Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bringt doppelten Nutzen
Immer mehr Stadtwerke streben Erzeugung von Strom und Wärme aus KWK-Anlagen an
KWK ist die wichtigste Effizienztechnologie, wenn es um die Erzeugung von Strom und Wärme geht. Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Sie beißen in einen Apfel und schmeißen ihn weg. Dies entspricht in etwa dem, wie ein konventionelles Kraftwerk mit den zur Stromerzeugung eingesetzten Brennstoffen umgeht: Etwa zwei Drittel bleiben ungenutzt. KWK ist anders: Mit ihr wird sinnbildlich fast der ganze Apfel aufgegessen. Nur ein winziger Teil bleibt übrig.
Von Sarah Ullrich
Und dies funktioniert so: Bei jedem Stromerzeugungsvorgang entsteht Wärme quasi als Nebenprodukt. Konventionelle, thermische Kraftwerke sind ausschließlich zur Stromerzeugung konzipiert. Das Nebenprodukt Wärme wird ungenutzt in die Luft geblasen. Das Prinzip von KWK ist denkbar einfach: Aus Brennstoffen wie Erd- oder Biogas, Kohle, Mineral- oder Pflanzenöl wird Wärme erzeugt. Diese Wärme wird in mechanische Energie und dann über einen Generator in Strom umgewandelt. Die dabei anfallende Abwärme nutzen KWK-Anlagen systematisch aus; sei es zur Raumbeheizung, zur Warmwasserbereitung oder für industrielle Fertigungsverfahren. Technisch gesehen ist das ein alt bewährter Prozess, der im industriellen Bereich schon seit Erfindung der Dampfmaschine genutzt wird. Und genau durch diesen Prozess ist der Wirkungsgrad einer KWK-Anlage viel höher als der eines konventionellen Kraftwerks. So erreichen KWK-Anlagen Wirkungsgrade bis 90 Prozent, herkömmliche Kraftwerke hingegen durchschnittlich nur um die 38 Prozent. Als Brennstoff kommen in KWK-Anlagen neben fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas oder Heizöl auch erneuerbare Energien infrage: Die Palette reicht von Biogas, Klärgas, Deponiegas über Pellets und Holzhackschnitzel bis hin zu Pflanzenöl.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Ideal sind die Voraussetzungen für KWK-Anlagen dort, wo das ganze Jahr über Wärme gebraucht wird. KWK-Anlagen werden im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken, die in der Regel "weit ab vom Schuss" stehen, dezentral eingesetzt. Nämlich dort wo Wärme direkt in ein Nah- oder Fernwärmenetz eingespeist werden kann oder dort, wo sie verbraucht wird: im Gebäude. Inzwischen bedienen Anlagen unterschiedlichster Größenordnungen das gesamte Spektrum des Wärmebedarfs im Bereich bis zu 500 °C: Große Heizkraftwerke beliefern die Nah- und Fernwärmesysteme der Städte und versorgen so ganze Stadtteile mit Strom und Wärme. Derzeit ist eine regelrechte Rekommunalisierungswelle zu spüren; mehr und mehr Stadtwerke gehen dazu über oder kehren dahin zurück, für ihre BürgerInnen selbst Strom und Wärme zu erzeugen - in modernen KWK-Anlagen. Kompaktere mittlere Blockheizkraftwerde (BHKW) bedienen Industrie- und Gewerbebetriebe, Landwirtschaft und Gartenbau. Es gibt zum Beispiel BHKWs mit Gasturbinen - vergleichbar mit Düsentriebwerken bei Flugzeugen -, die Temperaturen bis 500°C erreichen. Diese eignen sich hervorragend für industrielle Fertigungsverfahren, welche auf Prozesswärme mit solchen hohen Temperaturen angewiesen sind. Kleinere BHKWs kommen zum Beheizen von Wohn- und Bürohäusern, von Kaufhäusern und Hotels oder von Schwimmbädern und Krankenhäusern zum Einsatz. Seit ungefähr zehn Jahren streben noch kleinere Anlagen auf den Markt, sogenannte Mini- oder Mikro-KWK-Anlagen. Die kleinsten sind nur noch so groß wie eine Waschmaschine, haben eine elektrische Leistung zwischen einem und zehn Kilowatt und finden in jedem Heizungskeller Platz. Der produzierte Strom und die Wärme werden direkt im Haus genutzt, überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Mittlerweile beziehen sogar Einfamilienhäuser Strom und Wärme aus so einer Anlage im eigenen Keller.
Warum lohnt sich KWK?
KWK schont nicht nur die Umwelt durch einen geringeren Verbrauch von Primärenergie und weniger CO2-Ausstoß. Die dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme bietet bei fachgerechter Planung auch wirtschaftliche Vorteile. Ressourcen werden knapper, Energie damit teurer. Im Umkehrschluss heißt das, Energieeffizienz wird wirtschaftlicher. Die spezifisch höheren Investitionskosten für ein BHKW amortisieren sich durch die niedrigeren Betriebskosten recht schnell. Wer sich selbst nicht damit beschäftigen will oder wem die nötigen Ressourcen fehlen, kann einen Contracting-Vertrag mit einem darauf spezialisierten Dienstleister abschließen. Dieser macht die Planung, trägt die Investitionskosten, kümmert sich um genehmigungs- und steuerrechtliche sowie vertragliche Angelegenheiten mit den Behörden und dem Stromnetzbetreiber. Nach Errichtung des BHKWs übernimmt er außerdem Betrieb, Brennstoffeinkauf, Instandhaltung und Wartung.
Je nachdem, um was für eine Anlage es sich handelt und mit welchem Brennstoff sie betrieben wird, wird KWK aus verschiedenen Gesetzen finanziell unterstützt. Der Strom, der in fossil befeuerten KWK-Anlagen produziert wird, erhält nach dem KWK-Gesetz einen Bonus, egal ob er selbst verbraucht oder ins Netz eingespeist wird. Wenn der Brennstoff aus Bioenergie gewonnen wird, erfolgt die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Durch verbrauchsnahe Erzeugung sinken außerdem die Netzkosten, Transportverluste entfallen. Dezentrale Stromerzeugung ist darüber hinaus flexibler und sicherer. Flexibler, da Motoren und Gasturbinen innerhalb kürzester Zeit runter- und hochgefahren und sogar - als sogenannte virtuelle Kraftwerke - zentral gesteuert werden können. Sicherer deshalb, weil sie das Stromsystem stabilisieren; sie sind nicht so störanfällig gegen Wetterkatastrophen, Sabotage oder terroristische Angriffe wie zentrale Kraftwerke. Je mehr kleinere Anlagen es gibt, desto flexibler und sicherer wird das Stromnetz insgesamt.
Ausblick
Deutschland liegt mit etwa 12 Prozent KWK-Anteil an der Stromerzeugung im europäischen Mittelfeld. Spitzenreiter in Europa ist Dänemark mit einem Anteil von über 50 Prozent. Mit circa 40 Prozent sind die KWK-Anteile auch in den Niederlanden und in Finnland sehr hoch. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, den KWK-Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 auf 25 Prozent zu verdoppeln. Der massive Ausbau der KWK unterstützt auch das Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. KWK kann mit Erreichen des Verdopplungsziels 20 Millionen Tonnen pro Jahr einsparen. Die Potentiale für KWK in Deutschland sind groß, die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten für Kommunen, Industrie, Gewerbe und Wohnungswirtschaft ebenso.
Von Sarah Ullrich
Und dies funktioniert so: Bei jedem Stromerzeugungsvorgang entsteht Wärme quasi als Nebenprodukt. Konventionelle, thermische Kraftwerke sind ausschließlich zur Stromerzeugung konzipiert. Das Nebenprodukt Wärme wird ungenutzt in die Luft geblasen. Das Prinzip von KWK ist denkbar einfach: Aus Brennstoffen wie Erd- oder Biogas, Kohle, Mineral- oder Pflanzenöl wird Wärme erzeugt. Diese Wärme wird in mechanische Energie und dann über einen Generator in Strom umgewandelt. Die dabei anfallende Abwärme nutzen KWK-Anlagen systematisch aus; sei es zur Raumbeheizung, zur Warmwasserbereitung oder für industrielle Fertigungsverfahren. Technisch gesehen ist das ein alt bewährter Prozess, der im industriellen Bereich schon seit Erfindung der Dampfmaschine genutzt wird. Und genau durch diesen Prozess ist der Wirkungsgrad einer KWK-Anlage viel höher als der eines konventionellen Kraftwerks. So erreichen KWK-Anlagen Wirkungsgrade bis 90 Prozent, herkömmliche Kraftwerke hingegen durchschnittlich nur um die 38 Prozent. Als Brennstoff kommen in KWK-Anlagen neben fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdgas oder Heizöl auch erneuerbare Energien infrage: Die Palette reicht von Biogas, Klärgas, Deponiegas über Pellets und Holzhackschnitzel bis hin zu Pflanzenöl.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Ideal sind die Voraussetzungen für KWK-Anlagen dort, wo das ganze Jahr über Wärme gebraucht wird. KWK-Anlagen werden im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken, die in der Regel "weit ab vom Schuss" stehen, dezentral eingesetzt. Nämlich dort wo Wärme direkt in ein Nah- oder Fernwärmenetz eingespeist werden kann oder dort, wo sie verbraucht wird: im Gebäude. Inzwischen bedienen Anlagen unterschiedlichster Größenordnungen das gesamte Spektrum des Wärmebedarfs im Bereich bis zu 500 °C: Große Heizkraftwerke beliefern die Nah- und Fernwärmesysteme der Städte und versorgen so ganze Stadtteile mit Strom und Wärme. Derzeit ist eine regelrechte Rekommunalisierungswelle zu spüren; mehr und mehr Stadtwerke gehen dazu über oder kehren dahin zurück, für ihre BürgerInnen selbst Strom und Wärme zu erzeugen - in modernen KWK-Anlagen. Kompaktere mittlere Blockheizkraftwerde (BHKW) bedienen Industrie- und Gewerbebetriebe, Landwirtschaft und Gartenbau. Es gibt zum Beispiel BHKWs mit Gasturbinen - vergleichbar mit Düsentriebwerken bei Flugzeugen -, die Temperaturen bis 500°C erreichen. Diese eignen sich hervorragend für industrielle Fertigungsverfahren, welche auf Prozesswärme mit solchen hohen Temperaturen angewiesen sind. Kleinere BHKWs kommen zum Beheizen von Wohn- und Bürohäusern, von Kaufhäusern und Hotels oder von Schwimmbädern und Krankenhäusern zum Einsatz. Seit ungefähr zehn Jahren streben noch kleinere Anlagen auf den Markt, sogenannte Mini- oder Mikro-KWK-Anlagen. Die kleinsten sind nur noch so groß wie eine Waschmaschine, haben eine elektrische Leistung zwischen einem und zehn Kilowatt und finden in jedem Heizungskeller Platz. Der produzierte Strom und die Wärme werden direkt im Haus genutzt, überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Mittlerweile beziehen sogar Einfamilienhäuser Strom und Wärme aus so einer Anlage im eigenen Keller.
Warum lohnt sich KWK?
KWK schont nicht nur die Umwelt durch einen geringeren Verbrauch von Primärenergie und weniger CO2-Ausstoß. Die dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme bietet bei fachgerechter Planung auch wirtschaftliche Vorteile. Ressourcen werden knapper, Energie damit teurer. Im Umkehrschluss heißt das, Energieeffizienz wird wirtschaftlicher. Die spezifisch höheren Investitionskosten für ein BHKW amortisieren sich durch die niedrigeren Betriebskosten recht schnell. Wer sich selbst nicht damit beschäftigen will oder wem die nötigen Ressourcen fehlen, kann einen Contracting-Vertrag mit einem darauf spezialisierten Dienstleister abschließen. Dieser macht die Planung, trägt die Investitionskosten, kümmert sich um genehmigungs- und steuerrechtliche sowie vertragliche Angelegenheiten mit den Behörden und dem Stromnetzbetreiber. Nach Errichtung des BHKWs übernimmt er außerdem Betrieb, Brennstoffeinkauf, Instandhaltung und Wartung.
Je nachdem, um was für eine Anlage es sich handelt und mit welchem Brennstoff sie betrieben wird, wird KWK aus verschiedenen Gesetzen finanziell unterstützt. Der Strom, der in fossil befeuerten KWK-Anlagen produziert wird, erhält nach dem KWK-Gesetz einen Bonus, egal ob er selbst verbraucht oder ins Netz eingespeist wird. Wenn der Brennstoff aus Bioenergie gewonnen wird, erfolgt die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Durch verbrauchsnahe Erzeugung sinken außerdem die Netzkosten, Transportverluste entfallen. Dezentrale Stromerzeugung ist darüber hinaus flexibler und sicherer. Flexibler, da Motoren und Gasturbinen innerhalb kürzester Zeit runter- und hochgefahren und sogar - als sogenannte virtuelle Kraftwerke - zentral gesteuert werden können. Sicherer deshalb, weil sie das Stromsystem stabilisieren; sie sind nicht so störanfällig gegen Wetterkatastrophen, Sabotage oder terroristische Angriffe wie zentrale Kraftwerke. Je mehr kleinere Anlagen es gibt, desto flexibler und sicherer wird das Stromnetz insgesamt.
Ausblick
Deutschland liegt mit etwa 12 Prozent KWK-Anteil an der Stromerzeugung im europäischen Mittelfeld. Spitzenreiter in Europa ist Dänemark mit einem Anteil von über 50 Prozent. Mit circa 40 Prozent sind die KWK-Anteile auch in den Niederlanden und in Finnland sehr hoch. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, den KWK-Anteil an der Stromerzeugung bis 2020 auf 25 Prozent zu verdoppeln. Der massive Ausbau der KWK unterstützt auch das Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. KWK kann mit Erreichen des Verdopplungsziels 20 Millionen Tonnen pro Jahr einsparen. Die Potentiale für KWK in Deutschland sind groß, die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten für Kommunen, Industrie, Gewerbe und Wohnungswirtschaft ebenso.
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Quelle:
Technik | Cleantech, 28.04.2010
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