52 Milliarden für die Zukunft: Der Weg zur klimaneutralen Wirtschaft
Warum Investitionen in grüne Technologien keine Frage des "wie", sondern des "wann" sind
Die deutsche Industrie könnte mit Investitionen in Höhe von rund 52 Milliarden Euro bis 2050 nahezu klimaneutral werden. 52 Milliarden, das ist erst einmal viel Geld. Aber 52 Milliarden gesehen auf rund 25 Jahre? Da klingt die Summe schon weniger erschreckend. Wenn man sie durch fast 25.000 Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland teilt und dann noch Ersatzinvestitionen herausrechnet, die für die Unternehmen sowieso anfallen würden, dann klingt das plötzlich machbar, oder?
Warum sind deutsche Unternehmen aktuell so zögerlich, wenn es um Investitionen in ihre grüne Zukunft geht? Sind es wirklich die politischen Rahmenbedingungen oder gibt es noch andere Gründe, die dahinterstecken? Die jüngste Allianz Trade Global Survey ergibt beim Thema Nachhaltigkeit: Im Hinblick auf ESG-Themen rangieren deutsche Unternehmen eher weiter hinten. Insgesamt werden die Pläne der Befragten, Emissionen zu reduzieren, zu langsam umgesetzt. Dabei sollten sich die Unternehmen herausfordernde Ziele setzen, um bis 2050 tatsächlich klimaneutral zu werden. Zwar geben 71 Prozent der deutschen Befragten an, dass sie ihr Unternehmen auf dem richtigen Weg sehen, um bis 2050 eine Netto-Null-Emission zu erreichen. Damit kommen deutsche Unternehmen auf Rang sechs der acht befragten Länder. Nur Italien und Polen schneiden noch schlechter ab. Etwa zwei von drei befragten deutschen Unternehmen geben außerdem an, ihre Emissionen im nächsten Jahr um ein bis zu fünf Prozent zu reduzieren. Nur eines von drei Unternehmen will den CO2-Ausstoß um mehr als fünf Prozent reduzieren. Das ist viel zu wenig, um die Klimaziele zu erreichen...
Nach den Maßnahmen befragt, die notwendig wären, um den CO2-Fußabdruck in ihrer Lieferkette zu reduzieren, zeigen die Unternehmen eine Präferenz für Steuererleichterungen auf ihre grüne Produktion. Die Unternehmen setzen also eher auf monetäre Vorteile als auf Schulden. Grüne Kredite liegen etwas abgeschlagen als Maßnahme zurück.
Wer jetzt handelt, gewinnt: Die grüne Wirtschaft wird sich bis 2030 verdoppeln
Neben entsprechenden Anreizen ist aber vor allem die Planbarkeit bei den Investitionen entscheidend: Die Politik muss dazu verlässliche Rahmenbedingungen schaffen: Der Net-Zero Industry Act sowie der EU Green Deal sind erste Schritte in diese Richtung auf EU-Ebene.
Aber auch die Länder selbst müssen mehr Planbarkeit schaffen. In Deutschland dürfte dies angesichts der makroökonomischen Situation mit einer verschleppten Rezession sowie den aktuellen politischen Diskussionen innerhalb der Regierungsparteien und der im kommenden Jahr anstehenden Bundestagswahlen ein eher schwieriges Unterfangen werden. Durch die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) sind wenigstens Kredite wieder billiger, was auch grüne Investitionen ankurbeln sollte.
Fest steht: Die Unternehmen müssen selbst aktiv werden und jetzt die Weichen für die Zukunft stellen, ganz unabhängig von finanziellen Anreizen und politischem Rahmen. Wer abwartet, statt zu handeln, läuft Gefahr, am Ende den Zug zu verpassen und gegenüber (internationalen) Wettbewerbern (noch weiter) an Boden zu verlieren. Das Potenzial ist enorm. Die grüne Wirtschaft wird sich bis 2030 verdoppeln und bis 2050 verdreifachen.
Eigene Energieversorgung und Innovation
Dies könnte im Übrigen auch Wettbewerbsnachteile wie die aktuell sehr hohen Energiepreisen in der Bundesrepublik neutralisieren. Die eigene, grüne Energieversorgung ist ein probater Weg.
Eine ambitioniertere Reduzierung der eigenen CO2-Emissionen ist allerdings nur eine Seite der Medaille. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird nur möglich sein, wenn grünere Güter und Technologien in einem noch nie dagewesenen Tempo entwickelt, eingesetzt und verbreitet werden. Deshalb spielen für den ehemaligen Exportweltmeister ein grüner Handel, nachhaltige Lieferketten und eine umweltbewusste Schifffahrt eine zentrale Rolle in der Transformation.
Hier kommen auch Banken- und die Versicherungsbranche als wichtige (Finanzierungs-)Partner ins Spiel. Wenn nachhaltige Geschäfte und Investitionen bevorzugt werden, wird das den Umbau der Wirtschaft beschleunigen. Wenn Transparenz geschaffen wird, verschwindet die Unsicherheit. Und besonders Kreditversicherer kennen die Unternehmen in den Lieferketten oft sehr genau und können Hinweise auf Risiken und Alternativen geben.
Deutsche sollten das Potenzial nutzen
Deutsche Unternehmen sind im Vergleich zu anderen Ländern beim grünen Handel besser positioniert als sie selbst oft glauben. Deutschland übertrifft die USA bei den grünen Exporten. Im Jahr 2022 machten grüne Güter rund 15 Prozent der deutschen Gesamtexporte aus. Zwischen 2000 und 2022 verzeichnete die Bundesrepublik zudem den größten Anstieg der Ausfuhren von Umweltgütern im Verhältnis zum BIP (+6,9 Prozentpunkte), gefolgt von Südkorea und China.
Durch die Konzentration auf deren Produktion und den Export können sowohl Deutschland als auch Europa die wachsenden globalen Märkte für saubere Technologien und Produkte noch besser erschließen. Dies kann das Wirtschaftswachstum ankurbeln und weitere Investitionen in den grünen Wandel fördern. Hier ist die Politik weiter gefragt. Der EU Green Deal und der Inflation Reduction Act geben bereits einen Rahmen, aber auch ein höherer CO2-Preis, das Überdenken von Subventionen für fossile Brennstoffe oder die Reduzierung von Zöllen auf grüne Waren könnten wirksame Hebel sein. Die Handelshemmnisse für Umweltprodukte sind immer noch beträchtlich. Eine Senkung der Kosten für die Einfuhr umweltfreundlicher Waren würde diese für Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen erschwinglicher machen und den Wettbewerb zwischen den Herstellern anregen, was wiederum Innovationen im Inland und weltweit fördern würde. Wir schätzen, dass die Abschaffung der Zölle auf grüne Waren das Exportvolumen um mehr als 10 Prozent pro Jahr steigern könnte, was einem Wert von etwa 184 Mrd. US-Dollar entspricht. Mit diesen Erlösen ließen sich die notwendigen Investitionen in die Klimaneutralität definitiv stemmen!
Piril Kadibesegil Yasar kam 2014 zur Allianz, wo sie zunächst den Bereich Nachhaltigkeit für die Allianz Türkei leitete und 2017 zum globalen Nachhaltigkeitsteam der Allianz in München wechselte. 2023 wurde sie zur Leiterin des globalen ESG-Bereichs bei Allianz Trade ernannt. Unternehmen nachhaltiger zu machen ist ihre Leidenschaft.
Wirtschaft | CSR & Strategie, 05.01.2025
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