Wann ist eine mündliche Kündigung rechtlich wirksam?

Ausnahmefälle: Gerichtliche Anerkennung mündlicher Kündigungen

Frau kündigt ihre Arbeitsstelle mündlich - Quelle: unsplash.com Nutzer: Afif Ramdhasuma
Erfahren Sie, wann mündliche Kündigungen rechtlich unwirksam sind und welche Ausnahmen Gerichte anerkennen.

In der Arbeitswelt stellt die Kündigung ein zentrales und sensibles Thema dar. Besonders die Frage nach der rechtlichen Wirksamkeit mündlicher Kündigungen sorgt oft für Verunsicherung. Grundsätzlich sind mündliche Kündigungen aufgrund des Fehlens der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform unwirksam. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen Gerichte mündliche Kündigungen als rechtsgültig anerkennen.

Dies geschieht vor allem dann, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers nach der Kündigung widersprüchlich oder schlüssig ist und somit eine konkludente Annahme der Kündigung nahelegt. In solchen Fällen kann es notwendig sein, rechtliche Schritte einzuleiten und eine Kündigungsschutzklage einzureichen, um Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu schaffen.

Schriftform bei Kündigungen: Wichtige Vorgaben des § 623 BGB

Ein unbefristeter Arbeitsvertrag kann entweder durch eine einseitige Kündigung oder durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag beendet werden. Gemäß § 623 BGB ist in Deutschland für die Kündigung durch Arbeitnehmer oder Arbeitgeber stets die Schriftform vorgeschrieben. Laut Stephan Labitzke, Spezialist für Arbeitsrecht in Plauen, ist eine mündliche Kündigung daher nach § 125 BGB grundsätzlich unwirksam, ebenso wie eine Kündigung auf elektronischem Weg, etwa per E-Mail.

Diese Schriftformpflicht gilt unabhängig von der Art der Kündigung, sei es eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung. Auch während der Probezeit, in der noch kein Kündigungsschutz besteht, ist eine schriftliche Kündigung notwendig. Eine schriftliche Bestätigung einer mündlichen Kündigung genügt nicht, um diese rechtswirksam zu machen, da das Formerfordernis strikt einzuhalten ist.

Unter besonderen Umständen kann jedoch eine mündliche Kündigung ausnahmsweise wirksam werden. Dies ist dann der Fall, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers nach der Kündigung schlüssig oder widersprüchlich ist, was als konkludente Zustimmung zur Kündigung interpretiert werden kann. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher vorsichtig sein, um nicht ungewollt rechtliche Konsequenzen aus einer mündlichen Kündigung zu ziehen.

Ausnahmefälle: Wann mündliche Kündigungen wirksam sein können

Auch wenn eine mündliche Kündigung grundsätzlich unwirksam ist, gibt es Ausnahmefälle, in denen Gerichte eine solche für wirksam erklärt haben. Diese Urteile sind jedoch umstritten und haben keine allgemeine Gültigkeit. Ob eine mündliche Kündigung wirksam ist, muss stets im Einzelfall entschieden werden. Ein bemerkenswertes Beispiel hierfür ist ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg. In diesem Fall wurde die mündliche Kündigung eines Arbeitgebers aufgrund schlüssigen Verhaltens des Arbeitnehmers als wirksam anerkannt.

Das Gericht stellte fest, dass eine mündliche Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen rechtskräftig werden kann, wenn sowohl ein Umstandsmoment als auch ein Zeitmoment gegeben sind. Beim Umstandsmoment hatte der Arbeitnehmer nach der mündlichen Kündigung mehrfach die Herausgabe seiner Arbeitspapiere verlangt, was als Indiz dafür gewertet wurde, dass er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses akzeptiert hatte. Das Zeitmoment betraf die Tatsache, dass der Arbeitnehmer erst nach sieben Monaten eine Kündigungsschutzklage erhob. Durch dieses Zögern verwirkte er sein Klagerecht und seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Gemäß § 4 KSchG haben Arbeitnehmer nach einer schriftlichen Kündigung drei Wochen Zeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Da das Kündigungsschutzgesetz mündliche Kündigungen nicht erfasst, haben Arbeitnehmer zwar theoretisch länger Zeit, sollten aber nicht zu lange warten. Eine angemessene Frist für eine Kündigungsschutzklage bei mündlicher Kündigung ist nicht einheitlich festgelegt. Das LAG Berlin-Brandenburg hält sechs Wochen für angemessen, aber zur Sicherheit sollten sich Arbeitnehmer an der dreiwöchigen Frist für schriftliche Kündigungen orientieren.

Wirksamkeit einer mündlichen Kündigung durch Arbeitnehmer

Ein bemerkenswertes Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz befasste sich mit der Wirksamkeit einer mündlichen Kündigung durch eine Arbeitnehmerin. Eine Friseurin hatte ihren Arbeitgeber mehrfach und mit Nachdruck telefonisch darüber informiert, dass sie das Arbeitsverhältnis fristlos beenden wolle. Der Arbeitgeber bat sie, zumindest die Kündigungsfrist einzuhalten, was sie jedoch vehement ablehnte.

Zwei Wochen nach dieser mündlichen Kündigung erhielt die Friseurin eine schriftliche Kündigung von ihrem Arbeitgeber. Daraufhin reichte sie eine Kündigungsschutzklage ein, um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzufechten. Das Gericht entschied, dass eine Kündigungsschutzklage nur möglich ist, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Friseurin nicht gleichzeitig auf die Wirksamkeit ihrer eigenen mündlichen Kündigung bestehen und diese später anfechten könne. Aufgrund ihres widersprüchlichen Verhaltens wurde die mündliche Kündigung ausnahmsweise für wirksam erklärt, wodurch die Kündigungsschutzklage gegenstandslos wurde.

Umgang mit mündlichen Kündigungen im Arbeitsverhältnis

Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten grundsätzlich darauf verzichten, eine mündliche Kündigung auszusprechen. Ist eine der Parteien entschlossen zu kündigen, ist die Einhaltung der Schriftform essenziell, um die rechtliche Wirksamkeit zu gewährleisten. Wird eine mündliche Kündigung im Affekt ausgesprochen, ist diese zunächst unwirksam, kann aber das Arbeitsverhältnis belasten. In solchen Fällen kann die Kündigung formlos zurückgenommen werden, um die Situation zu entschärfen.

Arbeitnehmer, die von einer mündlichen Kündigung betroffen sind, sollten Ruhe bewahren und das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, um eine Lösung zu finden. Beharrt der Arbeitgeber auf der Kündigung, sollte der Arbeitnehmer weiterhin zur Arbeit erscheinen und der Kündigung widersprechen, um deutlich zu machen, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist. Wird der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung gehindert oder wird die Entgeltzahlung eingestellt, sollte er zeitnah eine Kündigungsschutzklage einreichen. Es wird empfohlen, diese Klage innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung einzureichen, um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten. Unterstützung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht kann dabei hilfreich sein.

Arbeitgeber können bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses klarstellen, dass Kündigungen nur in schriftlicher Form wirksam sind. Bei einer mündlichen Kündigung durch einen Mitarbeiter sollte der Arbeitgeber das Gespräch suchen und den Arbeitnehmer über die rechtlichen Anforderungen und die Folgen einer Arbeitsverweigerung aufklären. Sollte der Arbeitnehmer trotz Aufklärung und Abmahnung nicht zur Arbeit erscheinen, kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Bei vollständiger Arbeitsverweigerung ist auch eine fristlose Kündigung möglich.

Wirtschaft | Führung & Personal, 11.06.2024

     
        
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