Europa gibt vor ...
Mitgliedsstaaten in der Pflicht
Auch im Bereich des nachhaltigen Bauens nimmt Europa die Feder zur Hand und mischt kräftig mit. Mit der Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wurden hohe Ziele gesteckt. Die Umsetzung wird der nationalen Politik und den Unternehmen überlassen.
Die Staats- und Regierungschefs haben sich 2007 auf energiepolitische Ziele für das Jahr 2020 geeinigt. Darunter: die Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent und die Reduzierung des Energieverbrauchs um 20 Prozent.
Auf Gebäude entfallen rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Union. Das europäische Instrument zur Energiereduktion, das Europäische Emissionshandelssystem, sieht für den Gebäudebereich bislang keine Regelung vor. Aus diesen Gründen lag eine Verschärfung der Mindeststandards auf europäischer Ebene nahe. Obwohl die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umstritten war, gelang 2009 die Einigung.
Neubauten und Bestandsgebäude auf dem Prüfstand
Grundsätzlich ist zwischen Neubauten und dem Gebäudebestand zu unterscheiden. Für Neubauten legt die Richtlinie fest, dass spätestens ab dem 31.12.2020 alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude sein müssen. Für Gebäude, deren Eigentümer Behörden sind, gilt diese Anforderung bereits ab dem 31.12.2018.
Die EU hat dabei nicht definiert, was ein Niedrigstenergiegebäude ist. Die Richtlinie macht lediglich die Vorgabe, dass der Energieverbrauch fast null betragen und zu einem wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Hintergrund für das Fehlen einer konkreten Definition in Form einer Vorgabe in kWh/m2 bilden die großen Unterschiede in den nationalen, regionalen und sogar lokalen Gegebenheiten in der Union, wie etwa die unterschiedlichen Klimabedingungen. Ferner wäre es wohl nicht mit dem Subsidiaritätsgrundsatz vereinbar gewesen, hätte die Kommission die Aufgabe erhalten, die nationalen Bauordnungen neu zu schreiben.
Für den Gebäudebestand gelten Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz, wenn Gebäudeteile oder Gebäudekomponenten einer größeren Renovierung unterzogen werden, wenn also die Gesamtkosten der Renovierung 25 Prozent des Gebäudewertes (ohne Grundstück) übersteigen oder mehr als 25 Prozent der Gebäudehüllenoberfläche einer Renovierung unterzogen werden.
Entscheidend ist die Methode, mit der die Anforderungen festgelegt werden. Hier wurde das Konzept des kostenoptimalen Niveaus geschaffen, das von den Mitgliedstaaten zu berechnen ist, nachdem die Kommission bis zum 30. Juni 2011 einen Rahmen für eine Vergleichsmethode zur Berechnung kostenoptimaler Niveaus erstellt hat. Auch dieses komplizierte Verfahren dient der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips. So wird erreicht, dass unterschiedliche kostenoptimale Niveaus für Neapel und Helsinki bestehen können.
Die Neufassung der Gebäudeeffizienzrichtlinie sieht zudem mehrere Änderungen bei den Energieausweisen vor. Die neuen Ausweise werden für deutlich mehr Transparenz sorgen. Sie müssen künftig Hinweise auf Beratungsstellen enthalten. Ferner sollen die Ausweise künftig Empfehlungen über kostenoptimale oder kosteneffiziente Verbesserungen der Energieeffizienz des Gebäudes oder der Gebäudeeinheit enthalten. Energieausweise werden zudem für alle Gebäude Pflicht, die neu gebaut, verkauft oder neu vermietet werden. In Vermietungs- oder Kaufsanzeigen muss künftig zudem der Effizienzindikator angegeben werden.
Erhöhte Sanierungsquote durch neue Dienstleistungen
Trotz dieser - und weiterer - Neuerungen ist jedoch keine erhebliche Erhöhung der Sanierungsquote in Deutschland zu erwarten. Diese Quote müsste, um bis 2020 einen deutlich spürbaren Effekt zu erzielen, von derzeit rund 0,8 Prozent auf mindestens 3 Prozent ansteigen. Hier sind die Bundesregierung sowie die Länder und Kommunen gefragt. Einer der erfolgversprechendsten Wege sind Förderprogramme. Aber auch die Energieunternehmen können, durch neue Dienstleistungsangebote, zu einer Erhöhung der Quote beitragen - gerade bei gewerblichen Objekten.
Wie wichtig die Sanierung ist, zeigt folgender Vergleich: Vor 1975 errichtete Wohneinheiten haben - sofern sie nicht nachträglich renoviert wurden - einen Energiebedarf von 375 kWh/m2/Jahr. Bei Gebäuden, die nach 2000 gebaut wurden, liegt dieser Wert nur noch bei 170 kWh/m2/Jahr. Bleibt die Renovierungsrate so niedrig, werden auch 2050 noch zwei Fünftel der Gebäude auf dem alten Niveau verharren.
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Auf Gebäude entfallen rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Union. Das europäische Instrument zur Energiereduktion, das Europäische Emissionshandelssystem, sieht für den Gebäudebereich bislang keine Regelung vor. Aus diesen Gründen lag eine Verschärfung der Mindeststandards auf europäischer Ebene nahe. Obwohl die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umstritten war, gelang 2009 die Einigung.
Neubauten und Bestandsgebäude auf dem Prüfstand
Grundsätzlich ist zwischen Neubauten und dem Gebäudebestand zu unterscheiden. Für Neubauten legt die Richtlinie fest, dass spätestens ab dem 31.12.2020 alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude sein müssen. Für Gebäude, deren Eigentümer Behörden sind, gilt diese Anforderung bereits ab dem 31.12.2018.
Die EU hat dabei nicht definiert, was ein Niedrigstenergiegebäude ist. Die Richtlinie macht lediglich die Vorgabe, dass der Energieverbrauch fast null betragen und zu einem wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden soll. Hintergrund für das Fehlen einer konkreten Definition in Form einer Vorgabe in kWh/m2 bilden die großen Unterschiede in den nationalen, regionalen und sogar lokalen Gegebenheiten in der Union, wie etwa die unterschiedlichen Klimabedingungen. Ferner wäre es wohl nicht mit dem Subsidiaritätsgrundsatz vereinbar gewesen, hätte die Kommission die Aufgabe erhalten, die nationalen Bauordnungen neu zu schreiben.
Für den Gebäudebestand gelten Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz, wenn Gebäudeteile oder Gebäudekomponenten einer größeren Renovierung unterzogen werden, wenn also die Gesamtkosten der Renovierung 25 Prozent des Gebäudewertes (ohne Grundstück) übersteigen oder mehr als 25 Prozent der Gebäudehüllenoberfläche einer Renovierung unterzogen werden.
Entscheidend ist die Methode, mit der die Anforderungen festgelegt werden. Hier wurde das Konzept des kostenoptimalen Niveaus geschaffen, das von den Mitgliedstaaten zu berechnen ist, nachdem die Kommission bis zum 30. Juni 2011 einen Rahmen für eine Vergleichsmethode zur Berechnung kostenoptimaler Niveaus erstellt hat. Auch dieses komplizierte Verfahren dient der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips. So wird erreicht, dass unterschiedliche kostenoptimale Niveaus für Neapel und Helsinki bestehen können.
Die Neufassung der Gebäudeeffizienzrichtlinie sieht zudem mehrere Änderungen bei den Energieausweisen vor. Die neuen Ausweise werden für deutlich mehr Transparenz sorgen. Sie müssen künftig Hinweise auf Beratungsstellen enthalten. Ferner sollen die Ausweise künftig Empfehlungen über kostenoptimale oder kosteneffiziente Verbesserungen der Energieeffizienz des Gebäudes oder der Gebäudeeinheit enthalten. Energieausweise werden zudem für alle Gebäude Pflicht, die neu gebaut, verkauft oder neu vermietet werden. In Vermietungs- oder Kaufsanzeigen muss künftig zudem der Effizienzindikator angegeben werden.
Erhöhte Sanierungsquote durch neue Dienstleistungen
Trotz dieser - und weiterer - Neuerungen ist jedoch keine erhebliche Erhöhung der Sanierungsquote in Deutschland zu erwarten. Diese Quote müsste, um bis 2020 einen deutlich spürbaren Effekt zu erzielen, von derzeit rund 0,8 Prozent auf mindestens 3 Prozent ansteigen. Hier sind die Bundesregierung sowie die Länder und Kommunen gefragt. Einer der erfolgversprechendsten Wege sind Förderprogramme. Aber auch die Energieunternehmen können, durch neue Dienstleistungsangebote, zu einer Erhöhung der Quote beitragen - gerade bei gewerblichen Objekten.
Wie wichtig die Sanierung ist, zeigt folgender Vergleich: Vor 1975 errichtete Wohneinheiten haben - sofern sie nicht nachträglich renoviert wurden - einen Energiebedarf von 375 kWh/m2/Jahr. Bei Gebäuden, die nach 2000 gebaut wurden, liegt dieser Wert nur noch bei 170 kWh/m2/Jahr. Bleibt die Renovierungsrate so niedrig, werden auch 2050 noch zwei Fünftel der Gebäude auf dem alten Niveau verharren.
Entscheidend ist daher weniger eine noch weitergehende Gesetzgebung, als vielmehr eine Stärkung von Anreizprogrammen zur energetischen Sanierung. Dies ist aber nicht Aufgabe der EU, sondern der Mitgliedstaaten. Die Aufgabe der EU kann nur darin bestehen, einen Rahmen für Transparenz zu schaffen, damit Eigentümer und Mieter über die auf sie zukommenden Energiekosten aufgeklärt werden und wissen, wo Effizienzsteigerungen möglich sind. Dennoch steht zu befürchten, dass künftig auch konkrete und verbindliche nationale Zielsetzungen für die Sanierung des Gebäudebestands von der EU gemacht werden und gerade die öffentliche Hand stärker als bisher in die Pflicht genommen wird. Entsprechende Forderungen sind im Europäischen Parlament schon vereinzelt zu hören.
Von Herbert Reul, MdEP
Im Profil Herbert Reul (CDU) ist Mitglied des Europaparlaments und Vorsitzender des Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie, welcher für die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden federführend war. |
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Quelle:
Technik | Green Building, 29.03.2011
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