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Erbverträge zwischen Lebenspartnern: Welche rechtlichen Besonderheiten gibt es?

Erbvertrag oder Testament? Die beste Lösung für unverheiratete Lebenspartner

Paar mit einem Erbvertrag - Quelle: Adobe Stock Nutzer: Robert Kneschke
Ein Erbvertrag bietet Lebenspartnern eine sichere Nachlassregelung, die gesetzliche Erbansprüche ersetzt. Welche Vorteile er bietet und worauf bei der Gestaltung zu achten ist, erfahren Sie hier.
 
Ein Erbvertrag ist ein juristisches Instrument, das zur Regelung der Erbfolge zwischen zwei oder mehreren Parteien zu Lebzeiten geschaffen wird und verbindlich ist. Er kann im Unterschied zu einem Testament nicht einseitig durch den Erblasser geändert oder widerrufen werden, sondern bedarf grundsätzlich der Zustimmung aller vertragsschließenden Parteien. Diese rechtliche Bindung macht den Erbvertrag besonders für Lebenspartner interessant, die nicht verheiratet sind und somit nicht automatisch gesetzlich erbberechtigt.

Für unverheiratete Paare bietet der Erbvertrag die Möglichkeit, die gegenseitige Versorgung im Todesfall sicherzustellen und die gewünschte Erbfolge verbindlich zu regeln. Laut Björn-Thorben Knoll, LL.M., Fachanwalt für Erbrecht und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT), sind sie ohne einen solchen Vertrag auf die testamentarische bzw. gesetzliche Erbfolge angewiesen, bei welcher der Lebenspartner je nach Konstellation leer ausginge oder benachteiligt wäre. Der Erbvertrag kann daher für Lebenspartner ein wichtiges Instrument sein, um Ansprüche zu sichern und mögliche Streitigkeiten unter Hinterbliebenen im Vorfeld zu vermeiden.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Erbverträge

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Erbverträge im deutschen Erbrecht sind klar definiert. Ein Erbvertrag kann von Personen geschlossen werden, die geschäftsfähig sind, das bedeutet, dass sie das 18. Lebensjahr vollendet haben und in der Lage sind, eigenständig rechtlich bindende Entscheidungen zu treffen. Dabei ist besonders zu beachten, dass Erbverträge grundsätzlich bilateral abgeschlossen werden. Sie entfalten ihre Wirkung zumeist erst mit dem Ableben eines der Vertragspartner und erfordern somit eine sorgfältige Abwägung und ein klares Verständnis der rechtlichen Konsequenzen.

Ein unabdingbares Kriterium für die Gültigkeit eines Erbvertrags ist dessen notarielle Beurkundung. Diese Beurkundungspflicht stellt sicher, dass der Erbvertrag formell wirksam ist und dass alle Parteien sich der Konsequenzen ihrer Vereinbarungen bewusst sind. Im Rahmen der Beurkundung durch einen Notar erfolgt eine rechtliche Beratung und Überprüfung aller getroffenen Regelungen. Die notarielle Beurkundung ist sowohl für die Rechtssicherheit als auch für die Beweiskraft des Erbvertrags entscheidend und schützt die Parteien vor vorschnellen oder unüberlegten Entscheidungen.

Wechselseitige Erbeinsetzung im Erbvertrag

Die wechselseitige Erbeinsetzung im Erbvertrag bietet Lebenspartnern weitreichende Möglichkeiten, sich gegenseitig abzusichern und die rechtliche Handhabung ihres Nachlasses individuell zu gestalten. Eine häufig genutzte Gestaltungsmöglichkeit ist die Alleinerbeneinsetzung, bei der sich beide Partner gegenseitig als alleinige Erben bestimmen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der überlebende Partner den gesamten Nachlass des Erstversterbenden erhält und somit umfassend abgesichert ist. Alternativ kann auch eine Teilungsanordnung verfasst werden, die bestimmte Vermögensgegenstände oder Vermögensteile bestimmten Personen zukommen lässt.

Die wechselseitige Erbeinsetzung hat erhebliche Auswirkungen auf die gesetzlichen Erbansprüche der Verwandten. Durch die vertragliche Regelung wird die gesetzliche Erbfolge modifiziert oder gar aufgehoben, was dazu führen kann, dass Verwandte, die gemäß der gesetzlichen Erbfolgeregelung anspruchsberechtigt wären, nicht mehr in der vorgesehenen Weise erben. Dies ist besonders relevant im Hinblick auf Pflichtteilsansprüche, die von gesetzlichen Erben geltend gemacht werden können. Bei der Gestaltung solcher Erbverträge muss daher sorgsam abgewogen werden, um mögliche Konflikte mit diesen Angehörigen zu vermeiden.

Bindungswirkung und Änderung eines Erbvertrags

Der Erbvertrag ist ein rechtlich bindendes Instrument, das grundsätzlich eine starke Bindungswirkung entfaltet. Dennoch bestehen Möglichkeiten, den Erbvertrag unter bestimmten Umständen zu ändern oder aufzuheben. Eine einvernehmliche Änderung ist durch einen Nachtrag oder eine Ergänzung möglich, die ebenfalls der notariellen Beurkundung bedarf. Eine solche Modifikation erfordert die Zustimmung aller am Vertrag beteiligten Parteien, womit dem ursprünglichen Vertrag eine neue Rechtswirksamkeit verliehen wird.

Ein Rücktritt vom Erbvertrag ist in der Regel nur dann möglich, wenn ein entsprechendes Rücktrittsrecht explizit im Vertrag vereinbart wurde oder wenn gesetzlich festgelegte Voraussetzungen vorliegen. Solche Voraussetzungen können sich beispielsweise aus erheblichen Verfehlungen des anderen Vertragspartners ergeben oder aus einer grundlegenden Veränderung der Lebensumstände, die die Fortführung des Vertrags unzumutbar machen könnten. Ohne eine solche Vereinbarung oder das Vorliegen der gesetzlichen Gründe bleibt der Vertrag prinzipiell verbindlich. Die formale Rechtswirkung des Rücktritts erfordert wiederum eine notarielle Beurkundung.

Erbvertrag und Pflichtteil: Rechte der Kinder und anderer Erbberechtigter

Der Erbvertrag hat bedeutende Auswirkungen auf das Pflichtteilsrecht der gesetzlichen Erben, insbesondere der Kinder und anderer pflichtteilsberechtigter Personen. Das Pflichtteilsrecht sichert diesen Erbberechtigten einen Mindestanteil am Nachlass, der auch durch Regelungen im Erbvertrag nicht vollständig ausgehebelt werden kann. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben bleibt ihnen stets der Anspruch auf diesen Pflichtteil, selbst wenn der Erbvertrag Regelungen zugunsten anderer Erben, wie etwa eines Lebenspartners, trifft.

Lebenspartner können jedoch den Einfluss des Pflichtteils auf den Nachlass gestalten oder mindern. Eine Möglichkeit hierzu besteht in der Vereinbarung eines sogenannten Pflichtteilsverzichtsvertrages, bei dem die pflichtteilsberechtigten Erben gegen eine Abfindung oder auf anderem Wege auf ihren Pflichtteil verzichten. Solch ein Verzicht muss notariell beurkundet werden, um rechtswirksam zu sein. Auch durch geschickte Nachlassplanung und Vermögensumschichtungen, die außerhalb des Erbvertrags geregelt werden, lässt sich der Pflichtteil beeinflussen. Es bleibt jedoch unverzichtbar, alle getroffenen Maßnahmen rechtlich abzusichern, um spätere Anfechtungen zu vermeiden.


Erbvertrag versus Testament: Vor- und Nachteile für Lebenspartner

Der Erbvertrag und das Testament sind zentrale Instrumente im Erbrecht, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile, insbesondere für Lebenspartner, mit sich bringen. Der Erbvertrag bietet eine hohe Verbindlichkeit, da er die Unterstützung aller vertragsschließenden Parteien erfordert und damit rechtssicherer ist. Diese verbindliche Gestaltung kann gerade für unverheiratete Lebenspartner von Vorteil sein, die auf eine gesicherte Nachlassregelung angewiesen sind. Allerdings schränkt diese Verbindlichkeit die Flexibilität ein, da Änderungen nur einvernehmlich und notariell beurkundet umgesetzt werden können.

Demgegenüber steht das Testament, das eine größere Flexibilität mit sich bringt. Es ermöglicht dem Testierenden, seine letztwilligen Verfügungen jederzeit einseitig zu ändern oder zu widerrufen, solange die Testierfähigkeit gewahrt ist. Dies kann von Vorteil sein, wenn sich Lebensverhältnisse schnell und unvorhergesehen ändern. Das Testament könnte insbesondere in Betracht gezogen werden, wenn keine Komplexität in den Vermögens- und Erbverhältnissen besteht oder wenn häufiger Änderungen zu erwarten sind. Allerdings fehlt dem Testament die Verbindlichkeit eines Erbvertrags, was unter Umständen zu Unsicherheiten für den Lebenspartner führen kann. Ein Testament ist daher vorzuziehen, wenn Flexibilität gefragt ist und die Erbangelegenheiten rechtlich unkompliziert bleiben sollen. Der Erbvertrag hingegen bietet sich an, wenn eine feste Vereinbarung zwischen den Lebenspartnern getroffen werden soll, die gegen äußere Ansprüche Bestand haben muss.

Steuerliche Aspekte von Erbverträgen zwischen Lebenspartnern

Bei der Gestaltung eines Erbvertrags zwischen Lebenspartnern spielen steuerliche Aspekte eine zentrale Rolle. Unverheiratete Paare werden steuerlich anders behandelt als verheiratete, was sich insbesondere in der Erbschaftssteuer und den Freibeträgen zeigt. Für Lebenspartner, die nicht durch eine eingetragene Partnerschaft verbunden sind, wird ein vergleichsweise niedriger Freibetrag von 20.000 Euro gewährt. Auch der anzuwendende Steuersatz ist in der Regel höher, da diese Partner steuerrechtlich in die ungünstigere Steuerklasse II oder III fallen.

Um die steuerliche Belastung zu minimieren, können verschiedene Gestaltungsoptionen im Rahmen eines Erbvertrags genutzt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, Vermögensübertragungen frühzeitig zu planen und gegebenenfalls Schenkungen zu Lebzeiten vorzunehmen. Hierbei wird ein Freibetrag alle zehn Jahre erneut nutzbar. Zudem können durch kluge Vermögensaufteilung und Nutzung von eheähnlichen Gestaltungsmöglichkeiten, soweit rechtlich zulässig, steuerliche Vorteile erzielt werden. Auch die Beratung durch einen Steuerexperten sollte in Erwägung gezogen werden, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die die steuerlichen Implikationen effizient berücksichtigen.

Fazit: Warum Erbverträge für Lebenspartner wichtig sind

Der Erbvertrag besitzt eine entscheidende Bedeutung für Lebenspartner, die ihre Erbangelegenheiten rechtssicher und verbindlich regeln möchten. Einer der größten Vorteile liegt in der klaren Absicherung und verbindlichen Festlegung der Erbschaftsregelungen, die dem überlebenden Partner zugutekommen und Ansprüche Dritter effektiv eindämmen können. Der Erbvertrag bietet somit eine rechtliche Sicherheit, die vor allem für unverheiratete Partner unerlässlich ist, um im Erbfall ihre Interessen zu wahren und mögliche Nachlassstreitigkeiten zu vermeiden.

Eine weitere Komponente, die nicht unterschätzt werden sollte, ist die fundierte rechtliche Beratung durch einen erfahrenen Anwalt oder Notar. Die komplexen juristischen und steuerlichen Aspekte eines Erbvertrags erfordern kompetente Beratung, um sicherzustellen, dass keine relevanten Details übersehen werden und die Vereinbarungen rechtlich unanfechtbar sind. Ein solcher Beistand kann nicht nur bei der Erstellung des Erbvertrags helfen, sondern auch im Hinblick auf strategische Nachlassplanungen, die steuerlichen Vorteile und potenzielle Anpassungen aufgrund sich ändernder Lebensumstände.

Wirtschaft | Recht & Normen, 10.11.2024

     
        
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