BIOFACH 2025

Der Blaue Engel vor neuen Herausforderungen

Ein Umweltzeichen wird 30


Gettyimages © Antony Edwards
Nichts Geringeres als die Förderung des Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzes ist der Auftrag des Umweltzeichens Blauer Engel. Als das älteste Umweltzeichen gilt er als Vorreiter für vergleichbare Initiativen weltweit und feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum.

Derzeit nutzen rund 900 Unternehmen den Blauen Engel für die Kennzeichnung von mehr als 10.000 Produkten. In den letzten Jahren hat sich sowohl die Zahl der Zeichennehmer als auch die Zahl der Waren und Dienstleistungen, die den Blauen Engel tragen, erhöht.

Ausgewählt werden die auszuzeichnenden Produktbereiche von den Mitgliedern der Jury Umweltzeichen, die der Bundesumweltminister für jeweils drei Jahre beruft. Die jetzige Amtszeit endet 2010. Der Jury gehören Vertreter der Industrie, des Handwerks, des Einzelhandels, der Umwelt- und Verbraucherverbände, der Evangelischen Kirche, der Medien, der Wissenschaft, der Gewerkschaften und der Umweltministerien der Bundesländer - zurzeit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz - an.

Wofür steht der Blaue Engel?

Aufgabe der Jury Umweltzeichen ist es auch, die Botschaft des Blauen Engels in knappe Formulierungen zu packen. Unter anderem kann der Verbraucher in den Regalen von Discountern, Warenhäusern und Baumärkten Produkte mit folgenden Aufdrucken finden:

  • Der Blaue Engel, weil emissionsarm.

  • Der Blaue Engel, weil energiesparend.

  • Der Blaue Engel, weil lärmarm.

  • Der Blaue Engel, weil aus 100 Prozent Altpapier.

Der Konsument sollte sich aber immer bewusst sein, dass neben diesen in Kurzform dargebrachten Informationen die Produkte mit dem Blauen Engel auch noch nach weiteren ökologischen und gesundheitsverträglichen Kriterien bewertet werden. In aller Regel werden die Produkte nach einer Vielzahl von Aspekten untersucht und getestet.

Verführungskünste gefragt

Der Blaue Engel soll die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu "verführen", sich bei vergleichbaren Produkten für die ökologischere Alternative zu entscheiden. Nun muss man aber zugeben, dass der Verbraucher bislang nur durch wenige Produkte, die er in den Einkaufsregalen vorfindet, verführt werden kann. Zwar geben immerhin über 80 Prozent der Verbraucher an, den Blauen Engel zu kennen, und noch mehr als 40 Prozent der befragten Konsumenten achten bei ihrem Einkauf auf den Blauen Engel. Dies ist ein Vertrauensbeweis der Verbraucher, der - angesichts der Produkte, die die Konsumenten vorfinden - überrascht. In der täglichen Einkaufswelt finden sich vor allem Wandfarben, Lacke, Tapeten und verschiedene Produkte aus Recyclingpapier, die der Blauen Engel ziert. Die Verführung des Konsumenten konnte 2008 durchaus intensiviert werden, indem es gelang, den Discounter Lidl für zwei Sonderaktionen im Juli und August 2008 zu gewinnen, in dessen Rahmen Blaue-Engel-Produkte einer breiteren Käuferschicht angeboten wurden. Darüber hinaus wurden die Konsumenten in den ausliegenden Handzetteln über den Blauen Engel informiert. Diese Aktion soll im kommenden Jahr bei Lidl fortgesetzt werden.

Der Engel im neuen Gewand

Mit solchen breit angelegten Verkaufsaktionen scheint der Blaue Engel noch besser positioniert werden zu können, denn er braucht trotz aller Bekanntheit mehr Sichtbarkeit am Markt und in der Öffentlichkeit, um seiner Orientierungs- und Aufklärungsfunktion für Verbraucherinnen und Verbraucher gerecht zu werden. Künftig muss er sich aber auch im Sinne einer "Innovationsfunktion" stärker und schneller den aktuellen technischen Entwicklungen und innovativen Unternehmen zuwenden. Dabei ist gerade auch das Zukunftsfeld der Dienstleistungen gebührend zu berücksichtigen.

Um das von der Bundesregierung angestrebte Klimaschutzziel zu erreichen, gilt es, die Verbraucher und Einkaufsabteilungen von Unternehmen gezielt zu motivieren, energieeffizientere Produkte mit dem Blauen Engel zu kaufen. Eine vor Kurzem vom Umweltbundesamt vorgelegte Studie zu den Kosten und Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen kommt zum Ergebnis, dass der Einsatz von energieeffizienteren Geräten in Industrie und Haushalt die wirtschaftlichste Maßnahme sei. Für das kommende Jahr ist daher geplant, einen Blauen Engel für klimarelevante Produkte zu vergeben. Aus ihm soll für den Verbraucher relativ schnell hervorgehen, wie viel Kohlendioxid-Emissionen durch die Nutzung des Produktes entstehen.



Für die Auszeichnung mit dem Klimaschutzzeichen sind zunächst zehn Produkte vorgesehen:

  • Kühlschränke, Kühl- und Gefrierkombinationen,
  • Waschmaschinen,
  • Wäschetrockner,
  • Gasherde,
  • Wasserkocher,
  • Espressomaschinen,
  • TV-Geräte,
  • DVD- oder Blue-Ray-Festplattenrecorder,
  • Notebooks mit abnehmbaren und getrennt kaufbaren LCD-Bildschirmen,
  • Master Slave (automatisch arbeitende Steckerleisten)



Neuer Auftrieb

2009 wird die Jury Umweltzeichen ferner versuchen, neue Verbrauchergruppen gezielt anzusprechen. Auf die Verbraucherinnen und Verbraucher bezogen sollte die Zielgruppenorientierung konsequenter als bisher in die Strategieentwicklung einfließen. Die Jury Umweltzeichen wird den Fokus besonders auf die Erschließung neuer Zielgruppen wie etwa Jugendliche und die Generation 50+ richten, um das Wissen über den Blauen Engel bei diesen stärker als bisher zu verankern. Außerdem ist zu analysieren und zu erörtern, wie sich soziale Benachteiligung auf das Kaufverhalten auswirkt und welche Strategien eingeleitet werden müssen, um diese Käuferschicht zu einem veränderten Konsum zu bewegen. Nicht zuletzt sollte die Frage des Konsumverhaltens auch im schulischen Unterricht angesprochen werden, denn nach wie vor wird zu wenig für die Verbraucherbildung in den Schulen getan. Gerade hier kann aber das Kaufverhalten sozialer Gruppen am ehesten beeinflusst werden.

Eins zeigen diese Vorsätze deutlich: Der Blaue Engel hat auch in den nächsten 30 Jahren viel vor sich und nichts an Aktualität und Bedeutung eingebüßt, sondern eher noch gewonnen.




Kontakt

Dr.rer.pol. Volker Teichert
Vorsitzender der Jury Umweltzeichen
Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft
Schmeilweg 5
69118 Heidelberg

E-mail volker.teichert@fest-heidelberg.de




Quelle:
Wirtschaft | Lieferkette & Produktion, 12.12.2008

     
        
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