Das "Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen" startet durch
"Zertifizierungen sind auch ohne übergroßen Aufwand und Hightech möglich"
Der Skyline Tower München wird mit der DGNB-Vorzertifizierung |
Das neue Gütesiegel geht weit über bestehende Ansätze bekannter Green Building Labels hinaus und bewertet die Gebäudequalität in einer umfassenden Perspektive. Sechs Themenfelder fließen in die Betrachtung ein:
- Ökologie
- Ökonomie
- Sozio-kulturelle und funktionale Qualität
- Technische Qualität
- Prozessqualität
- Standortqualität (wird separat ausgewiesen)
Nachhaltigkeit wird transparent und messbar
Auch der Neubau der Volkswagen Financial Services AG wurde im |
Damit ist ein transparentes und praktikables System zur Gebäudebewertung entstanden, das seine Stärken in der Planung ausspielt: Die Erfahrung mit den ersten Zertifizierungen zeigt, dass sich noch in Planung befindliche Gebäude schlüssig optimieren ließen, etwa hinsichtlich der Betriebskosten oder der ökologischen Performance. Bei den ersten Zertifizierungen waren sehr unterschiedliche Objekte von privaten und öffentlichen Bauherren in ganz Deutschland am Start. Die Bruttogrundflächen variierten von 600 bis 130.000 Quadratmetern, es waren niedrige Gebäude und Hochhäuser dabei und auch das Spektrum der architektonischen Konzepte war groß.
Schon vormerken! Die Consense, Internationaler Kongress und Fachausstellung für Nachhaltiges Bauen, findet am 23./24. Juni 2009 auf der Messe Stuttgart statt. Die Konzepte für nachhaltiges Bauen entstehen im klugen Zusammenspiel von Architekten und Fachplanern, Investoren und Gebäudebetreibern. Die Consense zeigt, wie wirtschaftliche Chancen realisiert werden - von der Idee bis zur Umsetzung. |
Nächste Schritte
Nun geht die Entwicklung des Gütesiegels in die nächste Phase: Die Anregungen aus dem ersten Praxistest werden systematisch in das Zertifizierungssystem eingearbeitet. Mitte des Jahres kommt die überarbeitete Version 2009 auf den Markt. Bis dahin gilt die Version 2008 aus dem Praxistest. Bei diesem Vorgehen erhält die DGNB sehr viel Unterstützung von Fachleuten aus allen Disziplinen, so dass das System immer runder wird und viel Schubkraft erhält. Alle Branchen sind bereit, an einem Strang zu ziehen - Nachhaltigkeit wird als zentrales Thema angesehen.
Das neue Gebäude der Kreisverwaltung Barnim |
Bei der Entwicklung des Gütesiegels wird viel Sorgfalt darauf verwandt, dass das System praxisgerecht ist und dass die Höhe der Messlatten stimmt. Das Signal an den Markt lautet: Für den interessierten Bauherren liegt eine Bronze-Auszeichnung in greifbarer Nähe, wenn er mit dem aktuellen Stand der Technik baut und einen integralen Planungsansatz verfolgt. Erforderlich ist allerdings, frühzeitig die zentralen Ziele des nachhaltigen Bauens im Planungsprozess zu definieren und zu integrieren.
Die Vorteile des realisierten Gebäudes liegen auf der Hand: Neben den Pluspunkten von "Green Buildings" wie geringem Energieverbrauch und niedrigen Emissionen sorgt die so erreichte Qualität des Gebäudes vor allem für höhere Wertstabilität und bessere Marktchancen - ein Faktor von großer Bedeutung angesichts der aktuellen Turbulenzen in der internationalen Immobilienwirtschaft. Solch ein fundiertes und transparentes Qualitätszeichen schafft mehr Sicherheit für Bauherren, Betreiber und Nutzer.
Von Erik Ammann
"Zertifizierungen sind auch ohne übergroßen Aufwand und Hightech möglich" Interview mit Christian Donath, DGNB-Geschäftsführer, über die nächste Version des DGNB-Gütesiegels Herr Donath, was beinhaltet die Version des Gütesiegels 2009 im Vergleich zu jener von 2008? Im Rahmen der Entwicklung des Gütesiegels haben wir Ende letzten Jahres das gesamte System auf Herz und Nieren geprüft: Stimmt die Gewichtung der Kriterien, sind die Zielwerte richtig gesetzt, sind die Arbeitsabläufe bei der Dokumentation praxisgerecht? Das Ergebnis der Erprobungsphase ist die Version 2008 des Gütesiegels. Auf dieser Basis verliehen Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee und DGNB-Präsident Werner Sobek die ersten 28 Zertifikate für Büro- und Verwaltungsgebäude im Januar auf der BAU in München. Während der Erprobungsphase haben wir eine kleine Anzahl von Kriterien zurückgestellt, die jetzt bearbeitet werden und in die Version 2009 einfließen. Wir befinden uns aktuell in der Kommentierungsphase. Das heißt, wir prüfen alle Anregungen und Verbesserungsvorschläge und arbeiten sie gegebenenfalls ein, damit das System noch runder läuft. Dieser Arbeitsschritt wird Mitte 2009 abgeschlossen sein. Dann kommt die Version 2009 auf den Markt. Sie baut also auf der gleichen Grundlage auf wie die Version 2008. Welches halten Sie für das spektakulärste Gebäude, das im Zertifizierungsprozess war? Das möchte ich so gar nicht beantworten. Spektakulär finde ich vor allem die enorme Bandbreite der zertifizierten Gebäude. Wenn Sie allein die Größe anschauen: Da reicht die Spanne vom Verwaltungsgebäude mit 600 Quadratmetern für ein mittelständisches Unternehmen bis zum Büroturm im Herzen von Frankfurt mit 130.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche. Genauso vielseitig sind die baulichen Lösungen, um den Energieverbrauch zu verringern, den Nutzerkomfort zu erhöhen oder die laufenden Kosten im Griff zu behalten. Darin besteht für mich der eigentliche Gewinn des Gütesiegels. Mit diesen ersten Gebäuden ist auf jeden Fall sichtbar geworden, dass Zertifizierungen auch ohne übergroßen Aufwand und High-Tech möglich sind. Welche anderen Bauwerkstypen sind künftig siegelfähig? Um das Zertifizierungssystem auf die Beine zu stellen, haben wir mit neuen Büro- und Verwaltungsgebäuden begonnen. Ein Vorteil unseres Systems ist die große Flexibilität. Es kann gut an andere Bauwerkstypen und auch an technische und gesellschaftliche Entwicklungen angepasst werden. Ende März findet eine Auftaktveranstaltung zur Entwicklung der nächsten Systemvarianten statt. Das Gütesiegel wird von Experten aus der Praxis für die Praxis entwickelt, das heißt von Architekten, Ingenieuren, Bauunternehmen, Investoren und Immobiliendienstleistern. Die bringen ein, welche neue Varianten der Markt verlangt. Kritiker bemängeln die hohen Kosten einer Zertifizierung. Was entgegnen Sie denen? Dass sie genau hinschauen mögen, welche Mehrkosten tatsächlich entstehen und welche Vorteile für Investoren, Bauherren und Nutzer daraus resultieren - es gibt einen konkreten Mehrwert für alle Beteiligten. Zunächst gilt es, den Aufwand aufzuschlüsseln. Dann sieht alles schon übersichtlich aus. Fangen wir an. Erstens: Die Gebühren für die Zertifizierung sind moderat und beginnen bei 2.000 Euro. Zweitens: Es entsteht Mehraufwand für die Auditorenleistung, der von der Art und Größe des Gebäudes abhängt und von der Dokumentationsqualität im Bauprojekt selbst. Doch viele für die Zertifzierung erforderliche Daten müssen ohnehin bei der Planung und Ausführung eines Gebäudes ermittelt werden. Darauf haben wir bei der Entwicklung des Systems sehr geachtet. Drittens: Es können zusätzliche Kosten für Planung und Bau entstehen. Das hängt stark von den am Gebäude umgesetzten Planungsideen ab. Derzeit werten wir unsere Erprobungsphase in dieser Hinsicht aus. Hätten Sie dazu ein Beispiel parat? Das neue Gebäude der Kreisverwaltung Barnim im brandenburgischen Eberswalde wurde beispielsweise mit "Gold" ausgezeichnet - und es weist zu vergleichbaren Objekten keine Mehrkosten aus. Daraus leitet sich ab, dass integrale Planungsprozesse und innovative Projektideen entscheidenden Einfluss haben. Im internationalen Vergleich von "Green Buildings" lässt sich eine Größenordnung von maximal fünf Prozent Mehrkosten für hochwertige Objekte erkennen. Diesem Aufwand steht immer ein Nutzen gegenüber. Die wenigsten denken daran - rund 80 Prozent der Kosten eines Bürogebäudes sind Personalkosten. Wenn also aufgrund eines guten Gebäudes die Krankenstände der Mitarbeiter sinken und sich die Motivation und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhöht, dann amortisieren sich Mehrkosten für Planung und Bau in der Regel schnell. Ganz abgesehen von Imagevorteilen und auch von den höheren Chancen bei Verkauf oder Vermietung einer Immobilie. Die Zertifizierung sorgt für ein besseres Risikomanagement bei Planung und Bau, was gerade für Investoren wichtig ist. Die Qualität erhöht sich, die Fehlerquote wird kleiner und bereits im Planungsstadium erhalten Bauherren mehr Sicherheit, dass die Leistungsziele ihres Gebäudes bei der Fertigstellung erreicht werden. Hinzu kommen Optimierungspotenziale. Die Planer können beispielsweise die Lebenszykluskosten im Zusammenspiel vieler Einzelmaßnahmen gezielt verringern. Ziel ist es doch, bei einem nachhaltigen Gebäude eine bessere Performance über den gesamten Lebenszyklus hinweg als bei einem herkömmlichen Objekt abzuliefern. Für Bauherren und Nutzer heißt das niedrigere Energiekosten, niedrigere Reinigungs- und generell Unterhaltskosten, niedrigere Kosten für Umbau bei Umnutzung. Die Ökonomie fließt mit 22,5 Prozent Gewichtung in das Gütesiegel ein, übrigens genauso viel wie die Ökologie. Werden genügend Auditoren am Markt sein? Da habe ich keine Bedenken. Die ersten Auditoren sind bereits seit Anfang des Jahres auf dem Markt. Sie konnten ihr Know-how während der Erprobungsphase des Systems aufbauen und sind zugelassen für das Gütesiegel für neue Büro- und Verwaltungsgebäude in der Version 2008. Derzeit legen wir das Curriculum der Auditorenausbildung fest und bereiten parallel eine Kooperation mit namhaften Ausbildungseinrichtungen in Deutschland vor. Die Ausbildung soll im dritten Quartal 2009 flächendeckend starten. Kontakt: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) Dipl-Ing. Christian Donath, Geschäftsführer Stuttgarter Engineering Park / STEP 9 Wankelstr.14 70563 Stuttgart Telefon +49 (0)711 / 72 23 22 - 0 Fax +49 (0)711 / 72 23 22 - 99 E-Mail info@dgnb.de www.dgnb.de |
Dieser Beitrag erscheint in der aktuellen Ausgabe von forum Nachhaltig Wirtschaften mit dem Schwerpunkt "Unternehmen im Gesundheitscheck" und dem Special "Green Building". Bestellen Sie hier das Magazin oder sichern Sie sich direkt ein forum-Abonnement! |
Quelle: DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
Technik | Green Building, 07.04.2009
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