Bei Geld und Rendite darf das Engagement nicht aufhören!

Stiftungszweck und Anlagestrategie müssen zusammenpassen

Stiftungen werden gegründet, um eine Mission zu erfüllen beziehungsweise an einem Problem zu arbeiten, das in der Regel gemeinnützig ist. Viele Stiftungen finanzieren sich zum Teil oder vollständig aus den Erträgen des Stiftungskapitals.

Kapitalanlagen von Stiftungen können die letzten Paradiese der Erde gefährden – wenn sie etwa Öl- und Gaskonzerne unterstützen, die ihr Geschäft weiter ausdehnen, wie in der Verde Island Passage auf den Philippinen. Besser: Mikrokredite für Start-ups. © Alvin Simon für CEED/Protect VIP (l.o., r.u.), DER Touristik, Rüdiger Fessel (r.o.), Team Black Image (l.u.)
Es ist wichtig, dass gerade auch (gemeinnützige) Stiftungen wissen, was das Geld ihrer Finanzanlagen am Ende der „Finanzkette" mitfinanziert. Im schlimmsten Fall auch Aktivitäten, die nicht in ihrem Sinne sind, wie Abholzung, kritische Rohstoffe, Massentierhaltung, Pestizideinsatz, Kinderarbeit etc.

Das Thema nachhaltige Anlage ist also besonders für gemeinnützige Organisationen weitaus wichtiger, als bisher angenommen. Die Servicestelle von Engagement Global hat dazu am 20. Juni dieses Jahres eine Veranstaltung organisiert, damit sich Stiftungen mit diesem komplexen Thema und den globalen Verflechtungen auseinandersetzen können.

Wissen schafft Wirkung
Als Expertinnen referierten Agnes Dieckmann von der urgewald Stiftung (www.urgewald.org) und Ingrid Rosenburg von der Stiftung Nord-Süd-Brücken (www.nord-sued-bruecken.de). Sie erklärten, was Stiftungen tun können (z.B. Anlagestrategien erstellen), wie sie sich informieren können und was sie von anderen Stiftungen lernen können.

Dieckmann betonte dabei die Gefahr, dass eine Stiftung einerseits gemeinnützige Zwecke verfolgt, aber mit der Anlage ihrer Gelder Schaden in anderen Regionen der Welt mitverantwortet, ohne davon zu wissen. Auch das Thema Rendite / Risiko sprach Dieckmann an und belegte, dass nachhaltige Anlagen nicht unbedingt schlechter dastehen müssen als konventionelle. Zum Thema Impact und Mission Investing zeigte Rosenburg Praxisbeispiele sowie Handlungsmöglichkeiten von Stiftungen als Investorinnen.

Follow the Money
Um Transparenz zu erzielen, geht es darum, dem Weg des Geldes zu folgen. urgewald arbeitet insbesondere zum Thema klimagerechte Geldanlage. Sie deckt Finanzströme in fossile Energien auf, hat eigene Datenbanken entwickelt, in denen nachzusehen ist, ob Fonds oder andere Finanzprodukte aus nachhaltiger Sicht bedenklich sind (Global Coal Exit List), zu finden unter www.coalexit.org.
 
"Viele Stiftungen tragen schon zur Erreichung der SDGs bei, doch die nachhaltige Anlage ihrer Mittel bleibt ein unterschätzter Hebel zur Wirkungsverstärkung. Wir unterstützen Stiftungen dabei mit Information, Kontakten und Vernetzung."
Donata Richtsteig, Stiftungsmanagerin (DSA) bei der Servicestelle für Stiftungen und Philanthropie bei Engagement Global
 
Engagement Global – hier wird Ihnen geholfen
Engagement Global verbindet Menschen und Institutionen, unterstützt zivilgesellschaftliches und kommunales Engagement und orientiert sich eng an der Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung – den Sustainable Development Goals (SDGs).
 
Kontakt: stiftungen@engagement-global.de; Tel.: +49 228 20717 2401

forum nutzte die Gelegenheit für ein weiterführendes Interview mit Agnes Dieckmann von der Stiftung Nord-Süd-Brücken und Andrea Soth von Stiftung urgewald:

Wie hängt der Stiftungszweck mit der Anlagestrategie einer Stiftung zusammen?
Der Stiftungszweck ist das oberste Ziel einer Stiftung, dem hat sich auch die Kapitalanlage unterzuordnen. Sowohl die Förderungen als auch das operative Geschäft einer Stiftung müssen zusammen mit der Kapitalanlage als eine Wirkungseinheit betrachtet werden. Daraus ergibt sich, dass die Kapitalanlage den Stiftungszweck gezielt mitbefördern sollte.

Sollten Stiftungen Anlagen suchen, die kongruent zum Stiftungszweck sind?
Auf jeden Fall, denn es verstärkt die Wirkung, die sie mit ihren Projekten verfolgen, und vermeidet Situationen, in denen die Kapitalanlage den Stiftungszweck sogar konterkariert. Dies kann in manchen Fällen sogar zu einem Reputationsrisiko für die Stiftungen werden. 

Wie findet man solche Anlage­möglichkeiten?
Stiftungen müssen sich intensiv mit der Geldanlage auseinandersetzen. Wichtig sind die Anlagerichtlinien, sie definieren Ausschlüsse und Positivkriterien, nach denen Produkte und Fonds ausgewählt werden können. Der Markt für nachhaltige Geldanlagen beinhaltet hell- bis dunkelgrüne Angebote und bei vielen Produkten ist Greenwashing ein ärgerliches Thema.  

Wer hilft bei der Suche?
Anlagerichtlinien sind die wichtigsten „Guidelines" für die Vermögensverwaltung. Stiftungen, die ihr Kapital selbst oder ehrenamtlich verwalten, finden in der Datenbank Faire Fonds (www.faire-fonds.info) Hilfe bei der Bewertung von Anlageprodukten. Diese Datenbank enthält Informationen zu klimaschädlichen und Menschenrechte verletzenden Unternehmen. Die Nutzung der Datenbank ist kostenlos. 

Wer bewertet solche Anlagen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Impact, Sicherheit? 
Jede Stiftung setzt sich mit der Erwirtschaftung von Erträgen aktiv auseinander, denn davon hängt die Förderung ihrer Projekte ab. Der zusätzliche Nutzen einer ethisch-nachhaltigen Kapitalanlage ist ein Instrument, mit dem der Stiftungszweck wirkungsvoller umgesetzt werden kann. Eine Institution, die eine so umfassende Gesamtbewertung vornimmt, gibt es leider nicht.

Kommt hier nicht ein großes „Ja, aber" in Bezug auf die Rendite ins Spiel?
Untersuchungen zeigen immer wieder, dass nachhaltige Geldanlagen nicht schlechter dastehen als nicht-nachhaltige. Unterschiedliche Formen der Kapitalanlage haben unterschiedliche Risiken, die man gegeneinander abwägen muss.

Wie kann und muss man dem begegnen?
Wir müssen mehr werden – mehr Bürger*innen, Anleger*innen, Vermögende, Stiftungen, die mit ihrem Engagement UND mit ihrem Geld eine lebenswerte Zukunft gestalten. Menschen sollten sich über die Wirkung ihres Geldes bewusster werden und es als einen wirkmächtigen Hebel einsetzen. Insbesondere Stiftungen können sich vernetzen, indem sie sich gerne bei der urgewald Stiftung melden. 

Hinweis: Wertvolle Hilfe bietet die Broschüre: „Ihr Kapital kann Zukunft – Klimagerechte Geldanlage für Stiftungen", zum Download unter www.urgewald.org/shop/stiftungsbroschuere.

Impact und Mission Investing
Die Stiftung Nord-Süd-Brücken bemüht sich seit längerem um Anlagemöglichkeiten, die mit ihren Satzungszwecken – Förderung der Entwicklungszusammenarbeit und der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit – übereinstimmen. Neben Darlehen und Erbbaurechten, die gute Mission Investing-Möglichkeiten darstellen, wenn die Immobilien dann entsprechenden Nutzer*innen zum Beispiel für Bildungsarbeit überlassen werden, eignen sich aus ihrer Sicht auch Mikrofinanzanlagen.

Gute Erfahrungen hat die Stiftung unter anderem mit dem Fonds sanad fund for MSME (www.sanad.lu) gemacht, der Kleinst- sowie Kleine und Mittlere Unternehmen mit dem Ziel der Beschäftigungsförderung für junge Menschen im Mittleren Osten und Nordafrika finanziert.

Wichtig ist dabei die Beteiligung des BMZ oder der KfW: Ihre Co-Finanzierungen reduzieren einerseits die Risiken für die Investor*innen. Andererseits unterstützt ihre Expertise die Mikrofinanzinstitute im Globalen Süden dabei, die kreditnehmenden Kleinstunternehmen vor Ort mit betriebswirtschaftlichem Know-how zu versorgen. Die gls-Bank, die den oben genannten Fonds vertreibt, steht hier als Beraterin zur Seite.

Weitere vergleichbare Fonds sind der Regional MSME Investment Fund for Sub-Sahara Africa S. A. (www.regmifa.com) oder der Green for good Growth Fund (www.ggf.lu).

Gesellschaft | Stiftungen, 20.11.2024
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