Revolutionen in der Verpackungsindustrie

Zukünftig mehr Regeln durch Verpackungsgesetz, nationale Initiativen zur Kreislaufwirtschaft, EU Packaging and Packaging Waste Regulation

Es kommt Bewegung in die Verpackungs­industrie: Das Verpackungsgesetz und nationale Initiativen zur Kreislaufwirtschaft sowie die zu erwartende Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) auf EU-Ebene regeln zukünftig viele Details. Sie bestimmen damit, welche Verpackungen in Zukunft überhaupt noch in den Markt gebracht werden dürfen und wie sie beschaffen sein müssen, um verkehrsfähig in Europa zu sein.

Die Verpackungsindustrie experimentiert mit unterschiedlichsten Methoden und Materialien. Die blaue Verpackung für den Osterhasen hatte sich nicht bewährt und kam somit nicht auf den Markt. © pacoonDie neuen Regularien definieren zum Beispiel Materialien oder Materialzusammensetzungen und legen fest ob und ab wann Mehrwegverpackungen in den unterschiedlichen Produkt-Kategorien zu berücksichtigen sind. Das hat eine rege Lobbyarbeit seitens der Industrieverbände auf den Plan gerufen. Diese versuchen nun bis zur letzten Minute, ihre Interessen zu vertreten und die Abstimmung im Parlament zu beeinflussen. Aber das große übergeordnete Ziel der neuen Gesetze und Vorschriften ist unverrückbar: Es geht um eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft und um Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit.

Viele Firmen haben sich deshalb schon jetzt hohe Vorgaben gesetzt, was die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen oder die Abkehr von bestimmten Materialien betrifft. In Zusammenarbeit mit der Ellen MacArthur Foundation haben sich zum Beispiel führende Hersteller und Markenartikler zur Forcierung von Mehrweg-Quoten und zur Reduzierung des Verpackungsmüllaufkommens bekannt.

Lösungen im Überblick
Oberstes Ziel ist es, den Kunststoffanteil an und in Verpackungen zu reduzieren oder auch ganz zu ersetzen. Dabei spielen insbesondere Faser-basierte Verpackungslösungen eine bedeutende Rolle. Hier gilt es, den natürlichen Mangel an Barrieren gegen Sauerstoff, Wasserdampf, Fett und Öl, die diese Papiere oder Fasermaterialien mit sich bringen, durch neue Lösungen auszugleichen. Dies können zwar Verbunde mit Kunststofffolien sein, um dadurch zumindest den Mengenanteil von Kunststoffen zu reduzieren. Das führt jedoch unweigerlich zu einer begrenzten Recyclingfähigkeit der Verpackung, wenn diese nicht sauber konzipiert und getestet wurde. Statt Kunststofffolien werden daher immer mehr Barrieren durch Beschichtungen (Coatings oder Additive) ermöglicht – und das so gut als möglich aus biobasierten Materialien. Immer mehr dieser Verbunde können im Papierrecycling dem Wertstoffkreislauf zugeführt werden oder sind geeignet für den biologischen Abbau (Kompostierung). Dies ist besonders wichtig für Verpackungen in Ländern, in denen keine festen Infrastrukturen von Müllsammlung, Sortierung und Recycling existieren.

Serienweise neue Technologien
Eine weitere spannende Entwicklung bei Faser-basierten Verpackungen ist im Bereich von Faserguss-Verpackungen zu sehen. Hier sind in den nächsten Jahren große Fortschritte zu erwarten, die auch Kunststoffbehälter, die mit herkömmlichen Papieren oder Kartonagen nicht oder nur schwer nachzubilden waren, durch faserbasierte 3D-Körper ablösen. Diese neuen Technologien der Formung, neue Barrieren und vor allem das Sprühen von Barrieren ermöglichen bereits heute innovative Anwendungen. Dadurch ist es nunmehr möglich, 3D-Behälter aus einem Guss herzustellen und gleichzeitig Energie-, Wasser- und Ressourcen einzusparen. Damit einher geht die CO2-Einsparung, die den Klimawandel aufhalten soll. Der reduzierte CO2-Ausstoß ist einerseits ein Image-Aspekt für Unternehmen und andererseits durch die steigenden CO2-Abgaben ein immer relevanter werdender Kostenfaktor.
Die Herausforderungen an zukunftsfähige Verpackungen sind hoch und die Konzeption von Verpackungen wird immer komplexer. Aber mit dem richtigen Know-how und einer klaren Priorisierung der Zielparameter ist eine gute Verpackung kein Hexenwerk.
 
Auch dort, wo ein Austausch von Materialien noch nicht so einfach umzusetzen oder industriell auch noch nicht in großem Maße verfügbar ist, können sich durch neue Technologien große Einsparpotenziale ergeben. Durch neuartige KI-basierte Software ist es bereits heute möglich, feste Verpackungen wie Flaschen, Shampooflaschen, Reiniger-Flaschen oder auch Schalen aus Kunststoff deutlich leichter beziehungsweise stabiler zu gestalten. Seit langem haben Unternehmen versucht, die Materialien dünner zu gestalten, sodass Ressourcen gespart werden können. Jedoch ist es nicht leicht, den besten Mix an Materialmenge, Stabilität und CO2-Aufkommen in die richtigen Verhältnisse zu setzen. Per se war eine Einsparung von 5 bis 10 Prozent des Materials schon eine gute Zielerfüllung. Durch die KI-basierte Berechnung, wie zum Beispiel pacoon sie mit dem Ansatz OptimAI® anbietet, können für stabile Packungen aus Kunststoff, Glas oder Metall in der Regel Einsparungen von 15 bis 30 Prozent generiert und ausgewiesen werden. Innerhalb weniger Sekunden kann das System eine Vielzahl potenzieller Lösungen errechnen. Je nach Zielsetzung ist es möglich, den Lösungskorridor einzugrenzen, zum Beispiel durch Beibehaltung derselben Höhe oder Öffnungsdurchmesser, um zum Beispiel eine einfache Integration in die Produktionsprozesse zu gewährleisten. Dadurch sind die Unternehmen in der Lage, sehr schnell die anvisierten Einsparungen zu realisieren.

Glasverpackungen 2.0 – ein Spielfeld von Innovationen
Durch KI-basierte Berechnungen und neue Herstellungsmethoden erleben Faser- und Glasverpackungenen einen Boom. Recycling- und Mehrwegfähigkeit spielen eine wichtige Rolle. © PacoonEin spannendes Einsatzfeld solcher KI-basierter Lösungen stellen auch Glas-Verpackungen dar. Hier steht die Branche unter einen besonderen Druck, da die Herstellung von Glas und Glasverpackungen sehr viel Energie benötigt und die Verfügbarkeit von Recyclingglas begrenzt ist. Durch andauernden Verlust in der Rückführung der Glasbehälter muss kontinuierlich frisches Glas nachproduziert werden. Auch eine Verschlechterung der Recyclingglas-Qualität durch unsaubere Farbentrennung führt zu hohem Bedarf an neuproduziertem Glas. In Zeiten steigender Energiekosten und Verknappung von Ressourcen durch gestörte Lieferketten ist die Glasindustrie bestrebt, die Verpackungen effizienter zu gestalten. Hierzu sehen wir aktuell zwei sehr gute Möglichkeiten für Glashersteller: einerseits die Reduktion von Material durch KI-basierte Software, andererseits die Nutzung neuer Glastechnologien, wie sie etwa von dem Start-up
ReViSalt angeboten wird.
 
Da Glas ein Verpackungsmaterial mit großen Potenzialen darstellt und die Innovationen in diesem Bereich von großer Bedeutung sind, wird forum in der kommenden Ausgabe vertieft darauf eingehen.
 
Peter Désilets ist Geschäftsführer und Mitgründer der pacoon GmbH, einer Verpackungsdesign-Agentur für nachhaltige Verpackungslösungen im deutschsprachigen Raum. Mit innovativen Lösungsansätzen möchte pacoon die Branche inspirieren und neue Wege aufzeigen.

Umwelt | Ressourcen, 01.03.2024
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2024 mit dem Schwerpunkt "Der Weg zum Mehrweg – Transport und Logistik" - Jede Menge gute Nachrichten erschienen.
     
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