Wir brauchen eine digitale Zeitenwende zum Schutz der Demokratie

Öffentlicher Diskurs im Digitalen muss geschützt werden

Die jüngste Kehrtwende von Meta in der Moderation von Inhalten ist eine Bedrohung für den demokratischen Diskurs in digitalen öffentlichen Räumen. Mark Zuckerbergs Entscheidung zeigt, wie abhängig wir von den Entscheidungen opportunistischer Tech-Milliardäre sind. Die Erklärung von Zuckerberg ist eine offensichtliche Anbiederung an rechtspopulistische Kräfte in den USA und setzt Inhaltemoderation sowie Plattformregulierung mit "Zensur" gleich.
 
Es braucht jetzt eine Zeitenwende für den Umgang mit digitalen öffentlichen Räumen und insbesondere eine konsequente Förderung unabhängiger Alternativen, um den öffentlichen Diskurs im Digitalen zu schützen.

Ein Kniefall vor dem Rechtspopulismus
Erik Tuchtfeld, Co-Vorsitzender von D64 © D64/Fionn Große; unter CC BY-SA 4.0Erik Tuchtfeld, Co-Vorsitzender von D64 © D64/Fionn Große; unter CC BY-SA 4.0
2024 haben wir uns als Verein faschismussicherer Digitalpolitik gewidmet. 2025 - im Jahr der Bundestagswahl und der Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident - bleibt dieser Schwerpunkt aktuell. Die Änderungen von Meta zeigen, wie stark die politische Beeinflussung großer Plattformen ist. Donald Trump meint, es sei "wahrscheinlich", dass diese Entscheidung auf seine frühere Kritik zurückzuführen sei. Der Verweis auf "politischen Bias" der Fact-Checker und die Gleichsetzung jeder Art von Regulierung und Inhaltemoderation mit Zensur zeigen, wie erfolgreich Donald Trump und Elon Musk die Debatte verschoben haben.
 
"Es braucht eine Zeitenwende für eine demokratische Gestaltung des digitalen öffentlichen Raums, um den Einfluss von Tech-Milliardären einzudämmen, die sich Rechtspopulisten andienen wollen. Dafür bedarf es einer umfangreichen Förderung von dezentralen Alternativen, die Machtkonzentration verhindern und europäischen Werten verpflichtet sind."
Erik Tuchtfeld, Co-Vorsitzender von D64

Natürlich war auch die Inhaltemoderation von Meta in der Vergangenheit nicht perfekt. Keine der angekündigten Maßnahmen spricht jedoch dafür, dass mehr "free speech" künftig mehr Meinungsfreiheit für diejenigen bedeutet, die von Marginalisierung betroffen sind. Das zeigt sich auch im Meta-internen Umgang mit Kritik - diese wird schlicht gelöscht. Stattdessen zielen die Änderungen in der Inhaltemoderation einseitig darauf ab, mehr Hassrede gegen LGBTQI-Communities oder Migrant:innen zuzulassen. Es zeigt sich ein Verständnis von Meinungs- und Redefreiheit, das weit von ihrem Kern entfernt ist: der Kritik an den Mächtigen. Stattdessen betont man das Recht einer (vermeintlichen) Mehrheit, Minderheiten digital anzuschreien, zu beleidigen und zu bedrohen.

Die Änderungen zeigen auch die Grenzen der europäischen Plattformregulierung. Zwar müssen X und Facebook auch in Europa nach wie vor alle illegalen Inhalte, die ihnen gemeldet werden, löschen. Im öffentlichen Diskurs und gerade im Bereich der Desinformation gibt es jedoch viele "awful but lawful" Inhalte. Der Staat kann und sollte die Löschung solcher Inhalte, wenn sie nicht rechtswidrig sind, auch nicht verlangen können. Auch Fact-Checking ist wohl (im Detail werden das die gerichtlichen Auseinandersetzungen der Zukunft zeigen) keine Verpflichtung unter dem DSA.

Dennoch sind es gerade diese Inhalte in der Grauzone, die den demokratischen Diskurs beschädigen. Die EU darf angesichts der Kritik Zuckerbergs jetzt keinesfalls zurückweichen, sondern sollte die demokratisch ausgehandelte Regulierung (DSA, DMA, AI Act für KI-generierte Inhalte, ab Oktober die Verordnung zu politischer Werbung etc.) nun konsequent anwenden.

Der beste Zeitpunkt für alternative Plattformen war vor ein paar Jahren - der zweitbeste ist jetzt
Der plötzliche Richtungswechsel bei Meta und die Übernahme von Twitter/X durch Musk zeigen in neuer Intensität auf ein altes Problem: die Macht einzelner Tech-Konzerne und reicher Individuen über unseren demokratischen Diskurs. Wir brauchen eine umfassende Zeitenwende für den digitalen öffentlichen Raum, um ihn demokratisch zu gestalten. Dazu gehört auf individueller Ebene der Wechsel zu gemeinwohlorientierten Alternativen. Bereits jetzt haben sich viele Organisationen, Universitäten und Politiker:innen von X und Facebook zurückgezogen - auch wir als D64.

Vor allem aber müssen diese Alternativen systemisch und damit politisch gefördert werden. Der beste Schutz gegen Faschismus und Autoritarismus ist die Verhinderung von Machtkonzentration und die gesellschaftliche Einbettung von Entscheidungsmechanismen. Digitale öffentliche Räume, die europäischen Werten verpflichtet sind, müssen staatsfern und unabhängig aufgebaut werden und gleichzeitig als gemeinwohlorientierte Angebote öffentlich gefördert werden.

Eine Abgabe ähnlich dem Rundfunkbeitrag könnte eine Lösung sein, aber auch Stiftungen, öffentlich-rechtliche Anstalten oder sogar die Förderung von Vereinen, die demokratische digitale Räume zur Verfügung stellen (ähnlich der Sportförderung), sind denkbar.

Sehr kurzfristig sollte zudem die Gemeinnützigkeit solcher Initiativen (wie von Open Source Software generell) anerkannt werden, um die private Demokratieförderung im digitalen Raum attraktiver zu machen. Neben diesen großen politischen Schritten ist der kleine Umstieg schon jetzt möglich: Mastodon und das Fediverse statt X, HumHub statt Facebook-Gruppen, Signal statt WhatsApp.

Als Verein engagieren wir uns aktiv für und in solchen Alternativen, unter anderem mit einer eigenen Mastodon-Instanz für Mitglieder, mit Einstiegsmaterialien zu Mastodon, einem Verifizierungsservice für Mitglieder auf Bluesky und Mastodon und dem Aufbau einer HumHub-Community, die die Weiterentwicklung der Software aktiv vorantreibt.

Kontakt: D64 - Zentrum für Digitalen Fortschritt e.V., Ulrich Berger | presse@d-64.org | www.d-64.org


Technik | Digitalisierung, 13.01.2025

     
        
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