BEE Energiedialog 2025

Wieso die CDU/CSU falsch liegt

...und Klimaschutz global wie national beschleunigt und nicht verlangsamt werden muss. Ein Kommentar von forum-Kurator Hans-Josef Fell..

Ein Aufruf an Mitglieder der Partei Bündnis 90/DIE GRUENEN, den Änderungsantrag zum Wahlprogramm „Ein Klima in dem wir gut leben können", mitzuzeichnen. Ein Kommentar von forum-Kurator Hans-Josef Fell.

 © makabera, pixabay.com
2015 wurde in Paris beschlossen, die globalen Treibhausgasemissionen jedes Jahr deutlich zu senken, damit der irdische Temperaturanstieg bei 1,5° C gestoppt werden kann. 2024 ist mit 1,55 °C das Pariser Ziel aber schon überschritten.

Die gesamten CO2-Emissionen werden 2024 voraussichtlich 41,6 Gigatonnen CO2 erreichen – ein neuer Rekord und nochmals zwei Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2023. Diese nüchternen Zahlen belegen, dass das Abkommen von Paris gescheitert ist.

Die alarmierenden Ergebnisse der Klimaforscher erklären, warum Extremwetterkatastrophen weltweit immer häufiger und schwerwiegender werden – zuletzt sichtbar bei den Überschwemmungen in Spanien, bei denen über 200 Menschen ums Leben kamen.

Oder im tödlichen Zyklon Chido, der in Mosambik sowie auf der französischen Insel Mayotte mit ihren 310.000 Einwohnern schwere Zerstörungen angerichtet hat. Es wird befürchtet, dass dort Tausende Menschen ums Leben gekommen sind.

In New York müssen fossile Unternehmen künftig für die von ihnen verursachten Klimaschäden zahlen
Trotz Trumps Wahlsieg gibt es in den USA auch sehr positive Entwicklungen in der Klimapolitik. In New York, der zehntgrößten Wirtschaftsregion der Welt, trat vor wenigen Tagen ein phänomenal weitreichendes Gesetz zu Klimaschutz und Klimaanpassung in Kraft. Mehrere US-Bundesstaaten kündigten an, dem Beispiel zu folgen.

Das neue Gesetz verpflichtet große fossile Brennstoffunternehmen, wichtige Projekte zum Schutz der Bürger von New York zu finanzieren, indem ein Klima-Superfonds geschaffen wird. Dieser unterstützt Projekte, die die Widerstandsfähigkeit des Staates gegenüber Klimaauswirkungen wie Überschwemmungen und extremer Hitze erhöhen.

Bloomberg zufolge wird das neue Gesetz die größten Umweltverschmutzer des Staates dazu verpflichten, über einen Zeitraum von 25 Jahren schätzungsweise 75 Milliarden Dollar zu zahlen, um New Yorks Infrastruktur besser gegen Überschwemmungen und andere klimabedingte Ereignisse zu wappnen.

Auch Deutschland und die EU sollten Gesetze wie New York erlassen, anstatt weiterhin die fossile Wirtschaft mit Subventionen zu stützen.
In Deutschland wäre ein solches Gesetz dringend erforderlich. Im Jahre 2024 lagen die versicherten Schäden durch Unwetter erneut auf einem sehr hohen Niveau von 5,5 Milliarden Euro.

Es wird Zeit, dass auch in Deutschland und der ganzen EU ähnliche Gesetze wie in New York geschaffen werden, ansonsten werden Unwetterschäden bald nicht mehr versicherbar sein und die staatlichen Haushalte mit der Schadensbegleichung von Extremwetterschäden überlastet sein. Dies würde zudem die Finanzkraft der fossilen Klimaverschmutzer schwächen, in neue klimaschädliche Projekte wie LNG-Terminals, Erdgaskraftwerke, blauen Wasserstoff oder CCS zu investieren. Damit könnte sofort auch mehr Klimaschutz erreicht werden.

Schon im Wahlkampf sollte das Thema angegangen werden, Klimaverschmutzer wie Shell, BP, Exxon, Gazprom, BASF, RWE oder E.ON zur Verantwortung zu ziehen und die durch sie verursachten Schäden zu begleichen.

Aber auch in Deutschland gibt es stattdessen milliardenschwere Subventionen für die fossile Wirtschaft und damit für die Klimaaufheizung. So hat gerade die EU-Kommission eine staatliche Beihilfe aus Steuergeldern in Höhe von 4 Mrd. Euro für den Bau von vier schwimmenden LNG-Terminals genehmigt.

Die fossilen Subventionen und Unwetterschadensbegleichungen belasten den Staatshaushalt mit zig Milliarden sehr hoch. Klimaschutz hingegen wird oft als nicht bezahlbar angesehen, da die Schuldenbremse ansonsten nicht eingehalten werden könnte – eine Verdrehung der wahren Verhältnisse.

In den letzten Monaten scheiterte die Ampelkoalition vor allem auch an der Diskussion um die Schuldenbremse und Staatsausgaben für die Finanzierung von Klimaschutz. Doch bei Milliardenbeträgen für fossile Subventionen oder Schäden, die durch fossile Nutzung entstehen, herrscht in Deutschland erstaunliche Ruhe. Dies liegt wohl daran, dass Politiker wie Merz, Spahn, Söder, Lindner und Co. ständig hohe Staatsausgaben im Bereich des Klimaschutzes kritisieren, nicht jedoch für den fossilen Sektor.

Für die sündhaft teure Atomenergie fordern sie sogar neue Investitionen, die es – wenn überhaupt – nur mit massiver staatlicher Hilfe geben kann.

Die Weltgemeinschaft braucht also einen deutlich ambitionierteren Klimaschutz, sowohl global als auch national
Damit die Menschheit mit ihrer Zivilisation in den nächsten Jahrzehnten noch eine Chance zum Überleben hat, müssen die Klimaschutzmaßnahmen massiv verstärkt werden: global, auf EU-Ebene und auch national.

Doch die politischen Tendenzen gehen in die andere Richtung. Die Bundestagswahl wird eine zentrale Bedeutung haben, ob Deutschland sich endlich auf einen starken Klimaschutzpfad begibt, der gleichbedeutend ist mit einer industriellen Revolution der sauberen Technologien, wie es uns China immer deutlicher vor macht – – oder ob es sich in eine Richtung bewegt, wie die USA unter Trump, die immer mehr Erdöl, Erdgas und Kohle fördern wollen.

Leider zeigen viele Wahlaussagen der konkurrierenden Parteien im Bundestag, dass sie diese Herausforderungen nicht annehmen, sondern teilweise den menschgemachten Klimawandel leugnen, wie die AfD, oder auf Energiekonzepte setzen, die das Klima weiter aufheizen, wie die Partei BSW, die wieder zurück zum russischen Erdöl steuern will – womit die selbsternannte Friedenspartei die russische Kriegskasse weiter auffüllen will.

Gründer der Klimaunion verlässt die CDU
Schlimm und ernüchternd ist die jüngere Entwicklung in der Union. 2021 wurde die Klimaunion gegründet, um innerhalb von CDU und CSU dem Klimaschutz eine stärkere Durchschlagskraft zu geben. Anfänglich mit durchaus bemerkenswerten Erfolgen, insbesondere mit einem erfreulichen Zulauf vieler Parteimitglieder. Doch mit den jüngsten Entwicklungen der Geringschätzung einer guten Klimaschutzpolitik, insbesondere an der Unionsspitze, ist der Gründer der Klimaunion, Heinrich Strößenreuther, jetzt aus der CDU ausgetreten und plant, zu den Grünen zu wechseln.

Strößenreuther kritisiert, wie CDU-Spitzenkräfte wie Friedrich Merz, Jens Spahn und Markus Söder zuletzt gegen Klimapolitik und die Grünen gewettert haben, sowie ihr rhetorisches Rücken an den rechten Rand – ganz im Stile von Trump. Dabei wird sowohl der Umgang mit Fakten als auch die Verkennung der wirtschaftlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die globale, längst stattfindende Transformation hervorgehoben.

Bündnis 90/Die Grünen vertreten die stärkste Klimaschutzpolitik aller im Bundestag vertretenen Parteien
Mit großem Vorsprung vor den anderen im Bundestag vertretenen Parteien verfolgen Bündnis 90/Die Grünen eine aktive und offensive Klimaschutzpolitik. Erfolge konnten sie nach 16 Jahren Stillstand unter Kanzlerin Merkel in der Ampelkoalition gegen alle Widerstände aus der FDP verzeichnen, wie etwa mit einem wiedererstarkten Ausbau der Solarenergie oder einem starken Moorschutzprogramm. Der Entwurf des Wahlprogramms der Grünen https://www.gruene.de/artikel/zusammen-wachsen hebt sich in puncto Klimaschutz stark positiv von denen anderer Parteien ab.

Dennoch wird auch dieses Klimaschutzprogramm der Grünen nicht den Herausforderungen gerecht, die sich aus der oben beschriebenen katastrophalen Aufheizung der Erde ergeben.

Daher haben Jürgen Kurz, vom Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen Mayen Koblenz, und ich einen Änderungsantrag zur Klimaschutzpolitik im Wahlprogramm der Grünen eingebracht.

Wir empfehlen den Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen diesen konkretisierenden Änderungsantrag zu unterstützen. Das geht über diesen Link und die Anmeldung im grünen Netz. Dort findet sich auch den Antragstext im Wortlaut
Begründung für den Antrag:
Wir plädieren dafür, das Thema Klimawandel bei dieser wichtigen Wahl offensiver anzugehen. Das erwarten alle Unterstützer unserer Partei. Die einzelnen Konzepte sind eigentlich klar und können, wie in unserem Änderungsantrag, auch konkret benannt werden. Der Text soll für Leser konkret und schlüssig sein und zum Ausdruck bringen, dass Klimaschutz im Einklang mit der Wirtschaft erfolgen kann und viele Chancen bietet.

Der Hinweis auf die aktuell vorhandenen 425 ppm ist elementar und fehlt bei allen Debatten. Den Menschen muss bewusst werden, wie die Erde aussah, als wir das letzte Mal vor rund 15 Mio. Jahren 420 ppm CO2 in der Atmosphäre hatten:

Meeresspiegel 30 Meter höher, Grönland eisfrei, Kanada mit tropischen Regenwäldern.
Wir befinden uns wieder auf diesem Pfad, und der Kampf dagegen muss von der Menschheit aufgenommen werden. Leider haben alle bisherigen Klimakonferenzen im Hinblick darauf nicht das notwendige Ergebnis gebracht.

Wir können diesen Kampf erfolgreich bewältigen, wenn wir bereit sind, mit der Welt an diesem Thema intensiv zusammen zu arbeiten. Wir in Deutschland können es allein nicht leisten!

Die technischen Möglichkeiten sind vorhanden und genügend Wissenschaftler stehen bereit, daran mitzuwirken. Es gibt keinen Grund, das nicht konkret und positiv zu benennen!

Wer diesen Antrag mitunterzeichnet, hilft mit, den Klimaschutz zu einem noch stärkeren Signal im grünen Wahlprogramm zu machen.

Wie wichtig das ist, zeigen die jüngsten Enthüllungen von Correctiv.

Lobbyisten Einfluss der Erdöl- und Erdgaswirtschaft nimmt auch in Deutschland Ausmaße an wie in den USA unter Trump
Correctiv hat erst kürzlich die fast unglaublichen Einflüsse US-amerikanischer Institute, die den Klimawandel leugnen, auf die FDP, CDU und CSU aufgedeckt. Diese unterstützen die klimaschädliche fossile Wirtschaft, ähnlich wie in der republikanischen Ecke Trumps in den USA.

Correctiv beschreibt genau, wie Trumps klimafeindliche Pläne in die deutsche Politik gelangen. Es ist eigentlich unfassbar zu lesen, wie gerade in den letzten Monaten klimawandelleugnende US-Think Tanks mit Hilfe und Finanzierung des weltumspannenden Atlasnetzwerk die Zusammenarbeit mit FDP, CDU und CSU verstärkt haben, um so Trumps Klimaschutzfeindlichkeit nach Europa bringen.

Ähnlich erschreckend ist ein anderer Correctiv-Bericht über die engen Verbindungen vieler AFD-SpitzenpolitikerInnen zu Trump.

Viele Antiklimaschutz-Thesen finden sich auch bei BSW-Politikern. So wirbt Sarah Wagenknecht offen für ein Ende des Boykotts russischer Erdöllieferungen.

Wer die CDU wählt, muss wissen, dass er damit zunehmend Trump-Einfluss in der deutschen Politik unterstützt
Die politische Entwicklung zum Klimaschutz in Deutschland und der EU sollte für alle höchst besorgniserregend sein. Heinrich Strößenreuther hat mit seinen vielen Insiderblicken in der Klimaunion diese Entwicklung genau beobachtet und deshalb mit seinem CDU-Austritt ein warnendes Zeichen gesetzt. Die immer stärkere Annäherung der CDU/CSU an die Antiklimaschutz-Politik Trumps ist höchst besorgniserregend.

Es kommt also viel stärker auf die kommende Bundestagswahl an, wenn der Klimaschutz auch in Deutschland wieder aktiv Fuß fassen will. Alle WählerInnen sollten genau hinhören und mehr Sensibilität zeigen, da die Trumprethorik nach mehr Erdöl-, Kohle-, Erdgas und Atomkraft auch bei Spitzenpolitikern der CDU/CSU/FDP/AFD/BSW immer offensichtlicher wird.

Hans-Josef Fell © EWGSollte nach der Wahl eine sich aufbauende Achse Trump – Merz für mehr Erdöl, Erdgas, Kohle und Atomkraft entstehen, wird es für den Klimaschutz zu spät sein. Die Alarmzeichen der Klimaforscher sind bereits schrill. Wenn in diesem Jahrzehnt noch mehr Zeit verstreicht, um endlich auf eine Politik des schnellen Ausstiegs aus Erdöl, Kohle, Erdgas zu setzen, dann werden wir wohl immer schneller in solchen Wetterextremen und dem steigenden Meeresspiegel untergehen, wie sie bereits Städte wie Valencia, Ahrtal und Mayotte  heimsuchten.

Uns bleibt nur wenig Zeit in diesem Jahrzehnt, um noch komplett umzusteuern. Die stürmische Entwicklung der sauberen, emissionsfreien Industrie vor allem aus China kommend, ist sehr hoffnungsvoll und macht Mut. Diese kann und muss auch bei uns stärker aufgegriffen werden. Doch dazu braucht es eine klare offensive Klimapolitik, also komplett andere Konzepte als die der CDU/CSU/FDP/AFD/BSW.
 
Hinweis: Den Original-Artikel mit sämtlichen Verlinkungen finden Sie hier

Hans-Josef Fell ist forum-Kurator und war von 1998 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen. Als Mitautor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Deutschland hat er maßgeblich zur Entwicklung von Photovoltaik, Biogas, Windkraft, Wasserkraft und Geothermie beigetragen und die Grundlage für eine nachhaltige Energiepolitik in über 60 Nationen gelegt. Heute ist er Initiator und Präsident der Energy Watch Group, einem Think Tank für Klimaschutz.

Kontakt: Hans-Josef Fell | info@hans-josef-fell.de | hans-josef-fell.de


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