unternehmensübergreifender Prozesse. Ein gigantischer Strom aus Daten und Informationen bildet eine Infrastruktur, die Waren fließen lässt. Auch Umweltziele lassen sich über den Weg der Digitalisierung erreichen – und zwar staufrei.

KI und die Cloud werden zur Steuerzentrale in der Logistik. Ein Vorteil auch für Mensch und Umwelt. © SiemensKI und die Cloud werden zur Steuerzentrale in der Logistik. Ein Vorteil auch für Mensch und Umwelt. © Siemens
Wer Dreck macht, wird nicht nur vom Gesetzgeber zur Kasse gebeten: Hafenbetreiber verlangen höhere Liegegebühren für Schiffe, die den Himmel mit Schwerölemissionen verdunkeln, Verbraucher strafen Konzerne ab, die verantwortungslos handeln, Aktienkurse bröckeln, wenn Umweltskandale ans Licht kommen. Verständlich, dass Industrie- und Handelsunternehmen von ihren Logistikdienstleistern heute ein Maß an Transparenz erwarten, das ihre Verantwortlichen nachts ruhig schlafen lässt und ihnen die Gewissheit vermittelt: Alles im grünen Bereich mit den schönen Nachhaltigkeitsversprechen aus der Umweltbroschüre.

Vernetzung ist wichtigste Voraussetzung
Grundlage für eine umweltfreundliche Logistik ist die digitale Vernetzung der Lieferkette und aller Partner, die daran beteiligt sind: Zulieferer, Hersteller, Lagerbetreiber, Transportunternehmer, Logistikdienstleister, Großhändler, Fachhändler, Kunden, Entsorger. Potenzial für eine umweltfreundliche Logistik findet sich an vielen Punkten eines Produktions- und Logistiknetzwerks, zum Beispiel in der Vermeidung von Leerfahrten, im energieeffizienten Lagerbetrieb, in Mehrwegsystemen oder in der Verknüpfung umweltfreundlicher Verkehrsträger wie Schiene oder Wasserstraße. Doch wie kann aus den Millionen von Daten und Informationen, die ein solch komplexes Netzwerk im Logistikalltag produziert, ein umweltfreundliches Konzept werden?
"Noch wichtiger für das Ziel einer grünen Logistik sind eine weit vorausschauende Planung sowie eine schrittweise Optimierung."

Logistiksteuerung in der Cloud
Cloud-basierte IT-Plattformen stellen alle benötigten Funktionen und Instrumente für die Digitalisierung solch hoch komplexer Versorgungsstrukturen bereit. Sie integrieren die beteiligten Akteure und Standorte der Lieferkette unabhängig von eigenen Systemwelten und Programmen. Und sie bilden jeden Prozessschritt – Stichwort: Transparenz – lückenlos ab. Möglich wird dies durch Instrumente wie den Supply Chain Control Tower. Das IT-Tool macht den Status und die Bewegungen der Logistik in Echtzeit auf dem Display sichtbar und fungiert zugleich als übergeordnete Steuerungsinstanz. Strukturen und Bewegungen in einem Netzwerk lassen sich damit auch unter Nachhaltigkeitsaspekten gestalten und optimieren: Ist die Logistik von A nach B unter Emissionsaspekten optimal? Oder wäre es vielleicht auf einer Streckenverbindung vorteilhafter, Lkw-Transporte auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern? Wie würde sich dies auf alle vor- und nachgelagerten Prozessschritte auswirken? Und: Kommen die Güter dann überhaupt noch planmäßig im Werk an?

Noch wichtiger für das Ziel einer grünen Logistik sind eine weit vorausschauende Planung sowie eine iterative Optimierung, die unter der Fragestellung „Was-wäre-wenn?" alle möglichen Szenarien mit ihren Auswirkungen auf die Lieferkette durchspielen, bevor die Güter auf die Straße kommen.

Digital Twin wird zum Umweltberater
Zum versierten Umweltberater wird an dieser Stelle der Digital Twin (Digitaler Zwilling). Das Simulationsmodell, das ursprünglich für die Planung von industriellen Fertigungsprozessen zum Einsatz kam, avanciert in der Logistik zum absoluten Erfolgsfaktor. Das internationale Beratungsunternehmen Gartner zählt das Tool zu den zehn Top-Techno­logietrends. Mittlerweile ist der Reifegrad der Lösung so hoch, dass sie in ihren Einsatzmöglichkeiten Logistikern einen klaren Wettbewerbsvorteil verspricht. Jeder Dreh an einer Stellschraube des Systems kann damit im Voraus risikolos ausgeführt und in seiner Wirkung auf den Gesamtprozess bewertet werden. Das bedeutet für die CO2-Bilanz von Lieferketten: Unnötige Leerkilometer werden vermieden, indem Transportsendungen gebündelt werden. Vorhandene Logistiksysteme lassen sich besser auslasten, umweltfreundliche Verkehrsträger – beispielsweise im Kombinierten Verkehr (KV) – einfacher in die Lieferkette einbinden. Jede Situation lässt sich aufgrund realer Auftrags- und Bestelldaten und Routing-Regeln exakt abbilden, planen, steuern und optimieren – ohne operatives Risiko.

Emissionen berechnen und reduzieren
Ganz neue Möglichkeiten, Logistik grüner zu machen, eröffnen sogenannte „Sustainability Dashboards". Solche Lösungen bilden den CO2-Ausstoß von Logistiknetzwerken und -kooperationen sowie den Grad der Umweltbelastung durch einzelne Verursacher ab. Wichtig in diesem Kontext: Die globale Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Zu diesem Zweck sollte diesen Dashboards eine zertifizierte Methodik zugrunde liegen, mit der die Emissionen von Treibhausgasen nach dem international anerkannten GLEC-Framework (Global Logistics Emission Council) berechnet und unter Berücksichtigung der Netzwerk- und Transportplanung optimiert werden können.

Christian Wendt studierte Betriebswirtschaftslehre und ist Head of Marketing & Communication bei der Siemens Digital Logistics GmbH.

Trends im Supply Chain Management
Ökologische Verantwortung und der Einsatz digitaler Technologien zählen aktuell zu den zentralen Trends im Lieferkettenmanagement. Diese Ansicht vertreten etwa zwei Drittel von insgesamt 150 Logistikverantwortlichen deutscher Unternehmen in einer Befragung für das 18. Hermes-Barometer "Trends im Supply Chain Management".

Für drei Viertel der Befragten ist es überaus bedeutsam, dass Unternehmen ökologische Verantwortung übernehmen. Diese Einschätzung wächst mit der Unternehmensgröße: Bei Unternehmen mit 250 bis 1.000 Beschäftigen bestätigen knapp neun von zehn Befragten (87 %), dass die Einhaltung des Lieferkettengesetzes und anderer gesetzlicher Richtlinien sowie die Senkung der CO2-Emissionen in der Lieferkette derzeit im Fokus stehen.

Als weiteren Trend im Supply Chain Management bewerteten die Befragten die kollaborative Zusammenarbeit entlang der Lieferkette. Bei Unternehmen mit 250 bis 1.000 Beschäftigten haben bereits 75 % und damit drei Viertel der Logistikverantwortlichen das Potenzial unternehmensübergreifender Vernetzung erkannt.

Technik | Digitalisierung, 17.11.2023
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2023 mit dem Schwerpunkt Innovationen & Lösungen - Innovationen und Lösungen für Klima und Umwelt erschienen.
     
        
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