Berlin summt!
Eine Initiative für die Hauptstadt-Bienen.
Ab diesem Frühling summt es in Berlin etwas lauter als bisher: Auf mehreren repräsentativen Gebäuden und an bekannten Orten der Stadt stellen Hausherren ihre Dächer und Gärten für Bienenstöcke zur Verfügung.
Das Umweltforum für Aktion und Zusammenarbeit e.V. dirigiert den Auftakt zu seiner tierisch-musikalischen Initiative "Berlin summt!" (www.berlin-summt.de). Im April sollen die ersten Bienenunterkünfte unter anderem auf dem Haus der Kulturen der Welt, auf dem Berliner Dom und dem Abgeordnetenhaus von Berlin eingeweiht werden. Es folgen weitere Aktivitäten, die die Hauptstadt zum Summen bringen sollen. "Wir wollen Aufmerksamkeit und Wertschätzung für Honigbienen und andere Bestäuberinsekten erzielen", so Projektkoordinator Cornelis Hemmer "Und wir möchten viele Menschen dazu inspirieren, ihrer Wertschätzung auch Taten folgen zu lassen."
Bienen in der Stadt - eine ausbaufähige Sache
Honigbienen in urbanen Räumen sorgen weniger als ihre ländlichen Kolleginnen für die Bestäubung von Obst und Gemüse. Dafür bestäuben sie die zahlreichen städtischen Akazien-, Rosskastanien-, Winter- und Sommerlindenbäume und viele andere Pflanzen. Viele Menschen glauben, die Honigbiene "gehört" aufs Land und nicht in die Stadt. Das war früher auch so, aber heute - so bedauerlich es ist - sind die Städte aus Sicht der Honigbiene im Vergleich zum Land ein Schlaraffenland. Die industrielle Agrarindustrie schafft Landschaften mit Monokulturen, die nur unter intensivem Pestizideinsatz hohe Erträge bringen. Besonders dort, wo Neonicotinoide, eine Gruppe hochwirksamer Insektizide, als Saatgutbeizmittel eingesetzt werden, kommt es häufig zu spontanem Bienensterben. In der Stadt werden weitaus weniger Pestizide eingesetzt. Unterschiedliche Pflanzen blühen nicht nur örtlich neben-, sondern zeitlich auch nacheinander. Die städtische Wärmeinsel ermöglicht es den Bienen darüber hinaus, nicht nur tagsüber, sondern auch im Jahresverlauf, länger zu schwärmen. Stadtimker und -Imkerinnen berichten mittlerweile häufig von höheren Honigerträgen. Pro Bienenvolk ernten sie etwa 30 kg, auf dem Land dagegen nur etwa 20 kg pro Jahr. Die Stadtimkerei wird attraktiv.
Bürger und Bienen - Botschafter für Biodiversität
"Berlin summt! Bienen bevölkern die Stadt" ist ein Projekt, mit dem möglichst viele Berliner für "ihre" Bienen begeistert werden sollen. Ganz nach dem Motto "für eine vielfältige Stadtnatur ist nicht nur der Naturschutz zuständig" können alle ihren Beitrag leisten: Imker, Naturschützer, Künstler, Medien, Kulturschaffende und Kommunalvertreter begrüßen das Projekt und bringen sich ein. "Berlin summt!" startete offiziell im Oktober 2010 und wird von ÜBER LEBENSKUNST, einem Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt, gefördert. Auch die Stiftung für Mensch und Umwelt unterstützt das Projekt, und das Netzwerk an Kooperationspartnern wächst stetig.
Zurzeit ist ein von der Bundesregierung initiierter Prozess in Gang, um die Maßnahmen der im Jahr 2007 verabschiedeten "Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" umzusetzen. Es gab und gibt zahlreiche Dialogprozesse und Akteurstreffen. Auch unsere Städte und Gemeinden mit ihren ansässigen Unternehmen sind angehalten zu überlegen, wie sie natürliche Lebensräume erhalten und damit die Lebenswelt auch für die Bevölkerung attraktiver gestalten können.
Häufig fällt es bei allen engagierten Bemühungen um die Förderung von Stadtnatur schwer, wirklich konkrete Bezüge der Menschen zur schwindenden biologischen Vielfalt herzustellen. Die Bevölkerung hat kaum noch Gelegenheit, eine wahrhaftige Mensch-Natur-Beziehung aufzubauen, das gilt besonders für Städter. Oft fragen sich die Menschen, welchen Nutzen zum Beispiel die Rote Mauerbiene in unserer Umwelt hat. Die meisten haben noch nie von diesem kleinen Insekt gehört, geschweige denn es jemals gesehen. Und so ist nachvollziehbar, dass die Bevölkerung die Bedeutung blütenbestäubender Insekten noch nicht ausreichend würdigt. Die Initiative möchte dazu beitragen, das zu ändern.
Geplant sind unter anderem ein Mitmachangebot am "GEO-Tag der Artenvielfalt", Lehrmaterialien an Lehrer, Exkursionen zu Imkern und zu Wildbienenstandorten für Schüler sowie kleinere Umweltbildungsangebote im Rahmen städtischer Events. Weitere Ideen sind Kunst am Bienenkorb, Pflanzaktionen bienenfreundlicher Stauden, der Stammtisch "Bee Berlin" u.v.a.m.
Für Unternehmen kann es attraktiv sein, durch die - unter www.berlin-summt.de dargestellte - Beherbergung von Bienen auf ihrem Gelände, durch Dachbegrünung oder das Anpflanzen bienenfreundlicher Stauden oder das Anbringen von Wildbienenhotels auf ihrem Firmengelände ihren Mitarbeitern und Kunden zu signalisieren: "Auch wir leisten unseren Teil zum Erhalt von biologischer Vielfalt in der Stadt". Wenn der Honig, der auch als Bio-Honig zertifiziert werden kann, sofern die Imker ihre Bienen nach entsprechenden Richtlinien halten, in der hauseigenen Kantine angeboten wird, ist das ein sinnlicher Beitrag zu mehr Naturverständnis am Arbeitsplatz. Wenn Beobachtungen am Bienenstock oder Pflanzaktionen in der Mittagspause hinzukommen, umso besser.
Sinnlicher Zugang zur Stadtökologie - der Umgang mit Bienen!
Der Umgang mit Honigbienen könnte einen neuen Zugang und neue Erfahrungshorizonte für die Stadtbevölkerung bieten. Die Honigbiene ist domestiziert aber irgendwie doch noch ein bisschen wild. Sie im Garten oder auf dem Hausdach zu halten, fühlt sich anders an als die Fürsorge für eine Katze oder einen Hund. Bienen sind in der Lage, sich eigenständig zu organisieren und zu ernähren. Sie schwärmen aus und bringen Pollen und Nektar von Pflanzen nach Hause, die der eigene Garten häufig nicht hergibt. Sie bestäuben dabei Stauden und Gehölze, die ohne den Besuch der Bienen kaum fruchten würden. Die Kooperation mit der Vereinigung für wesensgerechte Bienenhaltung, Millifera e.V., soll dazu beitragen, Neuimkern ergänzende Angebote zur handelsüblichen Imkerei zu bieten. Es ist wunderbar, wenn die Menschen Bienen halten und sich vor allem an ihrem interessanten Wesen erfreuen und die Bestäubungsleistung schätzen, ohne hauptsächlich auf den Honigertrag zu schielen. "Berlin summt!" möchte diesen zarten Trend befördern und das Bewusstsein dafür stärken, dass mit dem (wesensgerechten) Halten von Bienen auch etwas für das Gemeinwohl getan wird.
"Deutschland summt!"
In Berlin als Hauptstadt startete die Initiative und soll sich in anderen Städten fortpflanzen. "Deutschland summt!" lautet die - dank des guten Zuspruchs - erweiterte Vision der Projektverantwortlichen. Bisher gibt es in Essen, München, Potsdam und Hamburg konkrete Gespräche mit Kooperationspartnern. Weitere sollen folgen. Die wohltuende Dynamik, die mit diesem Projekt verbunden ist, soll unbedingt in die Fläche getragen werden. Sogar die European Environmental Agency aus Kopenhagen klopfte schon an die Tür. Das Agenturgebäude mit seiner riesigen Grünfassade scheint ein guter Standort für Bienen zu sein, und die Einweihungsaktionen beider Hauptstädte ließen sich ggf. synchronisieren. Das Umweltforum für Aktion und Zusammenarbeit e.V. wird operativ von der neuen Stiftung für Mensch und Umwelt unterstützt. Diese sucht momentan weitere Zustifter und Mäzene, um in vielen Städten Deutschlands neue Allianzen zur Förderung von Honig- und Wildbienen und ihren Lebensräumen aufbauen zu können.
Weitere Informationen:www.berlin-summt.de.
Berlin summt! Bienenstöcke in den Gärten und auf den Dächern Berlins. |
Bienen in der Stadt - eine ausbaufähige Sache
Honigbienen in urbanen Räumen sorgen weniger als ihre ländlichen Kolleginnen für die Bestäubung von Obst und Gemüse. Dafür bestäuben sie die zahlreichen städtischen Akazien-, Rosskastanien-, Winter- und Sommerlindenbäume und viele andere Pflanzen. Viele Menschen glauben, die Honigbiene "gehört" aufs Land und nicht in die Stadt. Das war früher auch so, aber heute - so bedauerlich es ist - sind die Städte aus Sicht der Honigbiene im Vergleich zum Land ein Schlaraffenland. Die industrielle Agrarindustrie schafft Landschaften mit Monokulturen, die nur unter intensivem Pestizideinsatz hohe Erträge bringen. Besonders dort, wo Neonicotinoide, eine Gruppe hochwirksamer Insektizide, als Saatgutbeizmittel eingesetzt werden, kommt es häufig zu spontanem Bienensterben. In der Stadt werden weitaus weniger Pestizide eingesetzt. Unterschiedliche Pflanzen blühen nicht nur örtlich neben-, sondern zeitlich auch nacheinander. Die städtische Wärmeinsel ermöglicht es den Bienen darüber hinaus, nicht nur tagsüber, sondern auch im Jahresverlauf, länger zu schwärmen. Stadtimker und -Imkerinnen berichten mittlerweile häufig von höheren Honigerträgen. Pro Bienenvolk ernten sie etwa 30 kg, auf dem Land dagegen nur etwa 20 kg pro Jahr. Die Stadtimkerei wird attraktiv.
Hier summen nicht nur Chor und Solisten: Stadtimker auf der Pariser Opera Garnier. |
"Berlin summt! Bienen bevölkern die Stadt" ist ein Projekt, mit dem möglichst viele Berliner für "ihre" Bienen begeistert werden sollen. Ganz nach dem Motto "für eine vielfältige Stadtnatur ist nicht nur der Naturschutz zuständig" können alle ihren Beitrag leisten: Imker, Naturschützer, Künstler, Medien, Kulturschaffende und Kommunalvertreter begrüßen das Projekt und bringen sich ein. "Berlin summt!" startete offiziell im Oktober 2010 und wird von ÜBER LEBENSKUNST, einem Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt, gefördert. Auch die Stiftung für Mensch und Umwelt unterstützt das Projekt, und das Netzwerk an Kooperationspartnern wächst stetig.
Zurzeit ist ein von der Bundesregierung initiierter Prozess in Gang, um die Maßnahmen der im Jahr 2007 verabschiedeten "Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" umzusetzen. Es gab und gibt zahlreiche Dialogprozesse und Akteurstreffen. Auch unsere Städte und Gemeinden mit ihren ansässigen Unternehmen sind angehalten zu überlegen, wie sie natürliche Lebensräume erhalten und damit die Lebenswelt auch für die Bevölkerung attraktiver gestalten können.
Interesse, Neugier und ein bisschen Mut: Das Projekt "Berlin summt" zeigt, worauf es für Stadtimker und biodiversitätsengagierte Unternehmen ankommt. |
Geplant sind unter anderem ein Mitmachangebot am "GEO-Tag der Artenvielfalt", Lehrmaterialien an Lehrer, Exkursionen zu Imkern und zu Wildbienenstandorten für Schüler sowie kleinere Umweltbildungsangebote im Rahmen städtischer Events. Weitere Ideen sind Kunst am Bienenkorb, Pflanzaktionen bienenfreundlicher Stauden, der Stammtisch "Bee Berlin" u.v.a.m.
Für Unternehmen kann es attraktiv sein, durch die - unter www.berlin-summt.de dargestellte - Beherbergung von Bienen auf ihrem Gelände, durch Dachbegrünung oder das Anpflanzen bienenfreundlicher Stauden oder das Anbringen von Wildbienenhotels auf ihrem Firmengelände ihren Mitarbeitern und Kunden zu signalisieren: "Auch wir leisten unseren Teil zum Erhalt von biologischer Vielfalt in der Stadt". Wenn der Honig, der auch als Bio-Honig zertifiziert werden kann, sofern die Imker ihre Bienen nach entsprechenden Richtlinien halten, in der hauseigenen Kantine angeboten wird, ist das ein sinnlicher Beitrag zu mehr Naturverständnis am Arbeitsplatz. Wenn Beobachtungen am Bienenstock oder Pflanzaktionen in der Mittagspause hinzukommen, umso besser.
Willkommen, ihr fliegenden Helden! Ein Wildbienenhotel dient als Nisthilfe für fleißige |
Der Umgang mit Honigbienen könnte einen neuen Zugang und neue Erfahrungshorizonte für die Stadtbevölkerung bieten. Die Honigbiene ist domestiziert aber irgendwie doch noch ein bisschen wild. Sie im Garten oder auf dem Hausdach zu halten, fühlt sich anders an als die Fürsorge für eine Katze oder einen Hund. Bienen sind in der Lage, sich eigenständig zu organisieren und zu ernähren. Sie schwärmen aus und bringen Pollen und Nektar von Pflanzen nach Hause, die der eigene Garten häufig nicht hergibt. Sie bestäuben dabei Stauden und Gehölze, die ohne den Besuch der Bienen kaum fruchten würden. Die Kooperation mit der Vereinigung für wesensgerechte Bienenhaltung, Millifera e.V., soll dazu beitragen, Neuimkern ergänzende Angebote zur handelsüblichen Imkerei zu bieten. Es ist wunderbar, wenn die Menschen Bienen halten und sich vor allem an ihrem interessanten Wesen erfreuen und die Bestäubungsleistung schätzen, ohne hauptsächlich auf den Honigertrag zu schielen. "Berlin summt!" möchte diesen zarten Trend befördern und das Bewusstsein dafür stärken, dass mit dem (wesensgerechten) Halten von Bienen auch etwas für das Gemeinwohl getan wird.
"Deutschland summt!"
In Berlin als Hauptstadt startete die Initiative und soll sich in anderen Städten fortpflanzen. "Deutschland summt!" lautet die - dank des guten Zuspruchs - erweiterte Vision der Projektverantwortlichen. Bisher gibt es in Essen, München, Potsdam und Hamburg konkrete Gespräche mit Kooperationspartnern. Weitere sollen folgen. Die wohltuende Dynamik, die mit diesem Projekt verbunden ist, soll unbedingt in die Fläche getragen werden. Sogar die European Environmental Agency aus Kopenhagen klopfte schon an die Tür. Das Agenturgebäude mit seiner riesigen Grünfassade scheint ein guter Standort für Bienen zu sein, und die Einweihungsaktionen beider Hauptstädte ließen sich ggf. synchronisieren. Das Umweltforum für Aktion und Zusammenarbeit e.V. wird operativ von der neuen Stiftung für Mensch und Umwelt unterstützt. Diese sucht momentan weitere Zustifter und Mäzene, um in vielen Städten Deutschlands neue Allianzen zur Förderung von Honig- und Wildbienen und ihren Lebensräumen aufbauen zu können.
Weitere Informationen:
Milliardäre in gelb-schwarz Französische und deutsche Wissenschaftler veröffentlichten im Fachblatt Ecological Economics Ende 2008 erstmals, welche Werte Insekten wie Bienen durch die Bestäubung von Agrarpflanzen schaffen. Der Studie zufolge hat der ökonomische Nutzen durch diese Bestäuber im Jahre 2005 weltweit etwa 150 Milliarden Euro betragen. Das entspricht knapp einem Zehntel des Gesamtwertes der Weltnahrungsmittelproduktion. Wissenschaftler des Nationalen Institutes für Agrarforschung (INRA) und des Zentrums für Wissenschaftliche Forschung (CNRS) aus Frankreich sowie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) schätzen außerdem die Schäden, die durch das Fehlen von bestäubenden Insekten entstehen würden, auf 190 bis 310 Milliarden Euro pro Jahr. Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass der durchschnittliche Marktwert von den Feldfrüchten, die von Bestäubern abhängig sind, höher war (nämlich 760 Euro pro Tonne), als von Feldfrüchten, die nicht bestäubt werden wie Getreide oder Zuckerrohr (150 Euro pro Tonne). |
Im Profil Dr. Corinna Hölzer ist Initiatorin und ehrenamtliche Projektleiterin von "Berlin summt!". Die Inhaberin des Berliner Medienbüros GreenMediaNet ist Mitgründerin des Umweltforum für Aktion und Zusammenarbeit e.V. und richtete kürzlich gemeinsam mit Cornelis Hemmer die operative Stiftung für Mensch und Umwelt ein. Email: choelzer@ufaz.de Tel.: 030-394 064 - 320 |
Quelle:
Umwelt | Biodiversität, 05.04.2011
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