Abbau von Bodenschätzen

- um jeden Preis?

Die Aktivitäten der Metall- und Bergbauindustrie haben weitreichende Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt. Vorreiter-Unternehmen übernehmen bereits Verantwortung, doch die Branche treibt nach wie vor auch sehr kritische Vorhaben voran.

Zu wenig Beachtung finden die großen negativen Auswirkungen der Bergbau- und Metallindustrie auf Gesellschaft und Umwelt.
Foto: © RAG Deutsche Steinkohle AG
Die Rohstoffpreise haben seit der Finanzkrise wieder kräftig angezogen, und viele neue Bergbauprojekte sind in Planung oder bereits in der Umsetzung. Zu wenig Beachtung finden in solchen Zeiten die großen negativen Auswirkungen der Bergbau- und Metallindustrie auf Gesellschaft und Umwelt. Der Abbau von Bodenschätzen ist mit großflächigen Eingriffen in die Umwelt und in soziale Strukturen der Herkunftsgebiete verbunden. Die Aufbereitung von Erzen zeichnet sich durch einen hohen Energiebedarf und den Einsatz großer Mengen giftiger Chemikalien aus. Weitere Umweltrisiken ergeben sich, wenn die bei der Aufbereitung anfallenden Schlämme entsorgt oder Bergbauanlagen geschlossen werden müssen. Die jüngsten Überschwemmungen in Australien und die Bauxitschlammkatastrophe in Ungarn im Herbst vergangenen Jahres haben entsprechende Risiken eindrucksvoll veranschaulicht.

Was die gesellschaftlichen und sozialen Auswirkungen betrifft, haben Bergbauprojekte einerseits zwar häufig positiven Einfluss auf den lokalen Arbeitsmarkt und die Entwicklung der Infrastruktur. Die industriellen Tätigkeiten führen andererseits auch oft zu steigenden Lebenshaltungskosten, einer veränderten gesellschaftlichen Struktur und mitunter gewaltsam eskalierenden Interessenkonflikten mit der einheimischen Bevölkerung. Streit gibt es vor allem bei Fragen der Land- und Wassernutzung und bei der Einschränkung traditioneller Lebensweisen.

Schutz von Menschenrechten
Der große Flächenbedarf bewirkt, dass Wälder gerodet und traditionelle Landwirtschaft und Viehhaltung sowie Jagd und Fischerei verdrängt werden. Zudem wird traditioneller Rohstoffabbau erschwert und häufig kriminalisiert. Proteste von Bauern sowie unrechtmäßiges Betreten der Abbaugebiete durch illegale Schürfer rufen häufig gewalttätige Übergriffe durch Sicherheitspersonal oder lokale Militär- oder Polizeikräfte hervor.

Alles unter Kontrolle? Arbeitssicherheit ist ein Kernthema der Unternehmensverantwortung in der Bergbaubranche.
Foto: © RAG Deutsche Steinkohle AG

Die Bergbaukonzerne bekennen sich zu Menschenrechtsstandards, und einige führen entsprechende Schulungen für Sicherheitskräfte durch. Mit mäßigem Erfolg: Mehr als 50 Prozent der Bergbaukonzerne sind in Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie Ghana, Guatemala, Indien, Indonesien, Peru, Papua-Neuguinea, den Philippinen, Tansania oder Südafrika involviert. Beispielsweise wurden in den letzten zwei Jahren im Umfeld der North Mara Goldmine des kanadischen Bergbaukonzerns Barrick Gold in Tansania mindestens sieben Menschen bei Einsätzen von Sicherheitsleuten getötet und 15 schwer verletzt.

Lokale Einbindung und gute Nachbarschaftsbeziehungen
Bergbauprojekte schaffen neue Ballungszentren mit Verkehrswegen, industriellen Komplexen und Wohnanlagen. Diese großen Veränderungen müssen mit den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerungsgruppen abgestimmt werden. Wichtig dafür sind der Austausch mit lokalen Interessenvertretern sowie die Ausbildung und Beschäftigung lokaler Arbeitskräfte. Ziel sollte es sein, die Anwohner zu Mit-Profiteuren der Unternehmensaktivitäten zu machen und die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen der Bergbautätigkeit zu minimieren. Auch die Folgen einer späteren Stilllegung sollten vorab abgeschätzt werden, um entsprechende begleitende Maßnahmen rechtzeitig planen zu können.

Der Schutt einer Goldmine zerstörte dieses Feld einer Bäuerin in Ghana. Mehr als 50 Prozent der analysierten Bergbauunternehmen sind für schwerwiegende Umweltschäden - wie Erosion - verantwortlich.
Foto: © Sebastian Rötters

Minimierung von Umweltschäden
Neben Flächen- und Wasserverbrauch, Rodung und Luftverschmutzung durch klimawirksame Gase, Staub und Schwefeldioxid stellt die Entsorgung des Abraums und der zum Teil hochgiftigen flüssigen Aufbereitungsrückstände die größte Umweltgefährdung durch den Bergbau dar. Die Entsorgung schwermetall-, gift- und säurehaltiger Aufbereitungsschlämme in Flüsse oder Küstengewässer hat katastrophale Folgen für die aquatischen Ökosysteme und damit auch für die lokale Trinkwasserversorgung und die Fischerei. Insbesondere die chemische Aufbereitung von Erzen - wie beispielsweise die Goldaufbereitung unter Einsatz von Zyanid - erfordert eine gründliche Auswahl der Entsorgungsmethode und eine gewissenhafte Überwachung der abgelagerten Rückstände. Aber auch der bloße Abraum an sich birgt Gefahren: Gesteinsschichten, die in ihren Lagerstätten in reduzierter Form vorlagen, bilden in Kontakt mit Luftsauerstoff und Regenwasser große Mengen Säure, die Böden und Gewässern schadet und giftige Schwermetalle mobilisieren kann. Mehr als 50 Prozent der analysierten Bergbauunternehmen sind für schwerwiegende Umweltschäden, unter anderem in Ghana, Indien, Indonesien, Papua-Neuguinea, Rumänien und Russland, verantwortlich.

Arbeitssicherheit
Zentrales Thema in Bezug auf Mitarbeiterstandards in der Metall- und Bergbaubranche ist der Arbeitsschutz. Zahlreiche Arbeitsplätze sind prozess- und/oder standortbedingt mit hohen Unfallrisiken verbunden. Zwar haben viele Unternehmen bereits umfangreiche Präventionsmaßnahmen realisiert, deren Erfolg durch abnehmende Unfallraten bei fast allen untersuchten Unternehmen dokumentiert ist. Dennoch sind Arbeitsunfälle, insbesondere solche mit tödlichem Ausgang, nach wie vor ein großes Problem und traurige Realität in der Branche. Beim Stahlproduzenten ArcelorMittal wurden in den letzten drei Jahren 173 Arbeiter Opfer tödlicher Unfälle, die sich überwiegend in unterirdischen Minen ereigneten und zumindest teilweise auf mangelnde Sicherheitsstandards zurückzuführen waren. Als besonders gefährlich für die Bergarbeiter hat sich auch der Betrieb tiefer unterirdischer Minen in Südafrika erwiesen.

Klimaschutz und energieeffiziente Prozessgestaltung
Die Metall- und Bergbauindustrie ist ein bedeutender Konsument fossiler Brennstoffe und elektrischer Energie. Nicht zuletzt haben steigende Energiepreise und die bevorstehende Einbeziehung der Branche in den europäischen Emissionshandel vielerorts dazu geführt, dass die Unternehmen Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz ihrer Prozesse getroffen haben. Große Einsparmöglichkeiten ergeben sich auch durch den Einsatz sekundärer Rohstoffe (Altmetall). Für eine nachhaltige Weiterentwicklung der Branche sollten die einzelnen Akteure zukünftig verstärkt auf die Nutzung regenerativer Energiequellen wie insbesondere Sonne, Wind und Biomasse setzen und eine weitgehende Rückgewinnung und Nutzung sekundärer Rohstoffe voranzutreiben. Die Unternehmen Outokumpu (FI) und SSAB (SE) zählen zu den energie- und CO2-effizientesten Stahlproduzenten; bei Kupfer ist Aurubis (DE), bei Aluminium Alcoa (US) in dieser Hinsicht führend.

Engagement noch sehr unterschiedlich
Die Unternehmen der Metall- und Bergbaubranche sind sich der Herausforderungen im sozialen und ökologischen Bereich bewusst.

Allerdings gibt es große Unterschiede hinsichtlich des Engagements und der Wirksamkeit der ergriffenen Nachhaltigkeitsinitiativen, wie vor allem die hohe Anzahl an Menschenrechts- und Umweltverstößen zeigt. Zwar versuchen die Unternehmen, die negativen Auswirkungen ihrer Projekte und Industrieanlagen zu begrenzen und weitgehend abzufedern. In der Praxis werden jedoch nach wie vor auch besonders kritische Vorhaben vorangetrieben, solange sie Profitabilität versprechen. Das gravierende Ausmaß der durch die Branchenaktivitäten verursachten Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft erfordert daher eine noch größere Anstrengung und Bereitschaft der Unternehmen, in den Bereichen der oben genannten Schlüsselthemen konsequent Verantwortung zu übernehmen.

 
Von Kristina Rüter


Im Profil
Kristina Rüter ist Research Director und für die Metall- und Bergbaubranche verantwortliche Analystin bei der oekom research AG in München.

Die oekom research AG analysiert als Nachhaltigkeits-Ratingagentur mehr als 3.000 Unternehmen und Länder weltweit hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen Performance. Weitere Informationen zur Nachhaltigkeit der Metall- und Bergbaubranche bietet der oekom Industry Focus Metals & Mining, der unter info@oekom-research.com bestellt werden kann.

Quelle:
Umwelt | Ressourcen, 25.05.2011

     
        
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